Bonus: Interview mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Spitzenkandidation für die Europawahl

Shownotes

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist Spitzenkandidatin der FDP bei der Europawahl. Im Interview spricht sie mit Anne Will darüber, warum sie sich für Brüssel entschieden hat und was sie sich von einem Sitz im Europäischen Parlament verspricht. Wenn rechte Parteien bei den Wahlen so gut abschneiden, wie derzeit prognostiziert wird, dann ist für Marie-Agnes Strack-Zimmermann klar: Es braucht dagegen eine klare Haltung. Außerdem geht es um die Frage, wie man auch junge Menschen mit der Begeisterung für die EU anstecken kann und welche Rolle TikTok dabei spielt.

Das Interview wurde aufgezeichnet am 30.04.2024 um 12 Uhr.

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WICHTIGE QUELLEN:

Süddeutsche Zeitung: “Ich habe in meinem Leben noch nie so viel geweint.” 25.04.2024

Simon Schnetzer, Kilian Hampel, Klaus Hurrelmann: Trendstudie “Jugend in Deutschland 2024”, 23.04.2024

European Council on Foreign Relations: “A sharp right turn: A forecast for the 2024 European Parliament elections”, 23.01.2024

Impressum: Redaktion: Gina Enslin und Olga Patlan Executive Producerin: Marie Schiller Audio Producer: Maximilian Frisch und Patrick Zahn Sounddesign: Hannes Husten Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH Eine Produktion der Will Media GmbH

Transkript anzeigen

00:00:00: Politik mit Annel Will.

00:00:09: Hallo und herzlich willkommen zu unserer Bonus-Folge.

00:00:23: Darin immer das Interview in voller Länge,

00:00:26: das ich für jede Folge führe.

00:00:28: Wir zeichnen das am Dienstag Mittag,

00:00:30: dem 30. April auf.

00:00:32: Uns beschäftigt diese Woche im Podcast die Frage,

00:00:35: was bringt die Europawahl?

00:00:38: Und darüber will ich mit einer Frau sprechen,

00:00:40: die bei dieser Europawahl antritt.

00:00:42: Das ist die Spitzenkandidatin der FDP

00:00:45: und der europäischen liberalen Marie Agnes Strackzimmermann.

00:00:49: Hallo Frau Strackzimmermann, willkommen bei uns.

00:00:51: Hallo Frau Wiede.

00:00:53: Sie sagen, Frau Strackzimmermann,

00:00:55: Sie haben Ihre Idee gewesen, fürs Europaparlament zu kandidieren.

00:00:59: Was wollen Sie da?

00:01:01: Ja, es war insofern meine Idee,

00:01:03: als dass ich in den letzten Jahren im Verteidigungsausschuss,

00:01:06: ganz besonders in der Rolle der Vorsitzenden,

00:01:08: extrem viel zu tun habe mit den Kolleginnen und Kollegen

00:01:11: der anderen europäischen Verteidigungsausschüsse

00:01:13: und den Verteidigungs- und Außenministern.

00:01:15: Und da wird einem natürlich klar,

00:01:17: bei aller Kraft, die Deutschland hat, mehr oder weniger,

00:01:20: es eben nicht nur auf uns ankommt,

00:01:22: sondern eben in diesen sehr krassen geopolitischen Zeiten,

00:01:26: dass wir das nur zusammen machen.

00:01:28: Deswegen hatte ich das Angebot,

00:01:30: und ich muss der Korrektheit halber sagen,

00:01:32: ich hätte es nicht gemacht, wenn Nicola Beer,

00:01:34: die seinerzeit Spitzenkandidatin war vor fünf Jahren,

00:01:37: wieder angetreten wäre,

00:01:39: aber sie ist zur Europäischen Investitionsbank gewechselt.

00:01:42: Dadurch hat sich eben, wie das so ist,

00:01:44: plötzlich eine Möglichkeit ergeben

00:01:46: und auch mit Rücksprache der jungen Liberalen,

00:01:49: also mit den jungen Menschen zwischen 14 und 35,

00:01:53: die das Thema Europa besonders angeht,

00:01:55: die haben mich da motiviert, und dann habe ich es der FDP angeboten.

00:01:59: Aber noch mal hingeguckt,

00:02:01: im Moment sind Sie Bundestagsabgeordnete,

00:02:03: Sie sind Mitglied einer der Regierungsfraktionen,

00:02:06: Sie sind, Sie haben selber gesagt,

00:02:08: die mächtige Vorsitzende des sehr,

00:02:10: sehr wichtigen Verteidigungsausschusses.

00:02:12: Ihr Wort hat im Moment Gewicht.

00:02:14: Und Deutschland hat ohnehin eine prominente Stellung

00:02:17: innerhalb der Europäischen Union.

00:02:19: Warum geben Sie das alles auf?

00:02:21: Das werde ich sehr häufig gefragt, Frau Will.

00:02:24: Ich würde mal sagen, ich habe selber nicht gesagt,

00:02:27: dass ich eine mächtige Stimme habe.

00:02:29: Der Verteidigungsausschuss ist ein Pflichtausschuss

00:02:31: und ich bin überrascht,

00:02:33: dass bis zum Angriff Gutdienst auf die Ukraine,

00:02:35: im Februar 2022,

00:02:37: der Ausschuss gar nicht so im medialen Fokus stand.

00:02:40: Dabei ist er verantwortlich, wie der Name sagt,

00:02:42: für die Verteidigung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland.

00:02:45: Aber um Ihre Frage zu beantworten,

00:02:47: es ist schlichtweg...

00:02:49: Jetzt neue Zeiten und da haben Sie mit dieser Position

00:02:52: natürlich Gewicht.

00:02:54: Das geben Sie auf.

00:02:56: Ja, vielleicht gebe ich das auf,

00:02:58: aber vielleicht liegt es an meinem reinischen Optimismus,

00:03:00: der Ihnen ja nicht fremd sein dürfte, nämlich da in den...

00:03:03: Wir sind Düsseldorferinnen, Frau Stragzimmermann,

00:03:05: das nehmen wir Kölnerinnen natürlich nicht ernst.

00:03:07: Das ist mir nicht ernst.

00:03:09: Okay, dabei habe ich immer gedacht, in der Fremde, in Brüssel,

00:03:12: das kann ich Ihnen jetzt schon sagen,

00:03:14: dass die Rheinländer doch sehr zusammen und plötzlich wird der Rhein

00:03:17: auch ganz schmal, aber losgelisst davon,

00:03:19: dass wenn der Kölner in den Rhein fällt,

00:03:21: der automatisch in Düsseldorf vorbeischwimmt,

00:03:23: dass ich optimistisch genug bin, nämlich dahingehend,

00:03:27: dass gerade aufgrund dieser geopolitischen Herausforderung

00:03:30: Krieg in Europa, mit all den Verwerfungen,

00:03:33: nicht nur in Europa, sondern international,

00:03:35: Europa auch eine neue Aufgabe zu finden hat,

00:03:38: nämlich wir haben eine Wirtschaftsunion,

00:03:40: eine Friedensunion, eine Rechtsstaatsunion,

00:03:42: wir haben keine Verteidigungsunion.

00:03:44: Und sich dort einzubringen, dass Europa in Zukunft,

00:03:47: übrigens losgelöst, was in den Vereinigten Staaten passiert,

00:03:51: damit zu wirken, eine Zeit lang, das ist ja immer begrenzt,

00:03:55: man kriegt einen Mandat, mitzumachen, dass Europa

00:03:58: resilienter wird, sich mehr um die eigene Verteidigung kümmert.

00:04:01: Das finde ich einfach, ich darf das mal so als Jobbeschreibung sagen,

00:04:05: interessant und deswegen habe ich mich für diesen Weg entschieden.

00:04:09: Und ich bin gespannt, was auf mich zukommt.

00:04:11: Ich will noch einmal kurz hingucken und greife ihr Wort auf Sie sagen,

00:04:15: mitzuwirken. Das ist natürlich anders,

00:04:17: als wenn man da wirklich was zu sagen hat,

00:04:19: Sie werden eine Abgeordnete in einem Parlament sein

00:04:23: von 720 Abgeordneten.

00:04:26: Und anders gedacht noch mal, nächstes Jahr ist Bundestagswahl,

00:04:29: die FDP steht, muss man sagen, nicht gut da,

00:04:31: die kratzt in den Umfragen an der 5%-Hürde herum,

00:04:35: aktuell steht sie bei 4% und hat ja seit dem Anwalt

00:04:38: seit dem Eintritt in die Ampel eine Landtagswahl nach der anderen verloren.

00:04:42: Das lässt nichts Gutes ahnen.

00:04:44: Verlassen Sie also noch schnell das sinkende Schiff?

00:04:47: Nein, im Gegenteil.

00:04:48: Also ich bin ja durch und durch freie Demokratie seit 35 Jahren.

00:04:51: Und gerade in diesen Zeiten und ich räume ein,

00:04:54: dass als Freie Demokratie auch viel unbildgewöhnt bin,

00:04:57: wenn ich die Jahre zurückblicke.

00:04:59: Also definitiv nicht nur Erfolge, sondern auch krasse Momente,

00:05:02: die uns natürlich nicht nur ärgern,

00:05:04: sondern auch uns manchmal etwas ratlos zurücklassen.

00:05:07: Aber Sie sagten gerade, mitwirken.

00:05:10: Auch jetzt wirke ich nur mit, denn schauen Sie, all das war der Ausschuss.

00:05:14: Ich löse mich jetzt mal von der Rolle der Vorsitzenden,

00:05:17: weil dieser Ausschuss besteht in Berlin aus sechs Parteien.

00:05:20: Und da gibt es natürlich unterschiedliche Sichtweisen,

00:05:23: letztendlich wie wir mit dem Krieg in der Ukraine zu tun haben.

00:05:26: Und schauen Sie, meine Kollegen, also die Freien Demokraten und ich,

00:05:29: kämpfen seit zwei Jahren dafür,

00:05:31: dass die Ukraine neben humanitären und wirtschaftlichen Unterstützung

00:05:34: deutlich mehr Material und Waffen zur Verfügung gestellt bekommen.

00:05:38: Und das ist ein Kanzler und seine Berater im Kanzleramt, die das blockieren.

00:05:42: Und insofern ist auch das, was ich jetzt mache, ein Mitwirken.

00:05:46: Ich entscheide ja nicht alleine.

00:05:48: Insofern wird sich was das betrifft, in Europa nichts ändern.

00:05:51: Ich kann ja nur das, was ich mache.

00:05:53: Und es gibt Aufgaben in Europa, die möglicherweise mir eine Türe öffnen.

00:05:57: Auch dort eben meine Stimme erheben und hoffen,

00:06:00: dass sie mehr als fähig ist.

00:06:02: Europa braucht Hilfe.

00:06:04: Das ist ein großartiges Projekt.

00:06:06: Aber ich finde, der Zustand ist nicht der allerbeste.

00:06:09: Sie treten an als europäische Spitzenkandidatin der Liberalen.

00:06:13: Und man muss ja sagen, allein das Gezere um das sogenannte Spitzenkandidatenprinzip

00:06:19: weist auf eines der vielen Demokratiedefizite, die die EU leider, leider, wie ich finde, hat.

00:06:25: Kurz noch mal hingeguckt, wer es nicht sofort auf dem Schirm hat.

00:06:28: Bei der zurückliegenden Wahl 219 war Manfred Weber für die konservative Fraktion EVP

00:06:34: ja als Spitzenkandidat angetreten.

00:06:36: Der hatte gewonnen, wurde aber dann trotzdem nicht Kommissionspräsident.

00:06:40: Denn die Staats- und Regierungschefs und Chefinnen wollten ihn nicht.

00:06:44: Entschieden sich stattdessen für Ursula von der Leyen.

00:06:46: Und das Europaparlament hat die dann gewählt, nicht zuletzt mit den Stimmen ihrer Liberalen.

00:06:53: Was bringt die Europawahl?

00:06:55: Das ist ja übrigens auch die Überschrift unserer ganzen Folge.

00:06:57: Was bringt die Europawahl, wenn am Schluss doch die Staats- und Regierungschefs und Chefinnen entscheiden?

00:07:03: Also Sie haben 100 Prozent den Finger in die Wunde gelegt.

00:07:07: Genau das muss sich ändern.

00:07:09: Und ich glaube, wenn Sie jetzt Herrn Weber hier im Gespräch hätten,

00:07:12: würde der natürlich sehr klug das Ganze verteidigen, aber mit einem dicken Hals.

00:07:17: Ja, ganz genau.

00:07:18: Das hat man ja mitbekommen, wie sehr sich geärgert hat damals.

00:07:21: Ja, das ist auch so.

00:07:22: Und so was kann man natürlich ändern.

00:07:24: Das ist ja nicht nur das Einzige, das sozusagen das geändert werden muss.

00:07:28: Denn Frau von der Leyen, die wieder Kommissionspräsidentin werden will,

00:07:31: kandidiert gar nicht für das Europaparlament.

00:07:33: Das heißt, letztendlich tritt Frau von der Leyen nach dem 9. Juni,

00:07:37: wenn alle Stimmen ausgezählt worden sind, auf die Bühne und sagt, hallo.

00:07:40: Und jetzt bin ich hier wieder da.

00:07:42: Ich finde das auch problematisch, um das ganz deutlich zu sagen.

00:07:45: Denn eigentlich hätte sie jetzt den Hut in den Ring werfen müssen.

00:07:48: Das tut sie nicht, weil sie im Grunde keine Lust hat, Abgeordnete zu sein.

00:07:52: Es ist aber nicht nur dieses Prinzip.

00:07:54: Wir haben in Europa auch kein Mehrheitsprinzip.

00:07:57: Das heißt, wir leben in einer Demokratie und ist man bei der Mehrheit.

00:08:01: Mal hat man eine Meinung, die ist leider nicht mehrheitsfähig.

00:08:05: Auch das ist in Europa nicht gegeben.

00:08:07: Und wenn Sie jetzt ganz konkret sagen, wir haben mit Viktor Orban,

00:08:11: dem ungerischen Ministerpräsidenten, sehen wir ja das Problem.

00:08:14: Er kann Dinge blockieren.

00:08:15: Also wenn es ums Geld geht, hallo, wunderbar.

00:08:18: Und auch das muss geändert werden.

00:08:20: Das Mehrheitsprinzip, weil das eben so ist.

00:08:23: Das haben wir im Bundestag, das haben wir in den Landtagen,

00:08:25: das haben wir in den Kommunen.

00:08:27: Also da gibt es einiges abgesehener davon, wenn man weiter schaut

00:08:31: und schaut, es gibt Länder wie die Ukraine.

00:08:34: Es gibt Länder Westbalkan, also Posten in Herzogowina, um rausgegriffen.

00:08:38: Es gibt Länder wie Georgien, Woldavien, die nichts lieber als auf lange Sicht

00:08:42: Teil der Europäischen Union werden wollen und ja auch Europa sind.

00:08:47: Wir können die EU gar nicht erweitern.

00:08:49: Wenn dieses Mehrheitsprinzip nicht verändert wird.

00:08:52: Und ein Drittes, das würde ich an der Stelle auch gerne hervorheben,

00:08:56: die Abgeordneten haben kein Initialrecht, kein Initiativrecht.

00:09:00: Das heißt, wir können jetzt im Bundestag selbst Initiative ergreifen,

00:09:04: zum Beispiel Gesetze formulieren und die Administration, also sprich,

00:09:08: die Regierung muss das umsetzen.

00:09:09: Das geht momentan in Europa auch nicht, sondern die Kommissionspräsidentin

00:09:13: legt das Thema auf den Tisch, entscheidet übrigens ganz individuell,

00:09:17: was sie glaubt, was wichtig ist und was nicht.

00:09:19: Und dann können die Abgeordneten ja oder nein sagen, auch das ist kein Zustand.

00:09:23: Ich bin ganz froh mit ihnen da mal drüber sprechen zu können,

00:09:26: weil das in der Regel wird das immer gesagt, das interessiert keinen,

00:09:30: das ist inner-europäisch, das ist so diese Brüsseler Blase.

00:09:33: Das hat aber alle zu interessieren, weil es eben darum geht,

00:09:36: wie weit die Stimme, die jeder abgibt, sozusagen sich auch bei den Parlamentariern wiederfindet.

00:09:41: Vollkommen richtig, es hat alle zu interessieren, aber es frustriert auch alle.

00:09:46: Wenn man sich da tiefer mit beschäftigt, was wir beide,

00:09:49: manche einen anderen auch im Blick auch auf die Wahl tut, dann merkt man ja,

00:09:53: was da alles im Argen liegt.

00:09:55: Wir haben angesprochen, das Spitzenkandidatenprinzip, das wollte man verändern,

00:09:59: hat es aber nicht gemacht im Zuge der zurückliegenden Jahre,

00:10:03: da liegt die Wahlrechtsreform auf Eis.

00:10:06: Und ich will anknüpfen an das, was wir überlegt haben, zu den Möglichkeiten eigentlich,

00:10:10: die die Parlamentarier haben.

00:10:12: Mir ist die Tage dann ein ganz tolles Interview aufgefallen,

00:10:16: das die Süddeutsche Zeitung geführt hat mit Nico Semsrott.

00:10:19: Nico Semsrott ist Satirica, ist 2019 für die Partei die Partei ins Europaparlament eingezogen.

00:10:28: Mittlerweile ist der Mann parteilos, hat sich der Fraktion der Grünen angeschlossen,

00:10:32: der arbeitet also da kräftig mit und er sagt in diesem Interview,

00:10:36: er habe noch nie so viel geweint wie in der Zeit, in der er im Europaparlament sitzt,

00:10:42: denn so begründet er das, und das knüpft an das, was sie eben gesagt hat.

00:10:46: Zitat, im Parlament habe ich vor allem Machtlosigkeit erlebt,

00:10:51: die absolute Unmöglichkeit als demokratisch legitimierter Repräsentant Politik zu gestalten.

00:10:58: Daher kommen meine Wut und mein Frust.

00:11:01: Die Abgeordneten bringt das übrigens in eine wahnsinnig tragische Position.

00:11:06: Sie sind die einzigen, die sich ihren Wählern gegenüber rechtfertigen müssen,

00:11:10: aber ihr Einfluss ist marginal im Vergleich zu Kommission oder Rat

00:11:15: oder im Vergleich zu den Beamten des Europäischen Parlaments.

00:11:19: So, wow, nochmal gefragt.

00:11:22: Was wollen Sie da, Frau Stragzimmermann, wo man vor allem Machtlosigkeit erleben kann?

00:11:27: Also ich fand das Gespräch übrigens auch sehr interessant,

00:11:30: weil er ja eingezogen ist ins Parlament als Satiriker.

00:11:34: Er ist eingezogen und hat es im Grunde nicht ernst genommen.

00:11:37: Er wollte zeigen, Leute es reicht knapp 1% und dann kommt man rein.

00:11:41: Deswegen wird übrigens auch in der nächsten Wahl, also in fünf Jahren,

00:11:45: das auf 3% angehoben, damit eben nicht Einzelkandidaten,

00:11:48: die sich es einfach mal nett machen wollen, glauben im Europaparlament,

00:11:52: sozusagen den warmen Sessel gefunden zu haben.

00:11:54: Was ich spannend fand, Sie sagten es gerade.

00:11:56: Da müssen die liberalen aber aufpassen.

00:11:58: Nein, nein, nein, Frau Will, ich glaube, dass es eine solche Hürde geben muss

00:12:03: und dass wir alle diese zu überspringen haben.

00:12:05: Das ist richtig, weil sonst fragmentiert sich dieses Parlament

00:12:09: und wir haben eben Einzelpersonen dort sitzen,

00:12:11: die keine Gruppe von Menschen sozusagen repräsentieren.

00:12:15: Dass er so viel geweint hat, also ich nehme das jetzt auch mal hin.

00:12:19: Es gibt keinen Grund zu weinen, sondern es gibt einen Grund zu handeln.

00:12:23: Und ich finde, dass sich die Parteien, die jeweiligen Fraktionen,

00:12:27: und der ist ja jetzt bei den Grünen, diesbezüglich, wenn alle das so sehen,

00:12:31: wenn über 700 Parlamentarier der Meinung sind, dann muss sich was ändern,

00:12:34: dann kann man auch und sollte man auch etwas ändern.

00:12:37: Also ich setze mich nicht hin und weine,

00:12:39: dass jetzt zum Beispiel der Kanzler verhindert,

00:12:43: dass die Ukraine genug Material bekommt,

00:12:45: sondern ich handle und versuche weiter zu nerven und es durchzusetzen.

00:12:49: Und deswegen sollte man sozusagen keinen Frust schieben und nicht wütend sein,

00:12:54: sondern die Situation ist ja nicht so, dass man da hart fällt,

00:12:57: auch nutzen, um eben gemeinsam mit den Parlamentariern,

00:13:00: und jetzt sind wir wieder bei dem Thema den Druck auszuüben,

00:13:03: dass eine Wahlrechtsreform etc. eben auch umgesetzt wird.

00:13:06: Und das können wir, und wenn sich 700 Stimmen erheben,

00:13:09: kann man auch nicht sagen, man hätte es nicht gehört.

00:13:12: Jetzt habe ich Zweifel daran, ob diese 700 Stimmen alle dasselbe wollen.

00:13:16: Mit der EU und von der EU, wenn man hinschaut,

00:13:21: wie dieses neue Parlament mutmaßlich zusammengesetzt sein wird,

00:13:26: zumindest nachdem, was Umfragen befürchten lassen,

00:13:29: dann lässt mich das jetzt ehrlich gesagt nicht darauf hoffen,

00:13:32: dass man da so ein konstruktiven Ton finden wird.

00:13:35: Sie?

00:13:36: Na ja, also es ist jetzt eine Frage,

00:13:38: Sie sprechen an die Rechts- und Linksradikalen,

00:13:40: Sie sprechen unter anderem die AfD an

00:13:42: und die Rechten der Franzosen und der Italiener.

00:13:45: Also der Nationalisten, die ja eigentlich nur ins Parlament

00:13:48: sich wählen lassen wollen, um die jeweilige Nation,

00:13:51: das wie die AfD auch, wurde auch laut angekündigt,

00:13:54: aus der EU rauszuführen, also das große Friedens,

00:13:57: Wirtschafts- und Rechtsstaatsprojekt kaputt zu machen,

00:14:00: damit die Nationalisten sich im Anschluss wieder gegenseitig

00:14:03: antidemokratisch die Birne einhauen.

00:14:06: Und insofern ist das natürlich jetzt unsere Aufgabe,

00:14:08: über dieses Europa zu sprechen.

00:14:10: Im Wahlkampf, ich bin jetzt seit 6. Januar,

00:14:13: also mit dem Drei-Königstreffen der Liberalen unterwegs.

00:14:16: Ich werde auch im Anschluss, unser Gespräch,

00:14:18: fahre ich nach Aachen zur Universität dorthin,

00:14:20: wo mit jungen Leuten darüber zu sprechen,

00:14:22: um nochmal die Bedeutung hervorzuheben.

00:14:24: Was bedeutet eigentlich Europa, der 27 Staaten?

00:14:28: Woher kommen wir?

00:14:30: Und was haben Eltern, Großeltern eigentlich aufgebaut?

00:14:33: Das heißt, es ist auch unsere Aufgabe,

00:14:35: nicht nur zu Wahlen übrigens,

00:14:37: sondern auch zwischen den Wahlen,

00:14:39: gerade jungen Menschen klar zu machen,

00:14:41: was diese Union bedeutet.

00:14:43: Ich war überrascht, offen gestanden, es gibt eine Umfrage,

00:14:46: wo junge Leute, also diese Generation Z,

00:14:49: also die, die jetzt 17, 18, 19 sind, also in den 2000ern geboren,

00:14:53: Angst vor der Zukunft haben, sich vorstellen könnten,

00:14:57: die AfD oder Frau Wagenknecht zu wählen,

00:15:01: die ja das Gleiche in Dunkelrot ist.

00:15:04: Und das finde ich schon ein Aufschrei,

00:15:07: dass wir die ganz Jungen in Deutschland,

00:15:09: in Deutschland kann ab 16 gewählt werden,

00:15:11: wirklich darauf hin führen müssen,

00:15:13: was ist Europa und wer übrig bleibt?

00:15:15: Das Europa sind die Bürokraten in Brüssel, ich zitiere.

00:15:18: Oder da sitzen die Leute nur dick und fett

00:15:21: und machen sich die Taschen voll.

00:15:23: Wenn das übrig bleibt, dann wäre es in der Tat die Achste,

00:15:26: die an die Wurzel Europas gelegt wird.

00:15:29: Und da gehe ich jetzt mal auf das Korrikkulum zurück,

00:15:32: in den Schulen über Europa zu sprechen.

00:15:34: Also was das auch für uns an Freiheiten bringt.

00:15:36: Und wenn Sie mit jungen Leuten sprechen,

00:15:38: wenn ich jetzt nach Aachen fahre, die werden mir sagen,

00:15:40: ich habe mein Wetschlein Aachen gemacht.

00:15:42: Ich könnte mir aber auch vorstellen,

00:15:44: mein Master in Madrid oder in Paris oder Kopenhagen zu machen,

00:15:47: dass das eben kaputt ist und zerstört wird,

00:15:50: wenn die Rechten und die Hardcore-Linken eine Mehrheit bekommen.

00:15:53: Also um jetzt nochmal den Bogen zu bekommen,

00:15:56: es wird natürlich an der Wahrliegen,

00:15:58: dass wenn die Rechten und Linken klein sind,

00:16:00: relativ gesehen, dass die anderen eben zusammenwirken

00:16:03: und das durchzusetzen.

00:16:05: Und ich glaube, dass das Ziel da durchaus uns verbinden könnte.

00:16:09: Zwei Punkte hängen jetzt in der Luft, zwei Fäden.

00:16:13: Ich will die beide angucken.

00:16:15: Zum einen nochmal, wie wird sich das Parlament

00:16:17: muss maßlich zusammensetzen.

00:16:19: Aber ich will zunächst mal nachreichen.

00:16:21: Ich glaube, sie meinen, die Studie Jugend in Deutschland,

00:16:24: die gerade veröffentlicht worden ist,

00:16:27: befragt wurden mehr als 2000 junge Menschen

00:16:29: zwischen 14 und 29 Jahren

00:16:31: und herauskam in der Tat,

00:16:33: dass immer mehr von denen die AfD wählen wollen.

00:16:36: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre,

00:16:38: das ist ja dann immer die übliche Frage.

00:16:41: Und zwar wären das 22 Prozent der jungen Menschen,

00:16:44: die dann die AfD wählten.

00:16:46: Im Vergleich 2022 waren es noch 9 Prozent.

00:16:50: Da ist ja richtig was passiert.

00:16:52: Und nur noch 8 Prozent wollen die FDP wählen.

00:16:55: Das waren 2022 19 Prozent.

00:16:59: Und Sie haben es gesagt,

00:17:01: erstmals können jetzt schon 16-Jährige

00:17:03: bei der Europawahl mitmachen.

00:17:05: Sie haben sich dafür eingesetzt.

00:17:07: War das womöglich ein Fehler, weil es Ihnen nicht hilft?

00:17:10: Nein, nein, nein.

00:17:12: Also ich muss Ihnen sagen, Frau Wiede,

00:17:14: und ich glaube, Sie dürfen mich so einschätzen.

00:17:16: Also Wählergruppen anzusprechen in der Annahme,

00:17:18: das hilft dann den Liberalen.

00:17:20: Das sind Dinge, die ich kenne von der CDU.

00:17:23: Die als seinerzeit in den 70, 80er-Jahren Aussiedler,

00:17:27: auch aus Russland, nach Deutschland geholt wurden,

00:17:30: weil man davon ausgeht, die kommen aus der Sowjetunion.

00:17:33: Die werden alle CDU-Wähl, die werden nie wieder sozialistisch wählen,

00:17:36: weil das da so gruselig war.

00:17:38: Also da kann ich nur sagen, vorsicht an der Bahnsteigkante, nein.

00:17:41: Wir waren dafür, dass 16-Jährige wählen,

00:17:44: weil es geht um deren Zukunft.

00:17:46: Sie sind reif genug, sich eine Meinung zu bilden.

00:17:48: Das sind übrigens nur wenige Länder in Europa, die das machen.

00:17:51: Aber das hat nichts damit zu tun, ob das auf einen einzahlt.

00:17:54: Oder nicht.

00:17:56: Denn die größte Gruppe, derer, die wählen geht,

00:17:58: sind übrigens Frauen und Männer in meinem Alter.

00:18:00: Also 60 plus, die Babyboomer,

00:18:02: die wir immer noch so nett genannt werden.

00:18:04: Also das wäre zu kurz gegriffen.

00:18:06: Die Frage ist, wie sie politisch sozialisiert worden sind.

00:18:10: Wenn Sie mir den Link erlauben,

00:18:12: bei dieser ganz jungen Gruppe momentan, derer die 22%,

00:18:15: die holen ja sehr viel Information aus TikTok.

00:18:19: Wo ich mich seit wenigen Wochen tummeln,

00:18:22: nicht aus Begeisterung,

00:18:24: weil das ist schon, wie soll ich mal sagen,

00:18:26: das ist eigentlich etwas für Ärzten große Hirne.

00:18:29: Weil man eigentlich nur drei Worte braucht,

00:18:31: Subjekt, Predicate, Objekt,

00:18:33: und manchmal kann man das Predicate auch weglassen.

00:18:35: Aber das ist ja für uns seltsam, aber sie werden angesprochen.

00:18:38: Und da ist so ein Mann, wie der Spitzenkandidat der AfD Maximilian Krar,

00:18:42: Dritter auf, hat Millionen von Follower.

00:18:45: Und jetzt finde ich es interessant, der stellt sich dahin und erzählt den jungen Männern,

00:18:52: jeder dritte Mann hätte keine Frau in Deutschland,

00:18:54: und deswegen jeder Mann, der mal eine ordentliche Frau will, der müsse rechts sein.

00:18:58: Und dann wird also aufgeführt, was dieser Mann machen würde.

00:19:02: Da würden alle Frauen, die nur einigermaßen Tassen im Schrank haben,

00:19:06: und das sind die meisten Frauen dieser Welt, die würden einen Schreikampf bekommen.

00:19:10: Das also so etwas unter anderem verfängt, das muss uns extrem hellhörig machen.

00:19:16: Das ist auch mit ein Grund, warum unter anderem ich und andere gesagt haben,

00:19:19: wir müssen in dieses Medium rein.

00:19:22: Wir müssen die jungen Menschen dort abholen, wo sie sich tummeln.

00:19:25: Und das ist eben nicht, indem sie ARD und ZDF anschauen.

00:19:28: Das ist nicht, indem sie die Rheinische Post, Süddeutsche oder Frankfurter Allgemeine lesen.

00:19:32: Ich glaube, das ist auch ein Lernprozess.

00:19:34: Bis, ich gehe noch weiter, ich bin zutiefst überzeugt,

00:19:38: dass die Kultusminister der Länder, die Curricula,

00:19:41: also das Curriculum für die einzelnen Fächer,

00:19:43: zwingend verändern muss, um in der Realität dieser jungen Menschen anzukommen.

00:19:48: Wir leben noch in einer Zeit, als wir in die Schule gegangen sind,

00:19:52: vielleicht ein bisschen moderner, aber wir haben die Geschwindigkeit der Transformation,

00:19:57: auch der Wissenstransformation, sind wir nicht im Gleichschritt gelaufen.

00:20:01: Könnte ich jetzt viel zu sagen, zum Beispiel,

00:20:04: dass natürlich Medienkompetenz seit 8.423 Jahren gefordert wird,

00:20:09: dass man das in den Schulen anders und besser vermittelt,

00:20:12: ist aber irgendwie nicht richtig geschehen.

00:20:14: Jedenfalls hat es nicht verhindert, was sie beschreiben

00:20:17: an der Wirkung von TikTok und anderem.

00:20:20: Aber vielleicht ganz einfach und ganz im Schluss gefragt,

00:20:23: um das Kapitel dann kurz abzuhaken,

00:20:25: wenn sie dafür TikTok zu verbieten, wie es in den USA überlegt wird.

00:20:30: Ich wäre dafür, dass jede Plattform, auf der sich junge Leute tummeln,

00:20:33: jede Plattform rechtsstaatlich kontrolliert werden muss.

00:20:37: Und wenn dort Dinge passieren, die nicht rechtsstaatlich sind,

00:20:40: dann gehören sie verboten, es sei denn, sie verändern sich.

00:20:43: Und wir erleben selber, jetzt, wo ich eben in diesem Medium mich bewege,

00:20:47: wenn sie bestimmte Keywords nehmen, wie Meinungsfreiheit

00:20:51: oder gegen die chinesische Politik sich artikulieren

00:20:54: im Kontext des Ukrainekrieges, weil China Russland unterstützt,

00:20:57: dann werden sie eine Zeit lang, also wenn sie sowohl nicht ausgeschaltet,

00:21:02: aber ausgebremst, dass ihnen die Leute nicht folgen.

00:21:04: Das heißt, wir registrieren das bereits.

00:21:06: Und insofern, es gilt der Rechtsstaatsrahmen.

00:21:08: Und wenn der nicht gewährleistet ist,

00:21:10: dann muss man an diese Plattform ranken, unbedingt.

00:21:13: Ich komme zurück zu dem Gedanken,

00:21:15: wie wird dieses Europaparlament mutmaßlich zusammengesetzt sein.

00:21:19: Und da ist mir eine Studie aufgefallen,

00:21:21: die ich wirklich sehr, sehr bemerkenswert erfand.

00:21:25: Von der Denkfabrik European Council on Foreign Relations

00:21:29: ist sie gemacht worden, im Januar veröffentlicht worden.

00:21:32: Und die prognostiziert eben diesen heftigen Rechtsruck

00:21:35: bei den europawahlen erwarteten, sprunghaften Stimmenzuwachs

00:21:40: von rechtspopulistischen und anti-europäischen Parteien.

00:21:43: Und jetzt kommt's, weil die haben das jetzt mal ausbuchstabiert.

00:21:46: Laut der Studie würden diese Parteien bei der Europawahl

00:21:49: in mindestens neun EU-Mitgliedstaaten an erster Stelle stehen.

00:21:55: In neun Staaten an erster Stelle, darunter in Österreich, Belgien,

00:21:59: Frankreich, Ungarn, Italien und Polen.

00:22:03: Und in neun weiteren Ländern kämen sie auf den zweiten oder dritten Platz.

00:22:08: Unter anderem in Deutschland, Estland, Lettland,

00:22:10: Finnland, Schweden und Spanien.

00:22:13: Das sind also 18 von 27 Staaten, in denen diesen Parteien

00:22:17: entweder auf eins, zwei oder drei landen.

00:22:20: Und die Studie fasst dann zusammen,

00:22:22: dass Kräfteverhältnis zwischen links und rechts im Europäischen Parlament

00:22:26: wird sich drastisch nach rechts verschieben.

00:22:29: Wie wollen Sie mit den Parteien da in irgendeiner Weise

00:22:34: konstruktiv zusammenarbeiten?

00:22:37: Ja, das ist, ich finde diese Studie auch, sie überrascht mich nicht.

00:22:42: Sie überrascht mich nicht, aber es ist dann doch noch mal ein Hammer,

00:22:45: wenn man es dann noch mal sich auf der Zunge zergehen lässt.

00:22:47: Die Frage ist berechtigt.

00:22:49: Gestern habe ich auch vor von der Leintesbezüglich damit in Maastricht

00:22:53: bei der Debatte damit konfrontiert, inwieweit sie mit den Rechten

00:22:57: zusammenarbeiten würde.

00:22:59: Und sie hat gesagt, es käme darauf an, aus welchem Land und wer das sei.

00:23:02: Das hat große Unruhe ausgelöst unter den Studentinnen,

00:23:06: Studenten, die anwesend waren.

00:23:07: Ich habe sie dann damit konfrontiert, ob sie auch mit Herrn Krah

00:23:10: zusammenarbeiten würde.

00:23:12: AfD-Spitzenkandidat, der gerade den Vorwurf ausgesetzt ist,

00:23:16: seine Mitarbeiter hätte für China studioniert und sein Kollege

00:23:19: hätte Russisches Geld bekommen, dann mal zur Einordnung mit welchen

00:23:22: Früchtchen wir es dazu tun haben.

00:23:24: Und das hat sie gesagt, das würde sie nicht tun.

00:23:26: Wenn eine Kommissionspräsidentin also das Gefühl vermittelt,

00:23:30: es gibt doch einen Schlupfloch, dann wird es allerdings in der Tat

00:23:34: spooky, weil es kann mit radikalen Parteien keine Zusammenarbeit geben.

00:23:39: Ich habe das auf kommunaler, auf Landes, auf Bundesebene immer wieder gesagt,

00:23:43: wenn der Riss in der Mauer ist, wird das Wasser sich irgendwann

00:23:46: Raum suchen und dann wird die Mauer zusammenfallen.

00:23:49: Ich warne davor.

00:23:50: Die Frage wird also sein, nicht mit denen zusammenzuarbeiten,

00:23:54: sondern sind die anderen in der Lage, eine Mehrheit,

00:23:57: eine demokratische Mehrheit aufzubauen, bei aller Unterschiedlichkeit,

00:24:02: die aber ein Ziel haben muss, eben welche Rolle wird Europa in

00:24:06: Zukunft spielen.

00:24:07: Was machen wir mit Bürokratie?

00:24:08: Und das ist nicht einfach, vielleicht noch Einsatz.

00:24:12: Es ist ganz interessant gerade zu beobachten, dass die französischen

00:24:16: Rechten, also Frau Le Pen überhaupt keinen Bock hat,

00:24:20: mit der AfD irgendetwas gemein zu haben.

00:24:23: Das waren nämlich vor Monaten noch anders, weil die die Skandale um die

00:24:27: AfD Geld, diese Beziehung zu Putin, all das, was ich gerade

00:24:32: aufgeführt habe, das finden die auch irgendwie fies und wollen

00:24:36: sich sozusagen die bürgerliche Mitte verschieden.

00:24:39: Das ist auch eine interessante Beobachtung.

00:24:43: Das heißt, es ist offensichtlich rechts nicht gleich rechts und links

00:24:47: nicht gleich links.

00:24:48: Aber nochmal, es kann mit Radikalen, mit Nationalisten,

00:24:53: mit denen, die dieses europäische Parlament oder die Union

00:24:57: zerstören wollen, was darauf fußt, dass am Ende auf den Trümmern

00:25:01: des Zweiten Weltkrieges diese Staaten sich gefunden haben.

00:25:05: Wenn das das Ergebnis ist, dann müssen wir Demokraten allerdings

00:25:08: deutlich enger zusammenarbeiten als das bisher geschehenes.

00:25:11: Ja, vielleicht zur Erklärung, kurz mal hingeguckt.

00:25:14: Es gibt also verschiedene Fraktionen im Europaparlament,

00:25:17: um einzuordnen auch, was Frau von der Leyen da gesagt hat.

00:25:21: Ich komme nämlich jetzt gerade zu offen verdacht, weil dazu passen würde,

00:25:25: was sie über Frau Le Pen gesagt haben.

00:25:28: Also es gibt diese ganz Rechten, die arbeiten zusammen in der

00:25:32: Fraktion Identität und Demokratie, Idee.

00:25:35: Dazu gehört die AfD auch.

00:25:38: Dann gibt es die Rechtskonservative Fraktion ECR,

00:25:42: das sind die europäischen Konservativen und Reformer.

00:25:46: Und danach ist Frau von der Leyen gestern in dieser Debatte,

00:25:50: bei der sie auch dabei war, in Maastricht, mehrfach gefragt

00:25:54: worden, wie sie es mit denen halten würden.

00:25:56: Und in der Tat, sie hat dann gesagt, sie haben es zitiert,

00:25:59: es hängt sehr stark davon ab, wie sich das Parlament zusammensetzt

00:26:02: und wer in welcher Fraktion sitzt.

00:26:05: Das traf auf Unmut.

00:26:07: Es gab ein empörtes What, des grünen Spitzenkandidaten

00:26:11: Bas Eichhaut, der gesagt hat, wie bitte?

00:26:13: Ganz ehrlich, ihr muss ja klar sein, wer in dieser Fraktion

00:26:16: drin sitzt, denn dazu gehört zum Beispiel die

00:26:19: postfaschistische Fratellar Ditalia von Giorgia Meloni.

00:26:24: Aber ihre Überlegung aufgeriffen kann es sein,

00:26:27: dass Frau von der Leyen, da müsste man ihr jetzt was positive

00:26:30: so unterstellen wollen, weiß nicht, ob sie das tun.

00:26:32: Dass sie überlegt hat, warte mal, abwarten, ob da auch die

00:26:35: Truppe von Frau Le Pen drin sitzt.

00:26:38: Und dann sage ich, ich kann auf keinen Fall mit denen arbeiten

00:26:41: oder hätten sie erwartet, dass sie sofort komplett ausschließt,

00:26:45: überhaupt irgendwas mit denen zu machen.

00:26:47: Auf den Bestand haben wir es erwartet, weil sie haben ja gerade

00:26:51: gesagt, es gibt also die Rechten und die Extremrechten,

00:26:54: wobei das sind ja nur Marginalien.

00:26:57: Alle, auch die Postfaschisten, alle sind ja letztendlich daran

00:27:01: interessiert, ihr eigenes Land sozusagen wieder dem europäischen

00:27:04: Gedanken vorzuziehen.

00:27:06: Und das ist ja brandgefährlich.

00:27:08: Und deswegen fand ich die Antwort von Frau von der Leyen

00:27:11: bemerkenswert, weil es impliziert, das war es übrigens auch mal,

00:27:15: ihr Parteichef Friedrich Merz gesagt hat, es müsse Themen geben,

00:27:19: da müsste man auch, da ging es seinerzeit um die Diskussion

00:27:22: in den Kommunen, in den Ländern mit der AfD zusammen zu arbeiten.

00:27:26: Es müsse auch eine Möglichkeit geben, sich da eine Tür offen zu lassen.

00:27:30: Und ich kann Ihnen nur sagen, man darf nicht mal ein C in diese

00:27:34: Tür stecken, weil sie nachher eben sich auch mit daran beteiligen

00:27:39: und zwar indirekt, dass die Bedeutung dieser Parteien größer wird.

00:27:43: Sie werden geadelt durch eine Kommissionspräsidentin,

00:27:46: wenn Frau von der Leyen es denn überhaupt noch werden sollte.

00:27:49: Und deswegen war ich und dieses A und Raunen, fand ich nachvollziehbar.

00:27:53: Deswegen habe ich auch nochmal nachgefasst, wie weit dieser

00:27:57: Radius denn geht von der ECR auf die Identitären,

00:28:01: weil ich kann nur sagen auch Frau Le Pen, die sich jetzt bürgerlich

00:28:05: gibt, weil sie merkt, dass sie in Frankreich mit den Hardcore-Themen

00:28:09: nicht vorankommt. Also sie zieht sich gerade ein bürgerliches

00:28:12: Mäntelchen an und ich finde, wir müssen unsere Naivität und deren

00:28:16: Ziele, jede Partei hat ja ein Ziel, das kann man ja nachlesen.

00:28:19: Und da war ich jetzt schon ohne Frau von der Leyen national

00:28:23: treten zu wollen, sehr überrascht, wie sie sich da durchgehangen hat.

00:28:27: Also wir halten fest, sie würden auf keinen Fall mit der ECR-Fraktion

00:28:31: irgendwas gemeinsam machen.

00:28:33: Sie können mit Faschisten und Postfaschisten, können sie

00:28:36: nichts gemeinsam machen. Ich kann immer nur wiederholen und ich glaube,

00:28:40: das versuche ich auch den jungen Leuten klar zu machen.

00:28:43: Diese europäische Union ist historisch ja fast ein Wunder.

00:28:47: Das Staaten, die sich in zwei Weltkriegen bekriegt haben,

00:28:51: überhaupt in der Lage waren, diese Union, die ja erst eine

00:28:55: gemeinschaftbar, eine Wirtschaftsgemeinschaft, eine

00:28:57: gemeinschaftbar zu kreieren.

00:28:59: Und als Liberale, als Freie Demokraten ist das für mich und

00:29:02: bei meinem Geschichtsverständnis, was ich habe, das Nationalisten,

00:29:05: dieses, gebildet diese Union, der Freiheit, des Friedens, der

00:29:09: gemeinsamen Wirtschaft kaputt machen wollen, sich einboren in das

00:29:13: System, um es voll innen kaputt zu machen, mit denen zusammen

00:29:16: zu arbeiten, definitiv nein.

00:29:19: Eins ist mir aufgefallen, Frau Strackzimmermann und ich

00:29:22: unterstelle Ihnen gar nicht, dass Sie keine Europafreundin

00:29:25: wären, sondern ich nehme Ihnen ab, dass Sie begeistert sind.

00:29:29: Ich höre aber aus dem, was Sie sagen, wenig konstruktiven Ansatz,

00:29:33: wenn bei mir auch und nicht zuletzt ankommt, dass Sie eine chronische

00:29:39: Regelungswut anprangern und dafür dann die schon verschiedenli jetzt

00:29:44: angesprochene Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

00:29:47: angreifen.

00:29:49: Ist das, also dieser destruktive Ansatz, nicht auch eher was auf die

00:29:53: Mühlen der EU-Skeptiker und EU-Feinde?

00:29:57: Nein, also wir haben eine Regulierungswut, die ist

00:30:00: objektiv da.

00:30:02: Es ist eben nicht nur die Regel, eine Regel, sondern zwei, drei

00:30:05: und wenn möglich auch vier.

00:30:07: Und das Parlament hat ja zurückgefragt die Kommission, ob Sie

00:30:10: eigentlich wissen, wie viele Regeln Sie auf den Weg gebracht haben

00:30:13: oder viele, die dort gearbeitet haben, jetzt erstmal sich durchwühlen

00:30:17: und fragen, was eigentlich passiert.

00:30:19: Wir können ja nicht in einen Wahlkampf ausklammern, was nicht

00:30:22: funktioniert.

00:30:24: Das heißt, ich bin eine, sonst würde ich ja nicht für dieses Parlament

00:30:26: kandidieren, bin zutiefst überzeugt, dass dieser europäische Gedanke

00:30:30: etwas ganz Großartiges ist.

00:30:33: Freiheit, Binnenmarkt, keine Zölle, Reisen, wo man will,

00:30:36: Freizügigkeit, dass unsere jungen Leute überall Leben arbeiten

00:30:39: können.

00:30:41: Das ist etwas Wunderbares.

00:30:43: Erst mal der flammende Beginn.

00:30:45: Und wenn ich jetzt rede vor einer Gruppe von Menschen, fange ich genau

00:30:48: damit an, unmissverständlich.

00:30:50: Und damit eben genau dieser freiheitliche Gedanke nicht zerstört

00:30:53: wird, müssen wir selbstkritisch-europäisch sehen, wie ist die EU

00:30:57: gestartet und wo ist sie heute?

00:31:00: Und sie ist heute ein Regulierungsmonster geworden.

00:31:03: Und wenn ich Frau von der Leyen im Wahlkampf diesbezüglich

00:31:06: verantwortlich mache, sie ist die Chefin im Ring.

00:31:09: Und ein Kommissionspräsident oder eine Präsidentin ist unglaublich

00:31:12: mächtig, weil sie entscheidet, das sagte ich vorhin, dass die

00:31:16: Initiative aus dem Parlament nicht kommen kann, sie entscheidet,

00:31:19: was wird auf den Tisch gelegt, über was sprechen wir.

00:31:22: Und Frau von der Leyen hat vor fünf Jahren den Parlamentariern vor

00:31:26: ihrer Wahl angeboten, was, wenn sie merkt, das sind Themen, die

00:31:30: den Parlamentariern unter den Nägeln brennen, dass sie von sich

00:31:33: aus sagt, okay, ihr wollt darüber sprechen, ich kümmere mich,

00:31:36: nichts davon passiert ist.

00:31:38: Das heißt, wir müssen schon bei aller Begeisterung die Schwächen

00:31:42: aufklären, damit wir aus den Schwächen wiederum lernen, weil

00:31:45: sonst ist unsere Begeisterung in der Tonne, denn wenn das weiter

00:31:49: so läuft, dass Leute, was ich sagte, Brüssel, oh Gott, wenn sie

00:31:53: mit Mittelstädter drehen, die kriegen, denen stehen die Haare

00:31:56: zu Berge und deswegen mag das destruktiv klingen, ist es aber

00:32:01: nicht. Wer dieses Europa will, so wie es, die Idee ergibt, so wie es

00:32:05: gegründet wurde, der muss auch zeigen, was ist aus Europa der

00:32:09: Nation geworden und was können wir verändern und das thematisiere ich,

00:32:13: denn und da kann Frau von der Leyen sich jetzt nicht vom Acker

00:32:16: machen, sie ist nur mal die Chefin im Ring gewesen und muss sich

00:32:20: auch rechtfertigen, wie wir alle, Frau Will, für das, was wir Gutes

00:32:23: und Weniger Gutes gemacht haben und sie hat diese Regulierung bis zum

00:32:28: Exzess mitgetragen und da muss man sie jetzt schon mal fragen, warum sie

00:32:32: es getan hat. Viele Deutsche übrigens unternehmen, wir sind die

00:32:35: stärkste Volkswirtschaft in Europa, haben sich erhofft, dass wenn

00:32:38: eine deutsche Kommissionspräsidentin wird, die Arbeitsministerin war,

00:32:42: die also durchaus weiß, was das für Effekte auf die Wirtschaften

00:32:45: damit auf Arbeitsplätze hat, da muss ich sagen, da hätte schon mehr

00:32:49: kommen können. Jeder von uns und jede von uns ist gefordert, damit

00:32:54: zu machen, wir haben ja die Chance, am 9. Juni zur Wahl zu gehen,

00:32:58: blödes aber, dass wenn die Menschen gefragt werden, ob sie sich für

00:33:02: die Europawahl interessieren, dann sind da jedenfalls nicht 100%

00:33:06: begeistert, im Gegenteil, das ZDF-Politbarometer von Mitte

00:33:10: April hat das gemacht, die haben gefragt, wie groß denn das Interesse

00:33:14: sei und da sagen 11%, nur 11% ist ein sehr starkes Interesse bei ihnen,

00:33:20: 32% sagen, sie fühlten ein starkes Interesse, aber 46% sagen, ihr

00:33:27: habt ja Interesse an der Europawahl, sei weniger stark und 10% sagen

00:33:31: sogar, das interessiert sie überhaupt nicht. Also wie kriegen sie die

00:33:36: 56% die im Moment noch sagen, nö, weniger starkes Interesse bzw. gar

00:33:42: keins, wie kriegen sie die Stimmung, nach allem was wir jetzt auch ja

00:33:47: in unserem Interview und Gespräch besprochen haben, wie kriegen sie

00:33:51: die noch begeistert zur Wahl? Ja, also die 10% lasse ich mal, weil das

00:33:56: betrifft alle Wahlen. Wir haben eine große Anzahl von Menschen in

00:33:59: Deutschland, die sich von Politik abwenden, sei es, dass sie nicht

00:34:03: damit zufrieden sind, sei es, dass sie die Themen der Komplexität

00:34:06: nervt, was auch immer. Ich glaube sogar, dass diese Gruppe etwas

00:34:09: größer ist, traurig genug übrigens. Das heißt, wenn 46% sagen,

00:34:14: wenig Interesse, aber 43%, ich nehme mal die ersten Zahlen zusammen,

00:34:18: dann ist das eine gespaltene Lage und jetzt genau, jetzt greift es

00:34:22: eben, sie sind eine erfahrene Journalistin, ich habe jetzt

00:34:25: nicht, weil ich persönlich auch involviert bin in den Wahlkampf,

00:34:28: noch nie erlebt, dass das Thema Europa, Europawahl so medial präsent

00:34:32: ist im Vergleich zu 15 oder 15 Jahren. Ich habe 10 Jahre den

00:34:36: Kreisverband der FDP Düsseldorf geführt und ich weiß, das Wahlkämpfer

00:34:41: innen und Kämpfer sich immer Gedanken machen, welche Wahl ist wichtig.

00:34:44: Ein Bundestagswahl, da brennt natürlich die Hütte, dann kommt Landtagswahl,

00:34:47: Kommunalwahl auch wichtig, wenn es um etwas geht, was ein unmittelbar

00:34:50: Vor- oder Haustür berührt. Europawahl lief dann so unter Ferner liefen,

00:34:54: machen wir es schnell vor den Sommerferien. Das kann ich Ihnen sagen,

00:34:58: hat sich verändert, das heißt auch das Engagement allein, die FDP hat

00:35:02: 197 Kandidatinnen und Kandidaten in ganz Deutschland, die ja wissen,

00:35:07: dass sie nicht ins Parlament kommen, also eher unwahrscheinlich,

00:35:10: die sich aber engagieren für dieses Thema und das wird unsere Aufgabe

00:35:14: sein, die die in der Politik sind, die Bürger, die interessiert sind,

00:35:18: die Journalisten, die darüber sprechen, den Menschen klar zu machen,

00:35:22: was das für uns bedeutet und ich glaube, dass der Angriff Russlands auf die

00:35:26: Ukraine, wo es auch um Sicherheit geht, Sicherheit ist ja mehr als Militär,

00:35:30: dass die Frage Corona, Gesundheitssicherheit, Resilienz gegenüber

00:35:36: Feinden der Demokratie, aber auch Feinden der Gesundheit, darf ich das mal so sagen,

00:35:40: dass das in den letzten Jahren, seit 2020 bis heute, die Menschen deutlich

00:35:45: mehr diese Zusammenhänge klar geworden sind, aber machen wir uns nichts vor,

00:35:50: wir müssen darüber reden auf allen Kanälen und ich bin froh, dass wir das tun,

00:35:54: auch dass ich gelegen hat, mit Ihnen darüber zu sprechen, weil das ist nicht

00:35:58: einfach, aber wenn wir, und da gibt es eben die Umfrage 70 Prozent, sagen,

00:36:03: es ist eine wichtige Wahl, wenn also ein Groß, also wenn mehr zur Wahl gehen als

00:36:06: letztes Mal, dann ist uns glaube ich einiges gelungen, aber hier kann

00:36:10: sich keiner in Liegestuhl legen und sagen, der Drops ist gelutscht, das ist

00:36:14: ja definitiv nicht.

00:36:16: Frau Strackzimmermann, vielen Dank für das Gespräch, vielen, vielen Dank.

00:36:19: Aufgezeichnet haben wir dieses Interview, damit man das auch alles richtig zuordnen

00:36:23: kann, am Dienstag Mittag, dem 30. April. Die Redaktion hatte Gina Inslin und

00:36:28: Olga Padlan, Executive Producerin Ismarie Schiller, Audio Producer sind Patrick

00:36:34: Zahn und Maximilian Frisch. Sound Design hat Hannes Husten, Vermarktung macht

00:36:39: für uns die Mitvergnügen und das Ganze ist eine Produktion der WMedia.

00:36:42: Und wenn euch und Ihnen das gefällt, was wir machen, dann empfehlt uns doch gerne

00:36:47: weiter und über ein Abo würden wir uns natürlich auch sehr freuen. Danke, bis

00:36:51: bald.

00:36:53: [Musik]

00:36:58: [Musik]

00:37:02: [Musik]

00:37:05: Copyright WDR 2021

00:37:07: [Lauter Koffer]