Wie geht strategisches Wählen? Mit Ursula Münch und Paula Piechotta

Shownotes

In Sachsen und Thüringen wird am 1. September gewählt, in Brandenburg am 22. September. Ein Teil der Wählerinnen und Wähler stellt sich anhand der aktuellen Umfragewerte die Frage: Wie muss ich wählen, um eine Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern? Welche Szenarien sind nach der Wahl möglich und wo wirkt meine Stimme am Besten? Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU, hat bereits im Juni dazu aufgerufen, bei den kommenden Landtagswahlen strategisch die CDU zu wählen, damit die AfD nicht stärkste Kraft wird. Die Grünen kontern mit der Kampagne “Strategisch wählen - aber klug!” und empfehlen stattdessen, den Platz der Grünen in den Landesparlamenten zu sichern. Die Argumentation: Je weniger Parteien es in die Landtage schaffen, umso größer wird der Einfluss der AfD.

Wie strategisches Wählen funktioniert und welche Schwierigkeiten sich dabei für die anstehenden Landtagswahlen ergeben, darüber spricht Anne Will in dieser Folge mit Ursula Münch, Politikwissenschaftlerin und Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. Münch erklärt: Beim strategischen Wählen geht es vor allem darum, etwas zu verhindern - das kann aber auch schiefgehen.

Außerdem beschreibt die Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta aus Leipzig, warum in Sachsen gerade von allen Seiten zum strategischen Wählen aufgerufen wird und wie kompliziert strategisches Wählen hier mittlerweile ist.

Das komplette Gespräch mit Paula Piechotta wird am 24. August 2024 um 6 Uhr als Bonusfolge veröffentlicht.

Der Redaktionsschluss für diese Folge war Mittwoch, 21. August 2024, um 17:30 Uhr.

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WICHTIGE QUELLEN:

Der Spiegel: Wie bleibt Ostdeutschland regierbar?, 16.08.2024

Tagesschau: BSW nach Europawahl: Aus dem Stand auf 6,2 Prozent, 10.06.2024

ZDF: ZDF-Sommerinterview mit Friedrich Merz, 23.06.2024

Zeit: Alle strömen zu Haseloff, 07.06.2021

ZDF: Wagenknecht: Grüne “schaden mehr als AfD”, 05.07.2024

ZDF: Sahra Wagenknecht vor Wahlen: “Hysterie aus Umgang mit der AfD rausnehmen”, 19.08.2024

Der Spiegel: “Sollte ich jemals Bundeskanzler werden, wird Christian Lindner nicht Finanzminister”, 21.08.2024

Landeszentrale für politische Bildung Sachsen

Landeszentrale für politische Bildung Thüringen

SR: Verfassungsgericht äußert Bedenken wegen Fünf-Prozent-Hürde, 04.09.2023

Impressum: Redaktion: Gina Enslin, Sven Knobloch Executive Producerin: Marie Schiller Audio Producer: Maximilian Frisch, Lukas Hambach, Patrick Zahn Sounddesign: Hannes Husten Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH Eine Produktion der Will Media GmbH

Transkript anzeigen

00:00:00: Wenn wählen, bei den jetzt bevorstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg,

00:00:05: wenn das ein Spiel wäre, was wäre das? Wäre es eher Schach oder wär es eher Mikado?

00:00:11: Also ich würde schon sagen Richtung Schach geht es. Also zumindest von Teil der Bevölkerung,

00:00:16: der Wählerschaft, ist es tatsächlich mit Überlegungen verbunden, aber natürlich, man hat immer ein Gegner.

00:00:25: Politik mit Anne Will

00:00:35: Wie geht strategisches wählen? Das ist die Frage, die wir uns diesmal im Podcast stellen.

00:00:50: Klingt ein bisschen technisch, gebe ich zu, ist aber eine, wenn ich sogar die Frage über die,

00:00:57: vor allem in den ostdeutschen Bundesländern, die dann jetzt demnächst ihre Landherge neu wählen,

00:01:02: rauf und runter diskutiert wird. Wir wollen wissen, was ist das überhaupt strategisch zu wählen,

00:01:08: was bringt es und kann das auch irgendwann wieder weg, wenn die Zeiten mal wieder andere und,

00:01:13: ja, lass mich sagen, übersichtlichere sind. Über manches davon habe ich heute Vormittag schon mit

00:01:20: Paula Pichotta gesprochen. Sie sitzt für die Grünen im Bundestag, hat ihren Wahlkreis aber in Leipzig,

00:01:27: damit also in Sachsen und das nenne ich jetzt einfach mal so die Hochburg des strategischen

00:01:33: Wählen. Zu Ausschnitte aus diesem Interview hören wir auch gleich und zu Gast ist diesmal aus München

00:01:39: zugeschaltet eine Frau, die sich seit ewig unter anderem mit Parteienforschung beschäftigt,

00:01:45: die Professorin für Politikwissenschaften und Direktorin der Akademie für politische Bildung

00:01:50: in Tutsingen, nämlich Ursula Münch. Herzlich willkommen Frau Münch, freue mich, dass Sie da sind.

00:01:55: Ich freue mich riesig, danke für die Einladung, Frau Will. Danke, dass Sie sie angenommen haben.

00:02:00: Ich habe sie ja eben danach gefragt, was wäre es für ein Spiel und wir wissen beide, es ist kein

00:02:04: Spiel. Wir wissen sogar eher, da steht richtig was auf dem Spiel. Was haben Sie gemeint, als Sie sagten,

00:02:11: naja, da hat man ja immer einen Gegner? Also man entscheidet natürlich für sich allein,

00:02:18: wen man wählen will. Man schätzt eine Situation ein. Natürlich wird man beeinflusst durch die

00:02:23: politischen Parteien und deren Protagonisten und dann ist die Frage, ja wen sieht man jetzt eigentlich

00:02:29: als das Gegenüber beim Schach, beim Wählen. Worum geht es einem? Und normalerweise, wenn man eine

00:02:37: Wahlentscheidung trifft, geht es uns ja als Wählerin, als Wähler darum, dass man die Partei

00:02:43: herausfindet, mit der man am besten leben kann, der man am meisten zutraut, von der man denkt, naja,

00:02:49: die werden das schon einigermaßen ordentlich machen. Das ist ja schon schwierig genug. Aber wenn man

00:02:56: jetzt über Strategien nachdenkt und wenn man strategisch wählt, dann ist eben die Frage, ja,

00:03:01: sieht man einen Gegner quasi. Möchte man jenseits der eigenen Wahlentscheidung, möchte man vor

00:03:08: allem vielleicht nicht nur eine Präferenz ausdrücken, die Partei wählen, die einem am

00:03:13: Liebsten ist, sondern möchte man womöglich vor allem etwas verhindern. Und das meinte ich mit

00:03:18: Gegner. Und das ist dann diese strategische Wählen, wenn man nicht unbedingt so wählt, wie

00:03:25: man eigentlich ja vom Bauch und vom Herz her wählen möchte, sondern wie man wählt, wie

00:03:30: einem der Verstand empfiehlt, wenn man sagt, man möchte ein bestimmtes Ergebnis erreichen oder

00:03:36: zumindest ein ganz kleinen Teil dazu beitragen. Das kann aber auch schiefgehen. Also es ist nicht so,

00:03:42: dass das jetzt wirklich dann so funktioniert, wie man sich das im stillen Kämmerchen über

00:03:48: seinem Schachbrett ausdenkt. Es kann auch schiefgehen. Und strategisches Wählen macht man ja nur, wenn

00:03:53: eine Art von Not oder sagen wir, ein Grund dafür da ist. Und der liegt natürlich in den Augen der

00:04:00: meisten Wählerinnen und Wähler. Das muss man sagen, es sind die meisten, auch den Augen der

00:04:07: meisten Parteien, die bei den Landtagswahlen antreten, darin begründet, dass man ein potenziell

00:04:13: starkes Abschneiden der AfD fürchtet und verhindern will. So wie macht man das denn schlau?

00:04:19: Ja, da haben Sie recht. In dem Fall jetzt bei diesen anstehenden Landtagswahlen geht es aus der

00:04:24: Sicht eines nennenswerzenden Teils der Bevölkerung oder der Wählerschaft geht es vielleicht darum.

00:04:29: Andere wollen natürlich unbedingt die AfD wählen, aber darüber reden wir jetzt nicht. Aber ich gehe

00:04:34: vielleicht nochmal ganz kurz zurück. Natürlich gab es auch schon früher strategisches Wählen. Also

00:04:39: zum Beispiel bei einer Bundestagswahl, wenn man diese zwei Stimmen, Erststimme und Zweitstimme,

00:04:45: zum Beispiel während der Koalitionen von Unionsparteien und FDP eingesetzt hat, dass man die

00:04:53: Union mit der Erststimme gewählt hat und die FDP mit der Zweitstimme, das war so diese sogenannte

00:05:00: Leiststimmenkampagne, die dann aber auch mal gelegentlich aus Sicht der Union, die dazu durchaus

00:05:05: ermutigt hat, auch mal schief ging. Also insofern man kann eine gute Absicht haben und dann kann es,

00:05:10: wenn es alle so sich verhalten, dann unter Umständen auch anders laufen, als man denkt. Aber jetzt

00:05:15: zurück in die Gegenwart. Jetzt hängt es eben davon ab, dass man sich überlegt, ja, wie sind

00:05:22: eigentlich die Konstellationen, wenn man jetzt tatsächlich, wenn es jetzt tatsächlich darum

00:05:26: gehen sollte, bestimmten Wählerinnen und Wählern, dass man sagt, man möchte nicht, dass die AfD

00:05:32: ja in eine bestimmte Mandatszahl reinrückt. Und da geht es dann weniger darum, nur zu verhindern,

00:05:42: dass die AfD in die Regierungsverantwortung kommt. Es ist auch schon relevant, wenn man sich

00:05:48: anschaut, was kann eigentlich eine starke AfD-Fraktion ausrichten. Und das ist eine so genannte,

00:05:54: diese Sperrminorität zu bilden. Also wenn die AfD in den einzelnen Landtagen ein Drittel der

00:06:01: Mandate erzielen würde, dann hätte sie ein starkes Gewicht und könnte zum Beispiel Verfassungsänderungen

00:06:08: verhindern durch die jeweilige Regierungsmehrheit oder könnte verhindern, dass zum Beispiel im

00:06:16: jeweiligen Landesverfassungsgericht Richterstellen nachbesetzt werden. Also insofern geht es nicht

00:06:21: allein darum, womöglich eine Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern, sondern es kann auch schon

00:06:26: darum gehen, dass man eben nicht möchte, dass sie in diese Position einer starken, sehr starken

00:06:33: Opposition hineinrückt. Und dann muss man sich es anschauen. Genau, gut, dass Sie es noch mal erklären.

00:06:39: Und ich will auch noch mal mit Ihren Gedanken zurückgehen. Das habe ich mir nämlich auch in

00:06:43: der Vorbereitung der Folge die ganze Zeit überlegt, ob man oder auch ich zum Beispiel nicht eigentlich

00:06:49: immer strategisch wähle. Also ich gucke mir doch an, wer tritt in meinem Wahlkreis an, wer ist da

00:06:57: aussichtsreich, wer ist nicht aussichtsreich, wo würde ich also meine Stimme verschenken? Also gucke

00:07:03: ich mir an bei den aussichtsreichen Kandidaten*innen, wer ist da meiner politischen Überzeugung am

00:07:10: nächsten und dann gebe ich mal dem die Stimme und gebe die Parteienstimme, die Zweitstimme,

00:07:14: jemand anderem. Das ist doch auch strategisches, wer erinnert. Allerdings vielleicht nicht so

00:07:20: harig wie im Moment in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo mir heute morgen auch Paula

00:07:28: Pichotta erzählt hat, dass das Thema ist, auf allen Festen, auf denen sie ist, auf allen Veranstaltungen

00:07:34: und sowieso natürlich an jedem Wahlkampftermin, den sie hat. Stimmt, also ja, jeden, man wählt

00:07:42: schon strategisch, wenn man sich überlegt, dass man eigentlich vielleicht mal ganz gerne,

00:07:46: ganz kleine Partei wählen würde, weil die irgendeinen schickes Programm haben oder jemand,

00:07:51: der einem zusagt und dann denkt man sich, na ja, die Wahrscheinlichkeit, dass die,

00:07:55: die 5% Höhe übersteigen, die ist klein, also wähle ich die Partei nicht, dass sie schon,

00:08:00: tatsächlich schon strategisches wählen, aber jetzt muss man natürlich auch der Fairness-Halber

00:08:05: dazu sagen, also so denkt dann doch nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung. Also klar,

00:08:12: wenn ihnen die Abgeordnete Pichotta erklärt und erzählt, dass das in ihren Kreisen diskutiert wird,

00:08:18: das ist sicherlich richtig, aber man muss auch so ehrlich sein und sagen, ein nennenswerter,

00:08:23: wenn nicht sogar ein Großteil der Wählerinnen und Wähler geht am Morgen aus dem Haus zum

00:08:30: Wahlbüro und überlegt sich auf dem Weg dorthin, wähle ich jetzt die oder wähle ich doch die

00:08:36: anderen. Also es gibt natürlich viele Leute, die sich längst entschieden haben, aber ein nennenswerter

00:08:43: Teil macht diese Entscheidung tatsächlich erst sehr kurzfristig und diese Zahl der kurzfristigen

00:08:49: Entscheidungen hat zugenommen, also insofern die ganz Kundigen, die ganz überzeugten und vor allem

00:08:55: natürlich auch diejenigen, die sagen, diese und jene Partei will ich nun ein paar Tu verhindern,

00:08:59: die machen sich vorher Gedanken, aber wir sollten jetzt auch nicht glauben, dass das ein nennenswerter

00:09:05: Teil der Bevölkerung oder der Wählerschaft ist. Dennoch glaube ich, dass im Moment gerade durch

00:09:11: die Situation sich manches verändert hat, etwa sicherlich dadurch, das will ich mir jetzt gleich

00:09:17: mal mit Ihnen gemeinsam auf Basis der im Moment vorhandenen Umfragen angucken, die die wir kennen,

00:09:22: also da spielt natürlich eine Rolle die Chancen der AfD, aber auch die Chancen des Bündnis Sarah

00:09:30: Wagenknecht, da ist was Neues, das hat auch Neugier ausgelöst, das hat auch viel Berichterstattung

00:09:37: ausgelöst, man kann auch sagen, dass BSW ist schon auch in Teilen Medienphänomen, aber sei es drum,

00:09:46: ich glaube, dass dadurch jetzt nochmal und ich hoffe das eigentlich sogar auch ein größeres

00:09:52: Interesse da ist die Europawahl, die zurückliegende mindestens hat ja bestätigt, das überraschend

00:09:59: viele Menschen zu dieser Wahl gegangen ist, die man gerne mal so unter den Tisch fallen lässt und

00:10:04: dann, ja gut, also ehrlich gesagt, was soll denn das sein, wer braucht das? Stimmt, also natürlich,

00:10:10: Sie haben schon recht, es gibt eine relativ hohe Mobilisierung, gerade auch entweder weil man

00:10:15: ganz überzeugt ist von der AfD oder inzwischen vielleicht auch von der BSW oder dem BSW oder

00:10:21: genau das Gegenteil ist, also da ist schon diese gewisse Polarisierung, die wir ja dann gerade auch

00:10:28: in Ostdeutschland sehen, also wenn wir jetzt mal die Prozentwerte der AfD und vom BSW zusammenrechnen,

00:10:35: da kommen wir in einen Bereich, na ja, sagen wir mal von ja 40 bis 45 Prozent derer, die gefragt

00:10:44: worden sind, die befragt worden sind, die sich vor eine dieser beiden Parteien aussprechen und die

00:10:49: voraussichtlich wählen werden und die anderen 55 bis 60 Prozent wollen genau das Gegenteil, also

00:10:57: da ist schon eine hohe politische Aufmerksamkeit, eine hohe Mobilisierung, aber es sind eben dann

00:11:04: doch sehr unterschiedliche Lager und das Interessante ist ja auch, dass das Bündnis Sarah Wagenknecht

00:11:12: entgegen der Hoffnung von manchen beobacht und vor allem auch entgegen des Versprechens auch

00:11:19: mancher neuer BSW-Mitglieder oder auch Führungspersonal, das der AfD herzlich wenig Stimmen

00:11:26: wegnehmen, die nehmen der SPD die Stimmen weg, die nehmen vor allem den Linken die Stimmen weg

00:11:32: und dann kommt wieder diese strategische Wählen zum Zug. Ja genau, das hat man gesehen bei der

00:11:38: Europawahl im Nachgang dazu, immer ja hochspannend, sehe ich immer wahnsinnig gerne, wenn die sogenannten

00:11:44: Wähler*innenwanderungen analysiert werden und dann hat man gesehen von der SPD sind 580.000

00:11:50: ehemalige Wählerinnen und Wähler zum BSW gewechselt, von den Grünen gab es ein paar, die Linke

00:11:58: verliert selbstverständlich, das ist ja auch da dann auch Fleisch vom Fleisch, wie man zu sagen

00:12:03: pflegt und die Nähe ist auch personell ganz schön groß zwischen dem BSW und der Linkspartei,

00:12:11: die darunter nun mächtig zu leiden hat. Das sehen wir im übrigen auch, wenn wir auf die

00:12:17: Umfragen schauen für die drei Bundesländer, die Umfragen, die wir bislang kennen, ich will dazu

00:12:23: sagen, wir zeichnen auf am Mittwochabend, dem 21. August, wir kennen noch nicht die neue Infratestima

00:12:32: Umfrage, die kommt es noch, aber bleiben wir bei dem, was wir kennen und nehmen jetzt mal an,

00:12:37: dass da nicht die gigantische Überraschung noch daherkommt. Umfragen wissen wir, sind immer mit

00:12:43: vor sich zu genießen, klar, aber im Moment sieht so aus, dass die AfD in Sachsen und Thüringen auf

00:12:49: 30 Prozent kommt, das wäre dann gegebenenfalls umgerechnet in die Zahl der Mandate, das was

00:12:56: sie beschrieben haben, das wäre die Sperrminorität, also 30 Prozent die AfD in Sachsen und Thüringen,

00:13:02: in Brandenburg nicht ganz so viele, 23 Prozent in Thüringen, wenn wir uns das anschauen, wäre die

00:13:09: AfD damit stärkste Kraft. Sie würde nach Lage der Dinge aber nicht den Ministerpräsidenten

00:13:15: stellen, bislang ist das Bodo Ramolo von der Linkspartei, weil niemand, so sagen das im Moment

00:13:21: noch alle, mit der AfD zusammenarbeiten will, die CDU ist dabei 21 Prozent, das BSW bei 19

00:13:30: Prozent, wie sie gesagt haben, die AfD bei 30 Prozent, das BSW bei 19 Prozent, die SPD bei 7 Prozent,

00:13:37: Grüne und FDP wären raus, die Linke, die im Moment ja noch den Ministerpräsidenten stellt, käme nur

00:13:43: noch auf 15 Prozent. Hier könnt es also dann eine Regierung aus CDU, Bündnis Sarawagenknecht und

00:13:51: SPD geben, wenn CDU, Bündnis Sarawagenknecht und die SPD das denn überhaupt machen, also wissen wir

00:13:59: noch gar nicht so genau, was dann passiert, wenn das BSW sogar stärkste Kraft würde, dann ist schon

00:14:06: richtig viel Fantasie gefragt, finde ich, wenn es zum Beispiel rechnerer Stand für eine Koalition

00:14:12: aus BSW, CDU und SPD-Unterführung des BSW reichte. Auwei, so in Sachsen liegt im Moment die CDU vorne,

00:14:22: die AfD ist zweitstarkste Kraft, das BSW zweistellig, Grüne und SPD bei Wackeligen 5 bis 7

00:14:28: kann sein, dass die gar nicht reinkommen und dann hätte man da ein 3-Parteien-Parlement,

00:14:35: es gäbe eventuell eine Koalition aus CDU und Bündnis Sarawagenknecht, das würde sogar reichen,

00:14:42: oder aber dafür müssten die Grünen aber irgendwie reinschaffen, gäbe es eine Neuauflage der derzeit

00:14:48: hingen Koalition aus CDU, SPD und Grünen, wenn die und die SPD das denn packen. So in der

00:14:55: Vollständigkeit halber in Brandenburg wäre es nach Lage der Dinge sehr viel leichter, da könnte

00:15:00: es auch eine Koalition ohne Beteiligung der AfD geben, die sogenannte, würde ich jetzt mal sagen,

00:15:07: sowas wie so eine klassische Variante ist, nämlich SPD, CDU und Grüne, dafür müsste man sich dann

00:15:13: in Brandenburg also nicht mal mehr mit dem doch sehr unberechenbaren Neuling BSW befassen. So,

00:15:20: ich fasse nochmal zusammen waren viele Zahlen, aber Thüringen ist wackelig, Sachsen hat eventuell

00:15:28: dann nur noch ein drei Parteien-Parlement. Wie wählt man denn da jetzt, ich komme zurück auf unsere

00:15:34: Titelfrage, strategisch klug. Also das interessanteste Beispiel ist meine Sache in Sachsen und wenn man da

00:15:41: eben jetzt auf den künftigen Landtag schaut, das wäre tatsächlich ja ein gewisses Problem

00:15:49: aus Sicht derjenigen, die sagen, also die AfD wollen wir auf jeden Fall nicht noch stärker werden

00:15:56: lassen, als sie ohnehin schon ist. Und jetzt muss man sich das so vorstellen, wenn jetzt tatsächlich

00:16:01: nur drei Fraktionen in diesem Landtag, dem sächsischen Landtag vertreten wären, dann wird ja der

00:16:09: Kuchen nur noch aufgeteilt auf drei Fraktionen. Das bedeutet, jede der Fraktionen, die es dann

00:16:16: hineingeschafft hat, ist automatisch größer als wenn noch tatsächlich SPD und Grüne mit dabei wären

00:16:24: oder auch die Linken. Also insofern ist diese Überlegung, dass es tatsächlich womöglich nur

00:16:29: ein drei Fraktionen-Parlement sein könnte, ist nicht nur ein Novum, wäre nicht nur ein Novum in

00:16:35: der Bundesrepublik, dass quasi nur noch eine Volkspartei, eine bisherige klassische bundesdeutsche

00:16:41: Altpartei in einem Parlament vertreten ist und zwei relativ neue Parteien, sondern das wäre dann auch

00:16:48: noch eine Situation, von der vor allem die AfD profitieren würde, weil sie dann automatisch

00:16:54: dadurch, dass dieser Kuchen, wenn man sich die Mandatsverteilung als Kuchen vorstellt,

00:16:59: dann nur noch drei Stücke geschnitten werden müssen, dann wäre die AfD viel leichter über

00:17:06: dieser Schwelle zu dieser, um diese Sperrminorität tatsächlich erreichen zu können. Und jetzt beginnen

00:17:12: diese Überlegungen derer, die sagen, na ja, dann muss man doch strategisch wählen und dann würde

00:17:18: es bedeuten. Strategisch wären eben nicht diesen Rufen der CDU zu folgen, entscheidet euch für

00:17:26: das sichere, entscheidet euch für einen, für die Wiederwahl des bisherigen Ministerpräsidenten

00:17:32: der CDU, Michael Kretschmer, sondern dann wäre die Überlegung, na ja, es ist strategisch sinnvoll,

00:17:40: kein so kleines Parlament zu haben, sondern die SPD und die Grünen auf jeden Fall drüber zu retten

00:17:47: oder von mir aus auch die Linken je nach Präferenz, also auf jeden Fall diesen Kuchen zwischen mehr

00:17:53: Fraktionen aufteilen zu müssen, damit die AfD von vornherein ein bisschen kleiner bleibt und

00:17:59: diese Sperrminorität nicht erreicht. Und das ist dieser Ausgangspunkt und das ist der Ausgangspunkt

00:18:05: dann eben einerseits für Gespräche in Sachsen und für Szenarienbildung und andererseits auch für

00:18:12: eine Kampagne, die tatsächlich darauf abzielt, einzelne Abgeordnete, Direktkandidaten der Grünen

00:18:20: einerseits und der Linkspartei andererseits, die im Grunde ja denen ein bisschen Wahlkampfhilfe

00:18:26: zu teil zu werden zu lassen, weil es in Sachsen eine Besonderheit gibt im Wahlsystem. Da gibt es

00:18:33: eine 5-Prozent-Hürde, das kennen wir alle, es gibt etwas anderes noch alternativ zur 5-Prozent-Hürde,

00:18:41: das ist die sogenannte Grundmandatsklausel, den Ausdruck kennen wir inzwischen auch alle,

00:18:45: aber der liegt in Bayern nicht bei drei Mandaten, sondern bei zwei Mandaten. Das bedeutet also

00:18:52: in Sachsen, meinst du, in Sachsen, das ist bei zwei Mandaten genau. Und selbst wenn jetzt also die

00:18:59: Grünen, die Linkspartei womöglich die SPD diese 5-Prozent-Hürde nicht überschreiten würden,

00:19:05: dann könnten sie über, wenn sie zwei Direktmandate in Sachsen erreichen würden, wären sie mit allen

00:19:11: Abgeordneten der Liste drin, die eben diese Prozentsahl dann erreichen. Ja und das ist in

00:19:20: sofern dieser Hintergrund für diese Überlegung und für diese Versuche zu sagen. Es ist zwar

00:19:26: verständlich, dass die CDU sagt, entscheidet euch für die CDU, aber es könnte unter Umständen

00:19:33: klüge sein, Erststimme und Zweitstimme aufzuteilen. Friedrich Merz hat das gesagt, der Vorsitzende der

00:19:41: CDU Ende Juni im ZDF-Sommerinterview, das können wir uns mal kurz anhören, was er da vorgeschlagen hat.

00:19:47: Die Wählerinnen und Wähler in Sachsen und in Thüringen, die am 1. September vor der Entscheidung

00:19:53: stehen, wen sie wählen sollen, die aber erwägen die SPD, die FDP oder die Grünen zu wählen,

00:19:59: die alles samt einstellig sind und möglicherweise alle drei unter fünf Prozent bleiben. Kann ich nur bitten,

00:20:06: jetzt in dieser Situation die CDU zu wählen, in Brandenburg, aber vor allem Dingen in Thüringen

00:20:13: und in Sachsen. Das war also die Wahlempfehlung von Friedrich Merz, glasklar in eigener Sache

00:20:21: formuliert, aber da wir ihnen eben zugehört haben, damit übersieht er ja manches. Also es würde dann

00:20:28: eventuell auch der CDU das Regieren, das Arbeiten in Sachsen nicht unbedingt leichter machen und

00:20:36: was ich auch gedacht habe, dieser Tonstamm von Ende Juni, also Anfang Juni war die Europawahl,

00:20:44: dann war schon klar, wie stark das Bündnis Sarawagenknächt werden kann aus dem Stand, denn

00:20:51: bei der Europawahl sind die auch sofort zweistellig geworden und nachfolgende Umfragen für die jeweiligen

00:20:57: Bundesländer bestätigen diesen Trend und lassen sogar vermuten, dass sie noch mehr Stimmen bekommen

00:21:04: könnten. So dann, wenn Merz weiterhin der Auffassung ist, dass es gut wäre, allein für die CDU zu

00:21:12: wählen, wenn man irgendwie Demokratie stickt und nicht die AfD und auch nicht das BSW will,

00:21:17: dann springt er ja deutlich zu kurz und hat sich auch noch keine Gedanken gemacht, wie eine

00:21:21: Zusammenarbeit mit dem BSW aussehen könnte, oder? Richtig, also natürlich kann man verstehen,

00:21:27: wenn ein Parteivor sitzen, das sagt "Welt meine Partei", aber strategisch klug ist es meine

00:21:34: Soachtens, wäre es nicht, es ist durchaus im Sinne der CDU, wenn andere seriöse Parteien in

00:21:45: den sächsischen Landtag einziehen und aus dem Grund liegt, also zumindest in einzelnen Wahlkreisen,

00:21:53: da muss man sich ja dann auch jeweils nochmal den Wahlkreis anschauen, wie da die Kandidaturen

00:21:58: ausschauen, ist es in einzelnen Wahlkreisen, wäre es strategisch klug. Meines Soachtens auch im Sinne

00:22:04: der CDU, die ja auch Regierungspartner brauchen kann und vielleicht nicht allein nur in ein Bündnis

00:22:12: Sarah Wagenknecht mit denen zusammen koalieren möchte, sondern lieber ja auf die SPD oder auch

00:22:20: auf die Grünen setzt, wobei die Grünen in Sachsen nicht sehr gut gelitten sind aus Sicht von Herrn

00:22:25: Kretschmer, aber egal, also auf jeden Fall. Wie wohl er mit denen in der Regierung ist und hat ja

00:22:30: irgendwie keine Gelingheit ausgelassen, fast keine, ich will nicht generalisieren, die Grünen da

00:22:37: einen Senkel zu stellen. Richtig, aber zumindest in einzelnen Wahlkreisen, das sind vor allem

00:22:42: städtische Wahlkreise, liegt es durchaus nahe, dass die Wähler sich überlegen und sagen mit der

00:22:47: Erststimme, weil ich den Direktkandidaten nicht von der CDU, sondern von einer anderen seriösen

00:22:54: Partei und die Zweitstimme gebe ich, dann vielleicht doch, springe über meinen Schatten,

00:22:59: obwohl ich vielleicht kein Fan von Herrn Kretschmer bin und wähle da die CDU. Das wäre

00:23:04: tatsächlich strategisches Wählen, das in dem Fall sinnvoll wäre mit diesem Ziel,

00:23:09: von dem wir eingangs gesprochen haben, wenn man das verfolgt. Wird sie natürlich nicht

00:23:14: wundern, dass Paula Pichota genau in die Richtung argumentiert hat, ist ja klar, das ist ein

00:23:19: Mitglied der Grünen, die möchte, dass die sächsischen Grünen im Landtag wieder vertreten sind und

00:23:26: sie selber, ist auch deshalb eine interessante Gesprächspartnerin gewesen und wir spielen

00:23:31: das Interview in voller Länge dann auch am Samstag, weil sie selbst als versucht hat,

00:23:38: in den Bundestag zu kommen, indem sie das Direktmandat in ihrem Wahlkreis im Leipziger

00:23:42: Süden zu erobern versuchte und sah sich plötzlich mit einer Kampagne gegen sich konfrontiert,

00:23:49: nicht losgetreten von Sören Pellmann von der Linkspartei, das sagt er zumindest so,

00:23:55: sondern von jungen Menschen, die ihm helfen wollten und die dann angefangen haben, Briefe zu

00:24:01: schreiben an die Leipzigerinnen und Leipziger in diesem Wahlkreis und gesagt haben, ihr müsst

00:24:05: unbedingt um die CDU zu verhindern, die aber in Wahrheit in diesem Wahlkreis gar nicht viele

00:24:10: Chancen hatten, müsst ihr Sören Pellmann alle wählen und Pellmann ist einer der drei Direktkandidaten,

00:24:17: die es in dem Bundestag geschafft haben. Nur dank dieser drei ist die Linkspartei überhaupt

00:24:23: im Bundestag noch vertreten, Frau Pichotta landete dann auf Platz zwei, war aber durch die Landesliste

00:24:29: abgesichert, brauchte das also nicht eigentlich, aber hat am eigenen Leip, wenn sie so wollen,

00:24:34: erfahren, was taktisches Wählen ist und wie kompliziert strategisches und taktisches Wählen

00:24:41: geworden ist, hat sie heute früh in dem Interview nochmal auseinandergepiddelt, sehr ausführlich

00:24:47: geantwortet. Ich fand es klasse, weil es nochmal genau wachgerufen hat, was da in zurückliegender

00:24:54: Zeit eigentlich alles passiert ist und wie man denn nun damit einen Umgang finden kann, dass

00:25:02: sich inzwischen alle Parteien darauf verlegen, dass sie sagen, man solle strategisch wählen.

00:25:09: Können wir ja mal einen Ausschnitt hören aus dem, was Paula Pichotta gesagt hat.

00:25:14: Also das Spannende ist, dass das ja gerade jede Partei in Sachsen macht, selbst die AfD, wenn man

00:25:21: ganz kurz nochmal fünf Jahre zurückgehen kann, da gab es zwei Jahre vorher bei der damaligen

00:25:26: Bundestagswahl den großen Schock. Zum ersten Mal war die AfD in Sachsen stärkste Kraft vor der

00:25:32: CDU zur damaligen Bundestagswahl. Das hat Bundesebene haben das viele vergessen, aber das war in

00:25:37: Sachsen sehr prägend. Und das war quasi die Grundlage dafür, dass es dann 2019 bei der

00:25:43: Landtagswahl zum ersten Mal mit Michael Kretschmer die Situation gab, dass die Leute gesagt haben,

00:25:48: der Ruf von Sachsen, die Attraktivität als Wirtschaftsstandort, dass Menschen hier wohnen

00:25:54: bleiben wollen oder überhaupt erst herkommen, das hängt davon ab, dass die AfD nicht auch

00:25:59: zur Landtagswahl stärkste Kraft wird. Das hat unter anderem dazu geführt, dass sehr viele

00:26:04: Wählerinnen und Wähler aus dem rot-grün-roten Spektrum, also tatsächlich die Linkspartei,

00:26:10: aber damals die stärkste, dann kamen wir, dann kamen die SPD, tatsächlich aus diesem ganzen

00:26:14: Spektrum Leute rübergezogen hat und man gesehen hat, dass die CDU dadurch ungefähr fünf Prozent

00:26:20: gutmachen konnte auf den letzten Metern und es tatsächlich geschafft hat, stärkste Partei zu

00:26:25: werden, ohne dass die Wähler von der AfD zurückgewinnen musste. Das war damals noch einfaches,

00:26:31: strategisches Wählen. Wähle CDU, damit die AfD nicht stärkste Partei wird. Das war die einfache

00:26:37: Version. Dann hat man das in Sachsen-Anhalt wirklich perfektioniert. Ich weiß nicht, wer sich alles

00:26:43: erinnert, 2021 Haseloff. Da wurde massiv Politik mit Umfragen gemacht, also insbesondere die

00:26:49: Insa-Umfragen waren damals so, dass nur bei denen kam die AfD an die CDU ran und deswegen konnte man

00:26:57: auch in Sachsen-Anhalt sagen, ihr müsst Haseloff wählen, damit die AfD nicht stärkste Kraft wird.

00:27:02: Wir sehen, dass im Vergleich zu den letzten drei Umfragen Haseloff zehn Prozent gut gemacht hat.

00:27:08: Das war damals für die CDU, oh mein Gott, das ist das neue Erfolgsrezept. So konnte man

00:27:13: im Osten plötzlich wieder einfach Wahlen gewinnen. Du profitierst als CDU sogar davon oder als

00:27:19: Ministerpräsidentenpartei, wenn die AfD stark ist, weil dann kannst du mit dem Argument, ihr

00:27:24: müsst uns wählen, damit die AfD nicht stärkste Kraft ist, deine gesamten demokratischen

00:27:29: Mitbewerber schwächen und selbst genauso stark bleiben wie vorher, ohne dass du was von der

00:27:34: AfD zurückgewinnen musst. Und das war ja jetzt auch der Hintergrund, dass Friedrich Merz schon Ende

00:27:39: Juni gesagt hat, in Thüringen und Sachsen liebe Wählerinnen und Wähler, wenn sie wollen,

00:27:43: dass alles demokratisch und geordnet bleibt, müssen sie CDU wählen. Und diesmal ist es aber

00:27:49: komplizierter, weil inzwischen schon so viele Stimmen abgezogen wurden, auch die Bundestrains für

00:27:54: die Linkenparteien so schlecht sind, dass da ohnehin nicht mehr so viel zu holen ist, dass auch die

00:27:59: Strategien bei der CDU vergessen haben, dass es ja jetzt noch dieses BSW gibt. Von dem wir noch

00:28:04: vor einem halben Jahr dachten, die können ja vielleicht sogar viel freig sein, wenn die Stimmen

00:28:08: von der AfD abziehen. Aber genauso wenig wie die CDU es geschafft hat, Stimmen von der AfD

00:28:13: zurückzuholen hat, ist das BSW geschafft. Wir können schon heute sagen, dass BSW holt keine

00:28:18: einzige Stimme von der AfD zurück, dass BSW vergrößert nur das populistische Lager. Und

00:28:24: Michael Kretschmer ist jetzt in der... - Sagen Sie das populistische. - Sagen, sage ich natürlich.

00:28:29: Und Michael Kretschmer hat das lange unterschätzt, dachte zum Beispiel, naja, das BSW wird in Sachsen

00:28:35: nicht über 10 Prozent kommen. Jetzt haben wir die ersten Umfragen, die darauf hindeuten, dass es

00:28:41: auch reichen könnte für AfD plus BSW. Das heißt, zum ersten Mal in Sachsen, die CDU regiert seit 1990,

00:28:48: könnte eine Regierung an der CDU vorbeigebildet werden. - Aber das wollen die ja nicht. Das BSW

00:28:53: will ja nicht mit der AfD. - Allein die Gefahr, dass das passieren könnte, ist glaube ich sehr,

00:28:57: sehr groß und es wäre auch eine unglaubliche Demütigung für die Sechse Union. Und seitdem

00:29:02: diese Umfragen da sind, ist es so, dass Michael Kretschmer tatsächlich das BSW wieder angreift,

00:29:07: was er vorher nicht gemacht hat. Und auf der anderen Seite sehen wir auch, dass seit 2019 die

00:29:14: sonstigen Prozente massiv nach oben gegangen sind. Das heißt, jetzt haben wir ungefähr neun Prozent

00:29:19: Menschen, die sonstige wählen. Wenn diese neun Prozent alle an der fünf Prozent höre des Scheitern,

00:29:25: reichende AfD schon 29 Prozent der Stimmen um 33 Prozent der Mandate zu haben. - Damit hätten die

00:29:31: die sogenannte Sperrminorität können Dinge verhindern, die wichtig sind, Besetzung von Landtagspräsidenten.

00:29:37: - Also jede Verfassungsänderung oder zwei Drittel mehr, die du auf Landesebene bräuchst,

00:29:43: wäre quasi nicht mehr machbar, jede Richterbesetzung und so weiter. Das heißt, das Land funktioniert

00:29:49: dann potenziell einfach wirklich schlecht oder du musst unglaublich komplizierte Verfahren wählen.

00:29:53: Und dann ist natürlich der andere Punkt, es sind unglaublich wenige Koalitionsoptionen denkbar,

00:29:59: wenn du nur CDU und BSW zum Beispiel als Option hast. Und auch dafür ist es wichtig,

00:30:04: dass SPD, Grüne und gegebenenfalls auch Linke reinkommen. Genau und das ist so ein Kontext,

00:30:11: wo natürlich Wählerinnen und Wähler sagen, okay, erst Stimme, ist mein Wahlkreis relevant für

00:30:16: diese Direktmandatsfrage. Also ist mein Wahlkreis einer, wo entschieden wird, ob Linke und Grüne

00:30:22: jeweils zwei Direktmandate bekommen. Und da werden die wildesten Sachen erzählt. Die CDU sagt, ihr

00:30:27: müsst uns wählen, sonst wird die AfD stärkste Kraft. Die AfD sagt, ihr müsst uns wählen,

00:30:31: weil nur wir garantieren, dass es am Ende keine Regierung mit den Grünen gibt.

00:30:35: - Keinen Rot-Grün gibt. - Genau. Und BSW sagt, ihr müsst uns wählen, weil wir sind die einzige

00:30:41: Partei, die quasi diese sächsischen Koalition und Kenia verhindern kann, weil wir sind koalitionsfähig,

00:30:47: aber wir sind eben nicht schwarz-grün-rot. Jeder kommt mit einem strategischen Argument. Und es geht

00:30:54: in diesem Wahlkampf, also ich mache jetzt primär ein Leitzig-Wahlkampf und nicht in der sächsischen

00:30:57: Schweiz. Aber selbst die Wählerinnen und Wähler fragen nicht mehr nach Inhalten. Es geht nur darum,

00:31:03: wowohne ich, welche Kandidaten gibt es, wer hat welche Aussichten. Und dann wird damit eben unglaublich

00:31:10: viel auch Schindluder getrieben, weil dann natürlich jeder die Umfragen so interpretiert, wie

00:31:14: es ihm recht ist. Dann gibt es eine Umfrage, da ist die CDU vorne, dann sagen wir natürlich,

00:31:18: die CDU ist vorne, ihr müsst nicht die CDU wählen, die ist sowieso vorne, ihr könnt die kleineren

00:31:22: Parteien wählen. Die CDU nimmt natürlich die andere Umfrage, wo sie zeigt, die AfD ist vorne. Dann

00:31:28: gibt es quasi Linke, die nehmen die Umfrage, wo Grüne bei 7 Prozent sind, also wo wir besser

00:31:33: aussehen oder bei 6 Prozent. Und laufen durch den Wahlkreis und sagen, ihr müsst hier die Linke wählen,

00:31:38: weil die Grünen sind ja sicher im Landtag. Dann kommen wir natürlich mit der anderen Umfrage

00:31:42: und sagen, nein, wir sind nicht sicher im Landtag, ihr müsst schon noch uns wählen. Und es geht

00:31:46: halt einfach, es ist für Wählerinnen und Wähler auch unglaublich frustrierend, weil du kannst ja

00:31:49: niemandem so 100 Prozent vertrauen und eine richtig unabhängige Beratung gibt es dafür auch nicht.

00:31:54: Und es ist auf Dauer auch nicht gesund, gar nicht das zu wählen, was so inhaltlich richtig

00:32:00: finde, sondern nur zu gucken, Arithmetik, Wahlarithmetik zu betreiben und versuchen,

00:32:05: auszurechnen, wie der Landtag aussehen könnte. Das ist den Wählern auch nicht auf Dauerzug zu

00:32:09: muten. Was sie sagt ist, es geht gar nicht mehr um Inhalte und wenn man ihr zuhört,

00:32:14: dann muss man ja sagen, an irgendeinem Punkt schwirrt einem der Kopf, wie man da war,

00:32:20: wie für sich alles bedenken muss. Nur wir haben eben schon gesagt, da steht viel auf

00:32:25: dem Spiel. Also Tatsache ist, man sollte sich diese Gedanken machen, wenn man eine Wahlentscheidung

00:32:32: treffen will, hinter der man stehen kann. Und das ist der zweite Gedanke, der mir bei ihr

00:32:37: hängen bleibt. Sie sagt, es ist auf Dauer nicht gesund, gegen seine eigenen Überzeugungen zu

00:32:42: wählen. Wir haben eben schon mal gesagt, was ist strategisches Wählen? Da kann man ja stark

00:32:48: vereinfachen, vielleicht sagen, stellen wir einen Wählerinnen und Wähler für irgendwas,

00:32:52: dass sie eigentlich so nicht möchten, um einmal ein Ergebnis zu bekommen, mit dem sie leben können.

00:32:57: Was verändert das dann aber demokratie theoretisch, wenn Menschen anfangen,

00:33:03: entgegen ihrer Überzeugungen auch ein bisschen unabhängig von den Inhalten quasi mit der Faust

00:33:08: in der Tasche zu wählen? Also es macht Wählerinnen und Wähler erstens ja auch sorgenvoll von vornherein.

00:33:16: Also eigentlich sollen ja Wahlen nicht sein, mit denen man mit Sorge begegnet. Aber das haben wir

00:33:22: zum einen unbedingt was verhindern wollen. Es ist ja jetzt auch kein fröhlicher Antrieb,

00:33:27: um ins Wahlbüro zu gehen. Aber das Hauptproblem ist dann tatsächlich, dass man tatsächlich sich

00:33:33: nicht mehr auf das eigene Besinn, was in einem eigentlich für Inhalte wichtig, welche landespolitischen

00:33:42: Themen hält man bei welcher Partei für am besten aufgehoben, sondern dass man tatsächlich sich

00:33:48: im Grunde auch vielleicht ein bisschen zu einem Nasenring herumgeführt fühlt. Und das ist dann

00:33:54: tatsächlich ein Problem, weil man sich im Grunde dadurch, dass man so selbststrategisch denkt

00:34:00: und sich anleiten lässt zu diesem strategischen Denken dann von den verschiedenen Parteien,

00:34:06: dass man sich dann womöglich auch nicht mehr selbstbestimmt wählen fühlt, sondern auch so

00:34:12: eine Fremdbestimmung wahrnimmt. Und dazu kommt natürlich, dass wir immer mehr in dieses Lagerdenken

00:34:19: hineinrutschen und wir zwei oder jetzt inzwischen vielleicht ins drei Blöcke, aber jetzt nennen

00:34:24: wir mal, würde ich sagen, die seriösen etablierten Partien.

00:34:29: Teilen, wo man dann im Grunde hin und herchanschiert und im Grunde eigentlich schon das erfüllt

00:34:36: an Unterstellung, was einem die AfD und inzwischen auch das Bündnis Sarah Wagenknecht unterstellt,

00:34:42: so nach dem Motto, das sind doch alles dieselben, das sind doch alles Kartellparteien. Das ist

00:34:47: ein Zitat, nicht meine Überzeugung. Aber durch diese strategische Wählen und wenn man dann auf einmal

00:34:53: zwischen Linkspartei und Grünen und CDU quasi hin und her schwingt und sich überlegt, wen wähle ich

00:35:02: denn jetzt am besten, um dieses und jenes Ergebnis nämlich zu erreichen, dass die AfD am besten

00:35:08: möglichst kleingehalten wird, dann erfüllt sich das auch tatsächlich, dann erfüllt sich diese

00:35:13: negative Inszenierung und Behauptung der AfD oder auch das BSW und das ist natürlich unglücklich.

00:35:22: Ja und hinzu kommt noch was ich auch super interessant noch mal fahre. Ich kann mich erinnern,

00:35:28: als die Wahl in Sachsen-Anhalt anstand, dass die Umfragen vermuten ließen, dass die CDU deutlich

00:35:36: schlechter abschneidet und sie hat ja auch nochmal angeführt, dass die CDU unter und mit

00:35:44: Haseloff und vor allen Dingen glaube ich auch dank seiner großen Beliebtheit, da 10 Prozent gut

00:35:50: gemacht hat gegenüber der dann noch letzten aktuellen Umfrage. Wie problematisch ist das,

00:35:57: wenn Umfragen Grundlagen für Wahlentscheidungen werden, aber andersrum gefragt, worauf soll

00:36:03: man sich denn sonst verlassen und wie soll man sich sonst orientieren? Was hat man denn?

00:36:07: Das ist der Punkt, dass ich meine, die meisten interessiert es ja dann doch diese Umfragen,

00:36:13: dann ist immer die Frage, wann darf eigentlich die letzte Erscheinen,

00:36:18: welcher Abstand ist notwendig und natürlich wird auch immer viel zu viel über diese Umfragen

00:36:23: gemutmaßt, dann spielt natürlich auch immer eine Rolle, die haben eine gewisse Fehler-Varianz,

00:36:28: also die sollte man jetzt auch nicht auf die Goldwaage legen, aber wenn man sich für strategische

00:36:35: Weilen entschieden hat, dann legt man es natürlich auf die auf die Goldwaage, aber also es ist

00:36:41: etwas Verzerrendes, nur jetzt brauchen wir uns auch nicht einreden, dass es also realistisch wäre,

00:36:47: wenn wir jetzt quasi umfragen, bis drei oder vier Wochen vor der jeweiligen Wahl quasi verbieten

00:36:53: würde. Das kann man nicht verbieten, man kann sie vielleicht nicht mehr ganz so prominent

00:36:58: veröffentlichen, dann werden sie unter der Hand, man kann sich das ja alles beschaffen,

00:37:02: die Umfrage-Institute werden beauftragt, ja nicht nur von Medienanstalten, von Pressehäusern,

00:37:08: ja, sondern können ja auch von den Parteien beauftragt werden, also insofern die sind vorhanden

00:37:13: und man muss es im Grunde ein bisschen einkalkulieren und sich davon versuchen, dann auch wieder ein

00:37:18: bisschen unabhängiger zu machen, aber letztendlich ist es nicht besonders realistisch und dann kommt

00:37:24: ja noch ein anderer Faktor hinzu, dass wir ja im Grunde mehr denn je auch Persönlichkeitswahlen

00:37:30: haben. Die Welt ist extrem kompliziert, wir haben jetzt auch noch die Komplexität dann auch noch auf

00:37:36: der Landesebene, in dem wir nämlich auch noch bundespolitische internationale Themen quasi auch

00:37:43: noch zu landespolitischen erklären und weil das alles so kompliziert ist reagieren dann auch viele

00:37:50: wieder ganz stark nach, wem traue ich das zu, wen finde ich sympathisch, für wen halte ich eigentlich

00:37:56: für einen integren, potenziellen oder tatsächlichen Ministerpräsidenten, also das spielt ja dann auch

00:38:01: immer noch eine ganz große Rolle und das ist auch eine Tendenz, die wir eigentlich ja in den letzten

00:38:07: paar Jahren, Jahrzehnten verstärkt sehen, dass die Leute ganz stark nach Vorlieben für Persönlichkeiten

00:38:14: gehen. Sie haben sich als einem ihrer Forschungsschwerpunkte immer schon mit Parteienforschung

00:38:21: beschäftigt. Wie geht Ihre Erklärung eigentlich dafür, dass wir gerade im Moment so viele neue

00:38:30: Konstellationen haben und mit dem Bündnis Sarah Wagenknecht ohne das überbetonen zu wollen,

00:38:37: aber interessant ist es ja, eine ganz neue Partei, die aus dem Stand heraus hier eine echte

00:38:45: Veränderungswirkung hat, in jedem Fall aber mal einen riesigen Unsicherheitsfaktor in den ganzen

00:38:51: Kladeradatsch gebracht hat, oder? Ja, das hat einerseits mit den gesellschaftlichen Veränderungen

00:38:57: zu tun, dass große Organisationen weniger Bedeutung haben in Ostdeutschland nach 1990 ohnehin nie

00:39:06: Bedeutung hatten. In der alten Bundesrepublik ist die Gesellschaft noch eher durchzogen durch

00:39:12: Kirchen, Vereine, Verbände und eben Parteien, aber das lässt nach, also es finden Individualisierungsprozesse

00:39:20: statt. Gleichzeitig haben wir im Grunde auch so einen gewissen Anspruch, es muss was Perfekte

00:39:25: sein. Man sucht die perfekte Partei und wenn man unzufrieden ist, dann versucht man es bei der

00:39:31: nächsten Partei. Wie bei einer Dating-App, wo man jemand so rauskommt? Ja, schon ein bisschen,

00:39:35: genau. Man wischt so zur Seite und beim nächsten Wählen wählt man halt eben eine andere Partei,

00:39:41: das ist übrigens auch ein Problem für Umfrageinstitute, die machen ja dann ganz oft diese

00:39:46: Wählerwanderungen, versucht man danach am Wahlabend und schon zu präsentieren. Das setzt aber immer

00:39:52: voraus, dass die Leute noch wissen, was sie bei der letzten vergleichbaren Wahl gewählt haben. Und

00:39:57: das fällt in einem föderalen System, in dem es immer mehr Wechselwähler gibt, das fällt zunehmend

00:40:03: schwer. Also die Leute wissen zum Teil gar nicht mehr, was sie zuletzt gewählt haben. Und weil wir

00:40:09: so eine Neigung haben, ja dann probieren wir mal was Neues aus. Das begünstigt natürlich dann auch

00:40:16: so etwas wie BSW und natürlich die Prominenz einer der einzelnen, der Person, nach der dieses

00:40:23: Bündnis ja auch benannt ist, hat es dann natürlich diese Abspaltung oder diese Verabschiedung von der

00:40:29: Linken, hat das Ganze natürlich befördert. Und hinzukommen zu diesen Individualisierungstendenzen

00:40:34: ist natürlich noch ein ganz starker Verstärkungsfaktor, ist die Digitalisierung. Also wir haben

00:40:40: inzwischen und die Parteien, die Kandidaten, haben die Möglichkeit, wenn jemand geschickt ist, früher

00:40:46: hat man Pressemitteilungen raus schicken müssen. Wir gründen uns neu, naja, wer macht es heute

00:40:53: noch? Das braucht man nicht mehr. Es hängt ganz stark von der Fähigkeit ab, dann die Leute direkt zu

00:40:59: erreichen. Das ist eine Kunst, aber manche beherrschen diese Kunst und es beherrschen vor allem diejenigen,

00:41:05: diese Kunst, die eben zuspitzen, überhöhen, überzeichnen. Und insofern ist auch das etwas,

00:41:13: was eben vor 20 Jahren in der Form noch nicht gegeben hat. Und worauf setzt das BSW jetzt auf?

00:41:21: Auf welche Lücke im Angebot? Was fehlte denn da, wenn es nicht allein so was wie Neuigkeitslust ist,

00:41:30: dass man denkt, ach, krieg mal, also jetzt mache ich mal die und die Sarah Wagenknecht, die kenne ich

00:41:33: auch. Was ist das ihrer Analyse nach? Soweit man das übrigens beurteilen kann, denn sonderlich viel

00:41:40: weiß man noch nicht über das Bündnis Sarah Wagenknecht. Die haben sich auch bisher nicht die

00:41:45: Mühe gemacht, programmatisch auszubestabieren, was sie im Einzelnen wollen. Dazu fehlte vielleicht

00:41:50: auch die Zeit, vielleicht hilft das auch gar nicht, vielleicht hilft es genau eher mehr, wenn man

00:41:55: ein bisschen so unbestimmt daherkommt. Was ist es in ihren Augen? Da ist ja auch manche einer,

00:42:01: auch der Spitzenpolitiker aus anderen Parteien rumgetitscht. Ist es eine Mischung aus einer

00:42:09: links- und rechtspopulistischen Truppe? Ist es eine Neuauflage der Linkspartei mit härterer

00:42:16: Migrationspolitik und sagen wir mal spezieller und anders ausbuchstabierter Friedenspolitik? Was ist

00:42:24: es? Denn wir merken dieser Partei an, an der Frage der Friedenssicherung oder anders, so nennen die

00:42:33: das, also in Anführungsstrichen, an der Frage der Unterstützung, der militärischen Unterstützung

00:42:38: der Ukraine. Daran entlang wollen sie ganz viel erzählen. Selbst die Koalitionsbildungen, die es

00:42:45: eventuell jetzt nach den Landtagswahlen geben soll, das kann eine der Bedingungen sein, die dort

00:42:51: Parteien, die es mit dem BSH machen wollen, die den koalieren wollen, die die stützen müssen. Die

00:42:58: eine Bedingung ist, man verpflichtet sich, die militärische Unterstützung für die Ukraine

00:43:04: zu beenden und die andere Bedingung ist, man verpflichtet sich, die Stationierung von

00:43:08: Mittelstreckenraketen in Deutschland zu verhindern. Jetzt streng genommen nichts, was ein Landesvorsitzender

00:43:15: in Thüringen zum Beispiel der CDU zu entscheiden hat, aber Sarah Wagenknecht sagt dann in Interviews,

00:43:22: na ja nun, der kann ja darauf Einfluss nehmen, aber er müsste sich, wenn ich es richtig verstanden

00:43:27: habe, dazu verpflichten. Ja, also das ist zumindest die Forderung von Sarah Wagenknecht im Vorfeld der

00:43:34: Wahl, im Wahlkampf. Das bleibt ihr ja unbenommen, ob sie sich dann mit der Forderung durchsetzt,

00:43:40: das denkt natürlich vor allem auch vom Abschneiden ab und vom Verhandlungsgeschick der potenziellen

00:43:45: Partner, falls es so weit kommen sollte. Fordern kann man viel, die anderen müssen ja nicht drauf

00:43:51: eingehen, aber klar, es hängt dann von den Mehrheitsverhältnissen ab. Wo verortet man Bündnis

00:43:56: Sarah Wagenknecht? Starker Staat, durchsetzungsfähiger Staat, einerseits mit Blick auf die Sozialpolitik,

00:44:03: andererseits mit Blick vor allem auch auf die Migrationspolitik. Das ist ganz offensichtlich,

00:44:09: das will man. Man hat einen leichten Tendenz dazu, ja im Grunde so zu einem Wohlfahrts-Schauvinismus,

00:44:16: lautet das hochtrabende Wort dafür, damit ist gemeint, dass diese Gewährleistungen, diese

00:44:23: Verbürgungen des Sozialstaats eben auch nicht allen zu teil werden sollen, sondern vor allem der

00:44:29: einheimischen Bevölkerung oder zumindest den Bevölkerungsteilen, die schon lange in der

00:44:34: Bundesrepublik sind, hier dann auch Steuern gezahlt haben, Sozialabgaben gezahlt haben. Also sprich,

00:44:40: da ist eine Abgrenzung vor allem gegenüber Flüchtlingen, also da möchte man einen Unterschied

00:44:46: machen. Wohlfahrts-Schauvinismus nennt man das dann eben diese Ausrichtung mit Blick, ja also einerseits

00:44:55: dann Rentenpolitik. Und dann ist natürlich die Frage, wer soll denn das alles finanzieren? Und

00:45:01: Bündnis Sarah Wagenknecht stellt ja zu recht fest und das ist das, das ist im Grunde die Herausforderung,

00:45:08: gerade auch für die SPD und für die Grünen, dass der PSW im Grunde ja etwas klardiagnostiziert. Man

00:45:18: sagt, diese ganzen Sozialleistungen, an denen werden wir sparen müssen, weil wir der Ukraine

00:45:26: so viel Geld geben und weil wir diese ukrainischen Flüchtlinge so stark unterstützen. Das können

00:45:31: wir uns nicht leisten. SPD und Grüne behaupten, irgendwie kann man das schon finanzieren, wirklich

00:45:40: beweisen können, ist es nicht so recht, weil sie ja dann auch ständig ihre haushalterischen

00:45:45: Spagat leisten müssen. Und in dieses Nest sticht Sarah Wagenknecht hinein und sagt, es ist Quatsch,

00:45:52: wir können uns nicht alles leisten und aus diesem Grund lehnt sie auch aus diesem Grund, sie tünft

00:45:59: das dann auch noch ein bisschen mit natürlich Russland Freundschaft, ja Friedensfreundschaft,

00:46:06: aber es hat schon auch ganz viel mit Finanzen zu tun und das ist ja nicht ungeschickt von ihr,

00:46:10: weil das ist ja auch das Argument von ganz vielen Menschen in der Bundesrepublik, sowohl im Osten

00:46:16: als auch im Westen, zu sagen, wo bleiben wir eigentlich? Wer leistet, wer gibt uns, die wir

00:46:24: lange Steuern bezahlt haben, lange in die Sozialsysteme eingezahlt haben, wir fallen jetzt

00:46:29: hinten runter und genau das bedient sie, diese Stimmungslage. Früher hat sie eher an die Einnahmenseite

00:46:36: gedacht und hat gesagt, wir wollen höhere Steuer für Vermögende, für Erben, da kriegen wir das Geld

00:46:42: wieder rein, heute macht sich es also so dabei, ich glaube, das hat sie immer noch auf der Pfanne,

00:46:48: dass sie sagt, da kann man auch von sehr vermögenen Menschen deutlich mehr verlangen.

00:46:54: Stimmt, aber gleichzeitig gibt sie sich ja bemerkenswert wirtschaftsfreundlich,

00:47:00: tadellt die Ampelregierung gut, das ist nicht allzu schwierig, tadellt sie für ihre Wirtschaftspolitik

00:47:07: und sagt, wir müssen auch wieder unternehmerfreundlicher sein, also ja die ganz reichen vielleicht

00:47:14: ein bisschen mehr Besteuern, da schon, aber sie versucht dieses Gefühl der Ungerechtigkeit zu bedienen

00:47:23: und das haben ganz viele Menschen, also das haben wir ganz stark während der sogenannten Migrationskrise

00:47:28: gehabt, dass die Leute das Gefühl hatten, diese Flüchtlinge, die kriegen jetzt Wohnungen, die kriegen

00:47:33: alles Mögliche, wo bleiben wir und das erleben wir jetzt wieder und wir erleben es verstärkt,

00:47:38: weil es sich jetzt eben auch insgesamt auf die Unterstützung für die Ukraine bezieht.

00:47:43: Ich will einen losen Faden nicht in der Luft hängen lassen, der vielleicht durch das Interview

00:47:49: nochmal entstanden ist, nämlich die Frage, wie wird es das BSS mit der AfD halten und soweit ich

00:47:57: das nachgelesen habe, komme ich zu dem Schluss ein bisschen uneindeutig, eventuell ist die

00:48:02: Uneindeutigkeit auch genauso gewollt, denn im Juli les ich, hat Sarah Wagenknecht gesagt,

00:48:08: Zitat es wird mit der AfD keine Koalition geben, aber mit den Grünen möchten wir aus

00:48:14: inhaltlichen Grünen auch nicht, denn aus ihrer Sicht schadeten die Grünen real mehr als die

00:48:20: AfD, weil die AfD keine Macht habe, so das war die eine Aussage aus dem Juli, dann am 19. August

00:48:27: wird sie im ZDF gefragt, wie geht denn das BSS mit der AfD um und da sagt Sarah Wagenknecht,

00:48:34: Zitat wir haben immer gesagt, dass wir mit Höcke selbstverständlich nicht koalieren,

00:48:38: dieser Mann vertritt eine rechtsextreme Auffassung, das ist nicht das, wofür wir antreten, allerdings

00:48:45: finden wir, dass es eben tatsächlich notwendig ist, die Hysterie aus dem Umgang mit der AfD

00:48:50: rauszunehmen und uns einfach sachlich mit ihr auseinanderzusetzen. Well, also da war ich nicht

00:48:59: so richtig viel schlauer und dachte, eventuell ist es geschickt gesetzt, dass man nichts

00:49:06: genaues weiß man nicht, ich höre aber von den Spitzenkandidatinnen aus den Bundesländern,

00:49:12: die sich ja übrigens auch erst alle in ihrer neuen Rolle finden, dass die sich keine

00:49:17: Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen könnten, aber wer weiß das schon? Ja, da gebe ich

00:49:23: Ihnen völlig rechterliste, das eine oder andere offen, mir hat Katja Wolf, die Kandidatin

00:49:28: für BSH in Thüringen auch persönlich mal nach einer Sendung gesagt, dass sei für Sie

00:49:35: der Hauptgrund gewesen, zum BSH überzuwechseln von der Linkspartei, die AfD zu verhindern.

00:49:41: Also insofern würde Sarah Wagenknecht sicherlich auch so ein Sprengpotenzial in diese neu gegründete

00:49:50: Partei legen, wenn sie jetzt zu sehr liebäugelt und bereit ist, AfD vielleicht doch mal zusammen

00:49:58: zu arbeiten, da könnte schon sein, dass auch einige auch gleich wieder sagen mit uns nicht,

00:50:04: aber ja, Macht ist verführerisch. Also eine Brandmauer hat sie nicht errichtet. Katja

00:50:11: Wolf, die Spitzenkandidatin in Thüringen war Oberbürgermeisterin in Eisenach, wirkt

00:50:18: so, als würde sie sich wenig reinreden lassen wollen, aber Sarah Wagenknecht hat an anderer

00:50:24: Stelle, das hat Michael Kretschmann, den Ministerpräsidenten in Sachsen auch aufgebracht,

00:50:28: schon versucht, so eine Art Tauschgeschäft zu machen, dass man Kretschmann abverlangt,

00:50:34: wenn der zustimmt oder sich dafür einsetzt, dass die CDU in Thüringen Katja Wolf zur

00:50:41: Ministerpräsidentin machte, dann könnte man über eine Zusammenarbeit in Sachsen reden.

00:50:46: Also da werden außenpolitische Fragen reingesungen in landespolitische Wahlkämpfe und es werden

00:50:53: sogar noch so Tauschgeschäfte über Landesgrenzen hinweg angestrebt. Ich glaube an der Stelle

00:50:59: ja, überzieht selbst Sarah Wagenknecht, glaube ich, ihre Möglichkeiten.

00:51:04: Ja, und also ich meine, damit fördert man endgültig den kompletten Politikvertruss

00:51:11: der Leute. Also das macht niemand mehr mit in der Bevölkerung, dass man quasi sich über

00:51:16: Wahlentscheidungen oder auch über Interessen von Landesverbänden hinweg setzt und sagt,

00:51:21: jetzt machen wir große Tauschgeschäfte. Nein, also das wird auch nicht stattfinden, weil

00:51:26: der jeweilige Landesverband von jeder Partei hat in jedem Land seine eigenen Interessen,

00:51:32: die wird er einerseits verteidigen gegenüber der jeweiligen Bundespartei und die wird er

00:51:37: vor allem auch verteidigen gegenüber dem Nachbarlandesverband. Also da würde ich sagen, muss man auch

00:51:43: aufpassen, dass man dann nicht zu sehr sich die Sachen erzählen lässt, was manche sich

00:51:49: anscheinend so auswünschen und träumen. Das Ganze findet nicht in einem luftleeren Raum statt.

00:51:56: Die Ergebnisse oder die zu erwartenden Ergebnisse bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland werden

00:52:03: ganz gewiss interpretiert werden als ein Abgesang an die Ampel im Bund. Sie stehen unter dem Eindruck

00:52:10: dessen, was die Ampel an fehlender Vertrauenszuschreibung im Bund nunmal hat, was sich ja auch in den

00:52:19: zurückliegenden Tagen durch alles, was wir da so hören, nachdem die Protagonisten aus ihren

00:52:24: Urlauben zurückgekehrt sind, eher verstärkt, als dass es sich irgendwie beruhigt hätte. Alle

00:52:30: drei Ampelparteien drohen bei den Wahlen in allen drei Ländern Herbeverluste. Die FDP kommt in allen

00:52:37: drei nur noch auf zwei bis drei Prozent, findet also gar nicht mehr statt. Bleibt das Ihrer Meinung nach

00:52:44: auch ohne Konsequenzen wie schon die desastrisenden Ergebnisse der Europawahl in meinem Eindruck

00:52:52: nach fast vorbeigezogen sind an den Verantwortlichen in Berlin und irgendwie wie so durchgekollert

00:52:59: sind? Ja, also man wundert sich, dass die alles so übellaunig sind und so. Sie werden auch nicht gut

00:53:07: gelaunt worden. Ja, ja, aber ich meine jetzt, also diese Reaktion von Habeck auf Linden und von

00:53:13: Linden auf Habeck, da denkt man sich, Leute, ihr wart doch gerade erst im Urlaub. Habt ihr eigentlich

00:53:18: nicht was Hübsches erlebt? Müsst ihr gleich wieder alles nach außen hängen? Könnt ihr das nicht in

00:53:24: geschlossenen Räumen untereinander euch mal in die Augen sagen und sagen, ich habe dich immer schon

00:53:29: von Trottel gehalten und dann ist auch gut. Also ich finde, es ist eine Belästigung der Öffentlichkeit,

00:53:34: diese Übelaunigkeit. Aber gut, dass Habeck hat gerade gesagt, für den ist nicht oder die, die es

00:53:40: nicht mitbekommen haben, er hat gesagt, also wäre ich Bundeskanzler, dann wäre Christian Linder

00:53:46: gewiss nicht Finanzminister. Es war aber, ich habe mir den Ausschnitt angeschaut, ich glaube, er

00:53:51: hat es nicht ganz ernst gemacht. Er hat es ja als Antwort auf eine Frage aus dem Publikum gesagt,

00:53:57: gut, jetzt kann man immer sagen, bei einem Spitzenbahn, wie er, sagst doch gar nicht, weil es wird

00:54:02: danach überall durcherzählt und Ursula München nimmt es als so beübelaunig waren, fühlt sich

00:54:08: belästigt, aber ja, das war der Satz. Aber er ist Profi genug und weiß, dass das dann, wie das durch

00:54:14: die Medien dann geistert, genauso wie Omit Nuri Pur natürlich weiß, dass, wenn er von der Übergangsbundessin

00:54:21: das Regierung spricht, dass das im Sommerloch, das wir weitgehend in der Republik noch haben,

00:54:27: natürlich ein Gefundenesfressen ist. Aber ihre Frage war, wie werden die darauf reagieren? Also,

00:54:32: ich gehe mal davon aus, dass die Aufregung groß sein wird, natürlich, aber diese Aufregung

00:54:39: innerhalb der Amperregierung ist ja im Grunde schon wieder mit so einer Vorwarnung. Also,

00:54:44: man weiß ja schon wieder, dass es ziemlich übel werden wird und dann hofft man, es wird

00:54:49: vielleicht doch nicht ganz so schlimm werden. Schauen wir mal, wie das mit dem strategischen

00:54:53: Wähen ist. Was ein bisschen alles abwedert ist, dass auch die CDU vermutlich also nicht völlig

00:55:00: unbeschadet von dann entgehen wird, dann wird man sich da wieder mit ein bisschen tröstern. Wenn

00:55:05: wir dann genau hinschauen, es hat niemanden wirkliches Interesse der drei Amperparteien

00:55:10: dran, jetzt diese Regierung wirklich vorzeitig platzen zu lassen, weil dann alle wissen, es wird

00:55:18: vermutlich Neuwahlen geben, auch wenn das immer in der Aufbundesebene natürlich schwierig zu

00:55:22: erreichen ist, aber die Union wird sich ja jetzt nicht für eine Übergangslösung zur Verfügung

00:55:27: stellen. Also insofern wird die Union dann versuchen auf Neuwahlen zu drängen, wenn einer

00:55:31: ausschert. Und wenn wir uns anschauen, am meisten prädestiniert zum Ausscheren ist ja eigentlich

00:55:37: die FDP. Die ist am übel launigsten, fühlt sich von den anderen ständig immer wieder vorgeführt,

00:55:45: weil sie eben auf ihrer Schuldenbremse beharrt und so weiter und so fort, ist am nächsten, am

00:55:50: Todesstreifen dran von allen Parteien. Aber wenn wir uns anschauen, wie die Landtagswahlergebnisse

00:55:56: für die FDP vermutlich sein werden, zweimal ist sie ja schon überhaupt nicht mehr im Landtag. Es

00:56:02: geht eigentlich nur noch um Thüringen, also nur noch in Anführungszeichen und Thüringen hat die

00:56:07: FDP eigentlich ohnehin schon abgehakt. Man unterstützt einen Thomas Kemmerich nicht mehr,

00:56:14: seit den Ereignissen, seit dieser komplett missglückten Ministerpräsidentenwahl im Jahr 2020. Also insofern

00:56:21: die FDP hat Thüringen abgehakt, Lindner hat es abgehakt. Insofern glaube ich nicht, dass

00:56:27: desaströse Wahlergebnisse am 1. und am 22. September für die FDP den Ausschlag geben könnten,

00:56:35: tatsächlich diese Ampelregierung zu verlassen. Da wird Stimmen geben in der FDP, klar, die

00:56:40: gibt schon die ganze Zeit. Ich gehe nicht davon aus, dass Lindner sie wirklich erhöhen wird.

00:56:45: Ich will zurückkommen mit Ihnen und sowieso übergehen zu dem konstruktiven Teil unseres Podcasts,

00:56:52: den wir uns immer am Schluss genauso vornehmen. Zurückgehen nochmal zum strategischen Wellen und

00:56:58: dazu, was wir eben schon mal angetippt haben. Man muss ja rasend gut informiert sein dafür,

00:57:03: um eine Wahlentscheidung zu treffen, bei der man nachher aus sagt, ja, ich wusste genau,

00:57:09: was ich tue und ich habe dann in mein Ergebnis vielleicht auch sogar das bekommen, womit ich

00:57:14: ungefähr gerechnet habe. Das wird gar nicht mal so sehr viel leichter. Etwa in Ostdeutschland,

00:57:22: wo es ein Zeitungssterben gibt, wo man gar nicht mehr genau und auch nicht sofort nachlesen kann.

00:57:28: Wer tritt denn eigentlich in meinem Wahlkreis an? Was hat denn der zum Beispiel bei zurückliegenden

00:57:34: Wahlen gerissen? Was kann ich mir also vorstellen, wohin ich da meine Stimme gebe? Und dazu hat

00:57:42: Paula Pichotta, würde ich Ihnen gerne den Ausschnitt vorspielen heute, früh in dem Interview auch

00:57:48: einen Vorschlag gemacht. Ich glaube tatsächlich, dass es neben dem Wahllomaten, der auch viele

00:57:56: Schwächen hat, wahrscheinlich auch ein unabhängiges Beratungsangebot für Wählerinnen und Wähler

00:58:01: bräuchte für die einzelnen Wahlkreise, was tatsächlich wahrscheinliche Szenarien sind,

00:58:05: weil wir tatsächlich im Moment erleben, dass dann eben wahrscheinliche Szenarien und nicht

00:58:10: ganz so ehrliche Aussagen darüber, was in dem Wahlkreis tatsächlich aussichtsreich ist,

00:58:15: nebeneinander gleichberechtigt quasi wahrgenommen werden. Und viele Wähler fragen dann einfach

00:58:21: sehr viel rum im Bekanntenkreis, fragen auch andere von ihren Freunden, die vielleicht bei Parteien

00:58:26: sind, um sich dann aus verschiedenen Meinungen so ein bisschen ein Bild zu generieren. Aber es

00:58:33: ist unglaublich intransparent. Wie könnte man das besser machen? Sie sind ja Direktorin der

00:58:41: Akademie für politische Bildung im feinen Tutsingen, schön am Starnberger See gelegen und

00:58:47: kennen sich auch mit solchen Sachen. Und ist es wahrscheinlich nicht ihr Sport, einzelne Wahlkreise

00:58:52: zu durchleuchten in allen möglichen Landeszahlen dieser Republik? Aber wie könnte man es gut machen?

00:58:58: Da gibt es schon Angebote. Und gerade in Sachsen, in Sachsen gibt es wie in allen anderen Bundesländern

00:59:06: eine Landeszentrale für politische Bildung. Diese Landeszentrale haben nichts mit meiner

00:59:12: Akademie für politische Bildung zu tun. Aber in Sachsen gibt es eine Landeszentrale für

00:59:17: politische Bildung, die ausgesprochenen Rege ist, einen sehr umtriebigen Direktor hat und die bieten

00:59:24: bei jeder Wahl, bieten die in jedem Wahlkreis Gespräche der Spitzenkandidaten an. Und das ist

00:59:32: zum Teil nicht vergnügungssteuerpflichtig. Für diejenigen, die so was organisieren und

00:59:36: für diejenigen, die so etwas moderieren, weil da dann häufig auch Leute hingehen als Zuhörer und

00:59:42: Zuhörer, die ein bisschen auf Krawall gebürstet sind. Und nichtsdestotrotz, das wird durchgeführt,

00:59:48: darüber wird berichtet. Also diese Möglichkeit in jedem Wahlkreis sich einen Eindruck zu verschaffen

00:59:54: von den Kandidatinnen und von den Kandidaten, das gibt es bereits. Man muss es halt nutzen, klar,

00:59:59: da können jetzt nicht alle hingehen. Es wird, glaube ich, dann auch häufig digital übertragen.

01:00:03: Es wird in der Presse und online darüber berichtet. Also diese Möglichkeit hineinzusteigen,

01:00:10: sich auch ein Bild zu verschaffen von den Kandidaten. Die wird den Leuten gegeben,

01:00:17: aber nutzen muss man sich schon auch selbst. Ein anderer Vorschlag und guter Vorschlag von

01:00:24: ihnen, wir verlinken das natürlich in den Show Notes, wie man die jeweiligen Landeszentralen

01:00:28: für politische Bildung erreicht, aber kriegt man wahrscheinlich auch ganz schnell selbst raus.

01:00:33: Wir helfen aber auch. Eine andere Idee, die vielleicht noch weniger Strategie bräuchte,

01:00:38: würde es helfen, die, und darüber ist viel diskutiert worden, die 5 Prozent Sperrklausel

01:00:44: oder 5 Prozent Hürde herabzusetzen und auf eine 3 Prozent Hürde zu gehen. Vielleicht noch mal zur

01:00:51: Erklärung, nur wer 5 Prozent der Stimmen erreicht, der schafft den einzugehenden Parlament, wenn denn

01:00:57: das Wahlverfahren so aufgegleist ist. Bei der Europawahl waren es zum Beispiel auch nur 3 Prozent,

01:01:04: die man erreichen musste, um ins Europaparlament zu kommen. Und die Bundeszentrale für politische

01:01:12: Bildung schreibt zu dieser Sperrklausel, Ziel dieser Sperrklausel ist es, eine Konzentration der

01:01:18: Sitzverteilung herbeizuführen, um stabile Mehrheiten zu fördern und einer Zersplitterung der Volksvertretungen

01:01:24: durch kleine und Kleinsparteien und den damit verbundenen internen Konflikten entgegenzuwirken.

01:01:30: Eingeführt wurde sie nach den Erfahrungen der Weibbarer Republik. Das klingt gut, aber nach

01:01:36: allem, was wir eben besprochen haben, ist das jetzt eventuell nicht mehr die passgenaue Situation,

01:01:42: worauf das anzuwenden wäre. Und auch länger ist es schon so, dass die 5 Prozent Hürde genau

01:01:48: deshalb umstritten ist. Man sagt, da gehen viel zu viele Stimmen verloren und das entspricht dann

01:01:55: nicht mit dem grundgesetzlichen Anspruch und versprechen, dass jede Stimme auch den gleichen

01:02:00: Wert haben muss, dass also um es hart zu sagen, beinahe Wahl dann Stimmen verschwendet wurden.

01:02:07: 2013 war das so bei der Bundestagswahl. Da waren es 6,8 Millionen Stimmen, die sich nicht widerfangen

01:02:14: im Parlament. Und 2022 im Saarland waren es 22,3 Prozent und in Sachsen vermutet man jetzt, es werden

01:02:24: 21 Prozent werden, wenn zum Beispiel linke grüne FDP-freie Wähler und die SPD den Sprung ins

01:02:32: Parlament verpassen sollten. Also, was macht man da? Also, da gibt es keine ganz eindeutige Antwort,

01:02:40: ist es richtig oder falsch mit der 5 Prozent Hürde. Also, sie haben ja die Begründungen dafür

01:02:44: genannt, die gelten nach wie vor. Aber klar, wir haben ein anderes Parteinsystem. Insofern

01:02:51: könnte man schon darüber überlegen, also sie haben diese Bundestagswahl 2013 angesprochen,

01:02:55: dass damals so viele Wähler dann nicht berücksichtigt worden sind, hatte damit zu tun, dass die FDP

01:03:01: aus dem Bundestag damals ganz knapp rausgefallen ist und die AfD ganz knapp nicht hineingekommen ist

01:03:07: als ganz neu gegründete Partei. Und das ist natürlich für die Leute frustrierend. Gleichzeitig

01:03:13: kann man sagen, naja, man kann den Bürgerinnen und Bürgern schon abverlangen, sich auch immer

01:03:17: zu überlegen, was ist eigentlich der Sinn vom Wählen? Der Sinn vom Wählen ist ja nicht nur,

01:03:23: meine Stimme abzugeben, sondern der Sinn des Wählens ist, eine regierungsfähige Mehrheit

01:03:30: zusammenzubringen und auch eine starke Opposition bilden zu können. Und wenn wir jetzt diese 5

01:03:36: Prozent Hürde zu sehr absenken würden oder sie völlig ignorieren würden, wie zum Beispiel bei der

01:03:43: Europawahl, wobei man da wieder ändern, dann hätten wir tatsächlich, dann wäre jeder quasi fast jede

01:03:50: Wählerstimme berücksichtigt, aber wir würden einen extrem hohen Preis dafür bezahlen. Wir würden den

01:03:56: Preis dafür bezahlen, ein viel Fraktionenparlament zu haben und unter Umständen dann Regierungen zu

01:04:02: haben, wo eine Dreierkoalition gerade zu einem Traum wäre, sondern womöglich sechser Siedlerkoalitionen

01:04:08: zu haben, das finden wir alle auch nicht schön. Also insofern finde ich schon, dass man den Wählerinnen

01:04:13: und Wählern diese Einsicht abverlangen kann, denkt drüber nach, was ihr mit eurer Stimme macht,

01:04:20: verschwendet sie nicht, wählt also unter diesem Aspekt auch strategisch. Wenn eine Absenkung um

01:04:27: also ein gewisses Zugeständnis an diese Veränderungen, an diese Individualisierungstendenzen, also

01:04:33: vier Prozent halte ich schon erforderlich. Drunter würde ich es nicht, würde ich nicht raten, vier

01:04:40: Prozent wären in Ordnung noch, aber es muss nicht unbedingt eine fünf Prozenthürde sein, aber wie

01:04:45: gesagt, sie erfüllt einen wichtigen Zweck und wenn das dann nicht mehr erreicht wird, wenn wir dann

01:04:51: nur noch mehr Parteienkoalitionen haben, dann werden die Leute immer unzufriedener und wir

01:04:58: zerstücken uns quasi immer mehr selbst. Man werfe nur mal einen Blick in manche Großstadt oder

01:05:04: Mittelgroße Stadt, wie da die Stadträte ausschauen. Das ist unüberschaubar geworden und der Anspruch der

01:05:12: Bevölkerung ist aber immer noch der, wir wollen regiert werden, wir wollen klare Politik haben und

01:05:19: nicht so ein ständiges, ja zu große Kompromisse schmieden. Also irgendein Tod muss ich sterben.

01:05:25: Also entweder ich will, dass Politik, dass Regierungen handlungsfähig sind, dann muss ich dazu beitragen,

01:05:35: dann auch eher die größeren Parteien zu wählen, die diese fünf Prozenthürde überschreiten. Oder ich

01:05:41: sage, mir macht das kleinteilige nix aus, dann darf ich aber auch nicht ständig nach diesem Politik

01:05:47: muss liefern rufen. Frau Münd, wir haben diskutiert und nachgedacht gemeinsam über die Frage, wie geht

01:05:55: strategisches Wählen eigentlich und am Schluss stellen wir immer die Frage, wo sind wir denn in der

01:06:00: Frage in einem Jahr oder anders gefragt, welche Rolle wird ein strategisches Wählen bei der

01:06:06: Bundestagswahl spielen? Eine sehr große Rolle vermutlich und zwar auch aufgrund der Veränderung

01:06:14: des Bundeswahlgesetzes. Da gab es jetzt zwar eine gewisse Abschwächung durch die Entscheidung des

01:06:19: Bundesverfassungsgerichts Anfang August. Nichts, dass da trotz des Bundesverfassungsgerichts hat,

01:06:25: ist bei der Regelung belassen, dass Direktkandidaten, Wahlkreisabgeordnete nur dann gewählt sind.

01:06:34: Also selbst wenn sie eine Mehrheit erreicht haben, sie werden nur dann in den Bundestag einziehen,

01:06:39: wenn die sogenannte Zweitstimmendeckung für die jeweilige Partei gegeben ist. Das heißt,

01:06:45: das strategische Wählen wird wichtiger werden und das trifft nicht nur die CSU in Bayern, das haben

01:06:53: wir, das trifft zum Beispiel auch ganz stark. Ja, natürlich, für die CSU ist es besonders wichtig,

01:06:59: aber das trifft auch die AfD, das trifft auch die CDU. Auch da sind Kandidaten in einzelnen Wahlkreisen,

01:07:07: die womöglich gewählt werden, die dann aber nicht in den Bundestag einziehen können, weil eben die

01:07:13: Partei dann bei den Zweitstimmen schlechter abgeschnitten hat. Das verlangt uns Bürgerinnen

01:07:19: und Wählern relativ viel Nachdenken ab und gleichzeitig bringt es die Parteien zur

01:07:26: Notwendigkeit, uns noch viel besser zu erklären, wie unser Wahlsystem funktioniert. Aber ich

01:07:32: befürchte, da werden sich ein paar die Zähne ausbeißen. Aber wir machen dann noch Folgen dazu im

01:07:38: Podcast und haben jetzt ja mit dieser wahnsinnigen prophetischen Kraft jetzt schon mal eine erste

01:07:44: Folge zur Frage des strategischen Wählen. Wie macht man das am geschicktesten gemacht? Mit

01:07:50: Blick auf die Landtagswahlen, die jetzt anstehen, im Blick auf die Bundestagswahl, werden wir es

01:07:54: wahrscheinlich dann nochmal und auch irgendwie anders zur Aufführung bringen. Von München. Danke

01:08:00: Ihnen für jedenfalls sehr für das Gespräch. Will noch mal sagen, dass der Redaktionsschluss für

01:08:06: diese Folge am Mittwoch, den 21. August um 17.30 Uhr mitgemacht haben in der Redaktion Gina Enzlin

01:08:13: und Sven Knoblauch, Executive Producerin Ismarie Schiller, Audio Producer Maximilian Frisch und

01:08:20: Lukas Hambach, Sounddesign Hannes Husten, die Vermarktung macht ihr mit Vergnügen GmbH und

01:08:25: das Ganze ist eine Produktion der Will-Media-GmbH. Und wenn ihr mögt, was wir so machen, dann abonniert

01:08:33: uns doch einfach. Das würde uns freuen oder empfehlt uns weiter, dass wenn wir auch super

01:08:37: von München. Vielen Dank. Das war mehr für Knügen, ich denke.

01:08:40: [Musik]

01:08:56: [Musik]

01:08:58: ENDE