Was lernt Deutschland aus der Europawahl? Mit Jana Puglierin und Katrin Göring-Eckardt

Shownotes

Die EU hat ein neues Parlament gewählt. Das Ergebnis: Die Europäische Volkspartei (EVP) gewinnt mit Abstand den größten Teil der Sitze. Aber auch rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien haben europaweit viele Wählerinnen und Wähler überzeugt, während vor allem Grüne und Liberale Unterstützung verloren haben. In Deutschland bekommt die Union die meisten Stimmen, gefolgt von der AfD, die sechs Sitze im Europaparlament dazugewinnt. Die Grünen verlieren hier im Vergleich zur vergangenen Europawahl fast 9 Prozent. In einigen Nachbarländern sieht es ähnlich aus: In Österreich ist die rechtspopulistische FPÖ stärkste Kraft geworden und in Frankreich hat der Rassemblement National historisch hohe Wahlergebnisse geholt - so hoch, dass Präsident Emmanuel Macron die Nationalversammlung aufgelöst hat und Neuwahlen angekündigt hat.

Was lernt Deutschland aus der Europawahl? Und ist der befürchtete Rechtsruck eingetreten? Darüber spricht Anne Will in dieser Folge mit Jana Puglierin. Sie leitet das Berliner Büro des Think Tanks European Council on Foreign Relations. Jana Puglierin ist skeptisch, wenn Ursula von der Leyen von der Gewinnerfraktion EVP konstatiert, dass die Mitte gehalten habe. Für Jana Puglierin steht fest: Rechte Kräfte im Europaparlament verfestigen sich momentan von Wahl zu Wahl weiter. In den kommenden Jahren werde sich zeigen, wie stark sich rechte Positionen im Europaparlament weiter normalisieren und welche Bündnisse tatsächlich eingegangen werden.

Europawahlen werden national oft auch als “Denkzettelwahlen” betrachtet, bei denen die Zufriedenheit mit der Regierung kommentiert wird. Was muss sich jetzt also ändern? Wie kann die Ampel gegensteuern, auch angesichts der hohen AfD-Zustimmung und der anstehenden Landtagswahlen im Osten? Darüber hat Anne Will für diese Folge außerdem mit der Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) gesprochen.

Das vollständige Interview mit Katrin Göring-Eckardt erscheint am 15. Juni 2024 als Bonusfolge.

Der Redaktionsschluss für diese Folge war am Mittwoch, dem 12. Juni 2024, um 17 Uhr.

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WICHTIGE QUELLEN:

Tagesschau, Europawahl 2024, 10.06.2024

FAZ, Macron löst nach Wahlniederlage Nationalversammlung auf, 09.06.2024

AFP, Von der Leyen: “Die Mitte hat gehalten”, 10.06.2024

FAZ, FPÖ stärkste Kraft, 09.06.2024

ZDFonline, AfD im Osten stärkste Kraft, 09.06.2024

Phoenix, Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Gabriel Boric (Präsident Chile), 10.06.24

Tagesschau, Wer wählte die Grünen - und warum?, 12.06.2024

ZDF, Grünen-Chefin will "emotionales Angebot" gegen AfD - Markus Lanz vom 16. Januar 2024, 17.01.2024

FAZ, EVP-Chef Manfred Weber: “Meloni will in Europa etwas erreichen”, 01.06.2024

Bayerischer Rundfunk, Warum die Rechtspopulisten in Schweden an Rückhalt verlieren, 11.06.

Impressum: Redaktion: Gina Enslin und Olga Patlan Executive Producerin: Marie Schiller Producer: Maximilian Frisch und Patrick Zahn Sounddesign: Hannes Husten Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH Eine Produktion der Will Media GmbH

Transkript anzeigen

00:00:00: Mal grob geschätzt, wie oft haben Sie in den vergangenen Tagen wohl Rechtsruck gesagt oder gedacht?

00:00:06: Relativ häufig, also bestimmt 80 Mal würde ich tippen.

00:00:12: Und mögen Sie das Wort?

00:00:14: Mag ich das Wort. Rechtsruck trifft es halt diesmal nicht so ganz, können wir vielleicht gleich darüber reden.

00:00:22: Eine Rechtskontinuität oder eine Rechtsverfestigung, insofern finde ich es ruckartig ist es eigentlich diesmal gar nicht gewesen.

00:00:51: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts.

00:00:55: Die gibt's jede Woche Donnerstag um 12 Uhr mittags und Thema ist diesmal, was lernt Deutschland aus der Europawahl?

00:01:03: Und dabei unterstellen wir jetzt mal ganz wohlmeinend Deutschland, also die Bundesregierung, die Parteien, die Gesellschaft wollten überhaupt irgendetwas aus dieser Europawahl lernen

00:01:13: und haben sie nicht längst locker für sich abgehakt.

00:01:16: Ich habe dazu ein Interview mit der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags mit Kathrin Göring-Eckardt von Bündnis 90/Die Grünen geführt.

00:01:24: Ausschnitte hören wir daraus gleich in dieser Folge und zu Gast ist diesmal eine Wissenschaftlerin.

00:01:30: Deren Forschungsschwerpunkte auf deutscher und europäischer Außen, Sicherheits- und Verteidigungspolitik liegen auf den transatlantischen Beziehungen und auf Deutschlands Rolle in Europa.

00:01:41: Und als hätten wir es vorgewusst, passt das natürlich spitzenmäßig zu unserem Thema.

00:01:46: Bei uns ist die Leiterin des Berliner Büros des European Council on Foreign Relations, Jana Poulierin.

00:01:53: Herzlich willkommen bei uns.

00:01:55: Danke, freue mich sehr.

00:01:56: Freu mich auch total, dass Sie da sind, um es vielleicht noch ein bisschen besser zu verstehen.

00:02:01: Der European Council on Foreign Relations ist ein sogenannte "Think Tank".

00:02:06: Heißt, da wird den ganzen Tag superschlau nachgedacht, es werden Papiere verfasst, es werden Gespräche geführt.

00:02:14: Oder wie beschreiben Sie, sagen wir, auf einer Grillparty oder dem neunzigsten Geburtstag der Großtante, was Sie beruflich so machen?

00:02:21: Also eigentlich könnte ich sagen, ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.

00:02:24: Mir macht Politik wahnsinnig Spaß.

00:02:27: Ich finde das super interessant, vor allen Dingen internationale Beziehungen.

00:02:30: Früher wollte ich Diplomaten werden.

00:02:32: Und was ich jetzt beruflich mache, ist eigentlich beschäftige mich halt mit Außenpolitik, mit internationaler Politik, mit Europapolitik.

00:02:38: Ich schreibe darüber, ich kann darüber sprechen in Vorträgen, ich kann darüber diskutieren und ich kann Vorschläge machen, wie es denn besser laufen könnte.

00:02:47: Ich kann mit Politikern interagieren und ich arbeite so an der Schnittstelle zwischen praktischer Politik und so dem Elfenbeinturm.

00:02:55: Und das finde ich eigentlich total luxuriös.

00:02:57: Und werden Sie dann angerufen, man sagt, versteht das nicht, sag mal was dazu oder wie läuft es?

00:03:02: Also das ist mittlerweile tatsächlich so.

00:03:04: Früher, als ich angefangen habe, war das nicht so.

00:03:06: Mittlerweile, wenn man so Vertrauen auch aufgebaut hat mit einigen Politikern, Politikerinnen, dann rufen wir einen manchmal an und wollen eine Einschätzung haben.

00:03:15: Ist aber jetzt auch nicht so, als ob das irgendwie mein täglich Brot ist jeden Tag.

00:03:19: Was ich auch wichtig finde für meine Arbeit, ist wirklich auch Öffentlichkeitsarbeit oder das Thema Außensicherheits-Europapolitik unter die Leute zu bringen.

00:03:29: Weil ich glaube, dass die Herausforderungen so groß sind und dass viele, und wir haben das bei der Europawahl jetzt auch gesehen, immer noch denken, ja, das betrifft mich eigentlich nicht unmittelbar.

00:03:38: Das passiert irgendwo anders, aber das betrifft mein kleines Leben eigentlich nicht.

00:03:42: Und ich finde es wichtig, dass man erklärt, wie das eine mit dem anderen ganz stark zusammenhängt.

00:03:48: Wie finanziert sich Ihre Arbeit?

00:03:50: Also wir sind ein pan-europäischer Singtank.

00:03:52: Das möchte ich noch sagen.

00:03:53: Wir haben sieben Büros in ganz Europa und die Missionen, die wir haben, ist eigentlich, also die ist nicht ein federales Europa oder also nicht ein spezielles Europa, sondern es geht eigentlich um mehr europäische Zusammenarbeit.

00:04:07: Wir wollen die europäische Außenpolitik tatsächlich europäischer machen.

00:04:11: Wir wollen gucken, zum Beispiel, wenn man das Beispiel China nimmt.

00:04:15: Wie können wir es verhindern, dass Deutschland und Frankreich und Italien und Polen alle unterschiedliche Ansätze haben?

00:04:21: Wie können wir dafür sorgen, dass wir irgendwie gemeinsam stärker sind?

00:04:24: Weil so die Grundannahme von mir und auch meinen Kollegen ist, dass als Europäer wir nur gemeinsam auf der Weltbühne stark sind und eben nicht so sehr als einzelne Nationalstaaten.

00:04:33: Also Sie haben aber gefragt, wie wir uns finanzieren.

00:04:35: Ich wollte da gar nicht ausweichen, aber wir haben eine Mischfinanzierung.

00:04:38: Also wir werden nicht institutionell gefördert. Es gibt einige nationale Forschungsinstitute oder Singtanks, die das werden.

00:04:46: Wir arbeiten auf Projektbasis mit Regierungen zusammen in ganz Europa, insbesondere mit den Außenministerien, aber auch mit Wirtschaftsministerien, Verteiligungsministerien.

00:04:55: Wir arbeiten mit großen Stiftungen.

00:04:57: Wir arbeiten teilweise auch mit der Wirtschaft.

00:04:59: Es kommt immer darauf an, was für ein Thema, aber wir versuchen, Überabhängigkeiten zu vermeiden.

00:05:04: Also nicht von einer Quelle so abhängig zu sein, dass wir entweder beeinflussbar sind und nicht mehr sagen können, wir sind unabhängig.

00:05:09: Oder auch, dass wenn die Finanzierung weg fällt, wir plötzlich irgendwie alle Leute entlassen müssen.

00:05:14: Darfen wir daraus aus dem, was wir jetzt alle so im Ansatzministern über Sie verstanden haben und über das, was Sie beruflich machen, womit Sie sich tagaus, tagein beschäftigen?

00:05:25: Dürfen wir daraus schließen, dass Sie an einem Abend wie dem Sonntag, wenn Wahlergebnisse einer Europawahl Bekannte geben werden, nach und nach alle reinkommen,

00:05:35: dass Sie das mit hoher Spannung gucken oder eher ein bisschen gelangweilt, weil Sie die Themen ja nicht nur dann und alle fünf Jahre mal beackern, wie vielleicht ein Großteil von uns, sondern durchgängig, ausdauern und tatsächlich ja auch in die Tiefe gehen.

00:05:51: Mit total großer Spannung.

00:05:53: Ja, also ich habe am Sonntag allerdings auch live im Radio kommentiert.

00:05:57: Stimmt, überan beim Deutern.

00:05:59: Genau. Und dann schrieb mir meine Kolleginnen aus Paris noch, bevor das über den Ticker, also bevor das zumindest bei uns im Studio angekommen ist, die Nachricht, dass Macron die Nationalversammlung auflösen will und so.

00:06:11: Und ja, so was, ich mich interessiert es total, mich bewegt das, aber für mich war eben diese Europawahl auch nicht irgendeine Wahl, sondern um dieses abgetroschene Wort zu verwenden, es war tatsächlich auch eine Schicksalswahl.

00:06:23: Nicht im Sinne von danach ist jetzt alles schwarz, aber ich glaube schon, dass durch diese Wahl einige Wegmarken gelegt wurden.

00:06:31: Und ja, mich hat es sehr interessiert, wie in den verschiedenen Ländern gewählt wurde, weil es sind ja auch im Prinzip 27 verschiedene Geschichten, die man jetzt erzählen kann.

00:06:39: Absolut, also das muss man ja auch immer wieder verstehen. 27 nationale Wahlen im Prinzip durchgeführt auch an unterschiedlichen Tagen, in einem unterschiedlichen Modus.

00:06:50: Und gemeinhill muss man sagen, werden Europawahlen ja gerne mal als sogenannte Denkzettelwahlen genutzt und auch verstanden, wer überhaupt hingeht.

00:06:59: So war eigentlich so die alte Wahrheit, der nutzt die Gelegenheit, der jeweilige nationalen Regierung einen mitzugeben, in der wie ich meine irrigen Annahme Europawahlen seien nicht mal so wichtig, sie entscheidender und für das eigene Leben relevanter seien, kommunal, landtags und Bundestagswahlen.

00:07:17: Und ich hatte den Eindruck, da ändert sich gerade was. Mir kommt Deutschland, um erstmal hierher zu schauen, politisiert davor, als sagen wir ja vor fünf Jahren, als die vergangenen Europawahlen waren.

00:07:29: Ich habe den Eindruck, es geht allen um mehr.

00:07:35: Und für dieses andere Bewusstsein spricht dann eventuell auch die erstaunlich hohe Wahlbeteiligung von 64,8%. Was lesen Sie daraus?

00:07:47: Dass die Deutschen sich tatsächlich für diese Wahl interessiert haben. Die deutsche Wahlbeteiligung liegt über dem europäischen Durchschnitt.

00:07:52: Das ist bei weitem nicht in allen Ländern so.

00:07:55: Und ja, dass es die Parteien oder auch Leute wie ich vielleicht, die vor der Wahl auch wirklich bei jeder Gelegenheit darauf hingewiesen haben, wie wichtig die ist, dass es geschafft wurde, dass mehr Menschen sich dafür interessieren, als das früher der Fall war.

00:08:09: Trotzdem, ehrlich gesagt, war ich auch ziemlich frustriert von dieser Wahl, weil das wieder eine total nationale Wahl war, weil pan-europäische Themen eigentlich keine Rolle gespielt haben.

00:08:20: Ich fand es fast provinziell und auch in der Wahlkämpfe, meinen Sie, wie es hier verstanden und aufgegleist worden ist.

00:08:28: Aber wenn die SPD plötzlich mit Frieden daherkommt, dann wäre das ein pan-europäischer Ansatz.

00:08:33: Ja, aber ich glaube, es war trotzdem sehr deutsch in der Debatte der Friedenskanzler, der versucht hat, einerseits zu zeigen, ich bin der größte Unterstützer der Ukraine in Europa, aber andererseits, ich mache das alles besonnen und bin eben der Friedenskanzler.

00:08:47: Es hat ja auch nicht wirklich geklappt.

00:08:50: Aber auch deswegen, ich bin echt froh, dass wir das heute hier machen, weil ich finde, auch oft in der Nachberichterstattung ging es ganz viel um, was bedeutet das jetzt für die Ampel und für die Stabilität der Regierung und wie können die Grünen wieder auf die Straße kommen und so.

00:09:04: Und das finde ich alles wichtig.

00:09:06: Ich finde eben auch wichtig, dass man sich anguckt, was bedeutet das denn eigentlich für das EU-Parlament, was bedeutet das für die Kommission, für wer da jetzt Präsidentin oder Präsident wird und welche Wegmarken da irgendwie jetzt gelegt worden sind.

00:09:22: Ganzwertig in die Deutschlandbezüge nicht ersparen, weil in der Tat, das haben wir ja auch gerade gesagt, wird so eine Wahl ja auch national verstanden und auch aufgeladen.

00:09:32: Das steht ja mal außer Frage.

00:09:35: Deshalb hilft es eventuell auch da hin zu gucken.

00:09:37: Aber ich will genau, wie Sie es vorschlagen, auch anfangen.

00:09:41: Es gab diese große Angst vor dem, da wäre das Wort dann wieder, was Sie am Anfang klug zurückgewiesen haben, es gab die Angst vor dem großen Rechtsruck.

00:09:50: Ich finde das Wort auch nicht gut.

00:09:52: Mir kommt es zu harmlos und auch irgendwie zu niedlich vor.

00:09:55: Sie haben vorgeschlagen, eher von Rechtsverfestigungen zu sprechen.

00:09:59: Wir meinen aber beide, glaube ich, die Stimmen- und Bedeutungszuwächse für rechtsextreme, rechtspopulistische, rechtsnationale, europaskeptische bis hin zu europafeindlichen Parteien,

00:10:11: die die EU ja grundstürzend verändern, bis hin zu abschaffen wollen.

00:10:16: Diese Verschiebung ins Rechtsextreme oder rechtsnationale hat stattgefunden an manchen Stellen, vor allem in Frankreich, in Deutschland, in Österreich.

00:10:26: Sie hat aber nicht überall im gleichen Maße stattgefunden oder Ursula von der Leyen hat daraus gemacht, die Mitte stünde hat sie gesagt, die habe sie gehalten.

00:10:36: Und Sie haben dann bei X gepostet, das ist mir aufgefallen, damit übersehe man aber eine ganze Menge. Was denn?

00:10:44: Also ich finde das entweder selbstgefällig oder wunschdenken, um es mal so drastisch zu sagen.

00:10:54: So pfeifen im Waldemäßig?

00:10:56: Ja, also so nach dem Motto, ach, es ist eigentlich überhaupt nichts passiert, hier gibt es nichts zu sehen, gehen Sie bitte weiter.

00:11:01: Natürlich gab es jetzt keinen, also was heißt natürlich, es gab keinen rechten Erdrutschsieg, das ist in der Tat früher vor der Wahl vielfach befürchtet worden.

00:11:10: Und das ganz große Drama ist ausgeblieben.

00:11:13: Trotzdem stellen rechtspopulistische, rechtsextreme Parteien 25 Prozent der Sitze im europäischen Parlament.

00:11:21: Und dieses Parlament wird rechter sein als das davor 2019, was schon rechter war als das davor 2014.

00:11:29: Und für mich ist das deswegen auch Rechtsverfestigung oder Rechtskontinuität, es ist eigentlich mehr als Kontinuität.

00:11:36: Es ist eher, dass sich ein Trend verfestigt, dass die rechten und auch die radikalen Rechten, die auch die rechtsextremen gekommen sind, um zu bleiben.

00:11:45: Und dass es eben ein Phänomen ist, mit dem wir umgehen müssen und wo auch wenn die Mitte hält, da können wir vielleicht gleich darüber diskutieren,

00:11:54: was es bedeutet, dass nicht folgendlos bleiben wird.

00:11:57: Weil ich glaube, dass sich die EU nach dieser Wahl doch noch verändern wird in ihrer Ausrichtung.

00:12:05: Wie geht aber die Erklärung nochmal hingeschaut, dass die Wähler*innen in Frankreich, Deutschland, in Österreich in so auffallend hoher Zahl,

00:12:15: rechtspopulistisch, rechtsnational, rechtsextremen Wählen, es anderen Staaten aber im selben Wahlgang gelungen ist,

00:12:24: wie Polen zum Beispiel, wo das Bündnis von Donald Tusk der PiS-Partei immerhin trotzen kann, allerdings auch nur mit einem knappen 1 Prozentpunkt,

00:12:33: aber immerhin, dass es den Niederlanden, wo ein Grün-Links-Bündnis gewinnt, Spanien, Portugal, Schweden, Finnland gelingt, anders zu wählen.

00:12:41: Wie erklärt sich das?

00:12:43: Also vielleicht muss ich da auch ein bisschen Salz in die Wunde oder Wasser in den Wein gießen.

00:12:48: Also, zum Beispiel Polen, nehmen wir mal Polen.

00:12:51: Ich habe mich wahnsinnig gefreut über den Sieg von Donald Tusk, weil der ja eine Koalition gerade erst im letzten Oktober zustande bekommen hat

00:13:00: und die Rechtspopulisten, die ja auch Rechtsstaatsverletzungen ohne Ende in Polen begangen haben, vertrieben hat.

00:13:07: Dessen Bündnis ist extrem unter Druck von der PiS-Partei, die eben bis letztes Jahr noch regiert hat und der Wahlkampf war extrem schmutzig.

00:13:21: Da wird uns ja immer bekannt, ne?

00:13:23: Ja, aber Tusk hat sich da behauptet.

00:13:25: Aber wie Sie sagen, eben sehr knapp. Die PiS ist zweite Partei geworden.

00:13:29: Das war lange nicht so.

00:13:31: Aber wenn wir jetzt jetzt angucken, zum Beispiel die Konfiderazia, das ist eben eine neue rechte Partei, die noch rechter ist als die PiS.

00:13:39: Und die hat 12 Prozent der Stimmen bekommen.

00:13:41: Zusammen haben in Polen 48 Prozent der Polen Parteien gewählt, die den beiden rechten europäischen Parteienfamilien angehören.

00:13:51: Und das finde ich jetzt unter dem Strich zumindest ein gemischtes Bild.

00:13:54: Da würde ich nicht sagen, dass Sie jetzt quasi den Rechtspopulismus geschlagen haben.

00:13:58: Oder auch in den Niederlanden ist die Partei von Gerd Wilders zweite Kraft geworden.

00:14:04: Aber die Allianz, die gewonnen hat, setzt sich auch eben aus zwei Parteien zusammen.

00:14:10: Und Wilders ist trotzdem stärker geworden als er noch beim letzten Mal war.

00:14:13: Richtig positiv finde ich eigentlich, also wenn man jetzt rechtsextreme Bewegungen ablehnt, was ich tue,

00:14:19: dann kann man sagen, richtig positiv, sieht es echt aus in Skandinavien.

00:14:22: Da sind die Rechtspopulisten deutlich unter den Erwartungen zurückgeblieben.

00:14:27: Da kann man drüber spekulieren, warum das so ist.

00:14:30: Haben Sie eine Idee?

00:14:31: Na, es gibt für dennemal, gibt es ja eine sehr populäre Erklärung immer, dass quasi die Sozialdemokraten da Themen,

00:14:38: die Menschen eigentlich dazu motivieren, Rechtsaußen zu wählen, abgeräumt haben,

00:14:44: aber mit einer Politik abräumen, die sich dann in der Substanz auch sehr quasi dem annähert,

00:14:53: was Parteien rechts der Mitte zuvor haben.

00:14:58: Ja, und jetzt hingeschaut die Länder, die uns übrigens auch nah sind, die dann auch dummerweise,

00:15:04: die starken oder Bevölkerungsstarken, Mitgliedstaaten auch die wirtschaftlich starken,

00:15:10: Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, nämlich Frankreich, Deutschland und Österreich jetzt eher ein kleineres Land,

00:15:16: aber die haben auch, muss man sagen, auffallend hohe Zahlen, die haben die rechtspopulistische FPÖ zur stärksten Kraft gemacht.

00:15:29: In Österreich ist die FPÖ damit erstmals bei einer landesweiten Abstimmung als Erste ins Ziel gekommen.

00:15:36: In Frankreich gewinnt der rechtsnationale Rassemblement national, Marine Le Pen.

00:15:43: Die Europaskeptiker kommen da auf rund 31 Prozent der Stimmen und sie haben es angesprochen,

00:15:49: als sie im Studio saßen, da beim Deutschlandfunk kommt dann irgendwann die Nachricht rein,

00:15:53: dass Emmanuel Macron das als persönliche Niederlage empfindet, denn seine Liste landet nur bei 14,6 Prozent.

00:16:04: Das ist also deutlich, deutlich weniger als der Rassemblement national.

00:16:09: So der nimmt das persönlich und macht daraus, es müsste jetzt einen neuen Wahlgang geben.

00:16:13: Ist es klug oder ist es nicht so klug, weil es ist ganz unterschiedlich kommentiert worden, die einen sagen,

00:16:18: jetzt nimmt das persönlich, warum? Die anderen sagen, okay, er geht voll ins Risiko, why not?

00:16:25: Ich glaube, das ist selbst in seinem eigenen Lager umstritten.

00:16:28: Im Prinzip wird das jetzt der Lauf der Geschichte zeigen, ob er quasi so der Sanchez der Geschichte ist oder der Cameron der Geschichte.

00:16:37: Das kann man ganz gut vergleichen. Sanchez hat, also der spanische Regierungschef hat 2023 auch so ein Stand gemacht,

00:16:45: dass er quasi Neuwahlen ausgerufen hat und dann seine Macht konsolidiert hat.

00:16:51: Bei Cameron denken wir natürlich alle an das Brexit-Refreterendum.

00:16:55: Also was ja dann, ich glaube auch aus Cameron's Sicht, fundamental nach hinten losgegangen ist.

00:17:01: Also man kann das von beiden Seiten argumentieren.

00:17:04: Ich persönlich, also Befürworter würden sagen, Macron, das hat er ja glaube ich auch selber so gesagt, warum er das gemacht hat.

00:17:12: Er hat quasi demokratisch gehandelt.

00:17:15: Er sieht, dass Parteien rechts und links der Mitte eben so stark geworden sind in dieser Wahl,

00:17:21: dass er das zur Abstimmung stellen möchte.

00:17:24: Und es könnte auch natürlich sich für ihn auszahlen.

00:17:27: Also wenn er aus diesem Waggonspiel als Sieger hervorgeht, dann war das wirklich ein Kuh und dann stärkt ihn das.

00:17:34: Aber es ist extrem riskant, weil es wirklich sein kann.

00:17:38: Und ich habe mich da mit französischen Kollegen auch darüber ausgetauscht,

00:17:41: weil wir so lange immer gedacht haben, das kann nicht passieren.

00:17:44: Aber das Rassam-LeMond-National, also die Partei von Marine Le Pen, tatsächlich die absolute Mehrheit kriegt.

00:17:51: Das ist ein Szenario, das ist möglich.

00:17:53: Es sind jetzt noch drei Wochen.

00:17:55: Es ist extrem knapp, um einen Wahlkampf zu machen.

00:17:58: Das kennen wir übrigens auch so nicht.

00:18:00: Man staunt wie schnell die Briten wählen, wie schnell die Franzosen, junge, junge, mir würden es ja ewig und drei Tage Zeit lassen.

00:18:07: Ich mache mir ein bisschen Sorgen, ehrlich gesagt, weil gerade auf europäischer Ebene so viel ansteht.

00:18:11: Also gibt es die Ukraine Friedenskonferenz, gibt es in NATO-Gipfel, im Juli Morgen G7 Treffen.

00:18:17: Frankreich lämnt diesen ganzen Prozess natürlich jetzt dadurch, dass niemand weiß, was da kommt.

00:18:23: Und er stellt seine Errungenschaften, stellt er in Frage und auch das, was er eigentlich die nächsten drei Jahre noch vorhatte.

00:18:32: Der britische Historiker Timothy Garten Ash hat heute im Tagesspiegel, das fand ich interessant,

00:18:37: wollte ich mit Ihnen diskutieren, versucht, die Erfolge in den Ländern, die wir jetzt genannt haben, auf einen Nenner zu bringen.

00:18:44: Er wird gefragt, auch in anderen Ländern, z.B. Deutschland und Österreich, haben die Rechten sehr stark abgeschnitten.

00:18:50: Wie erklären Sie sich diesen Trend?

00:18:52: Und er sagt, vor allem in den sechs westeuropäischen Kernländern der EU, also Deutschland, Frankreich, Italien und den Binnelux-Staaten,

00:19:00: herrscht in Teilen der Bevölkerung große Wut, nicht nur bei den Älteren, sondern gerade auch bei Jüngeren.

00:19:07: Sie haben das Gefühl, sich nichts mehr leisten zu können, über begrenzte Chancen im Leben zu verfügen.

00:19:13: Viele Themen wie Migration, Arbeitsplätze oder Wohnen spielen da hinein.

00:19:18: Es herrscht ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit des Kontrollverlusts.

00:19:23: Zitat Ende. Resoniert das bei Ihnen? Hat er einen Punkt?

00:19:28: Ja, schon. Aber gerade was die jungen Wähler und Wählerinnen anbelangt, ist das Bild, glaube ich, ziemlich divers auch in Europa.

00:19:36: Also da gibt es z.B. in Spanien sind die jungen Wähler eigentlich sehr mittig, also wählen mit rechts oder mit links in Polen.

00:19:44: Und das fand ich persönlich, ehrlich gesagt, fast mit das schockierendste.

00:19:48: Wählen 30% der jüngsten Wähler Konfiderazia gewählt, also die rechteste Partei, die es im polnischen Parlament gibt.

00:19:55: In Deutschland, glaube ich, waren ja die ersten Nachrichten auch ein bisschen verzerrend.

00:20:00: Also es ist definitiv so, dass die jungen Wählerinnen und Wähler konservativ, also entweder CDU oder AfD,

00:20:09: würde ich jetzt nationalkonservativ oder rechtsextrem.

00:20:12: Ich glaube, es ist beides in dieser Fraktion vorhanden.

00:20:15: Wählen, aber gleichzeitig sind ja auch Parteien wie Wollt zum ersten Mal stark geworden.

00:20:21: Aber ich glaube schon, dass er einen Punkt hat, dass sich die Prioritäten auf jeden Fall verschoben haben.

00:20:27: Auch gerade bei den jungen Wählerinnen und Wählern, wenn wir uns 2019 noch mal vor Augen führen,

00:20:32: die großen Fridays for Future-Proteste, die ja in vielen Ländern der EU sehr stark waren, auch in Deutschland sehr stark waren.

00:20:40: Man hat so ein bisschen das Gefühl, jetzt sind wir fünf Jahre später und Klimawandel ist over.

00:20:46: Wahnsinn.

00:20:47: Ja, man hätte auch annehmen können, dass jetzt zum Beispiel die Wassermassen in Bayern und anderswo dazu führen,

00:20:55: dass die Grünen davon profitieren oder jedenfalls eine Klimaschutzpartei wie Wollt ist eine solche.

00:21:02: Da ist manch junger Mensch vielleicht auch hingegangen, weil er die Toller findet als die Grünen,

00:21:07: die als Regierungspartei vielleicht eben auch so ein bisschen anders daherkommen.

00:21:11: Aber schauen wir nochmal auf die Ergebnisse in Deutschland dann doch.

00:21:15: Da hat ja nicht jeder sofort alles parat.

00:21:18: Die Union gewinnt mit 30 Prozent vor der AfD, 15,9 Prozent.

00:21:23: Die AfD wird also zweitstärkste Kraft, gewinnt 4,9 Prozentpunkte hinzu.

00:21:28: Die SPD landet dahinter mit 13,9 Prozent.

00:21:33: Die hatten 2019 schon das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte,

00:21:36: schaffen es aber jetzt nochmal das noch mal zu unterbieten.

00:21:39: Nicht gewaltig, aber immerhin minus 1,9 Prozentpunkte.

00:21:43: Dann die Grünen, 11,9 Prozent, minus 8,6 Prozentpunkte,

00:21:48: weil die 2019 dieses gigantische Rekordergebnis hatten, aber hätten es auch gerne wiederholt.

00:21:55: Dann kommt schon das Bündnis Sarah Wagenknecht aus dem Stand mit 6,2 Prozent.

00:22:01: Das ist, wow, allererren Wert und der FDP mit 5,2 Prozent, die Linke 2,7 Prozent und dann Wollt 2,5.

00:22:10: Die AfD wird also nochmal die zweitstärkste Kraft.

00:22:13: Die Ampelparteien verlieren durch die Bank.

00:22:16: Die Grünen trifft es besonders hart.

00:22:19: Und die schlechten Vertrauenswerte der Ampelparteien materialisieren sich hier, also offensichtlich.

00:22:26: Das wusste man schon eine ganze Weile.

00:22:28: Es hatte auch sich ausgewirkt auf die Landtagswahlen in Hessen und Bayern,

00:22:32: aber hier sieht man es bei der ersten dann erfolgten bundesweiten Wahl nochmal richtig doll.

00:22:37: Und die Spitzenleute, muss man sagen, hatten sich mächtig engagiert.

00:22:41: Die haben diese Wahl ernst genommen.

00:22:43: Welchen Reim kann man sich dann auf all das machen?

00:22:47: Das finde ich eine schwierige Frage, weil das so komplex ist.

00:22:51: Also die größte Niederlage hat für mich definitiv die Ampel hingelegt

00:22:55: und da insbesondere natürlich die Kanzlerpartei, SPD.

00:23:00: Und ich glaube, dass es tatsächlich auch viel mit dem Kanzler selbst zu tun hat

00:23:05: oder dass der Kanzler selber zumindest dafür eine gewisse Verantwortung übernehmen muss,

00:23:09: weil er ja in diesem Wahlkampf auch so präsent war,

00:23:12: weil er auf den Plakaten war, weil die SPD offensiv mit ihm geworben hat.

00:23:17: Ich glaube, bei den Grünen ist es eben auch sehr, sehr dramatisch.

00:23:22: Bei den Grünen kommt es auch immer darauf an, mit was man es vergleicht.

00:23:27: Ich finde, was man da auf jeden Fall auch noch sagen muss,

00:23:29: ist, dass vielleicht habe ich mich so gefragt, das Ergebnis 2019,

00:23:33: was sie zumindest auf EU-Ebene hatten, was ja ihr Bomben ein starkes Ergebnis war,

00:23:37: ob das vielleicht eher der Ausreißer war, weil eben 2019 so das Klimajahr war.

00:23:41: Sie sind jetzt in der Europawahl eher so wieder, wie sie eigentlich 2014 waren,

00:23:45: also vielleicht ein Stück weit wieder in der Normalität.

00:23:48: Und sie sind eben jetzt auch nicht Oppositionspartei, sondern Regierungspartei,

00:23:51: aber ich glaube bei den Grünen, ja, ich glaube, viele Grünen-Wähler

00:23:57: würden sich jetzt damit rösten und sagen, wir waren einfach nicht radikal genug.

00:24:01: Wir haben quasi unser, und das glaube ich, kann man schon,

00:24:05: auch wenn man als Ögrünen-Wähler wäre, könnte man Ihnen das vorwerfen,

00:24:08: dass Sie zu viel Kompromisse gemacht haben.

00:24:11: Aber ich glaube, Sie müssen sich schon auch damit auseinandersetzen,

00:24:13: dass Sie vielfach als elitär abgehoben und auch moralisierend wahrgenommen worden sind

00:24:19: und dass Sie entfernt waren von den wirklichen Problemen der Leute.

00:24:23: Also das hat man, glaube ich, insbesondere bei dieser ganzen Frage, Gebäude, Energiegesetz,

00:24:27: Heizung gemerkt, und das begegnet mir auch tatsächlich immer wieder auch in der Außenpolitik,

00:24:32: die moralisierende Außenministerin und so weiter.

00:24:35: Also ich glaube, das ist ein weitverbreites Phänomen, dass sie eine zu ideologische Partei ist

00:24:40: und dass die Grünen sich damit, dass ihnen vielleicht im Bereich Klima

00:24:45: sehr viel zugetraut wird, also Kompetenz, dass sie dieses Thema bewältigen können,

00:24:49: aber dass sie in anderen Bereichen gerade was Wirtschaft oder so anbelangt,

00:24:52: dass ihnen das eben nicht zugetraut wird.

00:24:54: Ja, guter Punkt. Also ich habe das Interview mit Katrin Göring-Eckardt geführt von den Grünen.

00:25:01: Die sieht das auch, dass das Gebäudeenergiegesetz besser bekannt als Heizungsgesetz den Grünen

00:25:09: richtig reingehauen hat und dass sie sich davon auch nach all den Monaten,

00:25:13: in denen sie auch zugegeben haben und ja immer wieder zugegeben haben,

00:25:17: dass sie da Fehler gemacht haben, dass das handwerklich nicht gelungen war,

00:25:20: dass sie es vollkommen falsch aufgeräufelt haben, nicht zuerst danach geguckt haben,

00:25:26: wie kann man sowas eigentlich finanzieren, wenn man da das halbe Haus umbaut

00:25:29: oder aber eine Wärmebumpe kauft oder was weiß ich, sondern erst später damit kam.

00:25:34: So, das wissen die alle, das liess ich aber offensichtlich nicht mehr einsammeln.

00:25:38: Und was sie sagen, dass natürlich die Grünen immer die stärkste Kompetenzzuschreibung

00:25:43: bei der Klimaschutzfragen haben, hat ja nachdem, was Infotest-Demab da analysiert hat,

00:25:49: ein bisschen abgenommen sogar. Da gab es so eine Analyse, die ich mir mal rausgezogen habe bei denen,

00:25:56: bei den Ansichten über die Grünen, wird dann zum Beispiel gefragt,

00:26:00: das sei diese Partei, die sich als einzige Partei konsequent für Klima- und Umweltschutz einsetzt,

00:26:07: das sagen nur noch 33 Prozent, das sind minus 21 Prozentpunkte gegenüber 2019,

00:26:15: sprich der Partei wird eher eine fehlende Konsequenz inzwischen in Klima- und Umweltschutzfragen attestiert.

00:26:24: Ist schwierig für die, wissen die aber auch genau.

00:26:28: Und ich hätte erwartet, dass sie es längst analysiert haben.

00:26:32: Ich habe bei dem Interview Frau Göring-Eckardt länglich zugegeben,

00:26:36: dass ich einigermaßen genervt war am Sonntag, wenn es dann sowohl bei den Vertreter*innen der Grünen

00:26:42: als auch der SPD andauern und immer forteinander heißt, man müsste jetzt mal seine Hausaufgaben machen,

00:26:48: frage ich mich, warum nicht vor einem Wahltag, warum nicht an der Stelle, an der man bei einer Kampagne noch umsteuern könnte,

00:26:56: bei der man genau sagen könnte, okay, wir haben verstanden, warum immer erst hinterher.

00:27:02: Und ich habe Katrin Göring-Eckardt auch gefragt und den Ausschnitt können wir uns, wenn Sie mögen, mal anhören,

00:27:08: was denn die schlechten Zahlen und der Vertrauensverlust insbesondere bei den sehr jungen Menschen für die nähere Zukunft

00:27:15: speziell für dann die große anstehende Wahl im Jahr 2025 vermuten lässt.

00:27:22: War es das jetzt perspektive Stand mit der Bundestagswahl und einer Fortsetzung der Ampel?

00:27:29: Ob die Ampel das ist, was man fortsetzen wollen soll oder will, ist eine ganz andere Frage.

00:27:35: Aber die Frage ist ja, wie kommen die?

00:27:36: Moin Sie nicht, höre ich daraus.

00:27:37: Wie kommen die?

00:27:38: Ich finde es jetzt nicht so attraktiv, dass man in einer Konstellation ist, von der man am Anfang gedacht hat,

00:27:44: wenn so unterschiedliche Kräfte zusammenkommen, bringt man Gesellschaft zusammen und dann ist man erfolgreich.

00:27:48: Aber das ist ja nicht die Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist ja, dass es nicht nur Streit gibt, sondern es auch diametrale Interessen gibt.

00:27:54: Und wenn man auf diesen Wahlabend guckt und sieht, dass die FDP sich wie irre freut, dass sie 5% erreicht hat

00:28:01: und sagt, wir sind jetzt die Gewinner dieses Wahlabends und diejenigen, die mehr als das Doppelte haben, sagen zu Recht, sagen,

00:28:08: wir sind übrigens die Verlierer, das ist schon sehr bemerkenswert.

00:28:11: Also ich halte fest, Sie wollen die Ampel nicht fortsetzen.

00:28:14: Ich finde, das ist auch so ein bisschen, also ich würde für mich sagen, altes Politiker denken,

00:28:20: dass man von der Wahl sagt, am liebsten hätten wir diese Koalition und wenn die nicht ist, dann vielleicht noch eine andere.

00:28:25: Und jetzt kämpfen wir erst mal für uns selber, aber so sind die Zeiten auch nicht mehr.

00:28:29: Also?

00:28:30: Ich kann gar nicht sagen, ich will die Ampel nicht.

00:28:32: Ich sage, sie ist nicht besonders attraktiv, wenn ich mir das heute anschaue.

00:28:35: Aber was weiß ich, was im nächsten Jahr für ein Wahlergebnis passiert?

00:28:39: Von heute aus betrachtet würde man sagen, alle Konstellationen, die mit zwei Parteien sind, wären besser.

00:28:45: Und ich fürchte mich persönlich, ich sage mal auch als Bürgerin, ein bisschen davor, dass wir wieder eine große Koalition kriegen,

00:28:50: wo dann irgendwie wieder alles nur klein gehäckselt wird und am besten liegen gelassen.

00:28:55: Ich glaube, es ist so.

00:28:56: Wollen Sie sagen, ein Wahlergebnis passiert?

00:28:59: Naja, weil...

00:29:00: Ich frage ja die ganze Zeit danach, wo ist Ihre Gestaltungsmöglichkeit?

00:29:03: Was haben Sie gesehen?

00:29:05: Ich komme dazu.

00:29:06: Was haben Sie auch an Problem erkannt, was negativ auf die Zahlen der Grünen namentlich einzahlen könnte

00:29:13: und haben dann ganz bewusst und total pfiffig und ganz schnell clever umgesteuert?

00:29:18: Danach suche ich ja die ganze Zeit.

00:29:20: Deshalb hake ich ein, wenn Sie sagen, ein Wahlergebnis passiert.

00:29:23: Auch richtig.

00:29:24: Ich wollte nur einmal noch sagen, wollen Sie die Ampel ja oder nein?

00:29:27: Ich glaube, auf Koalitionen arbeiten wir heute nicht mehr, weil Wahlergebnisse nicht mehr auch nur an ihren Bruch nutzizierbar sind,

00:29:34: weil es diese Lager nicht mehr gibt, die wir früher hatten, die dann irgendwie mal abgewechselt haben.

00:29:38: Natürlich ist das klarer, wenn man sagen kann, die progressiven Parteien tun sich zusammen,

00:29:43: dann können die anderen nicht-progressiven Parteien sagen, wir sehen das anders

00:29:46: und dann gibt es zwei Lager und dann funktioniert es irgendwie.

00:29:51: So ist es nicht gerade.

00:29:52: Und deswegen kann ich nicht sagen, ich wünsche mir das oder ich wünsche mir das nicht.

00:29:55: Wir können die Grünen daraus kommen.

00:29:57: Ich glaube tatsächlich, dass wenn man sich diese Nachbarbefragung anschaut,

00:30:01: sieht man das erste Thema, was die Menschen umtreibt, Sicherheit.

00:30:05: Verstehe ich sehr gut, geht mir auch persönlich so.

00:30:08: Das Zweite ist nach wie vor die folgende Klimakrise.

00:30:11: Und dann sage ich, das müssen wir jetzt decidiert zusammendenken.

00:30:15: Also bei Sicherheit geht es um innere Sicherheit, körperliche Unversehrtheit,

00:30:19: aber es geht natürlich auch um die soziale Sicherheit.

00:30:21: Ich habe mich zitat von Riccarda Lang gefunden aus dem Januar,

00:30:24: wo sie in der Fernsehsendung sagt, wir müssen uns mehr um Sicherheit kümmern.

00:30:28: Und denke dann, ja, sehr gute Idee.

00:30:30: Das wäre es doch wahrscheinlich gewesen dann.

00:30:33: Haben wir auch gemacht, aber natürlich werden wir von keinem Journalisten als Erstes gefragt.

00:30:38: Wenn es um Sicherheit geht, da fragt man die Innenministerin, da fragt man den Bundeskanzler,

00:30:41: da fragt man alle möglichen anderen, vielleicht noch die Union.

00:30:45: Aber man kommt nicht darauf, dass die grüne Partei

00:30:48: sind die, ich weiß nicht, wie oft ich schon gesagt habe, wir brauchen mehr Polizei, die müssen besser

00:30:51: ausgestattet werden. Witzigerweise habe ich damit meistens eine Schlagzeile produziert, ich konnte

00:30:56: das ausrechnen. Ich sage das mal in zwölf Monaten wieder und dann wird es wieder eine Schlagzeile geben.

00:31:01: Ah, die Grünen jetzt für mehr Polizei. Aber dann verstehe ich nicht, Sie haben gesagt, Sicherheit

00:31:06: müssen wir uns mehr als Thema nehmen. Ich glaube das wird uns nicht zugetraut. Es wird nicht zugeschrieben,

00:31:11: also zugetraut vielleicht schon, aber nicht zugeschrieben. Ich glaube die Verbindung ist auch wichtig. Wir

00:31:17: sehen jetzt, woran es alles mangelt bei solchen Ereignissen wie den Hochwassern. Das THW arbeitet

00:31:25: irgendwie Tag und Nacht und das werden die nicht andauernd machen können in Zukunft. Das ist

00:31:28: Sicherheit. Sicherheit ist, dass man spürt, die Grünharm verstanden, wenn so große Veränderungen

00:31:35: anstehen, dass das für alle irgendwie machbar sein muss und dass man zuerst am besten an die

00:31:41: denken, die das wenigste haben, die aber am meisten drunter leiden. Auf dem Dorf, auf dem kleinen Dorf,

00:31:46: wo die Leute irgendwie auch keine großen Reisen machen und zwei kleine Autos vielleicht haben,

00:31:50: weil sie sich fortbewegen müssen, aber so viel weniger an Ressourcen verbrauchen als alle

00:31:56: Stadtbewohner individuell muss man nicht sagen, du musst jetzt dein Leben total ändern, sondern

00:32:00: danke, dass ihr das Essen produziert, dass ihr da diese Masten mit den Windrädern stehen habt und

00:32:06: dafür sorgen wir dafür, dass der Bus tatsächlich fährt und sich die Lebensbedingungen dort ein

00:32:11: bisschen verbessern. Innere, soziale und äußere Sicherheit. Das wäre das Thema gewesen, sagt

00:32:19: Kathrin Göring-Eckardt da. Das Interview in voller Länge veröffentlichen wir im Übrigen an Samstag

00:32:25: früh. Das wäre das Thema, auf das auch Grüne und SPD hätten setzen müssen, denken Sie das auch?

00:32:31: Also ich finde zumindest, dass dieser Wahlkampf auch gerade von den Grünen gezeigt hat, dass nur

00:32:37: auf Gegenmobilisierung zu setzen nicht ausreicht. Ich finde das war sehr präsent. Also das Narrativ

00:32:44: wählt uns, rettet die Demokratie, wählt uns damit die anderen nicht gewinnen. Und ich glaube,

00:32:49: dass wenn man dann sein großes Thema Klima verliert oder das eben in der Bewertung der

00:32:56: Wählerinnen und Wähler nach unten rutscht, dass man dann ein Problem hat. Und gerade bei Themen wie

00:33:02: innere Sicherheit, finde ich schon, haben sich die Grünen in der Vergangenheit oft auch schwer

00:33:06: getan, hatten Berührungsängste, es gab immer wieder Überlegungen, können wir das Innenministerium

00:33:10: übernehmen und so weiter. Ich glaube schon, dass sich die Grünen da die Frage stellen müssen,

00:33:14: ob sie sich da neu aufstellen. Was ich aber auch, also vielleicht mir gedacht habe ist,

00:33:19: also ich komme ja von der Außenpolitik. Und in der Außenpolitik war eigentlich bei der letzten

00:33:25: Bundestagswahl waren die Grünen die veränderungsbereiteste Partei. Also die am wenigsten

00:33:31: status quo orientierte Partei, die wollten schon vor dem Russland Krieg eine andere Russlandpolitik,

00:33:36: die wollten eine andere China-Politik. Und auch beim Klima haben sie ja, haben sie vielleicht dann

00:33:43: falsch gemacht mit ihrem Gebäudeenergiegesetz, aber sie wollten auf jeden Fall radikale Veränderungen

00:33:48: oder die haben gesagt, die Situation ist drastisch, wir müssen umdenken. Und ich frag mich manchmal,

00:33:52: ob die Grünen mit ihrer Art auf eine status quo orientierte Gesellschaft stoßen, also eine

00:33:58: veränderungsunwillige Gesellschaft und eine, die Grünen, die oft dann vielleicht zubrachial

00:34:05: irgendwie vorgehen und das dann nicht kommunizieren können. Aber das ist mir so mein Küchen psychologischer

00:34:12: Gedanke. Nein, kann ja gut sein. Man wehrt sich gegen den Überbringern, die Überbringerin der

00:34:16: schlechten Nachricht. Das kann ich total verstehen. Das hat man ja auch ganz oft in verschiedenen

00:34:21: Analysen gesehen, wenn gesagt wird, seid ihr abstrakt für Klimaschutz, dann sagen alle,

00:34:26: Yay, in sehr, sehr großer Zahl und übergroßer Mehrheit. Wenn es dann ins Konkrete geht,

00:34:32: wären sie auch bereit, sich auf ihr Haus Photovoltaikanlagen zu bauen, dann sagt man,

00:34:38: nö, also sorry, in meinem Vorgarten bitte nicht. Und da muss man ja sagen, da ist ja im Prinzip

00:34:44: auch die ganze Ampel so ein bisschen gegen die Wand gelaufen, weil die ja schon, als sie

00:34:48: angetreten sind, darauf gesetzt haben. Das war ja noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts,

00:34:53: dass sie quasi aus dem übrig gebliebenen Corona-Geld jetzt in Form machen, den sie für ihre

00:34:59: Transformation nutzen können. Und die Nachricht war ja schon eigentlich von der gesamten Ampel.

00:35:03: Wir haben da einiges vor, aber es wird euch in eurem Wohlstand, in eurem täglichen Leben

00:35:09: eigentlich nicht weiter betreffen. Und dann kam der Krieg, dann kam damit auch verbunden,

00:35:15: die Energiekrise. Und ja, ich glaube schon, ich bin ja auch eine ganz normale Bürgerin.

00:35:23: Sie, wenn ich einkaufen gehe, ist alles teurer geworden und so, und ich verstehe auch total,

00:35:27: dass sowas wie Klimawandel oft sehr abstrakt ist und sowas wie, ich habe 50 Euro in der Tasche

00:35:34: und mein Einkaufswagen ist nur noch zur Hälfte voll, ist viel konkreter. Und ich glaube, dass,

00:35:39: dass wir auf ganz vielen Bereichen, Stichwort "Wiederstatus quo" orientierte Gesellschaft,

00:35:44: vielleicht uns darauf einstellen müssen, dass eigentlich die Veränderungen, die wir unternehmen

00:35:50: müssen, an eine Gesellschaft an den Rand bringen. Wir haben das ja schon gesehen, also bei den

00:35:55: Protesten der Landwirte. Da gibt es Subventionskürzungen, die glaube ich jetzt in der großen Masse,

00:36:01: also natürlich den einzelnen Betroffen haben. Aber ich glaube, das Ausmaß des Protestes hat

00:36:10: ja auch gezeigt, dass man nicht bereit ist, irgendetwas abzugeben. Ich glaube, wir kommen halt

00:36:17: auch aus einer Zeit, wo es gerade vielen in Deutschland sehr, sehr gut ging und es eigentlich

00:36:23: sehr gut lief für uns, in politisch und global. Genau, und dann hat man ungern hingeschaut,

00:36:28: auf welche Kosten das alles bereithält, etwa die allzu große Energieabhängigkeit von Russland.

00:36:36: Da hat man sich das so hingelogen und gesagt, komm, das geht schon irgendwie alles gut und

00:36:41: das zahlt auf eine Art von Friedensdividende ein. Das wird schon funktionieren und als der Traum

00:36:46: platzte, wurde das alles plötzlich sehr teuer und das stimmt. Auch der Bundeskanzler hat die

00:36:52: Illusion aufrechterhalten. Es ginge alles. Es ginge Zeitenwände mit einem riesigen Sondervermögen,

00:37:00: das aber dann auch sich übersetzen lässt in Sonderschulden, aufzuwenden für die Unterstützung

00:37:07: der Ukraine, für den Umbau der Bundeswehr, für die eigene Verteidigungsfähigkeit. Das

00:37:12: ginge alles parallel und immer fröhlich so weiter. Ich habe in diesem Interview auch aber auch schon

00:37:19: seit einer Weile den Eindruck gewonnen, ob die Regierungsparteien überhaupt noch ein Rezept

00:37:25: wissen, wie sie etwa der Kritik und dem Unwillen, der Rechtsextremen trotzen können, ist mir gar nicht

00:37:34: so klar. Und ich habe dann die Woche gespannt gewartet, was der Bundeskanzler sagt zu den Wahlergebnissen

00:37:42: vom Sonntag. Ich hatte nur gelesen, dass er im Willy Brandt Haus war an dem Sonntag und kommt

00:37:48: daraus. Eine Journalistin, ein Kollegin, spricht ihn an, ob er das Wahlergebnis kommentieren wolle.

00:37:54: Und er sagt, nö. Also damit hat er es dann fein in Streiflichte Süddeutchen gebracht, aber ich

00:37:59: weiß nicht, ob das sein Ziel war. Montag dann gibt es eine Pressekonferenz und da gibt der

00:38:05: Bundeskanzler, wie ich finde, eine relativ eigenwelle Erklärung für das schlechte Abschneiden seiner

00:38:11: Regierung ab. Und dazu dachte ich mir, naja, er hatte ja jetzt durchaus ein paar Stunden Zeit sich

00:38:18: eine gute Erklärung in zwei Krinakigen und wie ich gut gefunden hätte, zwei, drei selbstkritischen

00:38:26: Sätzen zurechtzulegen. Aber er sagt das hier. Das Wahlergebnis war für alle drei Regierungsparteien

00:38:32: schlecht. Keiner ist gut beratet, der jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen will. Gleichzeitig

00:38:38: geht es aber auch darum, dass wir unsere Arbeit machen, dafür zu sorgen, dass unser Land modern

00:38:44: wird, dass es vorankommt und im Übrigen sich darauf vorzubereiten, dass die Zustimmung immer

00:38:50: größer werden wird, sodass man auch bei der nächsten Bundestagswahl die Ergebnisse dieser

00:38:56: Arbeit zur Wahl stellen kann und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger für die Arbeit hat.

00:39:00: Das muss jetzt für alle der Maßstab sein, sich anzustrecken und die Aufgaben zu lösen, wo

00:39:05: denen bestehen. Klingt so ein bisschen so, als hätte man sich bislang nicht angestrengt. Und vor allen

00:39:11: Dingen ermahnt an, sich im Übrigen darauf vorzubereiten, dass die Zustimmung immer größer werden wird.

00:39:18: Das sagt dann nach einer krachenden Niederlage. Ich finde es ganz spannend. Ich glaube, man muss

00:39:23: vielleicht ein bisschen zurückgehen vor der Bundestagswahl. Ein Jahr vorher sind tatsächlich

00:39:29: Leute, die sehr eng mit ihm sind. Die habe ich im Gespräch gehabt und die haben gesagt, Olaf Scholz

00:39:35: wird Bundeskanzler. Das war zum Zeitpunkt, wo ich gedacht habe, ein Kamel geht durchs Nadelöhr.

00:39:41: Und es ist so gekommen. Und ich glaube, dass da schon ein sehr gesundes Selbstbewusstsein aus

00:39:46: dieser Wahl oder aus diesen Erfahrungen gekommen ist. Aber ich bin eigentlich eher negativ, dass

00:39:51: sich das manifestiert. Und zwar, Sie haben ja auch gefragt, was müsste man eigentlich jetzt

00:39:55: entgegensetzen. Und ich glaube schon, dass viele Leute auch einfach schrecklich genervt sind von diesen

00:40:01: ständigen Streitereien in der Ampel. Dass man das Gefühl hat, die sind sich eigentlich gegenseitig

00:40:06: der größte, konkurrent der größte Gegner und die arbeiten weniger miteinander als gegeneinander.

00:40:11: Und jetzt ist es ja so, dass alle drei Parteien im Prinzip so eine Nahtoderfahrung haben. Also,

00:40:17: vielleicht die FDP am wirklichsten mit der 5-Prozent-Hürde. Aber alle, also es geht ja bei

00:40:24: allen. Also bei den SPD und bei den Grünen geht es ja auch darum, ob sie überhaupt über die 20

00:40:30: Prozent kommen bei der SPD oder bei den Grünen. Das ist ja noch unwahrscheinlicher derzeit. Und

00:40:36: alle kämpfen um jede einzelne Stimme und um ihr Klientel. Und alle wollen ihre Versprechen

00:40:43: umsetzen. Und das war ja auch bislang ein großes Problem. In der Ampel seid eben diese Idee, wir

00:40:47: haben genug Geld, um das alles zu machen, nicht mehr geflogen ist durch das Urteil. Jetzt haben

00:40:53: wir im Prinzip eine Situation, wo wir Haushaltsverhandlungen haben. Die Ampel steht unter enormen

00:40:57: Druck. Die Haushaltsverhandlungen 2024 sind schon letztes Jahr waren schon extrem hart. Und jetzt

00:41:04: habe ich im Prinzip drei Parteien, wo die eine Partei sagt, ich rückel nicht an der Schuldenbremse,

00:41:10: ich mache auch keine Steuererhöhungen, auf gar keinen Fall. Also es gibt nicht mehr Geld sozusagen.

00:41:15: Und die andere Partei sagt, aber soziale Kürzung mache ich schon mal überhaupt gar nicht mit.

00:41:20: Und die dritte Partei sagt, aber wahrscheinlich jetzt nach dem Ergebnis, gerade wenn sie in der

00:41:24: Glaubwürdigkeit in der Klimapolitik verloren haben, jetzt müssen wir aber noch mehr drauf setzen,

00:41:27: dass diese Themen auch durchgesetzt werden und dass wir in der Transformation, in der grünen

00:41:31: Transformation weiterkommen. Das heißt, ich habe drei Parteien, die ihre Kerninteressen durchsetzen

00:41:35: wollen, aber es gibt dafür eben kein Finanzierungsmodell mehr und es gibt irgendwie nicht wirklich

00:41:40: ein Weg, wie man zusammenkommt. Und eigentlich müssten sie jetzt quasi sich zusammenraufen und

00:41:45: sagen, okay, wie können wir jetzt liefern, Probleme adressieren? Aber ich glaube, dass das umso

00:41:51: schwerer wird, je größer die alle das Gefühl haben, dass es für sie um jede einzelne Stimme

00:41:56: geht und dass sie eben ihre Kernkliente bedienen müssen. Und es sind ja keine ruhigen Zeiten.

00:42:03: Also es ist jetzt nicht so, dass man sagen will, okay, Puh, die Europawahl haben wir jetzt hinter

00:42:08: uns und jetzt raufen wir uns noch mal in Ruhe zusammen, kriegen das wohl geordnet. Mir ist

00:42:13: aufgefallen bei dem Ausschnitt, den wir gerade gehört haben, bei der, sagen wir in Anführungsstrichen,

00:42:19: Analyse des Bundeskanzlers des zurückliegenden Wahlergebnisses. Er hat die Landtagswahlen,

00:42:25: die jetzt anstehen, im September, zunächst in Sachsen und Thüringen und Ende September dann

00:42:31: in Brandenburg. Die hat er gar nicht im Blick. Er guckt sich nur die Bundestagswahl an, womöglich,

00:42:37: hat er es vergessen, er könnte mir vorstellen, dass er für sich, für die SPD weiß, da ist für die

00:42:45: SPD auch kaum was zu holen, sondern der Druck wird dadurch nochmal größer, eine vernünftige

00:42:52: Performance abzuliefern, zum Beispiel sich im Haushaltsstreit zu einigen, wie sie es, wie sie es

00:42:57: aufgemalt haben. Und er denkt nicht an die Landtagswahlen, wie wohl ja die AfD bei der Europawahl

00:43:06: in allen ostdeutschen Bundesländern stärkste Kraft geworden ist. Im Schnitt im Osten knapp

00:43:10: 30 Prozent holt die Grünen nur 6 Prozent die SPD 9,5 Prozent. Und wir haben alle die Grafik gesehen,

00:43:19: die ja so geriert, als sei Deutschland neu geteilt, die abbildet, wer wohl stärkste Kraft geworden

00:43:27: ist, dann erscheint Deutschland ja Schwarz im Westen, also CDU, CSU-Schwarz und wir sehen einen

00:43:36: komplett blauen Osten. Wie wird sowas eigentlich von außen wahrgenommen? Sie sprechen ja viel mit

00:43:43: auch Wissenschaftskolleg*innen in ganz Europa. Wie schaut man da hin? Also dieses Bild, was ja auch

00:43:51: auf X ziemlich viel geteilt wurde, das ist tatsächlich etwas, wo mich, also wo Kolleginnen

00:43:59: mich darauf angesprochen haben oder das auch in unserem internen Verteiler geteilt haben und

00:44:05: ich dann auch versucht habe, ein bisschen zu erklären, dass es ein bisschen nuancierter ist,

00:44:09: aber ich finde manchmal ein bisschen schwierig, immer über den Osten zu reden, weil mehr Leute

00:44:13: im Osten haben ja die AfD nicht gewählt, als dass sie sie gewählt haben, immer noch und das geht

00:44:18: dann manchmal so ein bisschen unter und das versuche ich dann auch immer zu kommunizieren.

00:44:22: Ja klug, man schaut dann auf die stärkste Kraft, aber sieht nicht, was ansonsten gewählt worden ist.

00:44:28: Ja und auch auf die Bevölkerungsdichte zum Beispiel, also es gibt ja auch tatsächlich Hochburgen der AfD

00:44:34: in Westdeutschland, aber grundsätzlich macht mir das auch natürlich ganz große Sorgen. Also es ist

00:44:40: ja nicht nur die AfD, sondern es ist ja auch Bündnis Sarah Wagenknicht und ich würde sagen,

00:44:46: dass diese Erzählung, dass Bündnis Sarah Wagenknicht Stimmen von der AfD wegnimmt,

00:44:51: dass diese Wahl gezeigt hat, dass das auch nicht aufgeht. Aber ich finde und natürlich kann man

00:44:57: die Parteien nicht gleichsetzen, aber ich wie gesagt mache Außenpolitik und ich meine gerade

00:45:03: gestern im Bundestag gab es zwei Fraktionen, die bei Zelenski, also bei dem Staatspräsidenten,

00:45:10: eines von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieges betroffenen Landes, einfach nicht gekommen sind,

00:45:16: bis auf vier AfD-Abgeordnete, die dann da saßen und ich finde, es gibt schon sehr große Schnittstellen,

00:45:24: gerade in der Außenpolitik, in der radikalen Ablehnung eigentlich dessen, ja was,

00:45:31: wofür die Bundesrepublik auch sehr lange stand, die bundesrepublikanische Traditionen, EU-Integration,

00:45:39: transatlantische Beziehungen, NATO und jetzt eben auch für die Unterstützung eines völkerrechtswidrig

00:45:46: angegriffenen Landes, was brutal angegriffen wird und dass da so viele Menschen tatsächlich

00:45:53: ja, also es sind 25 Prozent, wenn man bundesweit AfD, BSW und Linke zusammenzählt und das macht mir

00:46:02: tatsächlich, also meiner kleinen Nischen Sichtweise, die jetzt auch auf Außenpolitik guckt, auch Sorgen,

00:46:08: also neben anderen Themen. Absolut, das ist aber übrigens für mich keine Nischenwarnung, sondern

00:46:13: eine, die man haben muss und die man ja mitdenken muss und ich bin auch sicher, dass das Bündnis

00:46:18: Sarah Wagenknecht das mitdenkt, die haben ja auch verstanden aus den Nachwahlbefragungen,

00:46:22: dass das Hauptthema ihrer Wählerinnen und Wähler Friedenssicherung war, so wie die

00:46:27: Friedenssicherung verstehen und das haben wir dann gestern im Bundestag dargeboten bekommen.

00:46:32: Frau Wagenknecht hat gesagt, sie nimmt nicht Teile an einer Jubelveranstaltung für Herrn

00:46:37: Zelenski. Wow, also da glaube ich, zahlt auch Zahlen die anstehenden Landtagswahlen drauf ein,

00:46:44: sie sucht jetzt ganz sicherlich und zwar mit Nachdruck ihr Heil in der Frage, die sie unterscheidbar

00:46:51: macht von einem großen Rest des Parteienangebots außer von der AfD. Darf ich nur, weil meine

00:46:59: europapolitische Brille wieder, was ich auch finde, was in Deutschland oft ein bisschen untergeht,

00:47:04: ist, dass die AfD ja auch im quasi rechtsextremen Spektrum europaweit sich radikalisiert hat.

00:47:11: Ja, Le Pen wollte sie nicht mal in der Ideefraktion haben. Genau, und dass sie eben tatsächlich

00:47:16: Position vertritt, die selbst Le Pen nicht mehr vertritt, die Viktor Orban nicht vertritt. Aber es

00:47:22: ist tatsächlich so, dass sich, finde ich, in Deutschland im Kleinen sich ein Problem stellt

00:47:28: oder eine Entwicklung, die wir in Europa eben jetzt auch zunehmend stärker sehen werden. Sie

00:47:35: hatten mich doch gefragt bezüglich Rechtsruck und warum ich mit dieser Aussage die Mitte hält,

00:47:40: so Bauchschmerzen hat. Weil es ist im Prinzip, also auf europäischer Ebene, es ist eine andere

00:47:47: Mitte. Also die Grünen, die Liberalen und die Sozialdemokraten haben verloren, die Sozialdemokraten

00:47:53: noch am wenigsten, aber vor allen Dingen hat ja die Europäische Volkspartei, also die Mitte-Rechtsfraktion

00:47:59: gewonnen. Und die, glaube ich, einfach stehen innenpolitisch in ihren Ländern eben genau

00:48:07: unter diesem Druck. Also die CDU, das ist ja auch bei den Wahlen im Osten für die CDU eine

00:48:10: mega Herausforderung. Muss sich von der AfD abgrenzen, aber fragt sich eben, wiefern machen

00:48:17: wir eine Umarmungsstrategie oder inwiefern machen wir eine Abgrenzungsstrategie? Das ist das gleiche

00:48:21: mit der Bürgerkoalition in Polen und der PiS-Partei. Nicht umsonst hat die jetzige Regierung, was

00:48:26: Migration anbelangt, zum Beispiel ganz ähnliche Position auf europäischer Ebene wie die Vorgänger

00:48:32: Regierung. Also die Frage, wie sehr diese Mitte, diese Mitte-Rechtsparteien unter Druck geraten

00:48:38: von ganz rechts, national und wie sehr die ihre Positionen anpassen müssen, das ist eben etwas,

00:48:44: wo ich denke, na vielleicht ist die Mitte, so wie wir sie kennen, auch nicht mehr die Mitte,

00:48:48: die wir in den nächsten Jahren sehen werden. Wir haben ja schon beim Bereich Migration gesehen,

00:48:52: wie die gesamte Europäische Union im Prinzip nach rechts gerückt ist in ihren Positionen. Und ich

00:48:58: glaube eben auch, dass sich jetzt auf EU-Ebene für die Europäische Volkspartei die Frage stellt,

00:49:04: inwiefern kooperieren wir denn mit Parteien rechts von uns. Und da wird ja jetzt ein feiner

00:49:10: Unterschied gemacht, da gibt es jetzt rechte Parteien, die rechtskonservativ sind, die nicht

00:49:15: ganz so schlimm sind, die die Ukraine unterstützen pro europäisch sind und rechtsstaatlich. Und

00:49:19: da sagt man ja, da können wir vielleicht nicht formell kooperieren, das glaube ich nach dem

00:49:23: Wahlergebnis nicht, aber schon auf jeden Fall, ja von Fall zu Fall. Und dieselbe Frage stellt sich

00:49:29: ja bei uns insbesondere für die Konservativen auch, also für die Union. Und da gibt es natürlich

00:49:35: Friedrich Merz und die Brandmauer und ich bin auch sicher, dass er das so meint, aber wenn man

00:49:39: im Osten unterwegs ist und lokal spricht, dann hört man schon viel auch von CDU-Abgeordneten. Wir

00:49:47: verbauen uns hier eine Option für immer, wenn wir da nicht kooperativer werden. Und da gibt's ja,

00:49:52: da haben wir in Thüringen gesehen auch, gibt's andere Strömungen. Und deswegen finde ich einfach

00:49:56: interessant, wie sich bei uns im Osten und quasi auf europäischer Ebene gewisse Themen einfach

00:50:02: abbilden parallel und das immer wirklich unter, aber das der Osten. Und ich finde die AfD ist

00:50:08: noch mal eine spezielle Frage, weil wie gesagt im europäischen Kontext die AfD wirklich rechts

00:50:13: außen außen steht. Aber tatsächlich total spannend dahin zu schauen, was denn jetzt all das,

00:50:20: was wir besprochen haben, im Europaparlament verändern wird. Also kann man's auf die Fragen

00:50:28: bringen, wird es weniger durchgreifende Klimaschutzpolitik bringen und wird es eine schwächer

00:50:38: ausfallende Unterstützung der Ukraine geben? Also bei ersterem bin ich mir sicherer, weil auch die

00:50:44: europäische Volkspartei zwar den Green Deal mitgestützt hat und das ja jetzt auch Programm

00:50:48: ist. Also man kommt da auch von Beschlüssen, die man gefasst hat, nicht so schnell wieder weg. Aber

00:50:52: weil da ja auch viele Zweifel gekommen sind, auch weil ich glaube viele Wählerinnen und Wähler der

00:51:00: Konservativen sagen, dass ihnen das zu weit gegangen ist. Also ich glaube es wird ein Anpassungsprozess

00:51:05: geben, aber wenn wir uns angucken, wie knapp gerade im Bereich Klima und Umwelt die Mehrheiten im

00:51:09: europäischen Parlament jetzt schon waren. Also es gibt zum Beispiel den Fall eines Nature Restoration

00:51:15: Law oder eine Verordnung und die ist nur sehr knapp durchgekommen. Also bzw. die hat die

00:51:22: Europäische Kommission wollte die durchbringen, das Parlament wollte das eigentlich blockieren und

00:51:26: da haben zwölf Stimmen waren eigentlich ausschlaggebend. Also ich glaube, dass einfach in

00:51:31: manchen Themen die Abstimmung schwieriger werden und dass auch flexiblere Koalitionen entstehen.

00:51:38: Es ist im europäischen Parlament anders als wir es aus dem Bundestag kennen mit der

00:51:41: Fraktionsdisziplin. Also da hat man, wenn dann eben sich eine Koalition bildet und die Opposition

00:51:47: will was anderes, dann stimmt ja in der Regel die Regierung nicht mit der Opposition. Auf dem

00:51:51: europäischer Ebene ist das anders. Da gibt es wechselnde Mehrheiten, die Themen abhängig sind

00:51:56: und ich glaube gerade im Bereich Klima sehen wir ein Backlash, den sehen wir auch auf Ebene der

00:52:02: Staats- und Regierungschefs. Ich glaube ein anderes Thema, also Migration habe ich schon erwähnt,

00:52:06: da haben wir schon eine Verschiebung gesehen. Ich glaube, dass es auch dabei bleibt oder noch

00:52:10: eigentlich noch schärfer in der Regulierung wird, weil, das muss man eben auch sagen,

00:52:16: die Lektion ist und auch aus diesen Wahlen wieder ist, dass das ist, was die Leute sehr

00:52:22: umtreibt. Ich glaube aber auch, dass es in der Frage der Erweiterung, da komme ich zu Ukraine

00:52:27: schwierig wird. Ich glaube die Erweiterungsfrage steht gar nicht so unmittelbar an. Also die

00:52:32: Aufnahme der Ukraine oder jedes anderen neuen Mitgliedstaates muss im europäischen

00:52:39: Parlament abgesignet werden und da sehe ich momentan die Mehrheiten nicht. Ich sehe allerdings

00:52:44: auch eine große Müdigkeit. Jetzt tut mir leid das sozusagen, aber auf Ebene der Staats- und

00:52:48: Regierungschefs. Also ich habe so das Gefühl, dass da momentan viel darauf gesetzt wird,

00:52:53: dass es ein langer Prozess ist, aber die unmittelbare Bereitschaft da jetzt stark voranzugehen,

00:52:58: die sehe ich nicht. Und meine Sorge ist, dass es sich vielleicht auch auf Bereiche der Rechtsstaatlichkeit

00:53:03: auswirken kann, weil auch da Abstimmungen eher knapp waren und das, also so Fragen ob man zum

00:53:10: Beispiel Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit, ob man die sanktioniert durch das Nichtauszahlen

00:53:15: von Geldern, wie zum Beispiel Next Generation EU, das ist dieser Fonds in Antwort auf die Covid-Krise.

00:53:22: Es ist ja schon mal gemacht worden, dass man ungernd damit mächtig unter Druck gesetzt hat,

00:53:27: hat gesagt, bitte jetzt sind diese Gelder zunächst mal blockiert, ihr kriegt sie nicht erst, wenn

00:53:33: sich irgendwas verändert. Ich hatte überlegt, wirkt es sich aus auf die Unterstützung der

00:53:40: Ukraine und da ist mir auch aufgefallen die Formel, die sie eben schon genannt haben, die ja der

00:53:47: Chef der größten Fraktion, ich nenne sie jetzt nochmal so, auch wenn ich weiß, dass da kein

00:53:52: Koalitionszwang herrscht oder sowas. Der Chef der größten Fraktion der EVP Manfred Weber

00:53:58: betont ja immer wieder, dass die EVP mit allen Parteien zusammenarbeiten wollen, die Pro-Rechtsstaat,

00:54:04: das haben sie gerade gesagt, pro Europa und pro Ukraine sind. Daraus ließ sie sich ja fast

00:54:10: ableiten, ja, die ganze Sache ist gesichert, selbst wenn in den USA Donald Trump gewählt

00:54:17: würde und die USA dann mutmaßlich ausfallen als Unterstützer in die Europäer werden es nicht

00:54:24: schaffen, aber müssten ja dann wahrscheinlich mehr geben und die Spitzenkandidatin Ursula von der

00:54:30: Leyen hat sich diese drei Punkte auch zu eigen gemacht, als sie zum Beispiel über die italienische

00:54:39: Ministerpräsidentin Meloni gesagt hat, sie sei ganz klar pro europäisch gegen Putin und pro

00:54:46: Rechtsstaat, sprich, da gibt sie so wie so ein Freibrieff und sagt, das kann klappen mit der

00:54:52: junge Junge, das geht schon, was passiert, aber wenn das gelingen sollte, wenn es Meloni gelingen

00:54:58: sollte von den Konservativen akzeptiert zu werden, folgt dann Le Pen auf dem Fuß und alle

00:55:04: Brandmauern, die es mal gab, fallen in sich zusammen. Also ich glaube Meloni ist schon ein großes

00:55:09: Vorbild auch für Le Pen, die bemüht sich ja auch gerade sehr Meloni auf ihre Seite zu ziehen, was

00:55:14: ich ganz ganz interessant finde, weil wir heute da eine interne Diskussion hatten, ich mit meinen

00:55:19: italienischen Kollegen die Wahrnehmung von Meloni ist in Italien tatsächlich ein bisschen die, die

00:55:25: auch Ursula von der Leyen hat. Also mein Kollege erzählte mir, dass bei denen das Wahlergebnis so

00:55:31: gelesen wird, die Lega von Matteo Salvini, die ja quasi der Identität und Demokratie, also der

00:55:38: rechteren, der beiden rechten, der beiden sehr rechten Fraktionen zugehörig ist, dass die ist, war

00:55:45: beim letzten Mal, hat der 34 Prozent gekriegt 2019 und jetzt ist der Krachen gescheitert, ich glaube

00:55:50: er ist bei 9 und Meloni ist dafür aufgestiegen, aber in Italien wird das so gelesen, als ob das die

00:55:55: mildere Variante quasi ist, aber es ist natürlich eine, also eine Normalisierung, wenn man uns überlegt,

00:56:02: also Ende April hat von der Leyen sich das bei einer großen Diskussion zur Eigengemacht, diese

00:56:06: Kriterien und da komme ich noch mal zu meinem Rechtsruck, der eben vielleicht eine Rechtskontinuität

00:56:11: oder Rechtsverfestigung war, weil es ist, finde ich schon bemerkenswert, dass man auf europäischer

00:56:16: Ebene offen darüber diskutiert, unter welchen Bedingungen man eben mit Parteien jenseits von

00:56:23: Mitte-Rechts kooperieren kann, das ist ein Novum, dass das so passiert und dass da so eine

00:56:28: Offenheit herrscht und es ist, glaube ich, tatsächlich der Tatsache geschuldet, dass wir

00:56:33: eben eine Verschiebung in den letzten Jahren immer mehr nach rechts gesehen haben, auch wenn es,

00:56:38: also wie gesagt, dieser Rechtsruck, der befürchtet ist, ausgeblieben, aber grundsätzlich die Themen,

00:56:44: die gesetzt werden und die neue Offenheit und es ist ja auch verführerisch, also wenn sie jetzt

00:56:51: von der Leyen werden oder wenn sie auch vor allem mein Fried Weber werden, dann haben sie ja im

00:56:56: Prinzip jetzt zwei Optionen, also sie können ihre Mehrheiten in der Mitte, also mit ihrer alten

00:57:01: Koalition finden, die sie jetzt fünf Jahre lang begleitet hat, aber sie können ja immer wieder

00:57:06: auch zumindest auch gegenüber ihren Koalitionspartnern ins Spiel bringen, dass man eine andere Option

00:57:13: hat, das macht halt gerade die Europäische Volkspartei gerade einen extrem mächtigen Spieler,

00:57:17: glaube ich, in den nächsten fünf Jahren. Wir suchen in unserer Folge ja auch immer nach

00:57:23: positiven Dingen. Wir haben die Grundfrage gestellt, was lernt Deutschland aus der Europawahl?

00:57:30: Was kann Deutschland lernen von Mitgliedstaaten zum Beispiel, in denen manches besser läuft?

00:57:39: Also wir verstehen das beide so, in denen Rechtsextreme zurückgedrängt werden, die vielleicht mal bedeutender

00:57:47: Waren aber jetzt stark verloren haben im Zuge der Europawahlen. Was kann Deutschland lernen und von wem?

00:57:53: Ich glaube für Deutschland ist es für mich tatsächlich, dass was am meisten helfen würde,

00:57:59: wäre, wenn die Regierung konkrete Politik macht und sich vor allen Dingen, wenn sie es schaffen

00:58:05: würde, diesen gorgischen Knoten zu zerschlagen und einen Haushalt hinbekommen würde und eine

00:58:11: Zukunftsperspektive geben könnte. Aber ich glaube halt, wie gesagt, die Strategie, einfach nur,

00:58:17: wir retten jetzt hier gemeinsam die Demokratie und verbünden uns alle gegen rechts, das sieht man

00:58:22: halt gerade in Frankreich, dass das eine Weile gehalten hat, aber dass die Franzosen irgendwann

00:58:25: auch müde sind und dass, glaube ich, wenn man das eine Weile gemacht hat, irgendwann einsickert,

00:58:29: ach vielleicht, es ist so blöd, vielleicht versuchen wir einfach mal die Alternative,

00:58:34: auch wenn wir das, also vielleicht hält diese Brandmauer einfach dann irgendwann nicht mehr.

00:58:40: Ich finde es ehrlich gesagt auch ein bisschen denkfau zu hoffen, dass das alle dann schon

00:58:44: einsehen werden, dass es klüger ist, demokratische Parteien zu wählen. Da muss man tatsächlich

00:58:51: auch eine gute Politik anbieten, finde ich auch. Was ich noch ganz spannend finde, ist sich Finnland

00:58:56: anzugucken und auch Schweden anzugucken, was so Grüne und vor allen Dingen auch Linke betrifft.

00:59:00: Ich finde die sehr, sehr unideologisch da oben in vielen Bereichen, also zum Beispiel im Bereich

00:59:05: Außenpolitik tragen gerade auch die Linke in Finnland oder so diesen NATO-Beitritt mit und auch

00:59:13: die Unterstützung der Ukraine und so, also ein gewisser Pragmatismus vielleicht auch bei uns

00:59:18: auf der Linkenseite in vielen Bereichen, dann bin ich einfach da erstaunlich. Also das ist eine

00:59:24: andere Linke als die, die wir haben. Wo sind wir in der Frage, was lernt Deutschland aus der

00:59:29: Europawahl wohl in einem Jahr? Was denken Sie? Nein, einem Jahr ist ja dann vor der Bundestagswahl,

00:59:36: ich hoffe, wir haben dann noch eine Regierung, also bzw. ich weiß gar nicht, ob ich das hoffe. Also

00:59:42: ich hoffe, wir haben dann irgendwie eine Regierung, die in der Lage ist, glaubwürdig Politik zu machen.

00:59:50: Ich würde mir auch wünschen, dass wir dann vielleicht eine Regierung haben, ja, die irgendwie

00:59:55: diese Finanzfrage gelöst hat. Ich glaube, das ist nicht nur eine Frage für die Ampel, ich glaube,

00:59:58: das wäre jetzt auch genauso eine Frage für Friedrich Merz und die CDU. Das ist eine Grundsatzfrage

01:00:04: für Deutschland. Aber ich würde mir auch, und ich weiß nicht, ob das in so einer drei Parteien

01:00:10: Koalition geht, Frau Göring-Erkhard war da ja ein bisschen skeptisch, aber ich würde mir mehr

01:00:14: Führung wünschen. Also mehr Stichwort "Zumutungsfreiheit" und das quasi ja versprochen wurde, das geht alles so.

01:00:22: Ich glaube, dass man Bürgerinnen und Bürgern einfach auch viel mehr nicht zumuten kann im Sinne

01:00:27: von deren Leinsfähigkeit erhöhen, sondern einfach auch klar sagen kann, so das sind unsere

01:00:32: Prioritäten. Da geht es hin, dafür stehe ich und dafür gehe ich auch in Risiko ein. Und so,

01:00:39: das wäre die Politik, die ich mir wünschen würde. Danke, dass Sie da waren. Das war super interessant.

01:00:45: Vielen Dank. Wir haben diese Folge am Mittwoch aufgezeichnet. Redaktionsschluss war 17 Uhr.

01:00:53: Redaktion hatten Gina Enzlin und Olga Padlán. Executive Producerin ist Marie Schiller, Audio

01:01:00: Producer Maximilian Frisch. Sound Design macht für uns Hannes Husten. Die Vermarktung macht

01:01:05: die mit Vergnügen. Die Produktion ist von der W-Media. Und wenn ihr uns gerne hört, wenn euch

01:01:12: gefällt, was wir so machen, dann empfiehlt uns doch sehr gerne weiter und über ein Abo würden

01:01:17: wir uns natürlich auch mächtig freuen. Bis bald.

01:01:19: [Musik]

01:01:32: [Musik]

01:01:34: ENDE