Verliert die Union die Kontrolle über sich? Mit Veit Medick

Shownotes

Die verpatzte Wahl der Bundesverfassungsrichterinnen und -richter sorgt kurz vor der Sommerpause noch einmal für Stress im Bundestag. Denn die Wahl ist nicht so gelaufen, wie sich die Union das vorgestellt hat – und ganz sicher nicht so, wie Jens Spahn davon ausgegangen ist. Bereits im Vorfeld gab es Unruhen innerhalb der Union. Nicht allen hat die Kandidatin der SPD, die Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf, gepasst. Vor allem wegen ihrer juristischen Arbeit zum Thema Abtreibung, in der sie zu dem Schluss gekommen ist, dass eine weitgehende Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs nicht gegen das Grundgesetz verstoßen würde.

Kurz vor der Wahl wurde klar, dass 50 bis 60 Abgeordnete der Union doch nicht für sie stimmen würden. Die SPD, mit der dies anders abgesprochen war, möchte jedoch weiterhin an ihrer Kandidatin festhalten. Bundeskanzler Friedrich Merz spielte indes im ARD-Sommerinterview die Tragweite der gescheiterten Wahl herunter. Und Fraktionsvorsitzender Jens Spahn? Er wird von vielen Seiten als Hauptverantwortlicher für den Ausgang der Wahl gehandelt und muss einiges einstecken.

Es gibt also wahnsinnig viel zu besprechen für Anne Will und ihren Gast Veit Medick, den Leiter des Politikressorts des Stern. Redaktionsschluss für diese Folge war am Montag, dem 14. Juli um 18:00 Uhr.

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WICHTIGE QUELLEN: Taz, 13.07.2025 - Was Brosius-Gersdorf vorgeworfen wird Wahl der VerfassungsrichterInnen: Was Brosius-Gersdorf vorgeworfen wird | taz.de

Bericht der Kommission zur Reproduktiven Selbstbestimmung und Fortplfanzungsmedizin, April 2024, S. 27 https://www.bmfsfj.de/resource/blob/238402/c47cae58b5cd2f68ffbd6e4e988f920d/bericht-kommission-zur-reproduktiven-selbstbestimmung-und-fortpflanzungsmedizin-data.pdf

SZ, 13.07.25: „Wenn der rechte Mob damit durchkommt, machen wir einen Riesenfehler“ https://www.sueddeutsche.de/politik/miersch-spd-richterwahl-interview-brosius-gersdorf-union-li.3283684?reduced=true

Zeit, 11.07.2025 Ex-Richter sieht Arbeit des Bundesverfassungsgerichts beeinträchtigt https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-07/bundesverfassungsgericht-ferdinand-kirchhof-karlsruhe-kritik

Zeit, 11.07.2025, So läuft die Richterwahl im Bundestag ab https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-07/bundesverfassungsgericht-richterwahl-besetzung-richterstellen-faq#wie-werden-die-vorgeschlagenen-ausgewaehlt

IMPRESSUM Redaktion: Melisa Gürleyen Executive Producerin: Marie Schiller Producer: Lukas Hambach, Patrick Zahn Sounddesign: Hannes Husten Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH Eine Produktion der Will Media GmbH

Transkript anzeigen

00:00:00: So, ich weiß nicht, ob der das macht, aber wenn Jens Spahn Tagebuch schreiben würde,

00:00:05: was hat er dann am Freitagabend nach der verpatzten Richter*innen-Wahl mutmaßlich

00:00:09: da reingeschrieben?

00:00:10: Was denkst du?

00:00:11: Scheiß-Tag.

00:00:12: Ich glaube, das war's vielleicht sogar schon.

00:00:15: Du bist der Meister der kurzen Antworten auf diese Einstiegsfrage.

00:00:19: Das wird da reingeschrieben haben.

00:00:22: So, da sind wir schon wieder, Halli, hallo, herzlich willkommen zu einer schnellen Sonderfolge

00:00:47: zu dem, was da am Freitag im Bundestag passiert ist.

00:00:50: Und was das nun für die weitere Zusammenarbeit der schwarz-roten Koalition bedeutet.

00:00:55: Wir zeichnen diese Folge am Montagabend, dem 14.

00:00:58: Juli, auf.

00:00:59: Veröffentlichen Sie ausnahmsweise schon am Dienstag, denn man kann im Moment gar nichts

00:01:03: lange liegen lassen, ohne schon wieder von der nächsten Aktualität überholt worden

00:01:08: zu sein.

00:01:09: Donnerstag kommt dann keine neue Folge, Samstag aber wieder eine, sag ich nur alles.

00:01:14: Solltet ihr unseren Podcast nicht abonniert haben, dann verpasst ihr da gegebenenfalls

00:01:18: irgendwas.

00:01:19: Ich freue mich, dass Feid Medik spontan zugesagt hat, der Politikchef des Sternen und Co-hosts

00:01:26: des Podcasts, fünf Minuten Talk, den er gemeinsam mit Jan Rosenkranz macht.

00:01:30: Danke Feid, dass du dir die Zeit nimmst.

00:01:34: Sehr gerne, Anne.

00:01:35: Und ich nehme an, du weißt ja immer, dass aller, aller, aller Neueste.

00:01:39: Du wüsst es auch, wenn Jan Spahn jetzt nicht mehr Fraktionsvorsitzender wäre, oder?

00:01:45: Ja, möglicherweise, ich glaube aber, dass Jan Spahn eigentlich so systemrelevant ist

00:01:53: für die Union mittlerweile, dass da noch ganz schön viel passieren müsste, bis man

00:02:00: das politische Ende von Jan Spahn beobachten kann.

00:02:03: Das heißt, du gehst davon aus, dass er das bleiben kann?

00:02:07: Ich gehe davon aus, dass er das vorerst bleibt.

00:02:12: Ich meine, das hat jetzt auch natürlich nicht nur mit der Frage der gescheiterten Richterwahl

00:02:17: zu tun.

00:02:18: Jan Spahn ist ja auch an anderer Stelle unter Druck.

00:02:20: Ich meine, in der Maskenaffäre muss er sich seit Wochen, fast Monaten rechtfertigen,

00:02:25: eigentlich sogar seit Jahren, ehrlich gesagt, aber das kocht ja in letzter Zeit erst wieder

00:02:30: richtig hoch durch den Sonderbericht der früheren Staatssekretärin Zutoff und sozusagen diese

00:02:40: gesamte Gemängelage, die sorgt jetzt dafür, dass man den Eindruck hat, okay, dieser Mann

00:02:45: ist so sehr unter Druck wie vielleicht noch nie in seinem politischen Leben, aber ich

00:02:51: glaube, dass er natürlich auch resilient ist.

00:02:55: Also, man darf nicht vergessen, welche Zeiten er auch in der Corona-Phase und Corona-Pandemie

00:02:59: schon durchgestanden hat.

00:03:00: Er war ja regelrecht das Feindbild-Phasenweise auch für viele Deutsche und gesellschaftlich

00:03:05: und ich glaube, er ist sozusagen eine harte Auseinandersetzung gewöhnt.

00:03:09: Ich glaube aber auch, das ist jetzt für ihn eine besondere Phase und da geht es schon

00:03:14: um was.

00:03:15: Also, das kann theoretisch auch schiefgehen.

00:03:17: Im Moment würde ich sagen, sitzt er aber noch im Sattel.

00:03:21: Mir fiel auf, dass er sich fürs Wochenende, wenn du so willst, wie so ein Schweigel-Retreat

00:03:27: verordnet hatte, dass er gesagt hat, er meldet sich jetzt nicht mehr.

00:03:31: Bislang hat er ja auch in der von dir angesprochenen sogenannten Maskenaffäre wirklich die Vorne

00:03:37: nach vorne Verteidigung gesucht, hat ungefähr jede Interview-Anfrage angenommen, dass

00:03:43: er jetzt nichts mehr sagte, hat mich auf die Frage mit dem Tagebuch gebracht und dann

00:03:49: auch darauf, dass ich mir fragte, okay, jetzt scheint irgendwas wirklich passiert zu sein

00:03:53: oder habe ich das dann entweder überbewertet oder was auch falsch bewertet kann?

00:03:59: Nein, es ist eine gute Beobachtung.

00:04:01: Es wirkt fast ein bisschen wie so ein stilles Eingeständnis, dass das echt nicht gut gelaufen

00:04:06: ist.

00:04:07: Man tritt ihm da auch nicht zu nahe, wenn man sagt, das wird ihm auch klar sein, dass

00:04:14: das wirklich miserabel gelaufen ist.

00:04:17: Also er hat das viel zu lange laufen lassen, die Frage, wie man eigentlich mit dieser Richterwahl

00:04:22: umgeht, mit der umstrittenen Juristin Frauke Prosius Gerstdorf und sozusagen im allerletzten

00:04:28: Moment auch mit natürlich problematischen Begründungen dann die Reißleine gezogen

00:04:33: und das ist ihm richtig um die Ohren geflogen, selbst Getreue, selbst Leute, die ihm sozusagen

00:04:40: seit Jahren an seiner Seite stehen, haben natürlich gesagt, so kann das nicht laufen.

00:04:46: Also das hätte er viel früher merken müssen, was für eine Stimmung sich da aufbaut und

00:04:51: er hat sich da offensichtlich zusätzlich darauf verlassen, dass das, dass die Koalitionsdisziplin

00:04:56: wirkt und dass das alles seinen Gang geht, aber da lag er einfach falsch.

00:05:01: Das war eine richtige politische Fehleinschätzung.

00:05:03: Jens Spahn wird als Fraktionsvorsitzender zuallererst dafür verantwortlich gemacht, was am Freitag

00:05:08: da im Bundestag passiert ist nochmal kurz nacherzählt, eigentlich sollte über die Nachbesetzung

00:05:13: von drei Richterinnenposten fürs Bundesverfassungsgericht abgestimmt werden und das war zwischen Union

00:05:19: und SPD auch klar verabredet, dass die drei Kandidatinn, also sowohl Günter Spinner als

00:05:25: auch die beiden Rechtsprofessorinnen Ankatrin Kaufoldt und Frauke Prosius Gerstdorf gewählt

00:05:30: werden sollten, sowie es eben auch der dafür zuständige Wahlausschuss des Bundestags

00:05:36: vorgeschlagen hatte und auch das interessant, wie Jens Spahn und Friedrich Merz ihrer Fraktion

00:05:42: ja gleich mehrfach empfohlen hatten, nur mussten Spahn und Merz am Freitag früh dann wohl

00:05:48: einsehen, dass sie die Unionsfraktion in dieser Frage doch nicht mehr hinter sich bringen,

00:05:53: dass es 50 bis 60 Abgeordnete gegeben hätte, die gegen die Wahl von Frauke Prosius Gerstdorf

00:06:00: waren, Spahn und Merz entscheiden sich dann für die Flucht nach vorn, führen als fadenscheinige

00:06:07: Begründung, wie du es genannt hast, an es gäbe Plagiatsvorwürfe gegen Frau Prosius

00:06:13: Gerstdorf, aber Spahn und Merz greifen nach diesem Jahr, ich würde sagen Strohhalm, schlagen

00:06:19: zunächst der SPD noch vor, allein über Günter Spinner und Ankatrin Kaufoldt abzustimmen

00:06:26: und nur die Wahl von Frauke Prosius Gerstdorf zu vertagen, das hätten aber auch die Grünen

00:06:31: nicht mitgemacht, das sagen die auch sofort, die SPD ebenfalls nicht und also wurde die

00:06:35: ganze Abstimmung abgeblasen, das hat es tatsächlich noch nie gegeben, das ist neu und es ist

00:06:42: in der Bewertung der meisten ein Desaster und zwar für alle Beteiligten, insbesondere

00:06:48: aber glaube ich ein Desaster für die Führungsspitze der Union, deshalb will ich mit dir die Frage

00:06:52: erklären, verliert die Union gerade die Kontrolle über sich selbst, trifft es das oder siehst

00:06:59: du hier, da war ich nämlich gar nicht sicher, die CDU sogar mehr und in der größeren Verantwortung

00:07:06: für das, was da geschehen ist und die CSU ist es gar nicht mal so?

00:07:10: Also ich glaube schon, dass es ein ziemlich brenzliger Zeitpunkt gerade ist, vor allem

00:07:14: für die CDU, weil der Widerstand gegen Frau Prosius Gerstdorf, der kam tatsächlich eher

00:07:20: aus der CDU übrigens und das ist interessant, flügelübergreifend, also man gab ja so ein

00:07:27: bisschen das Narrativ in den letzten Tagen, ja da sind so rechte verschwörerische Kreise

00:07:31: im Internet unterwegs gewesen und hätten die Fraktion sozusagen gegen diese Richterkandidatin

00:07:37: gebogen, also das trifft meines Erachtens nur teilweise zu, weil da haben sich auch Leute

00:07:44: zu Wort gemeldet, die gar nicht im Verdacht stehen irgendwelche komischen rechten Medien

00:07:48: zu konsumieren, also Elisabeth Winkelmeier-Becker beispielsweise, ist eine ziemlich liberale

00:07:54: Christdemokratin, war mal Vorsitzender des Rechtsausschusses, eine vertrautende Freundin

00:08:00: von Norbert Röttgen, also wirklich keine Schafmacherin und keine rechte Hardlinerin,

00:08:06: die sich aber intern sehr stark ausgesprochen hat gegen die Wahl von Frau Prosius Gerstdorf

00:08:12: und das zeigt so ein bisschen sozusagen, dass da einfach eine psychisch was passiert ist,

00:08:17: ja also da geht es jetzt, jetzt geht es ans Eingemachte, weil, wurde ja viel diskutiert

00:08:24: über die Positionen von Frau Prosius Gerstdorf in Sachen Menschenwürde, ja und in Sachen

00:08:29: Abtreibung und so und das ist natürlich nicht irgendein Thema auch für die Konservativen

00:08:32: und für die CDU, das ist sozusagen gehört zum Gencro, das ist auch ein bisschen die

00:08:36: letzte Symbolfrage, an der sie sich so festklammern, wo sie ihre Werte sozusagen verteidigen,

00:08:42: ja, gibt ja nicht mehr so wahnsinnig viel, ja, was konservative Heutzutage noch unterscheidet

00:08:46: von anderen Parteien und ich glaube daraus erklärt sich auch so ein bisschen dieser

00:08:50: Widerstand nach dem Motto, wir müssen jetzt wenigstens bei dieser Frage, müssen wir mal

00:08:55: stehen zu unseren Werten und die sind einfach unvereinbar mit der Wahl dieser Frau, jetzt

00:09:01: kann man da natürlich drüber streiten und geteilter Meinung sein, aber ich glaube, dass

00:09:05: ist so ein bisschen die Triebfeder hinter diesem Widerstand gewesen, ja, hinzu kommt

00:09:09: natürlich, dass es im Moment, ich würde mal sagen, sozusagen eine programmatische Unordnung

00:09:17: auch in der Union gibt durch bestimmte Kehrtwänden von Friedrich Merz, die er als Kanzler teilweise

00:09:22: schon vor seiner Kanzlerschaft hingelegt hat, ja, bei der Schuldenpolitik beispielsweise,

00:09:27: in der Reformpolitik, ja, die er sozusagen ja mehr oder weniger vergessen hat offensichtlich,

00:09:31: da ist ja eigentlich als Modernisierer des Landes angetreten und von Reformen und davon

00:09:38: dieses Land jetzt vom Kopf auf die Füße zu stellen, kann jetzt nicht so wahnsinnig

00:09:42: viel die Rede sein und da fragen sich doch einige Christdemokraten und einige in der

00:09:46: Union insgesamt, wo eigentlich die programmatische Standfestigkeit von Friedrich Merz ist und

00:09:53: ich glaube, das war auch ein Zeichen, pass auf Kanzler, wir sind schon auch noch da und

00:09:57: wir verteidigen hier das, woran wir glauben und was unsere Überzeugungen sind.

00:10:01: Finde ich schön, wie du das sagst, dass du sagst, es ist eine programmatische Unordnung

00:10:06: deiner Beobachtung nach, die sich da jetzt an dem Fall der Kernüberzeugungen der konservativen

00:10:14: betrifft entlädt.

00:10:16: Ich war ja beim Kontrollverlust auch ein bisschen, das würde eher darauf zielen, was dann die

00:10:22: Führungsspitze macht. Peter Müller, CDU-Mitglied, ehemaliger Ministerpräsident aus dem Saarland,

00:10:29: ehemalige Verfassungsrichter in Karlsruhe hat sowas auch im Interview mit der süddeutschen

00:10:34: Zeitung gesagt.

00:10:35: Ich zitiere, dies ist ein eklatantes Führungsversagen der Union, er meint übrigens auch beide Parteien

00:10:42: und Zitat weiter, das geht in erster Linie mit dem Fraktionsvorsitzenden nach Hause,

00:10:47: da haben wir es also wieder.

00:10:48: Du warst aber jetzt eher bei März, dass es sich auf März bezieht, was beklagt wird

00:10:55: an, ich bleibe bei deiner schönen Formulierung, an programmatische Unordnung.

00:10:59: Ich glaube, dass ich da einfach ein Stück weit der Frust der vergangenen Monate über

00:11:05: die Ausrichtung dieser Kanzlerschaft gerade in der Innenpolitik entladen habe und das

00:11:09: ist nun mal mit Friedrich Merz verbunden, er ist der Chef, er ist die Nummer eins und

00:11:14: er hat versucht, das war ja durchaus auch interessant, dieses Thema Richterwahl erst

00:11:19: gar nicht an sich rankommen zu lassen, dass der Fraktionsüberlassen seinem Fraktionsvorsitzenden

00:11:24: Jens Spahn bis ihn dann Beatrix von Storch, die AfD Abgeordnete im Bundestag, fragte

00:11:29: wir eigentlich zu Frau Bosius-Gerstorff-Stünde und ob er sie für wählbar erhalte, trotz

00:11:36: ihrer Positionen im Abtreibungsrecht, und er sich klar positionierte, eindeutig mit

00:11:43: Ja antwortete und damit die Frage auch ein Stück weit zu seinem eigenen Problem gemacht

00:11:48: hat, also nach allem was man hört aus der Union, war diese Positionierung nicht unbedingt

00:11:54: hilfreich, die hat die Stimmungslage in der Union jedenfalls nicht entschärft, obwohl

00:12:00: man das ja auch als Machtwort hätte verstehen können, nach dem Motto sie ist wählbar und

00:12:04: wir wählen sie jetzt, liebe Christdemokraten und Christsozialen, das ist ziemlich verpufft

00:12:09: und deswegen würde ich sagen, es ist ein Führungssvorsagen von Jens Spahn, klar weil

00:12:14: er die Märten nicht organisieren konnte, aber schon auch ein Versagen von Friedrich

00:12:17: Merz, dass er sich nicht stärker eingemischt hat von Anfang an vielleicht und dass er

00:12:22: viel zu spät gemerkt hat, was da auf die Union zurollt.

00:12:26: Was übrigens total interessant ist, weil Friedrich Merz, du erinnerst dich, ist ja derjenige gewesen,

00:12:31: der damals von der Basis zum CDU-Vorsitzenden gewählt worden ist.

00:12:35: Also eigentlich der Mann war der Stimmung unten, er spüren kann und der sozusagen das

00:12:41: Ohr an der Basis hat und an dem, was unten passiert und da hat man gemerkt, oh, er ist

00:12:46: ganz schön weit weg mittlerweile davon.

00:12:47: Und wie ist das passiert, bevor ich gleich auch auf den Ton von Frau von Storch komme,

00:12:53: das wollte ich, habe ich eh vorbereitet auch, darauf komme, was Merz da schon beginnt und

00:12:59: dann gestern im ID-Sommerinterview fortsetzt, dass es sich hier um eine Gewissensfrage

00:13:04: handele.

00:13:05: Das hatte sieben so ein bisschen reingesungen und er sagt ja, seinen Gewissen lasse ihn

00:13:10: mit ja antworten, dazu müssten wir aber gleich auch, glaube ich, für unsere Hörer*innen

00:13:14: nochmal klar machen, wie ist denn eigentlich die Position von Frau Brosius Gerstdorf in

00:13:19: der Abtreibungsfrage, bevor wir hier verwirren.

00:13:22: Lass uns aber eine Sekunde noch bei der Fehlenschätzung bleiben.

00:13:26: Warum ist das passiert?

00:13:28: So, über die Woche meiner Beobachtung nach radikalisiert sich die Stimmung innerhalb

00:13:37: der Union.

00:13:38: Vielleicht kein schönes Wort, aber spitzt sich zu, geht immer stärker in Richtung, wir

00:13:43: können das nicht mittragen.

00:13:44: Warum haben Friedrich Merz und Jens Spahn das nicht gesehen, sodass sie dann eben erst

00:13:51: am Freitagmorgen am Tag der Abstimmung um 8 Uhr früh sagen, wir kriegen die Mehrheit

00:13:57: nicht zusammen?

00:13:58: Das hat, glaube ich, unterschiedliche Gründe.

00:14:01: Einer ist ganz bestimmt, dass Friedrich Merz sich in den ersten Monaten seiner Kanzlerschaft

00:14:09: einfach nicht so wahnsinnig viel damit beschäftigt hat, was eigentlich in seiner Fraktion los ist

00:14:13: und was so in der Innenpolitik vor sich geht.

00:14:16: Er ist ein Außenkanzler, er ist als Außenkanzler aufgetreten, hat sich vor allem darauf konzentriert,

00:14:21: sich der Welt vorzustellen.

00:14:22: Und das hat er ja nach allgemeiner Beurteilung vernünftig gemacht und gut gemacht, hat

00:14:32: sich aber aus sozusagen den vermeintlich kleinteiligen Fragen und nicht ganz so bedeutenden Fragen

00:14:37: eher rausgezogen.

00:14:38: Und das könnte so ein bisschen auch die Quittung dafür sein und auch ein Zeichen dafür, dass

00:14:43: er da was ändern muss.

00:14:45: Also, die Frage ist ja, wäre Angela Merkel sowas passiert, auch dass sein eigener Kanzleramtschef

00:14:51: beispielsweise torstenfrei auch überhaupt nicht eingebunden war in diese ganzen Abläufe.

00:14:56: Dieses Thema Richterwahl entweder von sich gehalten hat oder sozusagen sich ganz bewusst

00:15:03: nicht darum gekümmert hat, weil er dachte, das macht schon der Jens, aber dieses elementare

00:15:09: Dreieck für die Union aus Friedrich Merz, torstenfrei und Jens Spahn, hat in diesem

00:15:13: Fall einfach nicht funktioniert und nicht miteinander kommuniziert.

00:15:17: Und irgendwann war es zu spät.

00:15:20: Nach allem, was man hört, haben Spahn und Merz sich schon abgestimmt in den letzten Tagen

00:15:27: vor der Richterwahl.

00:15:28: Und Merz hat sich mehrfach erkundigt bei Jens Spahn sozusagen, ob das denn gut geht.

00:15:34: Und was soll er erst mal anderes tun, als sich darauf verlassen, wenn sein Fraktionchef

00:15:39: sagt, ja, ja, das kriegen wir irgendwie schon hin?

00:15:41: Denkst du, dass er ihm das gesagt hat, wir kriegen das irgendwie hin?

00:15:44: Naja, ich glaube, dass beide darauf vertraut haben, dass die Koalitionsdisziplin wirkt.

00:15:51: Friedrich Merz, womöglich auch, weil er noch in ganz anderen Zeiten politisch sozialisiert

00:15:59: worden ist.

00:16:00: Unter Helmut Kohl, er hat natürlich auch die Kanzlerschaft von Angela Merkel gesehen und

00:16:05: so.

00:16:06: Und das waren noch verhältnismäßig stabile Zeiten.

00:16:09: Da war die CDU, da war die Union eine Kanzlerwahlmaschine, supermachtpragmatisch und sozusagen sämtliche

00:16:17: Überzeugungen erst mal hinten angestellt, wenn es darum ging, die eigenen Mehrheiten

00:16:22: zu sichern.

00:16:23: Und vielleicht hatte er dieses Gefühl zu Beginn seiner Kanzlerschaft auch, als die hochumstrittende

00:16:31: Frage, wie gehen wir eigentlich mit der Schuldenbremse, gut gegangen ist aus seiner Sicht.

00:16:35: Da hat er ja auch das Gefühl gekriegt, ah, alles klar.

00:16:38: Das geht so wie früher unter Kohl.

00:16:40: Wir sind hier der Kanzlerwahlverein und wenn ich was sage, dann ist das möglicherweise

00:16:45: umstritten, aber am Ende steht die Mehrheit.

00:16:47: Und das könnte ein Grund gewesen sein dafür, dass er lange gedacht hat, naja gut, sind jetzt

00:16:54: so ein paar Abgeordnete bei CDU und CSU, die damit fremdeln mit dieser Frau und die damit

00:17:00: drohen, die nichts zu wählen.

00:17:01: Aber wenn es hart auf hart kommt, nämlich bei dieser Richterwahl, dann wird das schon

00:17:05: stehen, denn sonst hat diese Koalition ein massives Problem.

00:17:07: Das kann ja keiner wollen.

00:17:08: Aber ich staune, muss ich sagen.

00:17:10: Ich habe eine Folge gemacht mit Melanie Armand vergangenen Woche.

00:17:13: Da haben wir auch gesagt, wie kann man das eigentlich sich jetzt so anschauen?

00:17:17: Da wussten wir noch nicht, wie das schiefgehen würde.

00:17:19: Wir zeichnen das am Mittwoch auf.

00:17:20: Wie kannst du dir das anschauen, wenn du ja jetzt, dann spätestens, soweit kannst du

00:17:24: gar nicht weg gewesen sein, als Außenkanzler verstanden hast, wie die Mehrheitsverhältnisse

00:17:29: im Deutschen Bundestag aktuell sind?

00:17:31: Und dann muss man ja sagen, es wäre eh super knapp geworden.

00:17:35: Es braucht es die Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten für diese Richterinnenwahl.

00:17:41: Die haben Union und SPD selbst mit den Grünen ja nicht.

00:17:45: Es hätte also immer die Stimmen entweder der AfD oder der Linksfraktion oder Stimmen

00:17:51: von denen gebraucht und es sah dann irgendwie so aus, als wollte man das einfach so darauf

00:17:56: ankommen lassen, denn die CDU will auf keinen Fall mit der AfD stimmen, sie will auch nicht

00:18:01: mit der Linkspartei stimmen, die Linkspartei in Gestalt von Jan van Agen hat gesagt, redet

00:18:06: doch wenigstens mal mit uns.

00:18:08: Sprecht doch darüber, gut, die wollten dann dafür auch was haben, vielleicht macht man

00:18:12: das dann gerade nicht erst und soweit ich mitbekommen habe, hat die in Span auch nicht gesprochen.

00:18:17: Mit der Linksfraktion, Alexander Dobrindt, geht dann im Interview der Woche beim Deutschen

00:18:22: Funking und sagt, ich habe eine Nummer A, ich habe sogar zwei Nummern von denen, ich könnte

00:18:27: dafür sorgen.

00:18:28: Das finde ich ist erstmal fahrlässig oder aber mindestens mal riskant, Tina Hildebrand

00:18:35: von der Zeit nennt es schön, den schludrigen Optimismus von Friedrich Merz, der auch schon

00:18:41: eine Rolle gespielt habe bei dem auch gescheiterten ersten Wahlgang seiner eigenen Kanzlerwahl,

00:18:48: wo er auch gemerkt hat, das klappt nicht, da habe ich die Koalition nicht hinter mir

00:18:53: und war davon ausgegangen, vielleicht sich verlassen zu können auf das, was du den alten

00:19:00: Kanzlerwahlverein nennst.

00:19:02: Aber das hätte doch der Aufmerker sein müssen, um zu sagen, oh, wait, das wird Harig.

00:19:07: Ja, ich glaube eine Schlüsselfigur ist natürlich trotzdem Jens Spahn und wenn man sich nochmal

00:19:11: in dessen Situation gerade versetzt, dann hatte der natürlich auch noch ein paar andere

00:19:17: Dinge, um die er sich kümmern musste, außer um diese Richterwahl, also das war ja schon

00:19:23: ein Sturm, der da über ihm losgegangen ist, nachdem der Sonderbericht zur Maskenaffäre

00:19:28: öffentlich wurde und er musste sich permanent verteidigen und er ist ja auch bewusst, wie

00:19:32: du auch vorhin gesagt hast, in die Offensive da gegangen, hat den Kampf angenommen, ich

00:19:36: war letzte Woche ja selbst bei ihm und habe ein Interview mit ihm geführt und habe da

00:19:40: gemerkt, okay, er fühlt sich da auch sicher bei dem Thema, weil er sein Argument ist,

00:19:47: wir waren damals in der Corona-Pandemie einfach in der Ausnahmesituation und man sollte sich

00:19:52: doch mal vorstellen, er hätte damals nicht Masken, Ormas besorgt, dann hätte er auch

00:19:56: relativ rasch als Gesundheitsminister zurücktreten können in dieser Krisensituation, wo alle

00:20:01: Panik hatten zu sterben so ungefähr und da hat er sich jetzt nochmal ganz besonders mit

00:20:07: beschäftigt natürlich und das hat ihn Zeit gekostet, Kraft gekostet und natürlich auch

00:20:14: ein bisschen Platz genommen, sich um andere Dinge zu kümmern und in diesem ganzen Touhou

00:20:18: kann es schon passieren, dass man bestimmte Stimmung nicht ganz berücksichtigt, was

00:20:25: man auch nicht vergessen darf ist, Jens Spahn ist nicht unumstritten in der Unionsfraktion,

00:20:29: ja, er ist mit 90 Prozent zum Fraktionsvorsitzenden gewählt worden, Stichwort Kanzlerwahlverein,

00:20:34: das ging auch gar nicht anders, er war der klare Vorschlag von Friedrich Merz und was

00:20:40: hätte es gebracht ihm jetzt ein schlechtes Ergebnis zu geben?

00:20:42: Und von Markus Söder, der das sogar schon früher gemacht hatte, ne?

00:20:45: Absolut.

00:20:46: Aber viele haben nicht vergessen, wie er damals in der Kanzlerkandidatur von Armin Laschet

00:20:52: agiert hat, ja, im Hintergrund so ein bisschen sondiert hat, ob er den angeschlagenen Kollegen

00:20:57: Laschet nicht doch noch als Kanzlerkandidat ersetzen könne und so.

00:21:01: Also diese kleinen Illoialitäten, die sind sehr eng mit Jens Spahn verbunden und sorgen

00:21:06: immer noch dafür, dass ihm mit einer gehörigen Portion Misstrauen in der CDU begegnet wird

00:21:10: und deswegen war es aus seiner Sicht ein Tugschluss sich darauf zu verlassen, dass eine Faktion

00:21:16: schon steht und möglicherweise in diesem Manöver bei der Richterwahl, bei dem Widerstand

00:21:22: in seinen eigenen Reihen, macht sich auch absolut bemerkbar, dass er eben doch nicht

00:21:28: ganz die Autorität hat, wie vielleicht Volker Kauder in der Anfangszeit von Angela Merkel.

00:21:35: Friedrich Merz hat das gestern im Interview mit der IED mit Markus Preis zurück gewesen.

00:21:40: Er hat also gefragt, ob das ein Zeichen eines Autoritätsverlustes sei, hat er oder auch

00:21:47: ob Jens Spahn der richtige Mann sei, hat Friedrich Merz mit dem Brustton der Überzeugung gesagt

00:21:53: eindeutig, ja.

00:21:55: Markus Preis fragt aber auch nach dem Autoritätsverlust des Kanzlers und da fand ich wahnsinnig

00:22:01: interessant, was Friedrich Merz dazu gesagt hat, weil er ablenkt von sich selber und

00:22:08: hinlenkt zu den Abgeordneten und sagt, man kann Abgeordneten keine Befehle von oben

00:22:15: geben, das sind selbstbewusste, frei gewählte Abgeordnete und in solchen Fragen, wenn es

00:22:20: um solche Personalfragen geht, geht es auch um Gewissensfragen, so wenn man jetzt ganz

00:22:27: spitzfindig so was alles auseinanderpiddelt, was allerdings freilich, das würde ich immer

00:22:33: gerne dazusagen im Eifer des Gefächtes und in einem längeren Interview und so gesagt

00:22:36: wird.

00:22:37: Wenn man sehr spitzfindig wäre, könnte man jetzt eigentlich sagen, damit gibt dazu,

00:22:41: dass sowohl er als auch Jens Spahn ihre Autorität verloren haben, denn klar sind Abgeordnete

00:22:49: ihrem Gewissen verpflichtetes Wissenwehr, aber eben auch und in dem Fall ganz sicherlich

00:22:54: auch der Fraktionsdisziplin und einer Koalitions- oder Vertragstreue, die man auch von ihnen

00:23:01: verlangen kann.

00:23:02: Was hast du gedacht, ob das jetzt klug war, so zu argumentieren, denn die SPD könnte

00:23:09: jetzt bei jeder nächsten Entscheidung und sei es die über die Frage, braucht es einen

00:23:13: Untersuchungsausschuss in der Maskenaffäre gegen Jens Spahn, könnten die auch sagen,

00:23:17: Gewissensfrage, kann ich mich jetzt nicht mehr in die Koalitionsdisziplin begeben, weil

00:23:24: ich bin jetzt echt enttäuscht.

00:23:25: Er hat, muss man fairerweise sagen, nicht ganz so gesagt.

00:23:31: Also er hat nicht gesagt, wir werden jetzt die Abstimmung freigeben und zur Gewissensfrage

00:23:37: erklären, wie das bei ethischen Fragen, Organspende und so weiter ja immer wieder der Fall ist,

00:23:43: wo die Fraktionsdisziplin offiziell aufgelöst wird und so Gruppenanträge und so weiter

00:23:48: gibt.

00:23:49: Ganz soweit ist er nicht gegangen, er hat nur das Wort "Gewissen" mal in den Raum

00:23:52: gestellt, um zu symbolisieren, passt auf, das ist hier keine so ganz normale, routinemäßige

00:23:57: Richterfrage, sondern da hängt ein bisschen was anderes noch dran, unsere eigenen Überzeugungen

00:24:02: und so.

00:24:03: Also ja, das ist nicht ungefährlich, weil es eine Argumentation öffnet, derer sich natürlich

00:24:09: auch andere andere in der Koalition bedienen können und die sozusagen eine zusätzlich

00:24:13: Instabilität mit sich bringen können, an die er selbst auch wahrscheinlich immer erinnert

00:24:21: werden wird in ähnlichen Situationen von seinen eigenen Leuten, das kommt ja auch noch mal

00:24:26: dazu.

00:24:27: Man kann ja jetzt sagen, ah Friedrich, aber du hast doch damals gesagt, das ist hier irgendwie

00:24:30: was hat dann mit dem Gewissen zu tun und jetzt, das hat jetzt auch wieder mit dem Gewissen

00:24:34: zu tun, könnten zu Recht Christdemokraten bei anderen Abstimmungen sagen, aber er ist

00:24:39: eben nicht so weit gegangen zu sagen, wenn wir nochmal zur Richterwahl zusammenkommen,

00:24:46: geben wir die Abstimmung frei und das ist ja auch das Problematische, es gibt überhaupt

00:24:50: keinen Weg im Moment, wie dieses Drama gelöst werden soll, also das fand ich auch bemerkenswert

00:24:55: beim März im Sommerinterview, dass er so ein bisschen so tat, als wenn man jetzt mal

00:24:59: ein paar Nächte drüber schleift und vielleicht ein paar Wochen auch mal Urlaub macht und

00:25:02: dann erledigt sich das Problem von selbst, das tut es halt nicht, sondern diese Frage

00:25:08: wird wieder aufgerufen, es muss geklärt werden, es braucht drei neue Richter in Karlsruhe

00:25:13: und Union und SPD müssen sich einigen, denn das ist ja die überwirkende, überwirkende

00:25:18: Tragik dieses Fals, die Koalition, die sich zu Beginn ihrer Arbeit versprochen hat, alles

00:25:27: dafür zu tun, dass das Vertrauen in die politische Mitte wieder wächst und Markus Söder selbst

00:25:34: hat davon gesprochen, dass das die letzte Patrone der Demokratie möglicherweise ist,

00:25:38: die schafft es jetzt in einer solchen Frage nicht zu einem Kompromiss, ist schon alarmierendes

00:25:44: Zeichen und ich meine, da kann Friedrich Merz sich im Sommerinterview noch so häufig hinstellen

00:25:48: und sagen, alles kein Beinbruch, wirft uns nicht um und so, das erschüttert diese Koalition

00:25:54: schon dem Markt, das würde ich sagen und hinzu kommt natürlich der Zeitpunkt, eigentlich

00:25:59: wollte man stabil in die Sommerpause gehen, um dann auch mit neuer Kraft große Reformen

00:26:05: anzugehen, die es unbedingt braucht, also die Kassenlage in den Sozialversicherungen kennen

00:26:10: wir alle, da muss was geschehen und das wird nicht ganz einfach, da geht es auch an die

00:26:15: Substanz und jetzt geht man aber überhaupt nicht stabil in die Sommerpause, sondern ziemlich

00:26:19: erschüttert.

00:26:20: Denkt Merz deiner Wahrnehmung und auch dein Informationen nach tatsächlich so entspannt,

00:26:27: wie er gestern getan hat, als er mehrfach immer wieder gesagt hat, nein ist keine Krise,

00:26:31: ja war nicht schön, aber ist halt so, ist undramatisch, machen wir dann nächstes Mal

00:26:36: natürlich besser, denkt er so oder will er, dass wir so denken?

00:26:40: Das ist ein Mittelding glaube ich, also ich glaube natürlich weiß er auch, dass das

00:26:46: der Koalition geschadet hat, er ist ja auch nicht blind und er ist ja ein guter politischer

00:26:51: Analyster, also auch erfahren und hat schon mehrere Koalitionskrisen gesehen, deswegen

00:26:57: glaube ich, ist ihm klar, dass das wirklich nicht gut war und auch eine kleine Zäsur

00:27:05: für diese Koalition, andererseits braucht es als Kanzler und als Spitzenpolitiker schon

00:27:11: auch so eine kleine Autosuggestion, also du musst so ein bisschen an das glauben, was

00:27:17: du sagst und du musst sozusagen so einen Ton vorgeben, der zeigt, dass du eigentlich

00:27:25: immun bist vielleicht gegen solche Krisen, dass du sozusagen was Größeres im Blick hast,

00:27:30: dass du darüber hinweggehen kannst und dass du das auch weggearbeitet kriegst und das

00:27:34: ist ja auch nicht komplett ausgeschlossen, er hat ja versprochen, das wird beim nächsten

00:27:40: Mal anders laufen, das war nicht schön, wird beim nächsten Mal anders laufen, ich bin

00:27:44: gespannt wie es laufen soll, mir ist noch nicht klar wie, weil es geht ja letztlich

00:27:49: um die Frage, zieht jetzt die SPD ihre eigene Kandidatin zurück, stand heute würde ich

00:27:55: sagen schwierig, da geht es ja auch ein bisschen um den Stolz und alle Signale, die es aus

00:27:59: der Sozialdemokratie gibt, lauten im Moment auf gar keinen Fall ziehen wir Frau Borusios-Gerstor

00:28:04: zurück, was dann aber die Union macht, da bin ich auch mal gespannt.

00:28:08: Aber das ginge doch, du kennst die SPD sehr gut, damit beschäftigst du dich sehr lange

00:28:14: und sehr intensiv, das wäre doch der komplette Gesichtsverlust für die SPD, wenn sie das

00:28:19: macht, wenn sie hier zurückziehen würde, zumal sie sich jetzt ja auch vollständig anders

00:28:23: geäußert hat, Matthias Mirsch, der Fraktionsvorsitzenden hat gesagt, wir ziehen nicht zurück, der

00:28:29: parlamentarische Geschäftsführer oder der Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Direkt

00:28:34: Wiese, hat auch im übrigen März Sache mit der Gewissensentscheidung sofort zurückgewiesen,

00:28:41: hat gesagt, natürlich gibt es das, aber ehrlicherweise es gibt auch Koalitionsverträge, es gibt Dinge

00:28:46: auf die verständigt man sich und er erwartet, dass Zusagen gelten und man sich nicht hinter

00:28:52: Gewissensentscheidungen etwas versteckt, dann heute hat die SPD-Fraktion einen Post

00:28:58: bei Instagram veröffentlicht, der die versammelte Fraktion zeigt und sagt, dass sie an der

00:29:05: Nominierung von Frau Brosius-Gerstorff festhält, dann melden sich heute ehemalige Verfassungsrichter

00:29:11: zu Wort, sagen nochmal, es gibt gar keinen Zweifel an der fachlichen Kompetent von Frau

00:29:16: Brosius-Gerstorff, also da gibt es ja gar keine Brücke, über die man gehen könnte, die

00:29:22: noch gesichtsfahren wäre und ganz ehrlich, also dafür benennt man doch eine Kandidatin,

00:29:30: bringt sie auch mit Mehrheit durch den Wahlausschuss, um dann nicht später plötzlich zu sagen,

00:29:37: ja kann ja sein, dass das in eurem Wertezusammenhang manch einem schwierig vorkommt, aber das

00:29:46: hat mit der Sache wenig zu tun und muss uns auch nicht zwingend überzeugen, denn einmal

00:29:51: hingeguckt, davon lebt ja das Bundesverfassungsgericht auch, dass es da unterschiedliche Positionen

00:29:57: gibt, das glaube ich ist Teil der Großverährung für das Verfassungsgericht, das du immer

00:30:02: nicht genau weißt, wie wird denn das wohl ausgehen, aber es begegnet dir jedenfalls

00:30:09: nicht als eine politisierte Institution.

00:30:11: Ja, da bin ich ein bisschen vorsichtiger, ehrlich gesagt, was das Verhalten der SPD angeht,

00:30:18: also ich glaube schon, dass auch die Sozialdemokraten großes Interesse daran haben müssen, dass

00:30:25: diese Koalition hält und dass es auch Situationen gibt, wo man Rücksicht auf den Koalitionspartner

00:30:32: nehmen muss, ja.

00:30:33: Die SPD hat auch viel bekommen im Koalitionsvertrag, ja, und das Schmerzen hat die Union da nur

00:30:38: zugestimmt beispielsweise, die Halterlinie bei der Wente festzuschreiben, ja, das ist

00:30:45: eigentlich gar nichts, was die jetzt so super toll finden, und es gibt andere Beispiele,

00:30:49: also ich glaube, das kann schon funktionieren, wenn man sozusagen diese Frage jetzt mal etwas

00:30:57: entemotionalisiert und vielleicht ein bisschen Zeit gewinnt, dass dann auch allen klar wird,

00:31:04: okay, wir sollten daran jetzt nicht die politische Mitte zugrunde gehen lassen, die SPD hat

00:31:10: übrigens auch Erfahrungen mit zerbrochenen Koalitionen, wenn ich daran erinnern darf,

00:31:13: Das ist noch nicht so ewig her, dass das passiert ist.

00:31:17: überhaupt kein Interesse daran haben, dass das nochmal passiert. Und ich glaube,

00:31:21: wahnsinnig viel zu gewinnen haben sie auch nicht. Wenn sie eine Richterin, die ja

00:31:26: dezidiert, wenn nicht Richterin, aber eine Juristin, die ja dezidiert, auch linke

00:31:30: Positionen vertritt, jetzt durchkämpfen will. Also ich bin mir nicht sicher, welche

00:31:34: Wahl sie damit gewinnen will. Und ich würde auch sagen, dass man auch auf

00:31:40: Seiten der SPD durchaus hätte früher merken können, welche Widerstände das

00:31:46: in der Union verursacht, diese Personalie. Also Provosius Gerstdorf ist

00:31:50: sicher eine spitzenmäßige Juristin, aber natürlich hat sie Positionen, die die

00:31:58: Union in Wallung bringen müssen. Das kann ich schon nachvollziehen, auf jeden Fall,

00:32:03: dass da sich was bewegt in der CDU, wenn es um Positionen geht wie

00:32:07: Abtreibung und Menschenwürde von Ungeborenen, wenn es um darum geht, das

00:32:14: Ehegattensplitting abzuschaffen. Also sie war ja, ist ja dezidiert politisch auch

00:32:17: in ihren Äußerungen. Und das hätte man ja auch wissen können bei der SPD, dass

00:32:23: das auf Widerstände trifft. Das, offensichtlich hat man das bewusst in

00:32:27: Kauf genommen und insofern finde ich jetzt auch die Lesart nicht völlig falsch

00:32:31: zu sagen, war durchaus eine provozierende Personal. Lass uns mal drauf schauen auf

00:32:37: die Position von Frau Brosius Gerstdorf, just in der Abtreibungsfrage, denn das

00:32:41: ist sicherlich das, was Union Abgeordnete zu allererst und auch wirklich extrem

00:32:49: provoziert, aber auch in manchen katholischen Verbänden was ausgelöst hat,

00:32:54: nämlich Widerstand, außerdem bei der AfD und in - du hast sie schon angesprochen -

00:32:59: rechtspopulistischen, rechtsradikalen Kreisen, die darauf auch mit einer

00:33:06: gewissen Verhetzungsenergie reagiert haben. Frau Brosius Gerstdorf war in der

00:33:12: zurückliegenden Wahlperiode Mitglied einer Regierungskommission, die eine

00:33:16: mögliche Reform des Abtreibungsrechts prüfen sollte und sie hat dann dabei

00:33:21: das Kapitel zu den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen verfasst und ist zum

00:33:25: Schluss gekommen, dass eine weitgehende Legalisierung eines Schwangerschaftsabbruchs

00:33:30: nicht gegen das Grundgesetz verstoßen würde. Das ist also die alte alte

00:33:35: wichtige Frage. Damit hat sie sich gestellt gegen die bisherige Rechtsprechung

00:33:40: des Bundesverfassungsgerichts, aber auch gegen die geltende Gesetzeslage, muss

00:33:44: man sagen, wonach Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich verboten

00:33:48: sind und als unrecht eingestuft werden müssen. Freilich dann straffrei bleiben,

00:33:55: wenn eine Frau sich vorher beraten lässt und diese Abtreibung in den ersten

00:34:00: zwölf Wochen der Schwangerschaft vornimmt. So darüber wird seit ewig diskutiert, ob

00:34:06: das eine gute Regelung ist, ob sie auch und nicht zuletzt im Sinne der Frau ist,

00:34:12: ob damit die Menschenwürde des ungeborenen Kindes verletzt würde und

00:34:18: all das. Und dann kommt Frau Brosius Gerstdorf in diesem Kommissionsbericht

00:34:22: zu einem Satz, der erstmal hart klingt. Es gibt gute Gründe dafür, dass die

00:34:28: Menschenwürde-Garantie erst abgeburt gilt. Allerdings schränkt sie dann ein, dass

00:34:36: der Embryo grundrechtlich natürlich nicht schutzlos sei. Für ihn soll Artikel 2,

00:34:42: "Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gelten und je

00:34:46: näher die Geburt rückt, umso stärker solle der grundrechtliche Schutz des

00:34:50: ungeborenen in der Abwägung dann mit den Grundrechten der Schwangeren stehen.

00:34:55: Spätabtreibungen sollen deshalb grundsätzlich rechtswidrig bleiben",

00:34:59: so Brosius Gerstdorf. Da kann man doch jetzt sagen, okay, ja, das ist eine

00:35:06: Meinung, die du und ich auch schon gehört haben, die auch in den zurücklingenden

00:35:11: Jahrzehnten selbstverständlich diskutiert worden ist, die also nicht

00:35:15: komplett raus und ransteinig gedacht ist. Auch in der Rechtswissenschaft ist das

00:35:21: keine abseitige Meinung. Sie widerspricht dem Denken mancher

00:35:27: Unionsabgeordneter, da bin ich bei dir zweifellos, aber sie ist denkbar. Und

00:35:33: nochmal, Frau Brosius Gerstdorf wäre eine von acht Richter*innen in einem

00:35:40: Sinne hat, es gibt zwei Sinnate beim Bundesverfassungsgericht, die treffen

00:35:44: Mehrheitsentscheidungen. Sie würde also ihre Position eventuell vertreten, aber

00:35:48: dann wäre ja auch noch andere da, die im Zweifel was anderes sagen. Und wenn du

00:35:54: willst, dass das Bundesverfassungsgericht zwar hervorragende, herausragende

00:36:00: Jurist*innen und Juristen versammelt, was es, glaube ich, durch die Bank immer

00:36:04: gemacht hat, dann mögen die ja auch einen eigenen Kopf haben. Vielleicht

00:36:10: wären sie sonst auch nicht so herausragend. Ich glaube aber, dass auf linker

00:36:16: Seite häufig noch unterschätzt wird, welche Emotionen dieses Thema Abtreibung

00:36:22: und auch 218 im speziellen Auslöst. Also das Thema war ja eigentlich

00:36:28: gesellschaftlich befriedet. Und das möchte ich mal sagen, es waren tatsächlich

00:36:32: nicht die Konservativen, die das jetzt letztes Jahr nochmal aufgemacht haben,

00:36:35: das Thema, sondern das war schon die Ampel mit ihrer Reformkommission,

00:36:40: mit ihren Vorschlägen, wie man das neu fassen könnte, wie man Abtreibungen auch

00:36:45: bis zu einem bestimmten Zeitpunkt straffrei stellen kann. Und jetzt wäre es

00:36:53: übertrieben zu sagen, sie haben da die Büchse der Pandora geöffnet damit, aber

00:36:57: natürlich löst das was aus. Im konservativen Sprektum übrigens auch bei

00:37:03: Kirchen und das hat man ja jetzt auch gemerkt in der Debatte um Frau Bosius

00:37:05: Gerstdorf, wie aktiv sich die Kirchen eingemischt haben. Nicht alle Kirchen,

00:37:09: aber vor allem die Konservative Kirchen natürlich, Bischöfe. Also es kann

00:37:17: SPD, Grüne und Linke nicht wundern, finde ich, dass das richtig hart diskutiert

00:37:24: wird und dass auch so eine Position rausgezogen wird, dass sie dann allerdings

00:37:28: verzerrt wird, auch in rechten Kreisen. Und so getan wird als würde Frau

00:37:36: Bosius Gerstdorf sozusagen Spätabtreibungen befürworten. Das hat

00:37:40: sie ausdrücklich nicht gesagt, sondern ganz klar gestellt auch, nein, sie ist

00:37:46: nicht für Spätabtreibungen und es ist also keine radikale Position, die sie da

00:37:52: vertritt, die sie da vertritt, sondern einfach eine Liberale, die übrigens auch

00:37:58: gesellschaftlich eine Mehrheit hat. Aber klar, dass das emotional ein

00:38:05: superheitliches Thema ist, ich glaube, das hätte man schon auch bei der Richter

00:38:09: Auswahl realisieren können. Ja, weil das kommt noch mal dazu. Es ist ein

00:38:13: Unterschied, ob jemand was mit 19 so irgendwie sagt, ja, so im jugendlichen

00:38:17: Leichtsinn oder ob das erst letztes Jahr passiert ist. Also sie hat sich da sehr

00:38:21: aktuell positioniert. Frau Bosius Gerstdorf, dann war nicht

00:38:24: irgendwer, die war schon bekannt sozusagen in Bundestagskreisen, ja, auch weil sie

00:38:27: als Sachverständiger aufgetreten ist und so und als Mitglied dieser Reformkommission

00:38:31: und eben diesen Bericht geschrieben hat und deswegen quasi exponiert und das hat

00:38:36: eben dann dazu geführt, dass man sich auch schnell mit ihr beschäftigt hat.

00:38:39: Ja, dennoch, ich bleibe auch dabei und das finde ich wichtig in dem Zusammenhang.

00:38:44: Wenn du möchtest, dass am Bundesverfassungsgericht nicht nur eine

00:38:49: Linie vertreten wird und sei es in der Abtreibungsfrage, dann schadet das ja

00:38:53: nicht, wenn eine ausgewiesen gute oder sehr angesehene Rechtsprofessorin dann

00:39:02: auch ans Verfassungsgericht kommt. Jetzt noch der Witz, sie geht in den zweiten

00:39:07: Senat, der ist gar nicht zuständig für Abtreibungsfragen, sondern da würde

00:39:11: zum Beispiel ein Parteienverbote verhandelt werden. Da hat sie auch eine

00:39:16: klare Meinung und sagt, sie ist für ein AfD-Verbotsverfahren, dann, wenn es

00:39:20: genug Material gibt, um das anzuschränken. Auch keine komplett abwege

00:39:26: Gemeinungen, die gibt es und sie kann sich ganz sicherlich gut begründet

00:39:31: vortragen. Also das ist jetzt die Situation, bei der ich mitkomme bei deiner

00:39:36: Überlegung, dass du sagst, na ja, wenn man das so macht, wenn man eine Frau wie

00:39:40: sie, die so klar exponiert ist und die man schon wahrgenommen hat mit einer

00:39:45: Position, die in den Unionskreisen eher negativ aufgenommen wird, wenn ich das

00:39:50: mache, dass ich die mit den Stimmen des Wahlausschusses nominiere, dann

00:39:56: laufe ich im zweifelten Risiko, was da zurückkommt, das stimmt. Da komme ich

00:40:00: mit, das wäre jetzt so eine Koalitionsüberlegung, die man

00:40:04: gelten machen könnte. Ich komme aber nicht mit da, dass man sagt, Frau

00:40:10: Brosius-Gersthoff ist jetzt keine hoch angesehene Rechtsprofessorin mehr, die

00:40:14: nicht die Qualifikation hätte, um ans Bundesverfassungsgericht zu gehen. Weißt

00:40:19: du, das passiert jetzt auch, das wird auf dem Rücken dieser Frau ausgetragen und

00:40:24: das ist auch echt würdelos ausgetragen worden. Man wundert sich ja geradezu, dass

00:40:29: Frau Brosius-Gersthoff das packt, dass sie nach wie vor zur Verfügung stünde,

00:40:33: nach Karlsruhe zu gehen und jetzt sogar noch auf bitten der SPD auch in

00:40:38: persönlichen Gesprächen und Unions Abgeordneten ging, um zu sagen, Leute, ich

00:40:43: bin gar nicht so schlimm, meine Position ist diese und jene. Das ist ja ein

00:40:47: richtiger Kraftakt, den man gegen eine absolut

00:40:53: würdelose Kampagne bringt, was auch aller Ehrenwert ist.

00:40:59: Mir fallen jetzt zwei Sachen dazu ein. Einmal, ich habe mit Ulla Schmidt heute

00:41:04: gesprochen und Ulla Schmidt ist ja die frühere Gesundheitsministerin der SPD,

00:41:08: ist jetzt raus aus dem Bundestag, aber irgendwie schon immer noch eine sozial

00:41:14: demokratische Institution, gehört eher zum pragmatischen konservativen Teil der

00:41:18: Partei und hat sich, das war bemerkenswert, letzte Woche vor der

00:41:24: Richterwahl kritisch eingelassen zu Frau Brosius-Gersthoff und hat gesagt, also

00:41:28: die teile ich nicht die Position, dass sozusagen ist auch denkbar ist, dass die

00:41:31: Menschen würde erst abgebot greift. Das war sozusagen ein Kontrast, den man

00:41:37: nicht so erwartet hatte, weil das ja eigentlich eine SPD-Kandidatin ist und

00:41:41: entsprechend breit diskutiert wurde ihre Einlassung auch oder Schmitz-Einlassung

00:41:46: und wurde natürlich dankbar aufgenommen von der Union, würde ich mehr als im

00:41:49: Sommerinterview gesagt, ja also Ulla Schmidt haben ja alle mitgekriegt, die ist

00:41:52: auch sozusagen gegen diese Frau Brosius-Gersthoff und das zeigt ja, dass

00:41:56: sozusagen in anderen Parteien es auch Widerstände gibt. Jetzt sagt Ulla

00:41:59: Schmidt, das ist ein bisschen dein Argument. Ja, ich bin inhaltlich teile ich

00:42:05: da ihre Position nicht an der Stelle und das sehe ich auch total kritisch, aber

00:42:08: das heißt auch nicht, dass sie nicht eine sehr gute Verfassungsrichterin wäre,

00:42:12: dass sie außerordentlich gut qualifiziert ist und dass ich sie und

00:42:16: das war neu selbstverständlich mitgewählt hätte, wenn ich noch

00:42:20: Parlamentarierend im Bundestag wäre und sie hat sich also sehr stark gegen die

00:42:24: Vereinahmungsversuche aus der Union gewährt und hat gesagt, das sei also

00:42:28: wirklich ein Missverständnis und das fand ich eigentlich eine souveräne

00:42:32: Haltung zu sagen, ich teile das nicht und ich kritisiere das auch öffentlich, was

00:42:35: sie da gesagt hat beim Stichwort Menschenwürde. Für mich steht aber

00:42:38: außer Frage, dass sie eine geeignete Kandidatin wäre trotzdem, ja. Also da

00:42:42: abstrahiert sie, das finde ich, das finde ich stark. Zweiter Punkt, der mir

00:42:46: einfällt dazu. Ich glaube, das ist das Alarmierende auch an diesem Fall. Es

00:42:52: zeigt schon die Verunsicherung natürlich von Teilen der Union in dieser

00:42:58: neuen parlamentarischen Realität. Auch da muss man sich natürlich manchmal in die

00:43:02: CDU reinversetzen. Direkt neben der Unionsfraktion sitzt eine riesige

00:43:08: AfD-Fraktion, die gerade bei solchen Themen natürlich super

00:43:13: angriffslustig ist und es liebt, die Union vor sich herzutreiben und den

00:43:18: Spalter richtig reinjagt, in ihrem Ansinnen die CDU zu zerstören. Das

00:43:23: sagen sie ja öffentlich. Sie wollen die Union kaputt machen und das sind sozusagen

00:43:29: Geschenke für sie. Und da stochern sie richtig in der Wunde. Und das hat

00:43:35: Beatrix von Storch ja gemacht mit dem Kanzler persönlich. Und man merkt, dass

00:43:40: es in der Union nicht eine solche Selbstsicherheit gibt, zu sagen, wir

00:43:48: stehen dagegen. Und wir haben unsere Überzeugung, aber natürlich müssen wir

00:43:52: in der Mitte auch kompromissfähig sein und deswegen stimmen wir jetzt dazu.

00:43:55: Das ist das Alarmierende, glaube ich. Das hat sich übrigens auch schon

00:43:58: gezeigt bei der Abstimmung über die Asylpolitik vor der Bundestagswahl.

00:44:02: Als würde ich März plötzlich das Manöver startete, seinen Fünf-Punkte-Papier

00:44:06: da mit egal welchen Stimmen durchzubringen und diesen Gesetzentwurf

00:44:10: damals. Da hätte er ja auch sagen können, liebe AfD, ich habe immer gesagt, ich mache

00:44:16: mit euch nichts. Ich warte jetzt noch vier Wochen, bis ich Bundeskanzler bin und

00:44:19: dann mache ich das selbst und zwar mit meiner eigenen Mehrheit und nicht mit

00:44:22: euch. Aber diese Selbstsicherheit hatte er nicht. Er war da echt wankelmütig und

00:44:26: hat im Kauf genommen, dass die Rechten ihm helfen. Und das hat so ein bisschen

00:44:31: auch die Büchse der Pantore geöffnet und auch gezeigt sozusagen wie labil das

00:44:35: ganze Konstrukt mittlerweile ist und wie getrieben auch die Union und hat sich

00:44:39: jetzt wieder manifestiert, glaube ich, in dieser Frage. Ja, meine Frage ist ja

00:44:43: ein, auf der ich mit dir herumdenken will, verliert die Union hier die Kontrolle

00:44:47: über sich und ich finde gut, dass du diese Abstimmung nochmal ansprichst aus dem

00:44:51: Januar, wo Friedrich Merz auch hart an die Kante gegangen ist, dessen was, was man

00:44:59: noch als mittig empfunden hätte und was so kristdemokratischen Kernüberzeugungen

00:45:08: entspricht. Jetzt ist viel davon die Rede, hier sei ein Kulturkampf am Laufen, der

00:45:15: sich auch und nichts letztendlang der Abtreibungsfrage erzählen ließe. Hältst

00:45:20: es für fehlgegriffenes Label oder ist es das schon, was da nicht zuletzt von

00:45:27: rechten, rechtsextremen, rechtsradikalen Netzwerken in auch ins Parlament und auf

00:45:34: die Kanäle der einzelnen Unions Abgeordnete oder der insgesamt der

00:45:38: ganzen Abgeordneten gespielt wird? Ja, wobei das auch kein ganz neues

00:45:44: Phänomen ist, finde ich. Also Kulturkampfaspekte gibt es ehrlich gesagt auch

00:45:50: schon seit Jahren, also wenn es ums Gendern geht beispielsweise, wenn es um die

00:45:57: Frage geht, ob man irgendwelche Fahnen aufhängen darf und so. Das ist jetzt

00:46:01: kein Phänomen sozusagen der Märzischen Kanzlaschaft, sondern das gibt es, würde

00:46:08: ich jetzt mal kühn behaupten, seit mindestens zehn Jahren, wird möglicherweise

00:46:11: stärker auch durch die mediale Vielfalt, das möchte ich mal positiv formulieren,

00:46:18: die es mittlerweile gibt, aber auch die mediale Unübersichtlichkeit. Es gibt ja

00:46:22: sozusagen bestimmte Medien, die genau in diesen Raum gehen zwischen Union und

00:46:26: AfD, in den Raum der Verunsicherung, so möchte ich mal sagen. Da lässt sich

00:46:31: eben was kultivieren auch und die Frage ist, wie gefährlich das ist, auch in

00:46:38: dieser Kanzlerschaft. Das ist nicht ungefährlich, wie man jetzt sieht, es kann

00:46:41: jederzeit entflammt werden. Mein Gefühl ist trotzdem, dass wir noch nicht in

00:46:50: Daueralarmstimmung auch da sein sollten, weil wir haben noch eine stabile

00:46:54: Bundesregierung eigentlich, das sollten wir ja auch nicht vergessen, unterscheidet

00:46:57: uns übrigens auch von von anderen Ländern in Europa. Also die haben eine

00:47:01: eigene Mehrheit, das sind zwei, sozusagen Parteien der Mitte, die haben sich

00:47:05: relativ konfliktlos auf einen Koalitionsvertrag geeinigt, der ja

00:47:12: durchaus auch vernünftige Aspekte hat und der dieses Land auch ein Stück weit

00:47:16: voranbringen kann, muss allerdings auch passieren. Für die Selbstvergewisserung

00:47:20: der politischen Mitte braucht es unbedingt Erfolge im Bereich des

00:47:25: Wirtschaftswachstums, im Bereich der sozialen Sicherungssysteme, im Bereich

00:47:28: der Entlastung vieler Bürger. Und da, glaube ich, ist absolut Luft nach oben.

00:47:35: Das haben die ersten Monate auch gezeigt. Es ist schon was passiert, sind einige

00:47:39: Gesetze auf den Weg gebracht worden, aber beispielsweise Stromsteuer, großer

00:47:43: Konflikt vor zwei Wochen, werden nicht alle entlastet. War, glaube ich, ein

00:47:47: schwieriges Symbolthema, nicht nur für die CDU, auch in der SPD, weil das

00:47:51: Krit wurde, das kritisch diskutiert. Also da, glaube ich, muss man sich absolut

00:47:56: zusammenreißen über den Sommer, um dann im Herbst noch mal neu loszulegen zu

00:48:01: sagen, pass auf, wir sind jetzt, wir müssen eine Koalition sein, die vernünftig

00:48:06: regiert, sonst haben wir einfach keine Chance, sonst werden wir auch davon

00:48:08: gefegt. Vernünftig regieren würde ich auch übersetzen damit, dass man wirklich

00:48:15: sehr differenziert argumentiert, dass man sehr differenziert hinschaut, worum

00:48:22: geht es jetzt hier gerade. Und deshalb finde ich es auch dieses Beispiel der

00:48:26: Richterwahl ein so gutes und im Zweifel aber auch eines, was wirklich tief

00:48:33: blicken lässt. Du hast ja eben dein Interview angesprochen, dass du mit

00:48:36: Ulla Schmidt geführt hast, der ehemalige SPD Gesundheitsministerin. Ich fand es

00:48:40: super, dass du das gemacht hast, auch eine richtig gute Idee. Und was Ulla

00:48:45: Schmidt in diesem Interview, das du führst, macht, ist ja, dass sie super

00:48:49: differenziert, aber auch generös auf die Meinung von Frau Brosius Gerstdorf

00:48:56: schaut. Sie sagt also, ich zitiere das mal, ich halte es für falsch, dass die

00:49:00: Menschenwürde erst nach der Geburt gelten soll. Der Schutz des menschlichen

00:49:04: Lebens gilt für mich von Anfang an. Ich finde, dass es darüber eine breite

00:49:09: gesellschaftliche Debatte geben sollte, aber ich habe keine grundsätzlichen

00:49:13: Zweifel daran, dass Frau Brosius Gerstdorf die Qualifikation als

00:49:17: Verfassungsrichterin mitbringt. Wir haben im Übrigen ein Verfassungsgericht, in

00:49:20: dem der Senat entscheidet nicht ein einzelner Richter oder eine einzelne

00:49:24: Richterin. Es ist sehr problematisch, wenn wir die Richterwahl jetzt politisieren,

00:49:28: wie das zum Beispiel in den USA der Fall ist. Und dann fragst du nach, hätten sie

00:49:33: sie denn auch mitgewählt, wenn sie noch im Parlament sitzen würden. Und das finde

00:49:37: ich wirklich groß, ehrenfraummäßig, weil sie dann sagt, natürlich hätte ich

00:49:42: Frau Brosius Gerstdorf mitgewählt, wenn ich noch Abgeordnete im Bundestag

00:49:45: wäre. Ich sehe ihre Position zur Menschenwürde kritisch, aber das stellt

00:49:49: doch nicht infrage, dass sie eine herausragende gute Juristin ist. Und dann

00:49:53: im Übrigen bin ich nicht weit weg von ihr, was die Frage des Schwangerschaftsabbruchs

00:49:58: angeht. Ich teile die Auffassung, dass er nach Beratung innerhalb der ersten 12

00:50:02: Wochen außerhalb des Strafrechts geregelt werden sollte. Es gibt für diese

00:50:07: Position gesellschaftlich eine große Mehrheit. Es gibt sogar CDU-Politiker,

00:50:12: die das so sehen. So, Zitat N. "Finde das, umreist das ganze Spektrum. Das ist

00:50:17: komplex, das ist kompliziert, das verlangt nach Differenzierung, aber auch

00:50:22: danach, dass du von dir selber abziehst." Und so, ja natürlich hätte ich die jetzt

00:50:27: mitgewählt, weil an dem Punkt komme ich mit. Ganz anders macht das Beatrix von

00:50:32: Storch. Wenn man das jetzt alles nochmal vor Augen hat und sich dann anhört, was

00:50:37: sie gemacht hat, vergangenen Mittwoch in der sogenannten Regierungsbefragung,

00:50:41: Friedrich Merz stellte sich den Fragen der Abgeordneten und wir hören, was dann

00:50:45: Frau von Storch macht, die Friedrich Merz erkennbar eine Falle stellen will.

00:50:51: Ich frage Sie, ob Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren können, Frau

00:50:56: Brosius-Gerstorff zu wählen, für die die Würde eines Menschen nicht gilt, wenn er

00:51:02: nicht geboren ist. Frau Brosius-Gerstorff hat gesagt, dass ein Kind, das neun Monate

00:51:07: alt ist, zwei Minuten vor der Geburt, keine Menschenwürde zukommt. Können Sie es

00:51:12: mit Ihrem Gewissen vereinbaren, diese Frau zu wählen,

00:51:15: wissend, dass vermutlich diese Dame in Kürze über die Abschaffung des 218 abstimmen wird.

00:51:21: Über die Tragweite und die Reichweite von Artikel 1 Satz 1 unseres

00:51:31: Grundgesetzes, Frau von Storch, würde ich bei anderer Gelegenheit dann gerade mit

00:51:35: Ihnen gerne mal diskutieren.

00:51:46: Aber auf Ihre hier gestellte Frage ist meine ganz einfache Antwort, ja.

00:51:53: So, da fällt dann der Applaus ein bisschen geringer aus. Vielleicht wird einem mancher einem klar, was jetzt hier

00:52:05: kurz passiert ist, denn Friedrich Merz hätte natürlich antworten können, sie

00:52:10: verzerren die Position von Frau Brosius-Gerstorff in absolut unzulässiger Weise.

00:52:17: Selbstverständlich hat sie nichts davon gesagt, dass man noch zwei Minuten vor

00:52:21: Geburt abtreiben dürfe. Das hat sie einfach nicht gesagt, das wird hier

00:52:25: bösartig gesetzt von Frau von Storch mit klarer Absicht, Merz da zu

00:52:33: übertölpeln. Aber er weiß es eben leider dann nicht in der

00:52:38: Entschiedenheit zurück, die man vielleicht, wenn man länger drüber nachgedacht

00:52:40: hätte, dann hätte haben können, sondern er geht so ein bisschen angreifflustig

00:52:46: da rein und macht dann den Sack zu, wo die angreifflust vielleicht gar nicht

00:52:50: hingehört, wo man dann sagt, meine Antwort auf die Frage nach der

00:52:54: Gewissensentscheidung sei ja. Und das ließ sich besonders gut verhetzen.

00:53:00: Die AfD und Andersinn hingegangen haben den Ausschnitt zusammengekürzt, so wie

00:53:06: sie das immer machen. Da hast du dann die längliche Frage von Frau von

00:53:11: Storch, bei der dann ungesagt bleibt, dass die aber in der Substanz ganz und

00:53:17: gar falsch ist. Und dann hast du einfach nur dran, aber auf ihre hier gestellte

00:53:21: Frage ist meine ganz einfache Antwort ja. Wow, das ging durch die Kanäle, da steht

00:53:27: der Bundeskanzler richtig, wie sie wie nenn ich das, total verquergezeichnet da und

00:53:37: das wird halt begierig aufgenommen. Bei der Frage verliert die Union die

00:53:42: Kontrolle, du sagst es ja auch, die sitzen gleich neben der Fraktion, ist das dann

00:53:47: irgendwann zu viel, was da alles abgeht und dann verliert man so ein bisschen die

00:53:55: Bodenhaftung und sagt, worum geht es hier eigentlich? Moment mal gerade, wir haben

00:53:58: eine Entscheidung, die für die Koalition schwierig sein wird. Wir haben eine

00:54:04: Entscheidung, die dem Narrativvorschub leistet, nun würde auch in Deutschland

00:54:13: das Bundesverfassungsgericht politisiert und dann machst du das trotzdem?

00:54:20: Also ich finde, das ist eine total interessante Szene, die auch echt viel

00:54:25: über Friedrich Merz aussagt. Ich finde seinen Konter, seinen allerersten

00:54:30: Konter auf, also erstmal muss man sagen, es war eine gute Frage von Beatrix von

00:54:34: Storch. Jenseits jetzt mal unbeachtet der Tatsache, dass sie da wieder Sachen

00:54:39: komplett verzerrt hat und so weiter. Aber taktisch, strategisch war das eine gute

00:54:43: Frage, weil sie sozusagen in eine Wunde der Union ging. Sie hat genau den richtigen

00:54:48: Riecher gehabt und den richtigen Aspekt natürlich angesprochen, weil sie

00:54:53: wusste, sie bringt da den Kanzler und die ganze CDU in die Bredeuil. Dann war

00:54:58: der erste Konter von Friedrich Merz aber auch sehr, sehr gut zu sagen, naja also

00:55:02: sorry, aber über Artikel 1 würde ich dann zu anderer Gelegenheit auch mal

00:55:06: ganz gern mit ihnen diskutieren und man merkt in dem Moment, da tut sich was in

00:55:11: seiner Fraktion, dass es stärkt das Selbstbewusstsein, die applaudieren, es

00:55:16: gibt Geräusche, da ist was los, er hat auch den richtigen Punkt

00:55:21: getroffen und wir haben schon mal drüber geredet, an der letztes mal in deinem

00:55:24: Podcast, er ist ein Stimmungspolitiker, er merkt, da bewegt sich was und dann setzt

00:55:29: er noch einen drauf, weil er sich sicher fühlt und denkt, wir sind jetzt

00:55:33: im Abgrenzungsmodus zur AfD und deswegen sage ich natürlich, wählen wir diese

00:55:37: linksradikale Richterin so ungefähr und merkt nicht, oh Gott, was er damit

00:55:42: eigentlich auslöst in seiner Partei, da hört man ja förmlich am Applaus, der

00:55:46: stürzt in sich zusammen, da sind nur so ein paar Hände, die sich rühren, also

00:55:50: spätestens da hätte er eigentlich realisieren müssen, ui, das ist doch ein

00:55:55: bisschen anders, die Gemengelage bei CDU und CSU, als ich mir das eigentlich

00:55:58: vorgestellt habe. Was würdest du denn abschließend antworten auf die Frage

00:56:03: verliert die Union jetzt hier die Kontrolle, also geht sie jetzt reichlich

00:56:12: ramponiert in die Sommerpause, muss sie darauf hoffen, dass die SPD, die ähnlich

00:56:20: ramponiert dasteht, die gerade zum Beispiel ein gestaltes Vorsitzende, ein

00:56:26: grottenschlechtes Ergebnis beim Parteitag zu verkraften hat und und und und

00:56:31: also zwei Dinge dazu. Einmal muss ich noch einmal grundsätzlich sagen, dass es

00:56:40: natürlich nicht gleich eine Staatskrise ist, wenn wir mal streiten in der

00:56:48: politischen Mitte, ganz im Gegenteil, das ist sogar ganz gut, wir waren jahrelang

00:56:52: zu, würde ich sagen, steinmeierisch unterwegs, so blutlehr und konsens

00:56:58: orientiert und alle wollen eigentlich das gleiche. Also ich finde es ist eine

00:57:02: Belebung auch der Demokratie und auch des politischen Geschäfts, wenn es eine

00:57:07: Unterscheidbarkeit gibt und wenn es auch Diskussion und Streit und Auseinandersetzung

00:57:13: gibt, auch in sensiblen Fragen, auch in gesellschaftspolitischen Fragen und so,

00:57:16: in ethischen Fragen von mir aus. Also da muss man sich auch trauen, da

00:57:22: muss der Meinungskorridor aufgemacht werden meines Erachtens, wenn die

00:57:25: politische Mitte revitalisiert werden will, so das vorweggeschoben. Trotzdem ist

00:57:30: das aus unterschiedlichen Gründen jetzt einfach sehr gefährlich für die Union

00:57:35: und für die politische Mitte insgesamt, weil es zu einem sensiblen Zeitpunkt

00:57:39: kommt, weil es eben offenlegt wie

00:57:46: verunsichert große Teile von CDU und CSU eben sind und wie hin und her gerissen

00:57:52: zwischen einerseits klar wir haben hier noch eine stabile schwarz-rote Koalition

00:57:56: aber eigentlich gibt es da im Parlament eine noch größere breite Mehrheit für

00:58:02: eine rechts bis sehr rechtskonservative Mehrheit mit der Regierung, mit der

00:58:09: AfD und diese Versuchung die so das mal auszutesten und sich sozusagen von den

00:58:15: linken Parteien nicht immer vorschreiben zu lassen, was man zu tun und zu

00:58:18: lassen hat. Wie bricht sich immer stärker durch und die kommt immer stärker

00:58:23: zu Tage, glaube ich. Und das wird März in seiner Kranzlerschaft noch häufig

00:58:27: spüren, glaube ich. Deswegen ist es jetzt so eine Führungsfrage für

00:58:31: ihn und für Jens Spahn, das klingt so lapidar, aber diese Kuh vom

00:58:36: Eis zu holen, also diesen Fall zu lösen, das klingt so lapidar nach dem Motto

00:58:40: ja wir brauchen Wellen, dann halt jetzt irgendwann drei Richter, nee, nee, nee, das

00:58:43: ist schon da, glaube ich, braucht jetzt das den gesamten Instrumentenkasten der

00:58:49: Machtpolitik, vor allem von Jens Spahn, um seinen eigenen Ruf

00:58:54: wiederherzustellen, um die Koalition nicht in eine dramatische Schieflage zu

00:58:57: bringen, denn das hätte dann die Folge, dass wir sozusagen mit einer politischen

00:59:05: Mitte zu tun hat, die nicht mehr die Kraft hat, sich gegen die Populisten zu

00:59:09: werden, die möglicherweise davon gespielt wird, wird man dann sehen können bei den

00:59:12: ersten Landtagswahlen, die kündigen sich schon an, es ist ja ein Superweiher mit

00:59:16: mehreren Landtagswahlen und die werden strapazös für Union und SPD und um so

00:59:23: wichtiger ist es, da eine Stabilität wieder reinzukriegen über die Sommerpause

00:59:27: und spätestens nach der Sommerpause. In wie großer Versuchung ist denn Jens

00:59:31: Spahn selbst, den Rechtspopulisten nachzugeben? Er steht ja da immer im

00:59:38: Verdacht so ein bisschen, weil er auch einmal kurz vor seiner Wahl zum

00:59:41: Fraktionsvorsitzenden gesagt hat oder angeregt hat, das bräuchte einen neuen

00:59:44: Umgang mit der AfD und so. Man solle mit der AfD in so Ausschussvorsitzenden

00:59:50: Fragen umgehen, wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch, das ist eben

00:59:54: als Normalisierungshinweis ausgelegt worden, er hat dann gesagt, so hätte er es

00:59:58: aber gar nicht gemeint. Naja, er hat das auch dann wieder relativiert und teilweise

01:00:05: auch zurückgenommen und sich von seinen eigenen Aussagen distanziert als

01:00:08: plötzlich der Verfassungsschutz um die Ecke kam und sagte, das ist übrigens eine

01:00:11: gesichert rechtsextreme Partei, die AfD. Dann wirkte sein Manöver natürlich ein

01:00:15: bisschen schräg. Ich bin innerlich eigentlich gar nicht so wahnsinnig

01:00:17: weit von dieser Position entfernt, weil ich schon auch sagen würde, naja, die

01:00:21: bisherige Praxis hat ja nicht so wahnsinnig viel gebracht, also die

01:00:23: bisherigere Praxis hat dafür gesorgt, dass die AfD bei 22% landet. Also, das ist

01:00:28: nicht der goldene Weg offensichtlich. Wir müssen uns da was überlegen,

01:00:31: beziehungsweise die Partei in der politischen Mitte müssen sich da was

01:00:33: überlegen, wie man sozusagen die normalen parlamentarischen Rechte der AfD

01:00:38: einräumen kann, ohne sozusagen gleich einer Kooperation auf den

01:00:43: Kooperationsweg zu beschreiten und möglicherweise sogar den Koalitionsweg.

01:00:48: So, deswegen steht Jens Spahn immer im Verdacht, möglicherweise auf eine

01:00:54: schwarz-blaue Mehrheit zu schielen. Da würde ich ihn tatsächlich in Schutz

01:01:00: nehmen. Ich glaube, das würde ja bedeuten, dass er auch diesen Widerstand

01:01:08: fast ein bisschen bewusst hat laufen lassen und sozusagen vielleicht sogar

01:01:13: noch ein Stück weit kultiviert hat, weil das sozusagen in seiner heimlichen

01:01:17: Agenda eigentlich vorkommt. Das glaube ich einfach nicht, weil auf Deutsch

01:01:22: gesagt, er hat ganz schön auf die Fresse gekriegt für dieses Führungsversagen,

01:01:27: was er da an den Tag gelegt hat, vergangenen Freitag und auch Leute, die

01:01:32: ihm echt nahestehen, haben gesagt, das hat er völlig vergeigt und die Stimmung

01:01:37: komplett verschätzt. Und da würde ich ihm wirklich nicht unterstellen, das

01:01:42: bewusst herbeigeführt zu haben. Also das wäre schon masochistisch, wenn er das

01:01:46: gemacht hätte.

01:01:47: Fight Medic, danke, dass du dir die Zeit genommen hast heute. Das war sehr

01:01:52: interessant. Redaktionsschluss war am Montag der 14. Juli um 18 Uhr.

01:01:57: Redaktion hat gemacht Melissa Göhlein, Executive Producerin Marie Schiller,

01:02:02: Producer Lukas Hambacher und Patrick Zahn, Sound Design Hannes Husten. Die

01:02:07: Vermarktung macht für uns die Mitvergnügen, wenn er also Werbung

01:02:10: schalten wollt, gerne sichern lieben und das Ganze ist eine Produktion der

01:02:13: Wilmedia. Danke, Fight. Sehr gerne, Hannes.