Wie geht eigentlich gute Migrationspolitik? Mit Iris Sayram und Thorsten Frei

Shownotes

Die deutsche Migrationspolitik erlebt eine Zäsur: Seit dieser Woche gibt es wieder Kontrollen an allen deutschen Grenzen. Auslöser dafür war das Attentat von Solingen. Der frisch gekürte CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sieht die Kontrollen als Erfolg seiner Partei, die eine härtere Migrationspolitik und mehr Zurückweisungen an deutschen Grenzen gefordert hatte. Und er will noch weiter gehen: Weitreichende Zurückweisungen an den Grenzen solle es geben. Mit Blick auf Afghanistan und Syrien sagte er: “Weitere Flüchtlinge aus diesen Ländern nehmen wir nicht auf.”

Die Journalistin Iris Sayram hat die Debatte aus dem ARD-Hauptstadtstudio genau verfolgt und wundert sich im Gespräch mit Anne Will darüber, wie “hysterisch” sie geführt wird. Sie hat selbst einen Migrationshintergrund und ist in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen. Über ihre bewegende Geschichte spricht sie mit Anne Will und auch darüber, was eine gute Migrationspolitik braucht - und wie sie eben nicht aussehen sollte.

Außerdem ist der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, zu Gast. Er war Chefunterhändler für die Union beim Migrationsgipfel, den die Union ohne Ergebnis abgebrochen hatte. Die Maßnahmen der Ampel-Regierung hätten nicht ausgereicht, sagt Frei. Eine noch striktere Einwanderungspolitik sei notwendig, Lösungen müssten her, damit die politischen Ränder in Deutschland nicht noch stärker werden. Das komplette Gespräch mit Thorsten Frei wird am 21. September 2024 um 6 Uhr als Bonusfolge veröffentlicht.

Der Redaktionsschluss für diese Folge war Mittwoch, 18. September 2024, um 19 Uhr.

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WICHTIGE QUELLEN:

Der Spiegel, Wie Friedrich Merz eine große Chance verstreichen ließ, 13.09.2024

Süddeutsche Zeitung, Der verpatzte Schulterschluss, 13.9.2024

Die Zeit, Die Migrationswende ist längst da, 16.09.2024

Rundmail von Friedrich Merz mit Forderungen zur Migrationspolitik: “Es reicht!”, 25.08.2024

Der Spiegel, FDP in der Migrationsfrage: Die Sehnsucht nach Schwarz, 15.09.2024

FAZ, Merz stößt an die Grenzen des Asylrechts, 28.08.2024

Der Spiegel, Expertin für Migrationspolitik: "Zurückweisungen sind Sisyphos-Arbeit und haben begrenzte Effekte", 10.09.2024

Süddeutsche Zeitung, Wie Migration das Land fordert, 29.08.2024

Impressum: Redaktion: Felix Schlagwein, Teresa Sickert Executive Producerin: Marie Schiller Audio Producer: Maximilian Frisch, Patrick Zahn Sounddesign: Hannes Husten Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH

Transkript anzeigen

00:00:00: Nehmen wir an, es käme jemand und würde den Kölnerinnen und Kölnern sagen,

00:00:04: sie müssten jetzt mal auf die Schnelle die Migrationspolitik lösen.

00:00:07: Was meint sie, was die sagen würden?

00:00:10: Wir haben das Kölschekrondgesetz.

00:00:12: "It had no Mayotje, young'e."

00:00:14: Oder leider, was vielleicht in der Sache ein bisschen schwieriger ist,

00:00:18: wird kürt, wird kürt. Das wollen wir aber nicht hoffen.

00:00:27: Politik mit Anne Will.

00:00:29: Hallo und tach zusammen, neue Podcast-Folge.

00:00:44: Herzlich willkommen dazu. Ich freue mich, dass ihr dabei seid.

00:00:47: Und wir als Team freuen uns im Übrigen,

00:00:50: dass wir von immer mehr Menschen gehört werden.

00:00:52: Super ist das.

00:00:53: Und ich will mal sagen, hört bitte bloß nicht auf damit.

00:00:56: Im Gegenteil, empfiehlt uns sehr gerne weiter als einen der Podcasts,

00:01:01: den ihr hoffentlich mögt, durch den man mit Glück echt was lernt.

00:01:05: Und mit dem man sich in politische Themen vertiefen kann,

00:01:09: das wäre ganz klasse.

00:01:10: Thema ist diesmal, wie geht eigentlich gute Migrationspolitik?

00:01:15: Und dass die Frage ein bisschen beiläufig daherkommt, ist gewollt.

00:01:18: Denn was eine gute Migrationspolitik ist,

00:01:21: das wird ganz unterschiedlich ausbuchstabiert.

00:01:24: Wie hart, wie human, wie abweisend, wie gerecht sie sein soll.

00:01:28: Dafür gibt es keine ein eindeutigen Kriterien,

00:01:32: die die Juristinnen kennen.

00:01:34: Aber es gibt jeweils massive politische Interessen,

00:01:37: die dahinterstecken.

00:01:39: Im Moment gibt die Debatte meiner Wahrnehmung nach

00:01:42: über die deutsche Migrationspolitik

00:01:44: sicherlich sehr in Richtung mehr Härte.

00:01:47: Und ob das gut ist und ob es genauso gewollt ist,

00:01:51: darüber habe ich heute Vormittag

00:01:52: dem ersten parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

00:01:57: mit Thorsten Freyern Interview geführt.

00:02:00: Und Ausschnitte daraus hören wir immer gleich.

00:02:03: Und zu Gast ist heute am Abend des 18. September eine Kölnerin,

00:02:09: eine Journalistin,

00:02:11: Kollegin aus dem ARD Hauptstadtstudio.

00:02:13: Sie leitet dort, dass Ressort Justiz ist,

00:02:16: promoviert die Juristin.

00:02:18: Derweil das so eigentlich überhaupt gar nicht angelegt war,

00:02:22: denn sie wuchs im Rotlichtviertel am Kölner Friesenwald auf

00:02:25: als Tochter einer prostituierten und Putzfrau

00:02:28: und eines Spiel- und Drogenabhängigen Gastarbeiters aus der Türkei.

00:02:34: Wie man sie damals nannte, als ein geliebtes Kind.

00:02:37: Und sie hat ihren Eltern in einem Buch

00:02:40: ein wirklich lesenswertes,

00:02:43: zum Teil herzzerreißendes Denkmal gesetzt.

00:02:46: Iris Seirem ist hier. Herzlich willkommen, Iris.

00:02:48: Wow. Vielen Dank für diese Zusammenfassung.

00:02:51: Ich freue mich, dass du da bist.

00:02:53: Und ich merke schon gleich am Anfang,

00:02:55: ich fahre in so einen kölischen Singen.

00:02:57: Da müssen wir ein bisschen aufpassen.

00:02:59: Wir müssen sehr aufpassen.

00:03:01: Wir können uns im Rest der Republik nicht mitsehen lassen

00:03:05: und nicht mit hören lassen.

00:03:07: Iris, woher meinst du eigentlich Iris?

00:03:09: Mein Vater hatte sich überlegt,

00:03:11: der hatte wahnsinnige Angst, dass ich Probleme haben könnte

00:03:14: mit einem türkischen Namen in der Gesellschaft klarzukommen.

00:03:17: Für ihn war klar, dass Ausgrenzung ein riesiges Thema ist.

00:03:20: Damals schon.

00:03:22: Das war auch nicht weit hergeholt.

00:03:24: Meine Mutter ist ja Deutsch.

00:03:26: Der deutsche Teil der Familie hatte den Kontakt zu uns abgebrochen.

00:03:30: Die Erklärung meines Vaters war, weil er Gastarbeiter ist,

00:03:34: weil er Türke ist, mit einem Kanaken, Pasa-Lacken, Kameltreiber.

00:03:38: Das waren so diese Begrifflichkeiten.

00:03:40: Da lässt sich eine ordentliche deutsche Frau nicht drauf ein.

00:03:43: Stimmt das denn? War die Familie deiner Mutter so abweisend?

00:03:47: Ich habe die Jahre später kennengelernt.

00:03:50: Für mich ist es eine ganz tiefe Verwundung,

00:03:54: die ich in mir drin trage, dieser Glaube, dieses Denken,

00:03:59: dass ich es nicht wert genug bin,

00:04:01: dass mein deutscher Opa mich kennenlernen möchte.

00:04:04: Ich habe ihn nie kennengelernt, ist dann verstorben.

00:04:07: Ich hatte auch nicht das Gefühl,

00:04:09: dass ich vielleicht spielte dann auch andere Dinge noch eine Rolle,

00:04:13: weil wir waren jetzt auch keine Vorzeigepfamilie.

00:04:16: Ich denke, wenn mein Vater Pilot gewesen wäre

00:04:19: und ich das schon im Verwunden hätte,

00:04:21: wäre das vielleicht auch anders gewesen.

00:04:23: Aber in dieser sozialen Struktur, in der wir gelebt haben,

00:04:26: hatte ich mich jetzt wirklich nicht warm aufgenommen gefühlt.

00:04:29: Deswegen war das Verhältnis da auch nicht gut.

00:04:31: Ich konnte das nachvollziehen, was er gesagt hat.

00:04:34: Er durfte ja auch die Wohnung meiner Oma nicht betreten.

00:04:37: Deswegen konnte ich das verstehen.

00:04:39: Ich bin aber dann so ein bisschen sehr schizofrien aufgewachsen,

00:04:43: wie so zwei Identitäten.

00:04:45: Ich habe mir so eine deutsche Nebenidentität aufgebaut,

00:04:48: um alles weggedrückt, was irgendwie türkisch sein könnte.

00:04:51: Das hat dann wirklich irgendwann im Laufe der Jahre

00:04:55: absurde Züge angenommen.

00:04:57: Ich habe mir irgendwann mal meine Monobraue,

00:04:59: ich hatte so eine total durchgewachsene Augenbraue,

00:05:02: die habe ich mir weggeläsert.

00:05:04: Ich sah unmöglich aus, unmöglich.

00:05:06: Aber ich wollte irgendwie mit meinen Blonden strehnen,

00:05:09: irgendwie versuchen, dieses Bild zu erfüllen,

00:05:11: was du an dir erfüllen kannst, weil du bist, was du bist,

00:05:14: wo du herkommst, das trägst du in deinem Herzen,

00:05:16: das macht dich aus und das lässt sich nicht wegdrücken.

00:05:19: Also dein Vater wollte dich davor beschützen,

00:05:23: dass du durch einen Vornamen sofort immer allen kenntlich bist

00:05:26: als ein Kind eines türkischen, sagst du noch mal, Gastarbeit.

00:05:30: Sie kam nach Köln, um bei Forts zu arbeiten, oder?

00:05:33: Genau, genau.

00:05:35: Also eigentlich war das für ihn eine riesen Chance.

00:05:38: Er hat sich total darauf gefreut, weil Deutschland,

00:05:42: das war für ihn so ein Land, so ähnlich wie wir damals Amerika gesehen haben,

00:05:45: dass das Land der unbegrenzten Möglichkeiten

00:05:47: wurde vom Tellerwäscher zum Millionär werden kann.

00:05:50: Also so diese Erzählung von ihm, warum er gekommen ist,

00:05:53: weil er eigentlich auch aus einer okayen Familie kommt.

00:05:56: Also schon auch eine gebildete Familie,

00:05:59: aber er hat auch politisch da Stress bekommen.

00:06:02: Und ja, war so ein Abenteurer, hat mein Onkel immer über ihn gesagt.

00:06:06: Und ist nach Deutschland gekommen, um einen Neustart zu machen,

00:06:10: um irgendwie hier anzukommen.

00:06:12: Und wenn ich so zurückblicke,

00:06:14: er ist leider nie so richtig angekommen.

00:06:16: Also schon alleine die Tatsache,

00:06:18: dass auch 20 Jahre, nachdem er hier war,

00:06:20: immer wieder die Aufenthaltsgenehmigung erneuert werden musste.

00:06:23: Immer dieses Schwitzen, immer diese Angst, passiert jetzt was.

00:06:26: Und ja, meine Eltern sind, ich will das gar nicht schön reden,

00:06:29: tue ich ja auch gar nicht.

00:06:31: Die sind hin und wieder mal falsch abgebogen.

00:06:34: Und wir hatten Themen mit Polizei und mit Hausdurchsuchung.

00:06:38: Und das ist dieses klopfende Herz.

00:06:40: Das ist ein Haftgesessen.

00:06:42: Und ich habe das auch.

00:06:44: Und immer diese Angst, wenn meine Mutter weg ist,

00:06:47: verliere ich meinen Vater auch.

00:06:49: Das war schon eine intensive Zeit, die mich natürlich auch heute prägt.

00:06:53: Klar. Du hast dieses Buch geschrieben, "Für euch" heißt das.

00:06:56: Man kann sich jetzt sehr leicht vorstellen,

00:06:58: wer mit euch gemeint ist, nämlich deine Eltern.

00:07:01: Meine Eltern, aber vielleicht auch andere Kids.

00:07:03: Ich habe mir irgendwie gewünscht auch,

00:07:06: andere Leute, die in einer ähnlichen Situation groß wären,

00:07:10: das kann ja total unterschiedlich sein.

00:07:12: Wenn sie das Lesen, das Gefühl haben, sie können es auch schaffen.

00:07:16: Und zwar ohne, dass da einer mit Geld hintersteht,

00:07:19: mit einer Förderung oder Stiftung oder einem Einsehabitur.

00:07:23: Sondern wirklich ganz normal, wenn man nur an sich glaubt.

00:07:28: Und das ist irgendwie der Schlüssel,

00:07:30: dass du an dich glaubst, dass du was erreichen und das so was schaffen kannst.

00:07:34: Du hast gesagt, dass du dir eine Art Parallelwelt aufgeholt hast.

00:07:38: Eine Parallelidentität.

00:07:40: Hättest du das heute genauso gebraucht?

00:07:43: Oder wäre das heute ein einfacheres Leben?

00:07:47: Ich will darauf hinaus.

00:07:50: Hat sich der Alltagsrassismus, den du erfahren hast,

00:07:54: den aber auch dein Vater sofort vorhergesehen hat,

00:07:57: weil er darum wusste, weil er merkte, was da abgeht,

00:08:00: hat sich das verstärkt im Laufe der Zeit?

00:08:03: Oder ist es eher sogar weniger geworden?

00:08:06: Ich hatte eher den Eindruck, dass es weniger geworden ist.

00:08:10: Wir hatten diesen Peak in den 90er-Jahren,

00:08:13: als diese schlimmen Anschläge auf die Asylbewerberheime passierte.

00:08:17: Da bin ich in mich gegangen, hab wirklich geschluckt.

00:08:20: Weil ich gedacht hab, okay, scheiße, was ist das denn jetzt?

00:08:24: Ich dachte, jetzt geht's los.

00:08:26: Was hast du erwartet oder befürchtet?

00:08:28: Dass die Stimmung noch schlimmer wird.

00:08:31: Da war auf einmal so eine Gefährdung da.

00:08:34: Ich hatte nicht, dass ich mich persönlich gefärdert gefühlt habe.

00:08:38: Aber dass solche Taten möglich sind, das fand ich krass.

00:08:42: Da hatte ich das Gefühl, dass so eine Gegenbewegung kam.

00:08:45: Wir hatten gerade in Köln mit Aschu eine Initiative ...

00:08:51: Das heißt, "Übersetz gesäßhoch".

00:08:54: Genau, für die Süßkölner.

00:08:56: Man soll aufstehen gegen diese fremdfeindliche Stimmung,

00:09:01: den Asch hochbekommen.

00:09:03: Das heißt "Übersetz".

00:09:05: Da hatte ich das Gefühl, jetzt läuft's.

00:09:08: Es wurde besser.

00:09:10: Und diese kleinen Stichelein ...

00:09:13: Ich hab mega-Antennen.

00:09:15: Viele wussten ja nicht, dass ich einen türkischen Vater habe.

00:09:19: Der ein oder andere auch freier gesprochen.

00:09:22: Da sind meine Atennen mega-intensiv.

00:09:25: Dann mündete das in diesem Satz von Christian Wulf.

00:09:30: Ich weiß nicht, ob man's noch hören kann.

00:09:33: Das war wirklich so ein Ding ... - Der Islam gehört zu Deutschland.

00:09:38: Wenn das einer von der CDU sagt, dann ist es jetzt vorbei.

00:09:43: Aber dann kam Sarah ziehen.

00:09:45: Der war da schon am Start.

00:09:48: Das war schon im Laufen.

00:09:50: Aber mit so einem Satz als Bundespräsident,

00:09:53: da hat man sich als Community irgendwie gehört, gefühlt.

00:09:57: Das war wirklich ein aufregender Moment.

00:10:00: Ging's irgendwie wieder in die andere Richtung.

00:10:03: Ich hab's gesagt, du bist promovierte Juristin.

00:10:06: Du bist Journalistin, Kollegin.

00:10:08: Du arbeitest im Hauptstadtstudio.

00:10:10: Du leitest da das Ressort Justiz.

00:10:12: Und du befasst dich auch beruflich sehr klar mit der Migrationspolitik.

00:10:19: Ändert die Debatte, die wir gerade über die Migrationspolitik führen,

00:10:23: was an der Grundstimmung, über die wir gerade schon nachgedacht haben,

00:10:27: eine Grundstimmung, mit der Menschen mit Migrationshintergrund begegnet wird?

00:10:33: Das ist eine total schwierige Frage.

00:10:37: Das hab ich auch sehr lange drüber nachgedacht.

00:10:40: Ich glaub's dir sofort.

00:10:42: Wie misst man das?

00:10:44: Weil es ist schon so eine Grundstimmung einfach sowieso schon vorhanden.

00:10:50: Das merke ich ganz oft,

00:10:52: wenn ich mit Menschen aus der türkischen oder arabischen Community zu tun habe,

00:10:56: was schon länger da ist, dieses Gefühl hier gar nicht gewollt zu sein,

00:11:00: hier nur Bürger zweiter Klasse zu sein.

00:11:03: Das schwingt so immer mit.

00:11:05: Und was mir auch wirklich manchmal richtig nahegeht,

00:11:11: wenn ich dann so auf junge Menschen treffe,

00:11:14: auch jetzt, bevor diese ganze Debatte losgegangen ist,

00:11:17: dieses Gefühl, wenn ich mit denen rede, was möchtest du denn später mal werden?

00:11:21: So gar nichts ist, keine Perspektive, nicht der Wunsch.

00:11:24: Ich möchte studieren, ich möchte anwältin werden,

00:11:27: sondern irgendwie mal gucken, Ausbildungen und hochintelligente Leute.

00:11:33: Also da hab ich ohnehin das Gefühl, dass da so ein Unverständnis ist,

00:11:39: dass man irgendwie auf zwei unterschiedlichen Ebenen unterwegs ist,

00:11:43: wo ich jetzt gar nicht weiß, macht das jetzt noch einmal mehr.

00:11:48: Ich glaube, bei den sehr intellektuellen Ausgebildeten,

00:11:53: die aus anderen Communities kommen, da bewirkt das jetzt was.

00:11:57: Weil da höre ich jetzt häufiger, kriege ich mal einen Anruf,

00:12:00: sag mal, was ist denn da los?

00:12:02: Und muss ich jetzt Angst haben, dass ich abgeschoben werde?

00:12:05: Da spürt man schon irgendwie so eine Veränderung und auch Angst,

00:12:08: gerade bei denen, die aus Afghanistan oder aus Syrien kommen.

00:12:11: Aber ja, ich weiß nicht, wie sich das noch weiter entwickeln wird.

00:12:19: Wir fragen ja in dieser Folge danach, wie geht eigentlich gute Migrationspolitik?

00:12:25: Und ich hab am Anfang ja schon gesagt,

00:12:27: wir haben die Frage eigentlich so ein bisschen bewusst und nachlässig formuliert,

00:12:32: weil ich jetzt gar nicht mit dir das riesige und superkomplexe Migrationsthema,

00:12:38: wie soll ich sagen, abschließend beantworten will,

00:12:42: das wäre auch deutlich zu hochgegriffen.

00:12:44: Aber wenn wir uns nähern, was sollte der Kompass einer guten Migrationspolitik sein?

00:12:48: Was denkst du, ist es das Recht, dein Feld?

00:12:52: Ist es die Moral? Sind es humanitäre Verpflichtungen gegenüber Menschen,

00:12:56: die vor Krieg politischer Verfolgung folterfliehen?

00:12:59: Auch gegenüber solchen, die nur in Anführungsstrichen ein besseres Leben suchen

00:13:04: und deshalb nach Deutschland kommen?

00:13:06: Was könnte der Kompass einer guten Migrationspolitik da sein?

00:13:11: Das ist wirklich so eine Million oder ein Oktrillion Dollar-Frage,

00:13:17: die ich tatsächlich nicht in einem Satz beantworten kann.

00:13:21: Ich kann dir nur sagen, was sie nicht sein sollte.

00:13:24: Und das ist das, was wir in der vergangenen Woche gesehen haben.

00:13:27: Dass eine Politik gemacht wird mit Ultimatens,

00:13:30: mit Schlagwörtern, hinter denen relativ wenig ist,

00:13:34: wo nichts ausbuchstabiert ist und aus so einem Effekt heraus.

00:13:39: Das davor mach ich mir wirklich Sorgen.

00:13:42: Ich würde mir eigentlich jetzt mal als, nicht nur als Beobachterin,

00:13:46: der Politik, sondern auch als Mensch, Bewohner hier in Deutschland,

00:13:50: würde ich mir wünschen, dass man wirklich guckt, was kann man tun?

00:13:55: Wie kann man Menschen helfen?

00:13:57: Nicht nur die, für mich sind die auch, klar,

00:14:00: es sind nicht nur Kriegsgeflüchtete, das wissen wir,

00:14:04: dann braucht man auch nicht drum rumreden, dass das auch einige sind,

00:14:07: die hier ihr Glück suchen, wie so ein Herr Rossi.

00:14:09: Das meine ich nicht despektierlich.

00:14:11: Ich meine das wirklich ganz aufrichtig,

00:14:13: die einfach nur ein kleines Stück vom Glück haben wollen.

00:14:16: Und die Menschen denken, die mit dem Thema Integration befasst sind,

00:14:19: in den Schulen, in der Nachbarschaft.

00:14:22: Menschen, die direkt gegenüber von einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen.

00:14:26: Und natürlich auch ein berechtigtes Anliegen, wenn sie sagen,

00:14:30: das ist mir hier zu viel, das passt nicht.

00:14:33: Und man darf diese Leute nicht einfach in der Ecke stellen.

00:14:36: Das würde ich mir wünschen, weniger Schaum vor Mund

00:14:39: und eine offene Debatte, was wirklich irgendwie hilfreich ist.

00:14:44: Und zwar für beide Gruppen.

00:14:46: Ich will gleich darauf, was du jetzt schon angetippt hast,

00:14:49: nämlich, was hat sich die Union mit der Ampelregierung

00:14:52: dafür in Streit geliefert in den zurückliegenden Wochen,

00:14:56: seit dem Attentat von Solingen, da geht das ja eigentlich los.

00:15:00: Du beziehst dich jetzt auf die Bundestagsdebatte

00:15:02: in der vergangenen Woche am Mittwoch, die Generaldebatte,

00:15:05: da warst du live dabei, du hast es für die ID übertragen

00:15:09: und hast das beobacht, wie wir aber,

00:15:11: im Übrigen auch, da war ja richtig was los.

00:15:14: Und das möchte ich mir gleich noch mit dir gesondert angucken,

00:15:17: wie würdig, wie unwürdig, wie wenig gelungen das war.

00:15:20: Will aber kurz bleiben noch bei den grundsätzlichen Überlegungen,

00:15:24: was eine gute Migrationspolitik sein könnte

00:15:27: und wahrscheinlich wieder eine viel zu große Frage stellen,

00:15:30: die ich mir aber gestellt habe,

00:15:32: die du gerade schon in die Richtung bist, so gewandert,

00:15:36: nämlich von wo aus sollte man das Thema denken

00:15:39: von der aufnehmenden Gesellschaft aus

00:15:41: und deren Möglichkeiten oder von so einer humanitären Verpflichtung,

00:15:47: die zum Beispiel reichere Industriestaaten

00:15:50: gegenüber weniger Gut gestellten haben,

00:15:52: die übrigens oft auch unter dem Reichtum,

00:15:55: dem Wohlstand, dem Reich werdende Industriestaaten gelitten haben,

00:15:59: weil sie Klimaschäden zu verkraften haben und so weiter und so fort.

00:16:04: Ist es so, wie der Altmundespräsident Joachim Gauck

00:16:08: schon vor Jahren gesagt hat,

00:16:10: ja, okay, unser Herz ist weit.

00:16:12: Das hieße das alles mitzudenken,

00:16:14: dass ein reicher Industriestaat die Menschen,

00:16:17: die dort leben, eine Art Verpflichtung gegenüber dem Rest der Welt haben.

00:16:21: Und unsere Möglichkeiten sind aber leider endlich schnurzt,

00:16:24: dann doch immer wieder darauf zusammen.

00:16:26: Und das wäre, wenn du so willst, der Grundsatz einer ja okayen Migrationspolitik?

00:16:32: Ich finde, das ist mir auch zu kurz gegriffen,

00:16:37: weil das würde ja voraussetzen,

00:16:38: dass eine gute Migrationspolitik immer beinhaltet,

00:16:42: dass Menschen hier hinkommen müssen.

00:16:44: Und ich glaube, wenn man nur diesen Aspekt denkt,

00:16:49: dann sind die Kapazitäten wirklich begrenzt.

00:16:52: Das merkt man in den Kommunen, in den Schulen.

00:16:56: Ich glaube, aber man müsste Migrationen.

00:16:58: Und das hat man früher auch vor ein paar Jahren gemacht,

00:17:00: das irgendwie aus der Mode gekommen.

00:17:02: Da gab es Begriffe, wie Fluchtursachen bekämpfen.

00:17:05: Da gab es Gedanken wie, wie hießen das noch mal,

00:17:08: eine Afrika-Strategie.

00:17:09: Also, wo man ganz bewusst gesagt hat,

00:17:12: man setzt Entwicklungshilfe, Zusammenarbeit auch so ein,

00:17:16: dass die Lebensbedingungen so sind,

00:17:19: dass die Menschen nicht das Gefühl haben,

00:17:21: sich in irgendein wackeliges Boot zu setzen und ihre Heimat zu verlassen.

00:17:24: Weil ich glaube, dass keiner das wirklich leichtfertig tut,

00:17:27: aus welchen Gründen auch immer.

00:17:29: Und das ist eigentlich, finde ich, das müsste eigentlich das größte Ziel sein.

00:17:33: Also, beides auszubealancieren,

00:17:35: Menschen in einem gewissen Umfang aufzunehmen,

00:17:37: aber vielleicht auch durch die eigene Außenpolitik

00:17:41: oder eben auch wirtschaftliche Zusammenarbeit zu gucken,

00:17:44: dass man nicht irgendwie weiter, ja, Länder irgendwie in Schutt und Asche zu bomben hilft.

00:17:51: Nicht wir, aber Irak, Afghanistan, Libyen, Syrien.

00:17:57: Es sind alles Konflikte, wo es eine sehr starke Migrationsbewegung gegeben hat.

00:18:02: Und ich finde, man sollte vielleicht sich auch da mal ehrlich machen,

00:18:07: was man daraus lernt, zumindest, oder ob man da vielleicht auch seine Politik überdenkt.

00:18:13: Du sagst es aber auch, ich nehme es auch so wahr,

00:18:16: die Debatte hat sich wirklich verschoben, sie ist meiner Wahrnehmung nach fast verrutscht

00:18:21: und verengt sich ungut nur auf Ablehnung von Migranten und auf, die Zahlen runterbringen.

00:18:28: Deshalb habe ich mir die Zahlen nochmal angeschaut,

00:18:30: wo stehen wir denn jetzt eigentlich im Moment überhaupt?

00:18:33: Gibt Zahlen für 2023?

00:18:36: Na klar, das wird immer in einem Jahr dann zurückerzählt.

00:18:39: 13,9 Millionen Ausländer leben in Deutschland.

00:18:43: 2023 sind mehr als 1,9 Millionen Menschen neu zugezogen.

00:18:48: Knapp 1,3 Millionen haben das Land verlassen.

00:18:52: Nature ergibt sich also eine Zuwanderung von etwa 662.000 Menschen.

00:18:57: Das ist eine hohe Zahl.

00:18:59: Allein in 2023 sind also mehr Menschen zugewandert,

00:19:02: als so hat es die Süddeutsche verglichen,

00:19:04: zum Beispiel Stuttgart Einwohnerinnen und Einwohner hat.

00:19:09: Das ist also nicht nichts.

00:19:10: So, dazu kommen noch die, die man Geflüchteten nennt.

00:19:14: Dazu zählen die etwa 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer,

00:19:18: die in den vergangenen beiden Jahren hier Aufnahme fanden,

00:19:20: und die Menschen, die in Deutschland Schutz beantragt haben.

00:19:24: 329.000 Erstanträge auf Asyl waren das im vergangenen Jahr.

00:19:31: Nur 1992, wir haben die 90er angesprochen,

00:19:35: 2,15 und 2,16 waren es mehr.

00:19:38: Also im vergangenen Jahr eine hohe Zahl von Erstanträgen auf Asyl.

00:19:42: Jetzt allerdings, in den ersten acht Monaten des Jahres 2024,

00:19:48: Januar bis August, haben ein bisschen mehr als 174.000 Menschen

00:19:53: einen Asylantrag gestellt.

00:19:55: Das sind 21,7 Prozent weniger als im Vergleich zum Januar des vergangenen Jahres.

00:20:00: Also es sind viele da, aber es kommen gerade weniger,

00:20:05: mindestens die, die Asyl beantragt.

00:20:07: Vielleicht ist das mal einfach doch noch mal ganz gut,

00:20:10: sich das kurz vor Augen zu halten.

00:20:12: Marc Schieritz hat das in der Zeit auch gemacht,

00:20:14: hat die gute Frage gestellt,

00:20:16: was gerät hier eigentlich gerade außer Kontrolle

00:20:19: die Migration oder die Debatte über die Migration?

00:20:23: Ich finde, das ist ein total wichtiger Punkt,

00:20:26: weil es in der Tat so ein bisschen verstörend wirkt,

00:20:30: wie wir jetzt über das Thema Migration sprechen,

00:20:33: wobei wir vielleicht Zeitpunkte in der Vergangenheit hatten,

00:20:37: wo wir viel intensiver hätten drüber sprechen müssen

00:20:40: und diesen Zeitpunkt jetzt versäumt haben.

00:20:42: Und deswegen finde ich verrutscht diese Debatte auch gerade,

00:20:46: weil es lässt sich ja nicht bestreiten,

00:20:48: dass es gewisse Überforderungen gibt.

00:20:51: Und ich finde das dann auch manchmal auch so ein bisschen wohlfeil,

00:20:54: wenn man so sagt, ja, aber was stellt ihr euch denn so an?

00:20:57: Und es macht doch nichts.

00:20:58: Und wenn schon vor Jahren irgendwie ganz klar gesagt wurde an den Schulen,

00:21:04: nee, also mein Kind geht auf diese Schule nicht.

00:21:06: Und das waren halt, das waren manchmal Kollegen von mir.

00:21:09: Das war, fand ich, schwer auszuhalten.

00:21:11: Da hat man auch gemerkt, ich hab damit nichts zu tun,

00:21:14: ich geh aber gerne demonstrieren, halt mein Schild hoch für, ja, das so.

00:21:18: Aber ihr verstehst dann, die Schule geht nicht.

00:21:22: Also das war schon... - Und verstehst du das dann?

00:21:24: Mit deinem Hintergrund?

00:21:25: Also am Anfang, für mich ist das manchmal,

00:21:29: ich hab so zwei Hüte auf,

00:21:31: also es gibt so diese professionelle Draufsicht.

00:21:34: Und da fahre ich wirklich alles runter,

00:21:36: weil es gibt eine Superpower,

00:21:39: die wir kleine Asikinder aus migrantischen Haushalten haben.

00:21:42: Und das ist sich anzupassen.

00:21:44: Dass es wirklich, wenn es irgendwas gibt, was ich gut kann,

00:21:47: ist mich anpassen.

00:21:48: Und dann, ich fahre da auch meine Emotionswelt komplett runter.

00:21:51: Deswegen ist es für mich, ich hab da überhaupt gar keinen Schmerz,

00:21:53: auch mit der AfD drüber zu diskutieren.

00:21:55: Oder auch die anzufragen.

00:21:57: Im Gegenteil, ich will ja wissen, wie die argumentieren,

00:21:59: wie die diskutieren, welche Argumente die haben.

00:22:01: Also das kann ich gut auseinanderhalten.

00:22:03: Aber das war in der Tat eine Situation, wo ich mal kurz geflippt bin.

00:22:07: Also wo ich mal kurz aus meiner professionellen Rolle herausgetreten bin,

00:22:11: weil mich das auch selber angefasst hat.

00:22:13: Weil wenn alle Eltern so gedacht hätten, damals in Köln,

00:22:17: dann hätte ich da an diesem Redaktionstisch nicht gesessen.

00:22:20: Und so hab ich das auch gesagt.

00:22:21: Es war dann eine Riesendiskussion, die dann aufgekommen ist.

00:22:24: Aber es ändert ja nichts da dran, ne?

00:22:26: Dass jeder so ein bisschen auch so das für sich zurecht drückt.

00:22:29: Und das ist eine unehrliche Debatte.

00:22:31: Und ich glaube, dass das auch noch mal schadet.

00:22:34: Wenn eben gerade in Bezirken,

00:22:37: wo die Elternschaft nicht so gut organisiert ist,

00:22:39: wo auch die Nachbarschaft nicht so gut organisiert ist,

00:22:42: das ausgerechnet dann dort, dass die Erstaufnahme hingestellt wird,

00:22:46: dass dort viele Geflüchtete hinkommen.

00:22:48: Und das ist für die Debatte eben auch nicht gut.

00:22:54: Wie hast du es eigentlich geschafft?

00:22:55: In welcher Schule warst du denn da?

00:22:57: Warst du da eingefallen und da den Menschen entgegengeschleudert?

00:23:02: Hast du wie du gerade beschrieben hast?

00:23:04: Also während der Schulzeit hab ich ja noch gar nichts geschleudert.

00:23:07: Also da war Anpassung an Person.

00:23:09: Jetzt die Situation, die du uns geschildert hast.

00:23:12: Also eine Kreuzberger Schule.

00:23:13: Eine Kreuzberger Schule, wo man also gerne hinzieht,

00:23:16: weil es ist cool, es ist hip.

00:23:17: Und irgendwie ist es ja auch, man ist ja multikultiv,

00:23:20: wenn man dann irgendwie da weiß, wo man guten Döner kriegt.

00:23:23: Aber wenn es eben um die Schulwahl geht,

00:23:24: dann guckt man schon ganz genau.

00:23:26: Ja, das hab ich verstanden.

00:23:26: Und wo bist du zur Schule gegangen?

00:23:28: Also in Köln.

00:23:29: Auf einer ganz normalen Stadtteilsschule,

00:23:32: wo es eine gute Durchmischung gab.

00:23:35: Und wo einfach nicht so genau darauf auch geguckt wurde.

00:23:40: Ich kenne diese Diskussion nicht.

00:23:42: Also wir hatten, wir sind da mit einer Schule zusammengelegt worden,

00:23:45: mit dem Hansa-Gymnasium, weiß ich nicht, ob das noch klar.

00:23:47: Die hatte natürlich nochmal einen anderen Ruf.

00:23:50: Aber das war eigentlich, das war die beste Zeit meines Lebens.

00:23:55: Weil auch Kinder, die aus besten Verhältnissen kommen,

00:23:58: auf einmal auf Kinder getroffen sind,

00:24:00: die echt raffer Zeiten hinter sich hatten.

00:24:03: Aber man eben sich auf Augenhöhe begegnet ist.

00:24:06: Das war kein Gegenteinander,

00:24:07: sondern zwar halt auch mein Verständnis für die andere Seite.

00:24:10: Deswegen, ich bin ein Riesen-Fan davon.

00:24:12: Und finde das total schade, wenn man sich heute halt so abschottet.

00:24:17: Find ich, wer ist mir jetzt zu hart,

00:24:18: aber doch irgendwie immer so guckt, wenn er auf die Schule kommt.

00:24:20: Definitiv ist es so,

00:24:21: dass die deutsche Gesellschaft an Durchlässigkeit verloren hat.

00:24:25: Also bis hin zu sie ist ganz weg.

00:24:28: Also es gibt ja kaum einen europäischen, keinen Industriestart,

00:24:33: in dem ein Bildungs-Karriere so abhängig ist

00:24:37: von der Herkunft, von der Familie, aus der du stammst,

00:24:40: wie in Deutschland.

00:24:41: Das ist natürlich ein himmelschreiender Zustand.

00:24:44: Wenn es total daneben darf,

00:24:46: darf gar nicht sein, was wir damit auch an Potenzialen verschenken,

00:24:50: ist ja ein Wahnsinn Ausgründen,

00:24:52: die ich dann im Einzelnen vielleicht auch verstehen kann,

00:24:55: wenn jemand sagt, möchte nicht,

00:24:56: dass mein Kind in der Klasse sind, wo 90 Prozent kein Deutsch sprechen.

00:25:00: Ist es irgendwie nachvollziehbar, es ist aber nicht gut.

00:25:02: Und man müsste dann daran arbeiten, dass das nicht so ist.

00:25:05: Damit bin ich jetzt bei dem Überforderungsthema.

00:25:08: Wir haben ja gefragt,

00:25:10: eben woran liegt das eigentlich,

00:25:12: dass sich die Debatte unserer Wahrnehmung verändert hat?

00:25:14: Darauf zahlt gewiss ein, dass man danach schaut

00:25:19: und feststellt,

00:25:20: dass die deutsche Gesellschaft angeblich überfordert sei

00:25:24: mit den Menschen, die zu uns kommen.

00:25:26: Man müsste aber eigentlich auch hingehen und fragen,

00:25:28: warum sind wir das denn?

00:25:30: Warum sind wir nicht besser vorbereitet auf hunderttausende Menschen,

00:25:34: die zu uns kommen, die wir in einer alten, dann den Gesellschaft,

00:25:38: aber ja auch dringend brauchen?

00:25:40: Also musst du vorhalten, Wohnungen, Kitas, Schulen,

00:25:44: zum Beispiel auch nicht einstürzende Brücken,

00:25:47: eine funktionierende Infrastruktur.

00:25:49: So was wäre schon gut, ne?

00:25:51: Denn man sagt ja, das hat zum Beispiel

00:25:54: das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung berechnet,

00:25:58: aber es gibt sich auch andere Institute,

00:26:00: die auf ähnliche Zahlen eventuell die gleiche kommen.

00:26:02: 400.000 Menschen sagen, die müssten jedes Jahr netto einwandern,

00:26:07: damit Deutschland den Arbeitskräftemangel bis 2060

00:26:11: in den Griff bekommt.

00:26:12: Also immer zu sagen, wir sind überfordert, das kommt nicht mehr hin,

00:26:16: wir haben zu wenig Schulen, Kitas und so weiter,

00:26:18: weist auch auf uns.

00:26:20: Warum haben wir das nicht?

00:26:22: Musst du nicht beantworten, ich bin über eine gute Frage.

00:26:26: Jetzt mal ein Schluck Wasser,

00:26:28: vielleicht werden wir dann eine gute Antwort ein.

00:26:31: Ja, warum sind wir das nicht?

00:26:35: Ja, klar, man hätte man Ukraine vorher gesehen,

00:26:38: dann ich habe das bei Wüst, bei Wüst hatte ich das,

00:26:41: der hatte das am Wochenende, war das jetzt am Wochenende,

00:26:44: er hatte das gesagt in der Diskussionsrunde,

00:26:46: er hätte mir das gewusst, aber kam ja aus gar genau.

00:26:49: Dann hätte ich schon sieben Jahre vorher

00:26:51: im Prinzip mit der Lehrerausbildung anschauen müssen.

00:26:53: Das sind natürlich so Sachen, die kannst du ganz schwer voraussehen.

00:26:58: Und das große Problem ist natürlich auch,

00:27:00: dass du, gerade wenn du über Fachkräfte sprichst

00:27:03: und eben auch über die Menschen, die fliehen,

00:27:07: dass das im Prinzip so zwei Tracks sind,

00:27:10: die sich manchmal treffen, aber eigentlich nicht.

00:27:14: Die Geflüchteten sollen sich ja nicht unbedingt

00:27:17: in den Arbeitsmarkt integrieren, weil es sind ja Geflüchtete

00:27:20: und die sollen ja vielleicht dann auch wieder gehen.

00:27:23: Man will ja auch das Signal setzen,

00:27:24: dass man bitte den legalen Weg wählt über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz,

00:27:30: um hier in Deutschland auch ein Aufenthaltstitel ganz legal zu erwerben,

00:27:34: mit dem man dann ja auch arbeiten kann.

00:27:36: Und das, ja, und leider, das sind dann auch so Studien,

00:27:40: die dann auch darauf hinweisen,

00:27:43: dass die Menschen, die den Fluchtweg wählen,

00:27:45: den anderen nicht wählen können, weil sie nicht die Chance hatten,

00:27:48: wie hier jemals eine Schule zu besuchen,

00:27:50: weil sie nicht die Chance hatten.

00:27:51: Ich sage es extra ganz bewusst, weil wir hier wirklich so ein Glück haben.

00:27:55: Und ich finde es immer so dispektierlich,

00:27:56: wenn man über die anderen Leute sagt,

00:27:58: das ist ja nur Analphabet und was da nur kommt.

00:28:00: Das finde ich, wir reden da immer noch über Menschen,

00:28:02: die andere Chancen hatten

00:28:04: und die halt eben auf diesem Weg versuchen, hierherzukommen.

00:28:07: Aber da ist die Integration gerade,

00:28:09: wenn du nicht schreiben kannst, ja, Wahnsinn.

00:28:13: Gewichtiges Argument, was der nordrhein-westfälische Ministerpräsident da hat,

00:28:17: dass man natürlich auf die Ukraine-innen und Ukraine-schlechterdings

00:28:21: nicht vorbereitet sein konnte,

00:28:23: aber dennoch natürlich helfen wollte.

00:28:27: Lass uns weitergucken.

00:28:29: Eine Entwicklung, die wir eben schon angetippt haben

00:28:31: und die wir nach erzählen können,

00:28:33: bei der man, wie ich finde, eine Art von neuer Härte in der Migrationspolitik

00:28:39: oder auch nur in der Debatte über die Migrationspolitik feststellen kann,

00:28:44: die beginnt mit dem Messeattentat von Mannheim,

00:28:47: bei dem ein Polizist ums Leben kommt,

00:28:49: weil ein mutmaßlicher Islamist, ein Mann aus Afghanistan,

00:28:53: diesen Polizisten ersticht und andere verletzt.

00:28:56: Die Entwicklung setzt sich fort mit dem Messeattentat von Solingen.

00:29:00: Ein dringend tatverdächtiger mutmaßlicher Islamist aus Syrien ermordet da

00:29:05: bei einem Stadtfest drei Menschen, verletzt acht weitere schwer.

00:29:09: Und zwei Tage später,

00:29:11: lass uns da mal hinschrauben, schreibt Friedrich Merz,

00:29:14: der Parteifraktionforsitzende der Union,

00:29:19: der Parteiforsitzende der CDU und jetzt auch gerade frisch gekürter Kanzlerkandidat,

00:29:23: also zwei Tage später nach diesem Messeattentat in Solingen,

00:29:27: schreibt er in seine regelmäßigen Rundenmehl,

00:29:30: die er sonntags immer verschickt,

00:29:32: unter der markigen Überschrift "Es reicht", Zitat,

00:29:37: "nach Syrien und Afghanistan kann abgeschoben werden.

00:29:40: Weitere Flüchtlinge aus diesen Ländern nehmen wir nicht auf.

00:29:44: Wir kontrollieren dauerhaft an den deutschen Grenzen",

00:29:48: heißt es dann weiter deinem Text, "weisen dort konsequent zurück".

00:29:52: Merz will also im ersten Angang in dieser Mail, die er dafür öffentlich,

00:29:57: keine Syrer und keine Afghanen mehr ins Land lassen und tut so,

00:30:02: als ließe sich das europarechtskonform auch durchsetzen.

00:30:06: Du bist Juristin, geht das?

00:30:09: Kann man Menschen pauschal zurückweisen,

00:30:12: weil sie syrische bzw. afghanische Staatsbürger sind?

00:30:17: Ich finde, das ist eine super komplizierte Rechtsfrage.

00:30:21: Es gibt mehrere Stimmen, wie man das machen kann.

00:30:25: Die einen sagen, das geht.

00:30:27: Man müsste als Deutschland die "Notlage" ausrufen.

00:30:30: Die ist niedergeschrieben im europäischen Recht.

00:30:33: Wenn ein Land überfordert ist, kann man sagen,

00:30:36: wir halten uns nicht mehr an das europäische Recht.

00:30:39: Aber es vorsieht, dass man Asyl gewährt.

00:30:43: Oder zumindest, wenn man nicht zuständig ist für das Asylverfahren,

00:30:46: in diesem "dabblen" Verfahren guckt, wer ist zuständig,

00:30:50: wo ist derjenige schon registriert und den dann dorthin überstellt.

00:30:55: Das ist ein verwaltungsrechtlicher, komplizierter Vorgang,

00:30:58: der nicht mal eben so zacki-zacki von Statten geht.

00:31:02: Es gibt auch gewichtige Gründe zu sagen,

00:31:06: dass dieser Weg juristisch zumindest fragwürdig ist.

00:31:10: Klar, am Ende des Tages, wie heißt das noch mal,

00:31:14: vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand,

00:31:17: das kann man schon sagen, aber man hat gute Gründe,

00:31:20: jetzt schon voraussehen zu können, dass das nicht funktionieren kann,

00:31:25: weil noch kein Mitgliedsland mit dieser Argumentation

00:31:28: vor den europäischen Gerichten durchgekommen ist.

00:31:31: Das ist schon schwierig, diesen Weg einzuschlagen.

00:31:35: Und wie man den anderen Weg einschlägt, also ohne "Notlage",

00:31:39: das ist mir noch nicht so richtig klar geworden.

00:31:43: Weil das ist so die Schwierigkeit auch an den Vorstößen,

00:31:46: die jetzt aus der Union gekommen sind, seither.

00:31:49: Ich sehe die selten so wirklich durchbuchstabiert.

00:31:52: Und ich brauche das, also als Juristin hab ich einfach ...

00:31:56: Dann siehst du, dann wird das so durchsubsumiert,

00:31:59: Vorschrift A, B, zack, zack, zack, Spiegelstrich.

00:32:02: Und dann guckt man, passt das, Rechtsprechung,

00:32:04: dann kann man das irgendwie so einschätzen.

00:32:06: Aber so sind wir auf so einer Ebene von so Stichwort-Debatten.

00:32:10: Ja, das geht, das hat doch Professor Papier gesagt.

00:32:13: Also, da fliegen halt einfach immer Argumente und Namen in die Runde.

00:32:18: Und ich weiß ja manchmal nicht so richtig,

00:32:20: was ich damit anfangen soll.

00:32:22: Und dann gerade, wenn man jetzt nur ...

00:32:24: Ich find das rechtlich, ist das eine,

00:32:27: aber wir haben ja noch mehrere Ebenen.

00:32:29: Wir haben noch eine ganz praktische Ebene.

00:32:31: Sprich, wie macht man das denn dann an der Grenze,

00:32:34: wo kein Zaun ist und wo auch die Kapazitäten der Bundespolizei ...

00:32:39: Das macht eindrücklich der, ich glaub, der Gewerkschaftsvorsitzende,

00:32:42: Rosskopf, bitte entschuldige ich glaube, ne?

00:32:45: Sehr eindrücklich deutlich,

00:32:47: dass die jetzt schon total auf der Kante genäht sind

00:32:50: mit den erweiterten Grenzverfahren, die ja schon laufen.

00:32:53: Und dass das nicht zu Bewerkstellungen ist.

00:32:56: Also, das scheitert für mich schon praktisch,

00:33:00: dass ich es mir nicht vorstellen kann.

00:33:02: Und dann gibt es ja noch, um das Ganze noch mal etwas komplizierter zu machen,

00:33:06: die politische Ebene.

00:33:08: Und das ist, wenn man guckt, wie schwierig Kompromisse auf der EU-Ebene

00:33:12: gerade in den Asylfragen herzustellen.

00:33:14: Also, es gibt ja gerade diesen vereinbarten sogenannten GEAS-Prozess,

00:33:19: das gemeinsame europäische Asylsystem.

00:33:22: Und das hat ja Jahre gedauert, um das zu verhandeln.

00:33:25: Das soll ja einiges verbessern.

00:33:27: Die Länder müssen das jetzt umsetzen.

00:33:29: Auch Deutschland ist jetzt gerade dabei,

00:33:31: die entsprechenden Gesetze anzupassen

00:33:33: und die Gesetzgebung eben dann darauf hinzu ...

00:33:36: Zu schreiben. - Zu schreiben, ganz genau. Danke dir.

00:33:40: Gerne.

00:33:42: Und das ist so, als würde man so einen Quirl da reinhalten.

00:33:45: Also, weil dann hält sich ja keiner mehr da dran.

00:33:47: Das ist ja wie so ein Welleneffekt.

00:33:49: Wenn Deutschland das an seiner Grenze macht,

00:33:51: da machen die anderen Ländern das ja auch.

00:33:53: Also, warum sollten die sich da noch daran halten?

00:33:56: Also, es gibt eben diese drei Ebenen,

00:33:58: die mir nicht schlüssig transportiert worden sind,

00:34:02: durch das, wie sich jetzt Herr Merz eingelassen hat.

00:34:05: Wir haben jetzt schon ein bisschen vorgegriffen darauf,

00:34:08: was dann passiert ist, nämlich das inzwischen Grenzkontrollen

00:34:12: an allen Landgrenzen, die Deutschland.

00:34:14: So hat durchgeführt werden stationäre Grenzkontrollen.

00:34:19: Aber lass uns bitte noch mal hinschauen auf diesen Tag da,

00:34:23: den Sonntag, er schreibt die Rundmehl.

00:34:25: Und abends im Brennpunkt, und ich finde an der Art, wie er spricht,

00:34:29: kann man auch ermessen das.

00:34:31: Und das verstehe ich sogar, dass die Erregung,

00:34:35: dass der Ärger das auch die Wut über dieses Attentat und der Schmerz darüber,

00:34:43: wahrscheinlich auch in Friedrich Merz arbeiten,

00:34:46: denn da wiederholt er noch mal, was er will.

00:34:49: Wir haben Leute hier in Deutschland, die wir hier nicht haben wollen.

00:34:52: Und wir müssen dafür sorgen, dass nicht noch mehr kommen.

00:34:55: Und deswegen müssen auch an den Grenzen nicht nur Kontrollen gemacht werden,

00:34:59: sondern deswegen müssen an den Grenzen diese Flüchtlinge

00:35:01: auch zurückgewiesen werden.

00:35:03: Ich will mal etwas salopp sagen.

00:35:05: Jeder, der in Deutschland Asyl beantragt,

00:35:08: hat schon mindestens ein Land, ist schon mindestens ein Land,

00:35:11: zu weit gereist.

00:35:12: Nach den europäischen Verordnungen muss im Erstzutrittsland

00:35:16: ein Antrag gestellt werden, nicht in Deutschland.

00:35:19: Und deswegen müssen wir jetzt mal konsequent die Regeln anwenden.

00:35:22: Und das heißt konsequent, auch dafür sorgen,

00:35:24: dass nicht noch weitere Flüchtlinge aus Afghanistan und aus Syrien

00:35:28: nach Deutschland kommen und im Übrigen nach Afghanistan und Syrien

00:35:31: kann auch zurückgeführt, abgeschoben werden.

00:35:34: Dagegen wären sich Teile der Grünen bis heute.

00:35:36: Ich habe dafür kein Verständnis mehr.

00:35:38: Der Schutz der Bevölkerung ist die wichtigste Aufgabe,

00:35:41: die wir in der Politik haben.

00:35:43: Wenn so Lingen jetzt für die Koalition nicht der Wendepunkt ist,

00:35:46: dann weiß ich nicht, was noch passieren muss,

00:35:49: damit hier einige Leute endlich mal zur Besinnung kommen.

00:35:52: Da haben wir ganz viele Wörter drin.

00:35:54: Die Wendepunkt sind die, dass die Menschen in Deutschland

00:35:57: nicht noch weitere Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien

00:36:00: sollen nach Deutschland kommen.

00:36:02: Und dann wird ein Zusammenhang aufgemacht,

00:36:04: nämlich zum Schutz der Bevölkerung.

00:36:06: Hier total verständlich, weil der mutmaßliche Täter aus Solingen

00:36:10: ein Syrer war, der anderswo Asyl beantragt hatte,

00:36:14: der also gar nicht in Deutschland hätte sein dürfen mehr.

00:36:17: Und den man ja auch abschieben wollte,

00:36:20: Bulgarien, glaube ich, war es, wollte ihn zurücknehmen,

00:36:23: das wäre also möglich gewesen.

00:36:25: Aber als man in die Unterkunft ging,

00:36:27: wir erinnern uns alle, ist er mal nicht da.

00:36:30: Und dann guckt man weiterhin nicht nach,

00:36:32: das ist natürlich schwer auszuhalten.

00:36:35: Das ist total schwer auszuhalten.

00:36:37: Aber das ist eben auch keine Frage gewesen,

00:36:39: dass die Rechtslage schwierig war,

00:36:41: sondern da hat es halt einfach an der Umsetzung gehappert.

00:36:45: Und das ist natürlich ein riesiges Problem.

00:36:47: Und auch bevor dieses schreckliche Attentat passiert ist,

00:36:51: hat es auch Anpassungen und Verschärfungen gegeben,

00:36:53: dass man die Einrichtung auch weitere Zimmer betreten kann.

00:36:59: Also da sind auch Dinge passiert.

00:37:01: Und man muss diesen Fall wirklich noch mal intensiv aufarbeiten,

00:37:04: weil da ja auch ein Zusammenspiel

00:37:06: zwischen den einzelnen Behörden irgendwie nicht funktioniert hat.

00:37:10: Aber eben daraus dann das zu machen,

00:37:13: weil ich finde es irgendwie schwierig.

00:37:17: Und deswegen kann ich ihm nicht folgen,

00:37:20: weil ich es nicht schlüssig finde.

00:37:22: Wenn er verlangt, dass man nach Afghanistan,

00:37:25: nach Syrien abschiebt, dass man an der Grenze zurückweist,

00:37:28: dann würde ich mir wünschen, dass er es einmal durchbuchstabiert wie.

00:37:33: Weil wenn man eben nicht die Menschen mit einem Fallschirm einfach

00:37:37: per Air Drop irgendwie über Afghanistan oder Syrien abwerfen möchte,

00:37:41: ist das in dieser Zahl.

00:37:43: Und wir reden ja über viele ausreisepflichtige Asylbewerber

00:37:49: aus Afghanistan, aus Syrien.

00:37:51: Das sind keine 28 wie jetzt zuletzt.

00:37:53: Das sind viele.

00:37:55: 28 vielleicht, wer es nicht mitbekommen hat,

00:37:57: sind nach Afghanistan zurückgebracht worden.

00:38:00: Und das ist auch eine bestimmte Gruppe.

00:38:02: Und der Vermittlung Katars straffällig geworden.

00:38:04: Also Straftäter, die richtig was gemacht haben.

00:38:09: Absolut. Und die hatten aber schon 2/3 ihrer Strafe abgesessen.

00:38:12: Das geht in der Diskussion ja auch immer runter.

00:38:14: Es ist ja nicht so, dass man einen Straftäter hier aufgreift

00:38:18: und dann eben in der Wut absolut verständlich ist.

00:38:21: Er sagt, er muss sofort das Land verlassen.

00:38:23: Sondern man hat ja schon auch die Pflicht,

00:38:27: jemanden hier einer gerechten Strafe zuzuführen.

00:38:31: Das ist unser rechtsstaatliches Prinzip.

00:38:33: Dass jemand, der hier, weiß ich nicht, eine Vergewaltigung begangen hat.

00:38:36: Mehrere sogar.

00:38:38: Oder mehrere, dass der dann ohne hier abgestraft zu werden,

00:38:41: nach Afghanistan geschickt wird und da als freier Mann rumläuft.

00:38:43: Also das würde auch meinem Gerechtigkeitsempfinden total widersprechen.

00:38:47: Deswegen haben die Menschen hier das Gerichtsverfahren durchlaufen

00:38:50: und auch einen großen Teil ihrer Haftstrafe schon abgesessen.

00:38:54: Nur die kamen jetzt ja dafür in Frage und Gefährder.

00:38:57: Und eben unter komplizierten diplomatischen Verhandlungen,

00:39:05: die es gebraucht hat, um das stattfinden zu lassen.

00:39:09: nicht in einer, also mit einer großen Zahl an zurückzuführenden Menschen machen.

00:39:14: Und das ist das Problem.

00:39:15: Und dann muss man sich ehrlich machen, möchte man mit Taliban reden, möchte man mit Assad reden.

00:39:21: Wenn man das nicht möchte, fair enough, dann nicht.

00:39:25: Aber dann seine Forderung entsprechend anpassen, weil einfach das so in den Raum zu stellen,

00:39:30: ohne einmal klar zu machen, was bedeutet das?

00:39:34: Find ich sehr, sehr schwierig.

00:39:37: Ja, ja, also wenn man mit den Taliban verhandelte, dann bollen die mutmaßlich Geld.

00:39:42: Dann ginge man hin und würde islamistischen Terrorismus im Zweifel noch selbst finanzieren.

00:39:48: Und das will natürlich keiner.

00:39:50: Jetzt versucht man es anders, über die Vermittlung von Qatar.

00:39:53: Der Bundeskanzler war gerade in Uzbekistan.

00:39:56: Auch da versucht man, dass irgendwie geholfen werden kann.

00:39:58: Aber leicht ist anders.

00:40:01: Leicht ist anders.

00:40:04: Und bei denen, das sind ja diese Migrationsabkommen, die du gerade ansprichst, die da ausverhandelt werden.

00:40:09: Also zumindest mit Uzbekistan.

00:40:11: Und diese Migrationsabkommen sind zwar alle unterschiedlich ausgestaltet,

00:40:16: aber sie haben auch immer zwei Elemente.

00:40:18: Das eine Element ist ja nicht nur, dass die bitte ihre Staatsbürger zurücknehmen, die hier ausreisepflichtig sind,

00:40:26: sondern dass wir auch unseren Arbeitsmarkt öffnen für Menschen, die zwar qualifiziert sind,

00:40:31: aber trotzdem, dass wir da eine legale Möglichkeit schaffen, dass Menschen wieder einreisen können.

00:40:37: Also das ist ein Doppelpaket.

00:40:40: Aber sinnvoll für dich.

00:40:43: Es ist ein Baustein, würde ich sagen.

00:40:45: Es ist auf jeden Fall ein Baustein, aber er hilft jetzt nicht unbedingt, diesen Druck herauszunehmen,

00:40:50: den die Politik ja jetzt verspürt, wie man mit den sehr hohen Zahlen,

00:40:56: den Angeflüchteten aus Afghanistan, Syrien und auch der Türkei, wie man da umgeht, was man da für eine Lösung findet.

00:41:03: Wollt nochmal hinkucken mit dir, was Herr Merz hier an Link aufmacht,

00:41:09: nämlich sagt ja, der Schutz der Bevölkerung ist die wichtigste Aufgabe, die wir in der Politik haben.

00:41:15: Das mag bei manche einem so verfangen, als sei Migration und Kriminalität oder Migration und Terrorismus

00:41:24: geradezu dasselbe. Das ist natürlich hochgradig schwierig.

00:41:28: Und das spielt die Angst vieler Menschen an, die in dem Moment auch sicherlich viele erfasst hatten,

00:41:35: die sich fragten, kann ich überhaupt noch auf den Start festgehen oder auf den Straßen festgehen.

00:41:39: Ich habe dazu eine Folge gemacht mit Peter Erneuemann, Terrorist-Experte,

00:41:44: der dann eben einfach in guter Weise, wie wohl der Typ sich ja wirklich, wirklich, wirklich gut auskennt

00:41:49: und sich keinerlei Illusionen macht.

00:41:51: Der sagt halt immer bitte, die Wahrscheinlichkeit ist so gering, dass man Opfer eines Terrorattentats würde,

00:41:59: dass man das eher vernachlichig hinknimmt. Das hilft bei Angst nicht, wenn man mit rationalen Argumenten kommt,

00:42:05: aber eventuell tut es manchmal ganz gut.

00:42:08: Und Angst finde ich, ist einfach ein fataler Treiber in jeder Debatte, auch dieser hier, weil du den falschen Zusammenhang aufmachst.

00:42:17: Man muss sagen, das stimmt schon auch, Migranten sind unter den Straftätern überrepräsentiert.

00:42:24: Das ist so, dennoch ist ja die übergroße Mehrheit der Menschen eben nicht straffällig

00:42:30: und nochmal die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Attentats zu werden ist zum Glück gering.

00:42:35: Das muss man wahrscheinlich dann auch immer dazusagen, ist hier aber nicht an allen Stellen dazugesagert.

00:42:41: Es ist auch manchmal schwierig, dann ist das, ist diese Tat passiert.

00:42:45: Alle sind irgendwie wahnsinnig geschockt.

00:42:47: Und ich finde es ein Stück weit nachvollziehbar, dass man dann im ersten Moment Angst hat

00:42:51: und dann sofort eine Lösung irgendwie parat haben möchte.

00:42:55: Aber ich finde, es gehört dann auch zu einer guten Regierungsführung oder guten Politik dazu,

00:43:02: eben das auch zu adressieren.

00:43:05: Nicht wild neue Vorschläge und alles, was man immer mal sicherheitspolitisch irgendwie noch in der Hosentasche hatte,

00:43:13: was bis jetzt irgendwie gehakt hat, weil der Koalitionspartner nicht mitgehen wollte,

00:43:16: jetzt alles irgendwie auf den Tisch zu werfen und ein großes Feuerwerk an neuen Gesetzen

00:43:21: und Verordnungen zu schaffen, sondern wirklich einmal ganz klar das adressieren, worum es gerade geht,

00:43:30: dass wir als Gesellschaft auch ein Stück weit zusammenhalten müssen

00:43:33: und auch zu sehen, was es ist Einzelfälle.

00:43:37: Schrecklich zwar aber eben Einzelfälle.

00:43:39: Und das geht ein bisschen unter.

00:43:42: Friedrich Merz hat kurz danach am 27. August ein Treffen mit dem Bundeskanzler gehabt, im Kanzler.

00:43:51: Das war lange geplant, passt jetzt aber prima.

00:43:53: Und bietet Herrn Scholz eine überparteiliche Zusammenarbeit an in der Migrationspolitik.

00:43:59: Zur Not könne Scholz dafür ja sogar die Ampelkoalition platzen lassen,

00:44:03: wenn nur mit der Union substanzielle Veränderungen machbar wären,

00:44:08: Aussicht von Herrn Scholz die Union jedenfalls sei dazu dann bereit.

00:44:13: Solingen, das will ich auch sagen, weil wir auf die politische Dimension schauen,

00:44:18: ist eine gute Woche vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen.

00:44:22: Es war klar, dass das Wasser auf die Mühlen der AfD auch des Bündnisses Sarah Wagenknecht sein würde,

00:44:29: die ja auch für eine restriktive Migrationspolitik sind.

00:44:33: Es könnte ein Grund sein, warum die Union dann den Ton in der Migrationspolitik seitdem verschärft hat.

00:44:40: Das habe ich auch, ich habe es ja am Anfang schon angekündigt,

00:44:43: dass ich dieses Interview gemacht habe.

00:44:45: Das habe ich heute auch den ersten parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Freig gefragt,

00:44:51: der im Übrigen dann in den anstehenden Gesprächen mit der Ampelkoalition der Verhandlungsführer ist.

00:44:58: Der Mann ist also da in Charge und kennt sich gut aus.

00:45:02: Ich habe ihn gefragt, ob die bevorstehenden Landtagswahlen eigentlich sogar der Hauptgrund waren dafür,

00:45:08: dass sich der Ton so verschärft.

00:45:10: Nein, sondern der Hauptgrund, und das hat Friedrich Merz auch zu dieser Überschrift "Es reicht" gebracht,

00:45:20: war, dass wir im Grunde genommen nach Solingen genau die gleichen Politikerrätin gehört haben, wie nach Mannheim.

00:45:29: Und die Frage stellt sich dann wirklich, was ist denn eigentlich passiert nach dem Polizistenmord von Mannheim?

00:45:36: Und die Wahrheit ist, dass es im Grunde genommen nichts passiert.

00:45:39: Man muss auch aufpassen, dass man keine Phantom-Diskussionen führt.

00:45:43: Also die Verschärfung des Waffengesetzes und die Frage, wie lange dürfen Messerklingen sein,

00:45:49: die bringt eben nicht mehr Sicherheit bei den Messern,

00:45:53: dass von Mannheim, wie das von Solingen, die sind nach gelbendem Recht schon verboten und trotzdem sind sie eingesetzt worden.

00:46:00: Und deswegen war der Ansatz der, wir müssen jetzt neue Wege beschreiten, auch Wege, die bisher nicht gegangen worden sind.

00:46:08: Deshalb diese Merz-Mail und deswegen auch das Angebot an den Bundeskanzler, da gemeinsam etwas zu erreichen.

00:46:16: Ich will aber Ihre Frage nicht ausweichen, Frau Will, ich finde,

00:46:20: also die Wahlen waren für uns kein Aspekt.

00:46:24: Und auch die nächste Wahl in Brandenburg ist es nicht.

00:46:27: Aber mit einer Frage müssen wir als ...

00:46:30: Das wollen wir Ihnen glauben, Herr Frey.

00:46:32: Ja, Sie können es glauben oder auch nicht.

00:46:35: Ich habe keine Chance, ich kann es sozusagen nur begründen und dann finden Sie es glaubwürdig oder nicht.

00:46:42: Ich will aber auf einen Aspekt noch eingehen,

00:46:44: vielleicht hilft, dass meine Glaubwürdigkeit etwas zu untermauern.

00:46:47: Ich glaube, für alle Parteien der politischen Mitte ist es wichtig, was die Menschen in Deutschland denken.

00:46:55: Ich finde nicht, dass man Politik machen sollte nach Meinungsumfragen.

00:47:02: Das meine ich nicht.

00:47:03: Aber man sollte schon schauen, worüber sprechen die Leute, was sind Ihre Themen und was wünschen sie sich.

00:47:10: Und das muss sich in einer, in der Politik von demokratischen Parteien, muss sich das abbilden.

00:47:16: Wenn es das dauerhaft nicht tut, dann verliert man Zustimmung

00:47:20: und dann hat man auch keine Möglichkeit mehr Einfluss zu nehmen auf die Politik.

00:47:25: Also wir als Oppositionen sehr eindrücklich, dass wir aus unserer Sicht gute Vorschläge machen,

00:47:32: sie aber halt nicht im Praxistest beweisen können.

00:47:35: Dennoch, Sie wissen wie ich, dass man auch eine öffentliche Wahrnehmung

00:47:38: und auch öffentliche Gefühle sogar umfragen mit beeinflussen kann,

00:47:42: indem man Themen besetzt, Hochgest, sie eventuell auch stark vereinfacht darstellt, indem man Begriffe prägt,

00:47:53: zum Beispiel den, den Sie jetzt wirklich in die Gesamtdiskussion gebracht haben, nämlich zurückweisungen an den Grenzen.

00:48:02: Das ist jetzt plötzlich, muss man sagen, in aller Munde, das war aber das,

00:48:06: was Horst Seehofer sehr erinnert sich 2018 in dem erbitterten Streit gegen Angela Merkel wollte, der die Union fast zerrissen hätte.

00:48:15: Seehofer war damals Innenminister und CSU-Vorsitzender.

00:48:19: Markus Söder steckt im Landtagswahlkampf in Bayern.

00:48:22: Er ist dann zwischenzeitlich mal auf den Trip, also Seehofer's Forderung nach zurückweisungen an den Grenzen,

00:48:29: aufgesprungen hat es dann bald bereut, noch bevor überhaupt gewählt wurde und schwenkt um und hat hinterher gesagt,

00:48:36: Markus Söder, unzufrieden mit dem Wahlergebnis der CSU, 2018 dürfe sich nicht wiederholen.

00:48:43: Denn die Lehre war für ihn und viele andere, dass von überharter Migrationspolitik immer das Original, in dem Fall die AfD profitiert.

00:48:51: Warum machen Sie denselben Fehler womöglich nochmal?

00:48:54: Wir haben allerdings auch gesagt, dass ich 2015 und 2016 nicht wiederholen durfte.

00:49:00: Das war ein Zitat von Angela Merkel und deswegen muss man das, glaube ich, Gesamthaft betrachten.

00:49:06: Wenn Sie mal die Wahlergebnisse von Türi...

00:49:09: Aber Sie sehen die Gefahr, oder?

00:49:10: Dass Migrationspolitik immer auf andere einzahlen kann, die da deutlich härter, ruchloser, sonst viel zu reden.

00:49:19: Haben Sie Recht?

00:49:20: Ich will die Frage auch gar nicht ausweichen.

00:49:22: Ich will einfach nur sagen, in Thüringen sind alle drei Ampelparteien zusammen auf 10 Prozent gekommen.

00:49:30: In Sachsen sind alle drei Ampelparteien auf 13 Prozent gekommen.

00:49:35: Und das zeig doch einfach, das sind die drei Parteien, die den Bundeskanzler stellen und den Vizekanzler...

00:49:41: Lachte Sie gucken nicht auf die Wahlen, Herr Freitag.

00:49:44: Nein, das wollte ich Ihnen einfach sagen.

00:49:45: Ich meine, darauf müssen wir schon schauen.

00:49:47: Also wenn die demokratische Mitte aus dem Parteien-Spektrum, also jenseits der Union, auf 10 oder 13 Prozent kommen.

00:49:58: Und wir haben ein viel besseres Ergebnis, aber auch kein tolles Ergebnis erzielt bei diesen beiden Landtagswahlen.

00:50:04: Dann muss man das einfach zur Kenntnis nehmen.

00:50:06: Das führt jetzt dazu, dass wir mutmaßlich als CDU dort Landesregierungen anführen in einer Koalitionskonstruktion, die wir freiwillig nie wählen würden.

00:50:19: Und das wird natürlich im Zweifel dazu führen, dass das jetzt nicht die allerstärkste Landespolitik sein könnte, weil wir im Zweifel viele Kompromisse machen werden müssen.

00:50:33: Also insofern, das ist keine gute Situation.

00:50:37: Und deswegen muss man, glaube ich schon sagen, wir brauchen für unsere Politik mehr Akzeptanz.

00:50:42: Und deswegen würde ich als Demokrat immer schauen, gibt es...

00:50:48: findet es Unterstützung, was wir tun.

00:50:50: Und das muss man einfach sagen, die bisherige Migrationspolitik findet keine Unterstützung in der Bevölkerung.

00:50:56: Beim letzten Deutschland-Trend haben 77 Prozent der Menschen in ganz Deutschland gesagt,

00:51:01: sie wollen eine grundsätzlich andere Migrationspolitik.

00:51:04: Und ich finde, das kann man jetzt zurückweisen, sozusagen dieses Anzinnen.

00:51:10: Aber dann darf man sich nicht darüber wundern, wenn man beim Wahlen keine Mehrheiten gewinnt.

00:51:15: Und deswegen unter diesem Aspekt braucht man den Seitenblick natürlich schon.

00:51:20: Ich will aber Ihre Frage beantworten, Frau Wilwendt.

00:51:23: Wenn ich darf, gerne mit zwei Sätzen.

00:51:25: Macht man Extremisten stark, wenn man das Thema Migration bearbeitet?

00:51:33: Ja, ich glaube, wenn das Thema ist, über das alle reden in Deutschland,

00:51:39: ohne dass sich Lösungen ergeben, dann macht man Extremisten stark.

00:51:44: Da haben Sie vollkommen recht.

00:51:45: Und deswegen war der Wunsch von Friedrich Merz auch mit dem Bundeskanzler auszuloten,

00:51:50: ob es eine Möglichkeit gibt, diese Probleme, Herausforderungen zu lösen

00:51:56: mit der Zielsetzung, dass wir nächstes Jahr keinen Flüchtlingsbundestagswahlkampf erleben.

00:52:02: Weil wir ganz genau wissen, dass wir davon als Union nicht profitieren würden,

00:52:07: sondern davon würden vor allen Dingen die politischen Änder profitieren.

00:52:11: Und wir haben im Übrigen auch keine Angst, dass uns ein Wahlkampfthema aus der Hand geschlagen wird,

00:52:16: weil wir können mit der Bundesregierung genauso über Wirtschaftspolitik,

00:52:20: über Sozialpolitik, über solide Haushalte und anderes mehr streiten,

00:52:25: weil sie genügend Angriffsfläche bietet.

00:52:28: Und deswegen hätten wir ein ehrliches Interesse dran, dieses Thema zu lösen.

00:52:33: Aber eines ist, glaube ich, wichtig, das hat die Vergangenheit gezeigt,

00:52:37: einfach nicht über das Thema Migration zu sprechen, ohne es zu lösen,

00:52:42: stärkt die politischen Ränder.

00:52:44: Das heißt, wir erreichen das Ziel nur dann, wenn wir die Herausforderungen wirklich auch lösen,

00:52:49: und zwar so lösen, dass die Menschen in Deutschland das auch erkennen.

00:52:54: Und darum geht es uns.

00:52:56: Und deswegen, wir suchen das Thema nicht, aber wir brauchen eine Lösung,

00:53:00: und solange wir die nicht haben, müssen wir drüber sprechen.

00:53:03: Das Interview in voller Länge für euch findet ihr wie immer am Samstag früh um sechs.

00:53:09: Das wird euch natürlich auch angezeigt, wenn ihr den Podcast abonniert.

00:53:13: Empfehle ich ihr mit nochmal und bei Spotify dieses Glöckchen anklickt.

00:53:18: Wohin bist du hingegregt, Iris?

00:53:20: Bei den Wortlösungen. Also ganz klar.

00:53:22: Ich finde es schon erstaunlich, man hört Herrn Frey,

00:53:25: und man merkt schon, dass er einen ganz anderen Sound hat.

00:53:28: Also, er trifft einen ganz anderen Ton als Friedrich Merz.

00:53:31: Aber trotzdem hat er jetzt gerade zum Schluss gesagt,

00:53:34: dass Lösungen gebraucht werden, damit die Leute merken,

00:53:38: man hat es gesehen, man hat es adressiert.

00:53:41: So, hier ist jetzt das Ergebnis.

00:53:44: Und dann verschwindet das aus dem Bundestagswahlkampf.

00:53:47: Sagt, dass ich pessimistisch bin,

00:53:50: aber ich habe nicht den Eindruck, dass man das wirklich in so kurzer Zeit wirklich löst,

00:53:55: in dem Sinne, wie es wahrscheinlich gemeint ist.

00:53:58: Und die Debatte so zu führen, so unerbittlich und so wirklich fokussiert

00:54:04: auf eine einzige Lösung zur Rückweisung an der Grenze.

00:54:08: Also, das finde ich wirklich ein bisschen zu kurz gesprungen.

00:54:11: Er hat mir das im Interview erklärt oder zu erklären versucht,

00:54:18: möglicherweise war ich zu doof, um das sofort zu raften, wie es gehen kann.

00:54:21: Aber er stellt sich so eine Art, es ist jetzt meine Übersetzung, Dominoeffekt vor,

00:54:26: dass man Menschen überhaupt gar nicht erst ins Land lässt,

00:54:30: sondern sofort zurückweist.

00:54:32: Du lässt ihn also nicht die Chance, überhaupt einen dicken C auf deutsches Territorium zurück,

00:54:39: um dann vielleicht zu sagen, ah Asyl, sondern du weißt sie sofort zurück.

00:54:44: Und er stellt sich vor, dass da so eine Art Dominoeffekt, so eine Kaskade entsteht,

00:54:48: dass das Problem binnen Stunden gelöst wäre, weil Bumms, Bumms, Bumms,

00:54:52: würden die Menschen dann in das jeweils nächste Land,

00:54:55: aus dem sie mutmaßlich gekommen sind, zurückkehren.

00:54:59: Er leuchtet es nicht ein, habe ich ihm da auch im Interview gesagt,

00:55:02: denn Italien beispielsweise nimmt seit ewig niemanden mehr zurück,

00:55:06: der aber wahrscheinlich in Italien zum ersten Mal europäischen Boden betreten hat.

00:55:11: Dort, um Asyl nachgesucht hat, dorthin also zurückgeführt, geschickt,

00:55:17: abgeschoben werden müsste und die machen es einfach nicht.

00:55:21: Du hast ja die anderen Länder auch, Griechenland, also die ganzen,

00:55:25: dann verlagert sich das an die Außengrenze.

00:55:27: Und ich weiß nicht, was das mit der europäischen Solidarität macht.

00:55:31: Aber da sagen natürlich die Unionsvertreter beispielsweise auch diejenigen,

00:55:35: die sich die Regeln auf dem Papier anschauen, so ist es ja in Wahrheit auch gedacht.

00:55:40: Also man will die Außengrenzen der Europäischen Union schützen,

00:55:44: denn ansonsten kannst du bei den Bingrenzen keinen Schutz gewesen.

00:55:48: Das ist natürlich die ideale Version, einfach das, was auf dem Papier steht.

00:55:53: Aber man weiß ja, dass dieses Dublin-System dysfunktional ist

00:55:57: und das schon seit sehr langer Zeit.

00:55:59: Und ja, es hat sich natürlich so ein bisschen eingeschlüfft,

00:56:03: dass man die Außenländer, die an der Grenze sind,

00:56:07: dass man die nicht zu sehr belastet, weil das ist nicht solidarisch,

00:56:11: weil man sagt, okay sorry, aber das sind die, die sind bei euch leider zuerst angelandet,

00:56:16: kommt irgendwie selber klar.

00:56:18: Man hat ja auch manchmal gesehen, in was für Zuständen die Menschen dort untergekommen sind.

00:56:22: Also nur Stichwort Griechenland.

00:56:24: Deswegen gibt es ja eben diesen Ansatz, das mit dem neuen Europäische System,

00:56:29: das ab, ich weiß nicht, 2,6, 2,6, ich glaube, dann implementiert sein soll.

00:56:34: Also dann soll es in Kraft treten.

00:56:36: Genau, dann soll es natürlich anders sein, auch mit Verfahren an den Außengrenzen.

00:56:40: Es ist klar, dass das auch nur ein kleiner Step ist,

00:56:44: aber das hat ja schon alleine Jahre gebraucht.

00:56:47: Ich habe eben ja diesen Bild verwendet, wie so ein Quirl da reinhalten,

00:56:51: das was man jetzt irgendwie über Jahre versucht hat zu machen.

00:56:54: Und das jetzt mit einer brachialen, grob schlechtigen,

00:56:58: wir machen jetzt hier unsere Grenze dicht, wofür wir A aber nicht das Personal haben

00:57:03: und B, keiner genauso weiß, wie es rechtlich funktioniert.

00:57:06: Das ist mir nicht schlüssig.

00:57:11: Das ist aber jetzt Tatsache.

00:57:13: Also seit dieser Woche gibt es für die nächsten sechs Monate,

00:57:18: so ist es erstmal beantragt oder beschlossen,

00:57:21: auch an den Grenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederland,

00:57:24: Belgien und Dänemark stationäre Grenzkontrollen,

00:57:27: zusätzlich zu den bereits bestehenden vorübergehenden Binn-Grenzkontrollen,

00:57:32: die es schon eine Weile gibt, nämlich an den Landgrenzen zu Österreich,

00:57:36: der Schweiz, Tschechien und Polen, sprich,

00:57:39: damit wird jetzt an allen deutschen Landgrenzen kontrolliert

00:57:43: und man fragt sich, was ist mit dem Schengenraum?

00:57:46: Genau, das ist nochmal ein anderer Rechtsrahmen,

00:57:49: weil hier jetzt keiner Zurückweisung gemacht wird,

00:57:53: wenn die Menschen um Asyl bitten.

00:57:56: Deswegen da sind wir in dem Schengener Grenzkodex,

00:58:00: was ja auch angezeigt werden muss.

00:58:02: Da ist es ein bisschen niedrigschwelliger zu sagen,

00:58:04: wir haben hier eine Situation, in der wir nicht her sind,

00:58:09: deswegen müssen wir diese Überprüfungen an den Grenzen machen.

00:58:12: Es ist aber qualitativ zu unterscheiden von dem, was die Union möchte.

00:58:17: Wo ist der Unterschied?

00:58:19: Die Union möchte ja eine absolute Zurückweisung,

00:58:22: also egal, ob jemand Asyl sagt an der Grenze,

00:58:25: das ist unabhängig davon.

00:58:27: Also die wollen halt wirklich komplett sagen,

00:58:29: nein, wir lassen hier niemanden mehr rein.

00:58:31: Weil jemand, der in Deutschland ankommt,

00:58:33: zwingend schon mal in einem anderen Land gewesen sein muss,

00:58:38: indem er auch hätte Asyl beantragen können.

00:58:40: Genau, und es funktioniert eigentlich nur mit diesem Hebel.

00:58:43: Deutschland befindet sich in einer Notlage

00:58:46: und muss eben jetzt dann die Voraussetzungen nicht erfüllen.

00:58:50: Die nach Dublin eigentlich bestehen, dass man erst guckt,

00:58:53: ist derjenige schon registriert, ist ein anderes Land zuständig.

00:58:56: Das ist ja eigentlich das, was der Kompromissvorschlag der Ampel gewesen ist,

00:59:00: dass man sagt, okay, wir machen das so, liebe Union,

00:59:03: wie ihr euch das vorstellt,

00:59:05: aber mit so einer Art schnelles Dublin-Verfahren

00:59:08: direkt an Ort und Stelle mit noch zu errichtenden,

00:59:11: gewahrsamen Zelten, wo die Leute erst mal untergebracht werden müssen,

00:59:14: bis dann der Status geklärt ist.

00:59:16: Also es ist noch mal, es ist nicht das, was die Union wollte,

00:59:19: es ist noch mal ein Nummer drunter.

00:59:21: Union und die Ampelparteien treffen sich in insgesamt zwei Verhandlungsrunden,

00:59:27: sitzen damit richtig vielen Leuten im Innenministerium rum,

00:59:30: zumindest in der zweiten Verhandlungsrunde.

00:59:32: Dabei waren es wohl 40, ausgewachsene Minister,

00:59:36: Staatssekretäre, alles ist dabei, große Besetzung, aber keine Einigung.

00:59:40: Denn die Union steht auf, am Schluss wird es dann am ersten auch von natürlich

00:59:47: den Ampelparteien korporiert.

00:59:49: Torsten Frey hat es jetzt eben anders gesagt, hat gesagt, wieso,

00:59:52: aber da war die Zeit von 15 bis 17 Uhr angesetzt,

00:59:55: 17 Uhr sind ungefähr alle aufgestanden.

00:59:57: Wir dann auch, war es eine Inszenierung, was denkst du?

01:00:01: Wir haben ja nicht dabei gesessen, also wir kriegen natürlich immer so

01:00:05: am Rand ein bisschen mit, dass uns einer mal irgendwie ein Stand irgendwie zuwirft.

01:00:11: Es war von vornherein klar, dass das, was die Union fordert, nicht kommen wird.

01:00:16: Also das hat sich schon so ein bisschen abgezeichnet,

01:00:18: dass eben maximal dieses schnelle Dublin-Verfahren, nenne ich es jetzt mal,

01:00:24: dass das irgendwie auf dem Verhandlungszisch liegt.

01:00:26: Und während der Verhandlungen hätte es dann noch weitere Kompromisse gegeben

01:00:30: und einer hatte zu mir dann im Anschluss gesagt,

01:00:33: wir hätten aber wirklich noch unsere eigene Oma mit auf das Paket drauflegen können,

01:00:37: die wollten aufstehen.

01:00:39: Also da war ganz klar der Vorwurf, dass das eigentlich so beabsichtigt war,

01:00:44: dass man, weil es irgendwie nicht nachvollziehbar war,

01:00:48: dass man wirklich glaubt, ah, okay, jetzt wird Deutschland die Notlage ausrufen.

01:00:52: Und dieses Maximalsziel blieb ja erhalten.

01:00:56: Und das war schon sehr dramatisch darauf zugeschnitten.

01:00:59: Und für uns als Beobachter, klar, wir versuchen beide Seiten zu werden,

01:01:04: da hatte man halt auch zunächst auch Herrn Frey vor der Kamera,

01:01:07: nach einem direkt unmittelbar nach dem Treffen,

01:01:10: der wie gesagt eine ganz andere Tonlage hat.

01:01:13: Und man ihm auch schon wirklich auch abkauften,

01:01:16: die ihm niemals unterstellen würde, dass er irgendwelche Spielereien macht.

01:01:19: Es ist dann nur wirklich diese Gesamtschau überhaupt,

01:01:22: diese Wortwahl von März, dann eben dieses Ultimatum,

01:01:26: dann eben dieses, wir machen nur das, sonst gar nichts.

01:01:30: Es gibt ja wirklich auch noch andere Dinge, die man hätte machen können vorher,

01:01:35: was jetzt auch nicht unbedingt immer nur an der Grenze spielt,

01:01:38: sondern auch hier schon mal gucken, wie kann man die Migrationszahlen

01:01:41: ein bisschen runterkriegen.

01:01:43: Ich denke da an Familiennachzug von subsidiär Schutzbedürftigen.

01:01:48: Also dass man da irgendwie noch Hebel hätte, wo man rangehen könnte,

01:01:52: aber nein, es musste die Notlage sein.

01:01:55: Und dann die Situation am nächsten Tag im Bundestag mit der Generaldebatte,

01:01:59: die ich ja kommentieren durfte und es ist natürlich immer sehr sensibel.

01:02:04: Ich versuche da irgendwie mir einen Überblick überhaupt dieses Pult zu behalten,

01:02:08: dass ich auch den richtigen Knopf drücke, wenn ich irgendwie live in die ARD reinsende.

01:02:13: Und dann so kurz vorher, ich habe schon angekündigt,

01:02:15: jetzt kommt eigentlich die Rede von Friedrich Merz,

01:02:17: weil er hat ja das erste Wort in der Generaldebatte als Oppositionsführer.

01:02:21: Und nein, Überraschung, es kommt Alexander Dobrindt.

01:02:24: Und das wirkte auf mich so ein bisschen so, was soll er denn jetzt?

01:02:31: Also will der jetzt irgendwie versuchen den Scholz aus dem Tritt zu bringen,

01:02:35: dass der ja danach redet, seine Rede vielleicht so drauf zugeschrieben hat,

01:02:39: dass vor ihm halt eben Merz mit heftigen Anwürfen kamen

01:02:43: oder ich konnte mir da keinen richtigen Reim drauf machen.

01:02:45: Ich fand es irgendwie, ja, ich fand es in der Situation nicht so naheliegend,

01:02:48: dass man diesen Move macht, außer man will halt irgendeinen Effekt erzielen.

01:02:51: Und dann bei seiner Rede, die sehr staatsmännisch war,

01:02:55: die sehr weg war von dem, was du gerade zitiert hast,

01:02:58: dieses "särts reichts" oder ich weiß gar nicht, es reicht, genau.

01:03:01: Sehr staatsmännisch, großen Bogen geschlagen.

01:03:04: Und dann von jemandem, der letztes Jahr noch gesagt hat,

01:03:07: Migranten nehmen den Leuten, den Deutschen, die Termine beim Zahnarzt wecken.

01:03:12: Auf einmal lobte der die migrantische Community,

01:03:15: die in der Pflege und in der Medizin arbeitet,

01:03:18: das war für mich als Beobachter irgendwie nicht echt, nicht authentisch.

01:03:25: Schauen wir oder hören wir uns mal einen Ausschnitt an,

01:03:29: indem man den Bundeskanzler Olaf Scholz,

01:03:32: der ja auch intern, massiv unter Druck zu sein scheint,

01:03:35: auffallend emotional hört und einem Friedrich Merz hören wir kurz zu,

01:03:41: der ihm, du hast es skizziert, eher ruhig, aber doch empört, antwortet.

01:03:46: Sie haben sich in die Büsche geschlagen und jetzt schon wieder,

01:03:49: das ist nicht gut für Deutschland.

01:03:52: Sie haben sich in die Büsche geschlagen.

01:04:01: Sie haben vor zwei, drei Wochen ein Drehbuch geschrieben,

01:04:04: wo Sie sagen, Sie machen ein Angebot auf Zusammenarbeit.

01:04:07: Und dann, wenn es möglich ist, schlagen Sie es aus und sagen, es ist nicht genug.

01:04:11: So dürfen wir mit so einer ernsten Angelegenheit in diesem Land nicht

01:04:15: umgehen. Führung ist nicht, dass man auf eine Barrikade steigt,

01:04:19: mit einer wilden Geste Forderung erhebt.

01:04:22: Führung ist, dass man sich umdreht und die eigenen Leute zu einem Kompromiss

01:04:25: zu bewegen in der Lage ist. Das ist Führung, Frau Merz.

01:04:30: Wir haben uns darüber mit Ihrer Koalition gestern nicht verständigen können,

01:04:34: aber nach unserer festen Überzeugung sind und bleiben umfassende Zurückweisungen

01:04:37: an den deutschen Staatsgrenzen rechtlich zulässig, praktisch möglich

01:04:42: und im Lichte der gegenwärtigen Lage sogar politisch geboten.

01:04:47: Meine Damen und Herren, die von Ihnen gestern unterbreiteten Vorschläge

01:04:54: bleiben nach unserer Auffassung hinter diesen Notwendigkeiten weit zurück.

01:05:00: Und deshalb begeben wir uns, ich bitte um Nachsicht, wir begeben uns mit Ihnen

01:05:05: auch nicht in eine endlos schleife von Gesprächen.

01:05:09: Die Behauptung, dass dies gestern hier eine Inszenierung von mir gewesen sei.

01:05:15: Die Behauptung, dass dies eine Inszenierung mit den Ministerpräsidenten

01:05:20: in Deutschland gewesen sei. Herr Bundeskanzler, ich kann es nicht anders sagen,

01:05:24: diese Behauptung ist in Farm.

01:05:27: Ja, das kann er, ne? Sich aufbringen.

01:05:30: Wo war ich, ich meine, wenn, also, ich finde es schon richtig,

01:05:36: dass er sich das nicht einfach alles rein singen lässt.

01:05:39: Total. Da musst du natürlich auch irgendwie darauf verantworten.

01:05:42: Und du hast beschrieben, sie hatten das schnell verändert,

01:05:45: dass Dobrindt anfing damit und März erst nach Scholz gesprochen hat

01:05:50: oder zwischen wir auch noch Alice Weidel.

01:05:53: Das war ja dann auch das Ziel, dass er antworten kann.

01:05:57: Also, ich meinte, dass auch gar nicht flapsig, sondern ich meine,

01:06:01: das ist ganz aufrichtig. Er kann seine Empörung so einen Ausdruck verleihen,

01:06:06: dass man jedes Wort absolut unterschreiben kann, wenn man das so hört.

01:06:11: Aber es bleibt für mich, und er hat diesen Dreiklanger jetzt auch noch selber aufgemacht,

01:06:15: rechtlich, praktisch, politisch, echt Fragezeichen.

01:06:19: Bei ihm ist das Zauberwort ja eben im Gegensatz zu dem, was die Ampel jetzt macht,

01:06:22: umfassende Zurückweisung.

01:06:24: Und umfassend würde meines Erachtens, und so habe ich auch die Literatur

01:06:29: und Rechtswissenschaft, die sich da geäußert hat, verstanden,

01:06:32: nur mit der Notlage funktionieren.

01:06:34: Ja, und diese Notlage hinzubekommen, das ist ganz sicherlich schwer.

01:06:39: Das haben andere Staaten auch schon mal versucht, Ungarn beispielsweise,

01:06:42: die sind dann vor dem Eugehader, dem Europäischen Gerichtshof jedes Mal mit Baden gegangen.

01:06:47: Und wie man für Deutschland eine Notlage bei zurückgehenden Asylzahlen behaupten

01:06:54: unter Mauern rechtsfest bekommen könnte, weiß ich jetzt nicht,

01:06:58: aber ich habe das natürlich frei auch gefragt.

01:07:00: Er findet, denkt natürlich, das sei machbar.

01:07:03: Was wird denn jetzt? Wird weitergesprochen werden?

01:07:06: Christian Lindner hatte gesagt, gäbe ja keine Denkverbote,

01:07:10: könnte man ja machen, könnte man weitersprechen.

01:07:13: Friedrich Merz hat ihm gestern im Gespräch mit Markus Preis bei euch im Hauptstadtstudio

01:07:19: schon anempfohlen, die Koalitionsverlassen.

01:07:22: Wenn die FDP nicht untergehen wollte, dann müsste sie halt jetzt rausgehen aus dieser Ampel.

01:07:27: Vielleicht funktioniert da eine Annäherung, die auch der Migrationspolitik dient?

01:07:31: Das ist ganz interessant, weil diese Debatte, die wir jetzt gerade gehört haben,

01:07:36: da ist ja noch was passiert, was doch viele, ja, ein paar Fragezeichen hinterlassen hatten.

01:07:42: Das war der Auftritt von Generalsekretär der FDP, Bijan Jisari,

01:07:47: der mehr oder weniger gesagt hat, wir stehen zur Verfügung.

01:07:51: Wir sehen das ganz anders.

01:07:53: Unklar, was er damit gemeint hat, weil der FDP-Justizminister Marco Buschmann

01:07:59: sich eigentlich in der Pressekonferenz, als es nach den gescheiterten Gesprächen darum ging,

01:08:04: warum ist es gescheitert, sich klar positioniert hat, dass man von einem, wie hat er es gesagt,

01:08:09: Verfassungsminister als solcher bezeichnet er sich als Justizminister,

01:08:13: nicht verlangen kann, dass er das Recht bricht.

01:08:16: Also das ist eigentlich sehr eindeutig, deswegen kriegt man das gar nicht so zusammen.

01:08:20: Was ist das jetzt, das verzweifelte Zucken der FDP, irgendwie noch Land zu gewinnen,

01:08:25: irgendwie zu versuchen, dass nicht die nächste Wahl versenkt wird, die in Brandenburg jetzt ansteht,

01:08:31: wovon nach es allerdings aussieht.

01:08:33: Also das ist, ja, man weiß nicht, wie verzweifelt die Koalition werden wird,

01:08:41: nach diesem Wochenende, wenn in Brandenburg gewählt wurde.

01:08:45: Da kann natürlich noch einiges passieren.

01:08:47: Vielleicht beruhigt es sich dann aber auch wieder, vielleicht muss man dann auch irgendwann mal wirklich sagen,

01:08:53: man muss den Druck jetzt mal aus dem Kessel nehmen und die Maßnahmen, die man jetzt implementieren möchte,

01:08:58: auch erst mal wirken lassen.

01:09:00: Vielleicht gibt es diesen Turnaround, ich weiß es nicht, ich sehe ihn noch nicht kommen,

01:09:04: aber bis zum nächsten Wochenende trau ich mich hier keine Prognose abzugeben.

01:09:08: Das haben wir jetzt ein bisschen liegen lassen, denn die Bundesregierung hat ja durchaus auch gehandelt.

01:09:12: Die hat ein Sicherheitspaket aufgelegt, will damit eine schärfere Asyl- und Sicherheitspolitik machen,

01:09:18: hat das auch bereits in zwei Gesetzesentwürfe gegossen, die schon eingebracht worden sind.

01:09:22: Ersten sollen Sozialleistungen für ausreisepflichtige Asylbewerber gekürzt und mitunter sogar gestrichen werden.

01:09:28: Zweiten sollen die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den radikalen Islamismus gestärkt werden,

01:09:34: vor allem bei Ermittlungen im Internet.

01:09:37: Drittens soll das Waffenrecht mit Blick auf Messer verschärft werden.

01:09:41: Vorgesehen sind unter anderem Messerverbote bei Veranstaltungen und im Fernverkehr.

01:09:46: Na gut, da kann man die Frage dranstellen, also soll das wirklich was bringen?

01:09:51: Da bin ich eher bei Herrn Frey eben aus dem Ausschnitt aufgeschnappt, dass er sagt,

01:09:55: "Hey, verstehe ich überhaupt gar nicht, das wird mutmaßlich niemand davon abhalten,

01:10:01: der eine solche Tat vor hat, der das Messer nimmt, dass er dann sagt,

01:10:05: "Ach ja, Bait, das war ja verboten."

01:10:07: Das hab ich ja nicht.

01:10:09: Okay, ich geh wieder.

01:10:11: Ja, lass uns einen konstruktiven Blick am Schluss der Folge versuchen,

01:10:16: wie wir es immer im dritten Teil wollen, nämlich wie ginge eine gute Migrationspolitik.

01:10:21: Das ist ja unsere Grundfrage und da fällt immer das Beispiel Kanada.

01:10:26: Kanada verfolgt eine Einwanderungs- und geflüchteten Politik,

01:10:30: die oft als Vorbild für andere Länder angepriesen wird.

01:10:34: Und das ist der Kern ist, dass die kanadische Regierung genau definiert,

01:10:38: wie viele Menschen denn kommen dürfen oder sollen.

01:10:41: Denn das ist Kanada einfach mal klar,

01:10:44: Immigranten spielen eine wichtige Rolle für Kanadas Wirtschaft.

01:10:48: Die Behörden haben da zum Beispiel in 2022 mehr als 600.000 neue,

01:10:55: befristete Arbeitserlaubnisse für Ausländer vergeben.

01:10:59: Und jetzt verfolgt die Regierung von Tridot einen sehr ehrgeizigen Plan.

01:11:04: Bis 2025 wollen sie jährlich 500.000 Einwanderer aufnehmen.

01:11:11: Aber auch hier gibt es inzwischen, muss man sagen, auch Kritik,

01:11:15: die Kritiker*innen befürchten, dass für so viele Menschen dann doch nicht genügend

01:11:19: Wohnraum da ist und eventuell auch nicht ausreichend viele Sozialleistungen gewährt werden können.

01:11:25: Dieses Einwanderungssystem funktioniert über Bewertungen mit Punkten,

01:11:30: für Qualifikationen, die du mitbringen musst, Ausbildung, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung.

01:11:35: Seit 1967 können sich Migranten über dieses Punktesystem für die Einwanderung qualifizieren.

01:11:43: Und eigentlich hat es sich als flexibel erwiesen.

01:11:47: Und es ermöglicht Kanada qualifizierte Arbeitskräfte gezielt anzuziehen,

01:11:52: die für die Wirtschaft nützlich sein könnten.

01:11:55: Und Thorsten Frey hat mir im Interview heute auch gesagt, genau da müsste Deutschland eigentlich hin.

01:12:01: Das ist so die Vision.

01:12:03: Es klingt ja so ein bisschen nach dieser sogenannten Kontingentlösung,

01:12:06: dass man eben definiert, dass es die Zahl, die wir aufnehmen können, die wir gut versorgen können,

01:12:11: scheitert nur eben daran, dass man für eine Kontingentlösung aber auch ganz klar definieren müssten,

01:12:18: wie schützt man dann die EU-Außengrenze?

01:12:21: Also man dreht sich so ein bisschen im Kreise.

01:12:23: Das ist so ein bisschen auch so diese obergrenzen Diskussion, die wir ja auch häufig hatten,

01:12:27: die sich nicht realisieren lässt.

01:12:29: Das ist echt interessant, wie oft wir jetzt gerade über Horst Seehofer sprechen,

01:12:33: mit seinem Masterplan und so.

01:12:35: Und ich würde gerne mal jetzt mit Horst Seehofer sprechen,

01:12:39: wie er auf diese Diskussion blickt, müsste man wirklich mal nachfragen.

01:12:43: Deswegen, also das hört sich immer auf dem Papier ganz gut an.

01:12:46: Und ich glaube, man kann da auch vieles sich angucken.

01:12:49: Hat man, glaube ich, auch beim Fachkräfte-Einwanderungsgesetz getan.

01:12:52: Also dieses Punktesystem, das kommt mir sehr bekannt vor, dass man da drauf guckt.

01:12:56: Und im Übrigen, da ist es auch wieder, das ist ein Super-Stichwort.

01:13:01: Das klingt total schlüssig, nämlich die Leute hierherzuholen, die wirklich politisch verfolgt sind,

01:13:06: die, den man wirklich Schutz geben möchte, Kinder, Frauen.

01:13:10: Aber man muss es einmal durchbuchstabieren.

01:13:14: Was würde das eben übersetzt auf eine europäische Lösung oder deutsche Lösung bedeuten?

01:13:20: Daran mangelt es eben.

01:13:22: Und deswegen hört sich das immer super an, wenn man das so in einer Diskussion einfach mal so droppt.

01:13:26: Aber nicht in die Verlegenheit kommt, es auszubuchstabieren.

01:13:30: Das ist aber das Schlechte an der Migrationspolitik und an der Debatte darüber,

01:13:38: dass man immer wieder, auch wenn man sich in das Thema vertieft,

01:13:41: du bist da viel tiefer drin als ich, immer wieder an diesem Punkt kommt, wo man sagt,

01:13:45: wow, ist das kompliziert, oh Gott, aha, das ist auch schon versucht worden.

01:13:49: Das scheitert dann aber da und daran.

01:13:52: Das ist eventuell das, was Thorsten Frey auch meint.

01:13:56: Wenn du immer wieder an den Punkt kommst, wo du sagst oder auch zugeben musst,

01:14:01: dass du das Problem nicht gelöst bekommst, dann machst du eine schlechte Politik.

01:14:07: Und damit öffnest du natürlich Tor und Tür für Leute, die ganz schnell dabei sind mit einem Korrex Antworten.

01:14:14: Ganz genau. Die Frage ist nur, schaffst du es dich in Konkurrenz zu diesen Parteien zu setzen?

01:14:18: AfD und BSW verfolgen ja einen ganz anderen Ansatz, die sagen ganz klar,

01:14:23: wir machen uns den Stress gar nicht mit Diskussionen, mit Assad.

01:14:27: Die fordern zumindest das BSW, fordert ja ganz klar, dass Sanktionen gegen Syrien aufgehoben werden,

01:14:33: damit sich dort die wirtschaftliche Lage so entspannt.

01:14:36: Also man muss sich eben fragen, hat man auch so eine einfache Lösung parat?

01:14:42: Möchte man sie? Was bedeutet sie geopolitisch vereinen?

01:14:45: Das sind Sachen, die, finde ich, müssten einfach ehrlicher und transparenter diskutiert werden.

01:14:49: Die Leute da draußen sind nicht so doof.

01:14:51: Man muss denen nicht immer nur sagen, so ja, aber wir haben eine menschenrechtliche Verpflichtung,

01:14:55: um ehrlich zu sein zu so einer Floskelverkommen ist, die ja viele auch nicht mehr wirklich überzeugt,

01:15:02: sondern man müsste wirklich offener, transparenter diskutieren, was ist möglich, wie geht es

01:15:08: und warum geht der eine Weg, der so einfach klingt, warum geht er denn nicht?

01:15:12: Und wenn man, solange man das nicht macht, wird man auch keine Lösung finden

01:15:15: und es reicht nicht einfach nur, ein Stichwort in die Debatte zu werfen.

01:15:18: Kriegst du hin, die ganze Debatte mal durch die Augen deiner Eltern anzugucken?

01:15:24: Was hätten die dazu gesagt?

01:15:26: Mein Vater hätte gesagt, siehst du?

01:15:29: Ich habe das letzte offenes Herz nach vorne, aber eigentlich ist man froh, wenn sie ein wieder los sind.

01:15:37: Also es ist ein bisschen desillusionierend.

01:15:39: Das war so auch in den letzten Jahren, so diese Scheitern hier gesellschaftlich anzukommen.

01:15:44: Das war bei ihm schon da und spürbar.

01:15:50: Und ich begegne diesen Biografien sehr, sehr viel in meiner Umgebung

01:15:55: und ich finde das sehr traurig, weil es gibt nicht nur der Mensch, der migriert ist

01:16:00: und der vielleicht Schwierigkeiten hat sich anzupassen, kulturell, was auch immer,

01:16:06: aber diese Menschen haben Kinder bekommen hier in Deutschland

01:16:10: und sie sind ein Teil auch von Deutschland.

01:16:13: Man darf die nicht verlieren, indem man diese Debatte ebenso hysterisch führt,

01:16:18: dass es nur schwarz-weiß gibt, nur gut und böse.

01:16:21: Es gibt so viel dazwischen und deswegen hilft uns so eine Stichwortdebatte einfach nicht.

01:16:26: Es hilft aber auch nicht, die ganze Sache schönzureden,

01:16:30: dass wir kein Problem hätten mit straffälligen Menschen aus dem Ausland,

01:16:35: bei die Zahl der Gruppenvergewaltigung.

01:16:37: Das ist alarmierend und das macht einen natürlich auch Angst.

01:16:40: Aber wenn man es nicht offen anspricht, dann hilft man wirklich nur den Rändern.

01:16:45: Letzte Frage bei uns ist immer, wo stehen wir in der Frage in einem Jahr?

01:16:49: Ja, also die Frage war ja, wie geht eine gute Migrationspolitik, wo stehen wir dann?

01:16:54: Dann haben wir die Bundestagswahl, wir sind mitten im September kurz vor der Bundestagswahl.

01:16:59: 18.12 ist da oder so was, hat Merz jetzt gesagt.

01:17:02: Das ist eine gute Frage.

01:17:04: Ich glaube auch nicht, dass man, wenn man die Migrationsdebatte gelöst hat in Anführungszeichen,

01:17:09: dass dann die Ränder verschwunden sind, also dass dann die Zahlen von BSU und AfD runtergehen,

01:17:14: weil es gibt ja noch viele andere Themen, was den Leuten Angst macht,

01:17:19: der Krieg in der Ukraine, Israel.

01:17:22: Also es gibt so vieles, was auch danach schreit, adressiert zu werden.

01:17:27: Ich traue mich da nicht, irgendwas zu prognostizieren.

01:17:33: Iris, war ganz klasse, dass du bei uns warst.

01:17:36: Vielen Dank für das Gespräch.

01:17:39: Ich will sagen, der Redaktionsschluss für diese Folge war Mittwoch, der 18. September,

01:17:44: so um 19 Uhr.

01:17:46: Die Redaktion hatten Felix Schlagwein und Theresa Sickert,

01:17:49: Executive Producerin ist Marie Schiller, Audio Producer Max Frisch und Patrick Zahn.

01:17:55: Sounddesign hat Hannes Husten gemacht, die Vermarktung macht für uns die Mitvergnügen

01:17:59: und das Ganze ist eine Produktion der BMW Media GmbH.

01:18:02: Danke, Iris.

01:18:03: Danke fürs Zuhören.

01:18:06: [Musik]

01:18:10: [Musik]

01:18:14: [Musik]

01:18:16: [Bundesprecherin]