Wird dieser Wahlkampf der Lage gerecht? Mit Julia Reuschenbach
Shownotes
Diese Folge wurde am Mittwoch, den 12. Februar 2025 aufgezeichnet und der Redaktionsschluss für diese Folge war Mittwoch, 12. Februar 2025, um 16:00 Uhr.
Der Wahlkampf läuft auf Hochtouren, doch welche Impulse setzen die großen Parteien wirklich? Die Union präsentiert sich als Alternative zur Ampel, doch mit einem Programm, das erhebliche Finanzierungsfragen aufwirft. Friedrich Merz setzt auf Migration und wirtschaftliche Kompetenz – doch reicht das für einen überzeugenden Kurswechsel? Die SPD wirkt inhaltlich blass und kämpft gegen schlechte Umfragewerte, während Olaf Scholz auf ein “Weiter so” setzt. Die Grünen stehen vor der Herausforderung, mit eigenen Themen wie Klimapolitik und Sozialstaat zu punkten – doch erreicht ihre Botschaft die Wählerinnen und Wähler?
Während Hunderttausende gegen den Rechtsruck demonstrieren, setzen nicht nur die Union, sondern auch SPD und Grüne auf eine restriktivere Migrationspolitik. Könnte das einer der Gründe sein, warum Die LINKE derzeit wieder an Zulauf gewinnt?
Doch wird dieser Wahlkampf den Herausforderungen tatsächlich gerecht, vor denen das Land steht? Ist die politische Mitte zu unentschlossen, um sich gegen den Populismus zu behaupten? Welche Konzepte fehlen, um die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen? Und warum scheint der Wahlkampf so wenig Bewegung in die Umfragen zu bringen?
Gemeinsam mit der Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach analysiert Anne Will in dieser Folge die Dynamik dieses Wahlkampfs. Wir sprechen über die Frage, ob nach der Wahl überhaupt noch konstruktive Zusammenarbeit möglich ist – oder ob sich die verhärteten Fronten weiter verfestigen. Nach der Wahl muss eine Koalition entstehen – aber mit wem? Und zu welchem Preis?
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WICHTIGE QUELLEN:
ZEIT ONLINE, Die letzte Bundestagsdebatte vor der Wahl, 11.02.2025
SPD, Kevin Kühnert hält letzte Rede im Bundestag - emotionaler Abschied, 11.02.2025
ZEIT ONLINE, Bundestagswahl: Wer passt zu wem?, 10.02.2025
Tagesschau, Das TV-Duell – Olaf Scholz gegen Friedrich Merz in voller Länge, 10.02.2025
DER SPIEGEL, Wahlkampf in der Retrofalle, 10.02.2025
ZEIT ONLINE, Autoritarismus-Studie: Zufriedenheit mit der deutschen Demokratie nimmt stark ab, 13.11.2024
EMPFEHLUNGEN: Julia Reuschenbach, Korbinian Frenzel: Defekte Debatten. Suhrkamp, 2024.
IMPRESSUM Redaktion: Sven Knobloch, Teresa Sickert
Executive Producerin: Marie Schiller
Producer: Max Frisch, Lukas Hambach, Patrick Zahn
Sounddesign: Hannes Husten
Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH
Eine Produktion der Will Media GmbH
Transkript anzeigen
00:00:00: Gegen wen würden Sie mal in einem TV-Duell antreten wollen?
00:00:03: Gegen Friedrich Merz.
00:00:04: Wirklich?
00:00:05: Ja.
00:00:06: Warum?
00:00:06: Wir hatten neulich eine Begegnung bei Maybrit Ilna.
00:00:09: Und da blieb so vieles offen, was ich so gerne noch mit ihm besprochen hätte.
00:00:13: Und ich glaube, das würde ich gerne mal machen.
00:00:15: Und ein bisschen das Wahlprogramm und die Dinge, die oft so schnell gesagt werden.
00:00:20: Hinterfragen, kritisieren, gemeinsam durchdenken.
00:00:24: Gerne konstruktiv, aber ich glaube, wir hätten uns was zu erzählen.
00:00:27: Guck, da kommt manches von vor jetzt gleich.
00:00:29: [Musik]
00:00:35: Politik mit Anne Will.
00:00:37: [Musik]
00:00:49: Hallo und herzlich willkommen. Neue Folge unseres feinen Politik-Podcasts.
00:00:53: Freut mich sehr, dass ihr alle mit dabei seid.
00:00:55: Dass ihr uns empfehlt, dass ihr von uns schwärmt,
00:00:58: wenn ihr das denn tut.
00:00:59: Ich würde mich jedenfalls wahnsinnig freuen.
00:01:01: Und freue mich, dass ihr dabei seid
00:01:04: und dass die Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach wieder da ist.
00:01:07: Herzlich willkommen.
00:01:08: Ja, danke, dass ich wieder hier sein darf.
00:01:10: Ich freu mich auch.
00:01:11: Ich freu mich auch.
00:01:11: Denn darf. Also wir freuen uns wirklich, wirklich sehr.
00:01:15: Julia Reuschenbach möchte ich noch gerne vorstellen,
00:01:17: forscht und lehrt am Ottosur-Institut für Politikwissenschaft.
00:01:22: Dem liebevoll sogenannten OSI an der FU Berlin.
00:01:25: Und beschäftigt sich dort schwerpunktmäßig mit Parteien,
00:01:28: Wahlen und politischer Kommunikation.
00:01:30: Das passt alles perfekt zu der Frage,
00:01:33: über die ich mit ihr nachdenken will.
00:01:35: Nämlich wird dieser Wahlkampf der Lage gerecht.
00:01:40: Der Lage, in der unser Land steckt,
00:01:42: passt der Wahlkampf inhaltlich dazu stilistisch personell
00:01:47: und gibt er also die richtigen Antworten.
00:01:49: Das will ich herausfinden.
00:01:51: Und ich will auch sagen, wir zeichnen,
00:01:54: weil im Moment sich wahnsinnig viel ganz schnell verändert.
00:01:57: Am Mittwoch, den 12. Februar, ging 17 Uhr auf.
00:02:01: Das heißt, die letzte Bundestag-Debatte dieser Legislaturperiode
00:02:06: liegt hinter uns, aber auch das sogenannte TV-Duell,
00:02:10: das gerne mal als einer der Höhepunkte eines Wahlkampfs
00:02:13: verstanden wird.
00:02:14: Auch das haben wir jetzt schon gesehen.
00:02:16: Hat Ihnen dieses Duell irgendwas Neues, was überraschendes gezeigt?
00:02:22: Ich fand es doch interessanter als erwartet.
00:02:26: Ich hatte so ein bisschen die Befürchtung im Vorfeld,
00:02:30: gerade angesichts der Diskussionen im Deutschen Bundestag
00:02:33: in den Wochen vorher über das Abstimmungsverhalten der CDU
00:02:38: und diese wechselseitigen Schuldzuweisungen, die da stattfanden.
00:02:44: Dass es vielleicht so ein Duell würde, bei dem man so rumtastet
00:02:48: und wo keiner sich wirklich raustrout,
00:02:52: der eine als Herausforderer, der in den Umfang sehr gut dasteht,
00:02:55: weil er vielleicht befürchtet, dass man zu viel verlieren kann,
00:02:58: dass man zu schnell vielleicht doch irgendwas Falsches sagt,
00:03:01: der andere aber vielleicht auch weil er zu sehr den Staatstragen
00:03:04: den Kanzler geben will, weil das irgendwie so etwas zugespitzt,
00:03:08: vielleicht das Einzige ist, was man gerade so als Idee noch hat.
00:03:11: Und dafür fand ich, war es dann doch sehr schlagfertig
00:03:17: und sehr wortwechselreich und auch inhaltlich so.
00:03:22: Und wir können ja noch mal drüber sprechen, was machen so TV-Duelle
00:03:25: für Wahlkämpfe überhaupt.
00:03:27: Aber schon so, dass ich sagen würde, man konnte sehr deutlich sehen,
00:03:31: dass alleine bei den beiden, und jetzt sind ja die anderen Kanzlerkandidaten
00:03:35: gar nicht dabei gewesen, unglaublich unterschiedliche Angebote auf dem Markt sind.
00:03:41: Also hier braucht keiner mehr sagen, da unterscheidet sich ja keiner mehr vom anderen,
00:03:46: sondern das finde ich war sehr, sehr deutlich am Sonntag.
00:03:48: Also ich fand das auch ein interessantes Duell.
00:03:51: Ich habe das gerne gesehen.
00:03:52: Ich fand auch, dass Sandra Meilsperger und Maybrit Ilner das richtig gut moderiert haben.
00:03:56: Denn das denkt man, das käme so aus sich selbst heraus,
00:04:00: dass die beiden sofort in der Art Schlagabtausch waren
00:04:04: und sich wirklich über ihre jeweiligen Punkte da,
00:04:07: ja, von mir ist auch in die Haare gekommen, sind.
00:04:10: Das war super.
00:04:11: Das fand ich auch.
00:04:12: Fand ich zum Beispiel etwas Überraschendes.
00:04:14: Ich habe es mir, ehrlich gesagt, langweiliger vorgestellt.
00:04:16: Statischer, so Frage.
00:04:18: Habe ich bei Ihnen aber auch dann rausgehört, dass das ein bisschen der Befürchtung war.
00:04:22: Ganz genau.
00:04:23: Sind die bevorstehenden Vierer-Formate, die wir jetzt noch vor uns haben,
00:04:27: an denen dann neben Olaf Scholz und Friedrich Merz auch Robert Habeck und Alice Weidel teilnehmen werden?
00:04:32: Ist das dann, keine Ahnung, das ehrlichere Format, weil wir ja danach fragen wollen,
00:04:40: wird dieser Wahlkampf der Lage gerecht?
00:04:43: Dann muss man natürlich sagen, ein behaupteter, ein inszenierter Zweikampf
00:04:48: wird eventuell der Lage nicht ganz so gerecht.
00:04:50: Ja, das war ja eine große Debatte.
00:04:53: Wer wird wohin eingeladen gegen wen und wer will mit wem reden und wer nicht?
00:04:58: Ich weiß jetzt nicht, ob ich sagen würde,
00:05:02: das ist per se jetzt dann ein besseres Abbild der Lage,
00:05:06: denn es ist ja schon mit Blick auf die Umfragen durchaus so,
00:05:10: dass die Wahrscheinlichkeit, dass entweder Friedrich Merz oder Olaf Scholz
00:05:14: mit einem klaren Pro bei Friedrich Merz, wenn man nach den Umfragen geht,
00:05:18: am Ende Bundeskanzler würde, die ist höher als das Robert Habeck oder Alice Weidel ist würden.
00:05:23: Weil mit der AfD keiner zusammenkommt.
00:05:26: Genau.
00:05:27: Und wenn das denn noch gilt.
00:05:28: Genau.
00:05:29: Und die Grünen könnten zwar womöglich, auch darüber sprechen wir ja vielleicht noch
00:05:33: auch noch mal in so eine Regierung reingeraten,
00:05:35: aber das Habeck-Kanzler würde scheint auch aus Konstellationsgründen eher sehr unwahrscheinlich.
00:05:40: So. Und ich glaube aber schon, dass es insofern ein Abbild der Lage ist,
00:05:46: wenn dann die vier aufeinandertreffen, dass wir eben darin etwas abgebildet sehen,
00:05:50: was nun mal die Lage im Land hergibt.
00:05:52: Nämlich ein sehr fragmentiertes Parteinsystem.
00:05:56: Wir sehen eine Ausdifferenzierung in den Themen,
00:06:00: auch mehr Menschen, die bereit sind, unterschiedliche Parteien zu werden,
00:06:04: also höhere Wechselbereitschaft.
00:06:06: Und es schlägt sich ja auch nie darin, dass manche Parteien,
00:06:09: die Grünen jetzt das zweite Mal die AfD zum ersten Mal überhaupt,
00:06:12: Personen zu Kanzlerkandidaten kühlen, weil sie sich in einer Situation sehen,
00:06:16: von der aus sie glauben, diesen Anspruch überhaupt erst formulieren zu können.
00:06:20: Das macht man ja nicht als Partei am ersten Tag.
00:06:23: Und insofern glaube ich, ist es schon wichtig zumindest,
00:06:26: dass diese Formate jetzt auch stattfinden werden.
00:06:29: Aber sie sind natürlich auch eine große Herausforderung.
00:06:32: Also für alle vier, weil, ich meine, Sie haben ja mal ein Talk moderiert.
00:06:38: Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich zu zweit am Tisch stehe
00:06:41: und wir uns jetzt hier einen Schlagabtausch liefern können.
00:06:43: Oder ob ich ihn mir im Grunde mit gleich drei Leuten liefern muss.
00:06:47: Und gesteuert durch Moderation natürlich auch nicht einfach da vonlaufen kann
00:06:51: mit meinen Worten, wo ich vielleicht hin will,
00:06:53: sondern eben auch eine Vorgabe habe, worüber wird gesprochen und anderes.
00:06:58: Ob das für das, was TV-Duelle übrigens vor allem für viele Menschen leisten,
00:07:03: nämlich Informationsgehalt.
00:07:06: Also, dass man ein besseres Verständnis davon bekommt, wer für was steht.
00:07:11: Ob es dafür gut ist, in so größeren Runden, also in vierer Runden zu sprechen,
00:07:17: da tue ich mich noch ein bisschen schwer mit.
00:07:19: Man könnte befürchten, dass es eher ein,
00:07:22: sich ständig fallen sich alle ins Wort wird
00:07:25: und keiner wirklich seinen Punkte auch mal zu Ende denken kann.
00:07:28: Aber ich lasse mich da auch total gerne eines besseren Belehren,
00:07:31: die ersten vierer Runden nicht auf der Ebene der Kanzlerkandidatin,
00:07:36: sondern zum Beispiel der kleinen Parteien, wie jetzt Anfang dieser Woche bei
00:07:40: Louis Klamot beharrt, aber fair oder so, finde ich deuten an, dass es doch irgendwie geht.
00:07:44: Und das finde ich für die Frage, dass Menschen sich informieren wollen
00:07:48: über das Angebot, die Parteien, die Kandidaten erst mal total gut.
00:07:53: Also, kann ich auch nur so sagen, dass natürlich Talk-Formate,
00:07:56: dafür habe ich auch lange eins moderiert, die können ja was.
00:08:00: Und trotzdem mag der Witz manchmal in der Konzentration,
00:08:04: in dem ruhigeren, tiefergehenden Format liegen, wie wir es hier zum Beispiel jetzt fein
00:08:10: in einem süßen Podcaststudio haben.
00:08:12: Das ist natürlich was ganz anderes, da kann man im Gedanken nachhängen.
00:08:17: Aber es geht ja auch sicherlich darum, so gucke ich zumindest,
00:08:21: wie schlagfertig jemand ist, wie schnell jemand ist, wie klar er in seinen Sätzen auch ist.
00:08:30: Also, wenn jemand 8.423 Sätze für eine Sache braucht,
00:08:34: dann habe ich Zweifel, ob der das wirklich durchdrungen hat und das auf eine Formel bringen kann.
00:08:39: Deshalb, ich will zurückkommen zu dem, was Sie beobachtet haben, im TV-Duell am zurückliegenden Sonntag.
00:08:44: Da hatten Sie gesagt, große Sache, man hat die Unterschiede rausgehört.
00:08:49: Es gab aber eine Umfrage an dem Abend im ZDF, im Heute-Journal,
00:08:53: die was anderes erzählt hat.
00:08:55: 37 Prozent der befragten Zuschauer*innen hatten den Eindruck und danach wurden die gefragt.
00:09:01: Olaf Scholz habe sich beim Duell besser geschlagen.
00:09:05: 34 Prozent sahen Friedrich Merz vorne und 29 Prozent bitte festhalten, sahen gar keinen Unterschied.
00:09:13: Was sagt das denn aus?
00:09:15: Also, die Wissenschaftlerin würde jetzt natürlich gerne erst mal noch kurz die Methodik angucken.
00:09:22: Nein, das so, Gott, ist wenn ich weiß, ich kenne die Daten von der Forschungsgruppe Wahlen und habe da großes Vertrauen hinein.
00:09:28: Aber es ist eben nicht die Frage nach dem, was Sie sozusagen als Aufhänger jetzt aus meiner Beobachtung mitgenommen haben,
00:09:34: nämlich haben Sie Unterschiede bemerkt in der Sache.
00:09:38: Sondern es ist die Frage, haben Sie Unterschiede bemerkt im Auftritt der Kandidaten
00:09:42: bzw. wenn Sie einen Strich drunter machen.
00:09:45: Das ist so ein bisschen, wenn ich einen Strich unter was mache, dann bleibe ich ja nicht situativ,
00:09:50: nur bei dem, was ich die letzten 90 Minuten gesehen habe, sondern dann spielen natürlich in Wahrheit auch die Vorprägung mit dran.
00:09:57: Ich überlege, wie ich den Kandidaten eigentlich vorher erlebt habe.
00:10:00: Ist der jetzt wirklich anders als vor drei Jahren?
00:10:03: Ist das immer noch derselbe, dass derselbe sprech, ist das immer noch dieselbe Auftritt, die G-Stick und so?
00:10:09: Und deswegen ist das sozusagen nicht unbedingt mein Kriterium.
00:10:12: Aber ich würde zwei Dinge schon daraus machen wollen.
00:10:15: Zum einen, wir haben das erste Mal auch das in Daten der Forschungsgruppe Wahlen,
00:10:21: die Situation, dass keiner der drei Kandidaten, wenn man Robert Habeck auch noch dazunähme,
00:10:27: weil Alice Weidel ja von allen ausgeschlossen wird, überhaupt positiv bewertet wird.
00:10:34: Also, wenn Sie kennen dieses Skala von plus fünf bis minus fünf und alle sind im negativen Bereich.
00:10:41: Und man könnte jetzt sagen, da euphorisiert einfach keiner.
00:10:44: Da ist keiner, von dem man irgendwie sagt, okay, das ist was Neues, das ist vielversprechend.
00:10:49: Sondern das schleppt eben, und insofern ist diese Strich-Trunterfrage dahin gehend ja wichtig.
00:10:54: Da schleppt eben jeder auch schon so sein Paket mit.
00:10:57: Also, der eine gilt mit Friedrich Merz jetzt als irgendwie so ein neunziger Jahre-CDU-ler,
00:11:02: der es nochmal wissen will für viele, nicht für alle, um Gottes Willen.
00:11:06: Olaf Scholz und Robert Habeck tragen diese Ampelböden mit sich herum vom Gebäude-Energie-Gesetz bis zu anderen Dingen.
00:11:13: Und insofern weiß ich manchmal nicht, ob diese Frage, also die zielt ja im Grunde darauf zu fragen, wer hat gewonnen.
00:11:20: Ja, genau.
00:11:21: Und ich wäre mich ein bisschen dagegen, das ist natürlich die Logik des Formats einerseits, zu sagen, wer war der bessere?
00:11:27: Ist aber so eine Sportmitteil.
00:11:28: Genau, aber es ist eben natürlich auch die Frage, ist das überhaupt das Wichtige oder geht es eher um die Frage,
00:11:34: also wenn man jetzt die einzelnen Kandidaten sich nebeneinander und nicht im Vergleich anschaut,
00:11:39: aufzufragen, okay, was weiß ich jetzt über die Personen, wofür sie steht, was sie ausmacht,
00:11:44: wofür sie sich einsetzt, wann sie laut wird, wann sie ganz sachlich bleibt,
00:11:47: was ich vielleicht vorher gar nicht wusste, was mir nicht klar war.
00:11:50: Und da würde ich schon sagen, aber es ist eben eine subjektive Beobachtung,
00:11:55: dass man am Sonntag deutlich sehen konnte, wo die programmatischen Unterschiede dieser beiden Parteien liegen,
00:12:03: wer welche Grundkonzepte verfolgt, um das, was man in den Wahlprogrammen so erzählt und verspricht,
00:12:09: umsetzen zu wollen oder glaubt es, damit umsetzen zu können.
00:12:13: Und wer sich auch bei je nachdem, welchem Thema, besonders in die Bresche wirft und laut wird und auch mal auf den Tisch haut.
00:12:19: Und das letzte, dieses auf den Tisch schauen, ist dann vielleicht nochmal die Brücke zurück zu ihrer Frage.
00:12:24: Was ich ganz spannend finde ist, ich habe mir für heute einen Begriff aufgeschrieben.
00:12:27: Ich weiß gar nicht, ob sie sich an den noch erinnern können.
00:12:30: Aber es gab mal eine Ferne Zeit, 2021 im Wahlkampf, da tauchte ein Wort und das war auch schon vorher mal so.
00:12:38: Ganz häufig im Wahlkampf auf, dass ich diesen Wahlkampf noch nicht gehört habe, noch gar nicht.
00:12:42: Piffpuff.
00:12:43: Competence Team.
00:12:45: Oh, so.
00:12:46: Wait a minute.
00:12:47: Ja, ich glaube, das ist eigentlich eine, passt zu ihrer Beobachtung und diesen Daten.
00:12:51: Es geht momentan einfach und unter anderem das CNUS-Institut hat dazu diese Woche auch ein paar Daten veröffentlicht.
00:12:59: Es geht gar nicht so sehr um die Frage Programm, Kompetenz.
00:13:04: Wer sind die anderen Leute, welche Gesichter gibt man quasi mit, die diese Regierung jetzt dann demnächst vielleicht prägen könnten,
00:13:12: wenn sie überlegen, Armin Laschet ist noch richtig mit so einem Team auf die Bühne gegangen.
00:13:15: Er hat gesagt, das sind die fünf Gesichter für Klima, für Familie, für Bildung, für Digitales.
00:13:20: Hab ich in diesem Wahlkampf von keiner Partei irgendwas zugehört.
00:13:24: Stimmt, das war das Kompetensteam.
00:13:26: In der Ursprüngung hat man mal Schattenkabinett, wie du was gesagt hast.
00:13:29: Genau, man kann es auch ein bisschen negativer besetzen, weil das klingt dann natürlich, da woher haben Leute Ambitionen,
00:13:34: da will jemand was werden.
00:13:36: Okay, auch d'accord.
00:13:37: Ich finde das mit dem Kompetensteam eigentlich gar nicht so un-catchy.
00:13:40: Eigenes Thema.
00:13:42: Aber ich glaube, die Frage für Sonntag ist eben genau die.
00:13:46: Also legt man jetzt den Fokus auf die Frage, wer vermittelt welche Kompetenzen,
00:13:51: braucht dafür vielleicht auch sieben Satze mehr und nochmal zwei Wendungen und 37 Zahlen und das ermüdet oder strengt den Zuschauer auch mehr an.
00:14:00: Oder guck ich eher auf den Stil, guck ich auf die Frage, wer trifft welchen Ton, wer gibt sich wie kompromisslos,
00:14:09: wer gibt sich wie eindeutig und absolut und sicher und selbstbestimmt in seinen Aussagen.
00:14:15: Und das, was diese Daten so andeuten, ich hab da auch jetzt nun mal so reingeschaut für diese Woche da,
00:14:21: etwa vom SINUS-Institut, ist eben, dass es momentan eher ein Interesse daran gibt, wer wie führt,
00:14:29: als wer für inhaltlich was steht und welche Kompetenzen mitbringt.
00:14:34: Und wenn wir jetzt den Blick einmal kurz über dieses kleine Studio hinaus in die Welt machen,
00:14:39: dann ist das ja auch eine Frage, die uns insgesamt umtreibt.
00:14:43: Also welche Politikertypen verfangen eigentlich bei Menschen?
00:14:48: Und ich denke, das hat schon am Sonntag oder die Zahlen, die sie zitiert haben, von Sonntag deuten ein bisschen an,
00:14:54: dass das auch eine Frage ist, die Menschen momentan sehr umtreibt.
00:14:58: Ich hab ehrlich gesagt, aber ich kenne solche Daten eventuell nicht so gut wie Sie oder hab falsch darüber nachgedacht.
00:15:06: Ich hab es anders aufgefasst, ein bisschen.
00:15:08: 29 Prozent sagen, Sie sehen gar keine Unterschiede. Ich hab es schon auch inhaltlich mir zurecht gedeutet.
00:15:16: Aber keine Unterschiede mit Blick auf die Frage, wer besser war.
00:15:19: Stimmt.
00:15:20: Also wenn ich sage, es kam ja danach, wer war sympathischer, also das kam auch, aber es zahlte eigentlich auch alles auf die Wirkung der Kandidat.
00:15:30: Nee, müssen wir nicht ändern.
00:15:31: Grundsätzlich muss man ja sagen, all diese Formate, die wir da jetzt sehen und auf jeden Fall mal das Duell,
00:15:39: Sie haben es gesagt, zielen ja darauf, dass man klare Unterschiede, inhaltliche Unterschiede zwischen den Kandidaten*innen
00:15:48: und den Programmatiken der jeweiligen Parteien sieht, für die die ins Rennen gehen.
00:15:54: Und ich dachte, wenn 29 Prozent keinen Unterschied sehen, dann ist Friedrich Merz mit dem, was er vorhat, nämlich für einen Politikwechsel,
00:16:03: für einen echten Wechsel zu stehen, dann doch nicht gelungen, zumal er ja hier auch, das war die Frage, wir haben es angeguckt,
00:16:10: derjenige war der sich eben nicht besser geschlagen hat, der fällt jetzt auch nicht ab.
00:16:15: Also 37 zu 34 Prozent ist jetzt ja keine Welt, die dazwischen liegt.
00:16:20: Aber es hat jetzt dann vielleicht doch auch nicht die ganz durchschlagende Wirkung gab.
00:16:26: Was mir auf viel ist, man musste schon sehr, sehr, sehr genau zuhören, um mitzukommen,
00:16:33: weil beide Kandidaten durchaus technokratisch argumentiert haben.
00:16:38: Ich glaube, das ist so ein Verständnis, auch ein Selbstverständnis, das zeigt.
00:16:44: Ich bin tief in den Themen, ich sorge mich um jedes einzelne Wort, das soll maximal präzise sein,
00:16:51: auch um danach nicht ganz viel Arbeit zu haben, um das wieder einzusammeln.
00:16:55: Es ermüdet aber sicherlich an einem Punkt, wenn man sich das anschaut, anders als wir das aus beruflichen Gründen tun,
00:17:04: wenn man sich das einfach mal nur so anschaut.
00:17:07: Dennoch ist dann natürlich eine Zahl von 12 Millionen Menschen, die das geschaut haben, gigantisch.
00:17:14: Das ist einfach großartig, da muss man auf sehr, sehr, sehr vielen Marktplätzen gesprochen haben,
00:17:19: um ähnlich viele Menschen zu erreichen.
00:17:21: Ja, und ich würde diesem letzten Punkt noch eins draufsetzen wollen.
00:17:26: Die Frage ist ja auch, wer sind die 12 Millionen?
00:17:28: Also ich kenne die nicht mit nahm ich auch nicht.
00:17:31: Aber die Politikwissenschaft hat da ein bisschen was in den letzten Jahren, diese TV-Duellen sind ja auch nicht mehr so neu.
00:17:36: Auch erforscht und was wirklich beeindruckt oder was wichtig ist, ist, dass in diesen 12 Millionen Menschen
00:17:45: nicht die stecken, wie sie, also nicht nur die, wie sie und ich, sich berufsbedingt oder generell intrinsisch einfach super viel für Politik interessieren,
00:17:55: sondern die Forschung kann zeigen, dass viele Menschen einschalten, die sich sonst nicht für Politik interessieren.
00:18:03: Weil sie dieses komprimierte, situative 90 Minuten kriege ich sozusagen, kann ich mir das gezielt anschauen.
00:18:11: Attraktiver finden, womöglich als eben zum Beispiel auf die Marktplätze zu laufen, die Wahlprogramme selber durchzuarbeiten,
00:18:19: weil man sich genau diesen Informationsgehalt erhofft.
00:18:22: Das heißt, ich würde so weit gehen und ich glaube deswegen, wir reden ja auch immer viel über,
00:18:26: müssen die Parteien mehr bei Social Media machen, so ist alles nicht falsch.
00:18:29: Aber man darf so was, solche Formate, wirklich überhaupt nicht unterschätzen.
00:18:34: Ich glaube, es ist im gesamten Wahlkampf der Ort, an dem man in so kurzer Zeit so viele Menschen erreicht und auch so ein diverses Publikum in dem Sinne, wie sonst nirgends.
00:18:47: Weil natürlich auch die SPDler wissen, wenn Olaf Scholz auf dem Marktplatz redet, ja wer kommt denn dahin?
00:18:53: Da kommen natürlich nicht nur die, die sich nicht bislang für die SPD interessieren, sondern es kommen im Zweifel vor allen Dingen auch die eigenen Leute.
00:19:00: Und das ist bei den TV-Duellen das Interessante, dass die Mischung dieser 12 Millionen so spannend ist.
00:19:06: Und das ist für Parteien eine riesen Chance, aber natürlich deshalb auch gleichzeitig eine Hürde mit Blick auf das, was sie vorher gesagt haben,
00:19:14: dass man natürlich auch total Angst hat, was falsch zu machen.
00:19:18: Also wenn das der Moment ist, in dem an einem ein großer, schwerwiegender Fehler passiert,
00:19:22: wirst du nie wieder los.
00:19:24: Dann hängt dir das, und zumal dir ja immer kurz vor der Wahl stattfindet, in einer Zeit, in der auch gerade die unentschlossenen Wählerinnen und Wähler vor allem anfangen, darüber nachzudenken, was sie wohl wählen werden,
00:19:34: dann ist das natürlich ein Riesenflur Schaden.
00:19:37: Und ich glaube, dieses technokratische, das kommt auch ein Stück weit daher.
00:19:44: Und ich würde sogar sagen, es zeigt sich vielleicht im Wahlkampf nochmal in so einem Brennglas, im Besonderen dieses vorsichtige, bloß nichts falsch machen wollen,
00:19:53: sehr zahlenbasiert, sehr sachlich, tief in die Materie zu argumentieren.
00:19:58: Aber mein Eindruck ist ein bisschen auch, dass das generell für Politik eine Schwierigkeit geworden ist, dass man aus Angst vor Shitstorms, vor sozusagen,
00:20:09: ich finde so mediale Hetziak, das ist das falsche Wort, aber vor diesen öffentlichen Empörungswellen, die auf einen einprasseln,
00:20:18: dass das öfter dazu führt, dass Politik sich nicht mehr so frei äußert, Riccarda Lang zum Beispiel hat das ja jetzt auch thematisiert.
00:20:27: Und ich glaube, das hat sie hier auch erzählt, dass sie da aber keine gute Entwicklung, dass sie sich selber dabei beobachtet hat, dass sie in eine Sprache verfallen ist,
00:20:37: die weiß Gott nicht ihre eigene war, auch in eine Nüchternheit, die ihrem eigenen Humor genau gar nicht entsprach und sich da so sehr reduziert,
00:20:46: präsentiert hat. Wie wohl ich habe sie auch anders erinnert aus Sendungen, wo ich sie auch damals schon richtig lustig fand, aber klar.
00:20:54: Also was man jetzt so sieht, wie die auch ihre Social Media Kanäle bedient, das macht sich schon sehr lustig.
00:21:00: Aber es hat natürlich auch noch eine andere Komponente, nämlich wir sehen ja, dass das Affektive, das Hochemotionale,
00:21:09: auch das sich Empörende gerade im Rechtspopulismus momentan sowieso weltweit enormen Zuspruch bekommt.
00:21:16: Das heißt, es ist natürlich auch eine schmale Gratwanderung, weil da muss jetzt kein Follow the Science für ausrufen,
00:21:22: aber wir uns ja schon eigentlich wünschen, dass die Menschen die Verantwortung übernehmen in den Themen auch ernsthaft belastbare Aussagen treffen können.
00:21:31: Und dieser schmale Grat zwischen "Ich habe es einerseits inhaltlich wirklich drauf und habe auch mal ein paar Zahlen und Daten und kann das auch erklären",
00:21:38: versus "Ich soll aber irgendwie auch nah beide Leute sein und sozusagen mich irgendwie hemmensärmlich und zugänglich geben",
00:21:46: ist natürlich angesichts dieses starken Populismus im Nacken wirklich auch ein schmaler Gran.
00:21:53: Thematisch inhaltlich, darauf will ich gucken. Will ja in dieser Folge die Frage stellen, wird dieser Wahlkampf der Lage gerecht,
00:21:59: wird der Wahlkampf inhaltlich der Lage gerecht? Und wenn wir uns dann nochmal das Duell als jetzt den ersten Höhepunkt,
00:22:07: der natürlich tatsächlich brennglasartig, hatten Sie, glaube ich, verdichtet, was da gerade angesagt ist,
00:22:15: dann beobachtet da manch einer zum Beispiel Marina Kombaki vom Spiegel, aber da war sie bei Leibhe nicht die einzige Robert Habeck,
00:22:23: hat das auch im Bundestag gestern gesagt, die beobachtet hat. Ich zitiere,
00:22:28: "Die großen Fragen, mit denen es die Deutschen in den kommenden Jahren zu tun haben, die ihnen viel abverlangen werden, kamen zu kurz.
00:22:36: Zentrale Zukunftsthemen kamen mitunter gar nicht zur Sprache. Ich wieder werbe für die Kolleginnen, sage doch,
00:22:43: die haben natürlich davon viel gemacht. Man nimmt die Themen, die die Gesprächs- und Neuigkeitswert haben und vielleicht waren das eben dann nicht,
00:22:52: denn das kam nicht vor. Klimaschutz, künstliche Intelligenz und Bildung.
00:22:58: Wird da dann also der Wahlkampf inhaltlich der Lage nicht gerecht, weil man diese Themen nicht, mindestens nicht im TV-Duell,
00:23:06: was für viele, wie Sie es beschrieben haben, die einzige Quelle ist, nicht bearbeitet hat?
00:23:13: Also ich glaube schon. Ich würde zustimmen, dass es sozusagen, vielleicht nicht der Lage nicht in Gänze nicht gerecht wird, aber doch in Teilen an ihr vorbei geht.
00:23:27: Und ich würde jetzt nicht so weit gehen, wie Ihre Kolleginnen, die sie zitiert haben, die sagen, "Die großen Themen spielten da keine Rolle".
00:23:35: Ich fand zum Beispiel sehr auffällig im Duell, dass die letzten Minuten, in denen es vor allem um die Verteidigungsbudgets ging, um Sicherheit und Außenpolitik,
00:23:48: man beiden Kandidaten auch eine hohe Emotionalität und das Bedürfnis der Artikulation richtig anschauen konnte.
00:23:58: Also ich glaube, da waren schon große Themen drin, aber was mir Sorge macht, ist nicht, dass die anderen nicht vorkommen, sondern die waren ja unterschwellig drin und werden damit aber nur über eine bestimmte Art und Weise erzählt.
00:24:12: Also Klima kam vor. Ich spitz es jetzt mal ein bisschen zu, sehr unwissenschaftlich, aber eigentlich nur in zwei Dingen, nämlich wie kriegen wir dieses Klimageld jetzt ausgezahlt und sind Windräder eigentlich hässlich oder doch nicht.
00:24:24: Sehr, sehr stereotyp und die EEG-Umlage taucht da auch mal ganz kurz irgendwo auf, aber das muss man ja auch erst mal wieder mit diesem Klima zusammenbringen.
00:24:33: Und das ist eigentlich das, was mir Sorge macht. Man könnte ja sagen, ich halte das einfach nicht für wichtig, also reden wir nicht drüber, aber wenn wir es für wichtig halten und zumindest beim Klima würde,
00:24:45: ich denke, haben wir allen Grund dazu und dafür muss man ja auch kein Grüner sein, um das sich zu eigen zu machen. Die anderen Parteien artikulieren das ja durchaus auch regelmäßig, dass sie das eigentlich auch für ein wichtiges Thema halten.
00:24:56: Dann muss das, muss die Art und Weise, wie man es bespricht, auch dem angemessen sein.
00:25:01: Und ähnliches, denke ich, gilt für das Thema Bildung, KI, finde ich, bin ich ein sehr, gebe ich sofort zu, bin ich ambivalent, ich halte das für ein total wichtiges Thema im Sinne dessen, welche Chancen aber auch Gefahren da drin stecken.
00:25:18: Und wir sehen ja auch gerade, wenn es um den DSL geht und die Frage, was da international passiert, was Elon Musk in den USA tut, dass man viel Grund haben kann, sich mit diesen Themen zu beschäftigen.
00:25:29: Und ich würde aber auch zumindest mal behaupten, dass das was ist, was für viele Menschen trotzdem weit an ihrer Lebensrealität vorbeigeht, außer man spricht zum Beispiel mal davon, welche Branchen und Jobs tatsächlich langfristig durch KI immens bedroht sein werden.
00:25:48: Und das führt mich eigentlich zu dem anderen Punkt, den Sie gemacht haben, stichwort, was wird hier der Lage nicht gerecht oder doch.
00:25:55: Wir haben ja einerseits das Dilemma und da muss man Parteien auch zugestehen, dass niemand glücklich damit ist, wenn ein Wahlkampf so kurzfristig so schnell abgefeuert werden muss.
00:26:10: Und diese Organisationsprozesse und das Fingerhackeln, um Listenplätze, alles was auch intern in Parteien dann auch noch sozusagen verdichtet passiert in dieser Zeit, fordert diese Akteure immens heraus.
00:26:24: Also man kann nicht erwarten, dass bei so einem Short-Track alles auftaucht und alles in Ausführlichkeit diskutiert wird.
00:26:33: Aber ich würde glaube ich sagen, wir hätten das gebraucht.
00:26:36: Also vielleicht zu idealistisch oder idealtypisch gedacht, ob das geklappt hätte, wenn wir erst im September gewählt hätten.
00:26:43: Aber ich denke eigentlich sind die Herausforderungen so riesig, dass wir dringend einen Wahlkampf gebraucht hätten, der Zeit hat, der Tiefe hat, der in der Lage ist, die ganz großen Themen zu besprechen und damit in Wahrheit zwei Dinge über die Politik nicht gerne redet, nämlich Zumutung und Verzicht.
00:27:05: Und das steckt ja jetzt, wenn alles wieder Klimathema, man soll nicht fliegen und so.
00:27:09: Darum geht es gar nicht aus meiner Sicht in erster Linie oder nicht nur, sondern wir reden ja auch bei Themen wie Pflege, bei Rente, bei Bildung.
00:27:19: Wir reden bei ganz vielen Themen eigentlich über Zumutung und über Verzicht und in Wahrheit vor allen Dingen über Solidarität und wie Gesellschaft miteinander große Herausforderungen managen will in einer Gesellschaft, in der das Auseinanderklaffen von Arm und Reich weiter voranschreitet.
00:27:39: Und das glaube ich kann dieser Wahlkampf nicht gut leisten, im Sinne dessen, dass er, und das war am Sonntag eigentlich so schön zu sehen, im Grunde nur diskutiert, müssen wir jetzt diese Schuldenbremse reformieren, ja oder nein, weil dann haben wir das Geld, mit dem wir dann wieder irgendwas machen können.
00:27:56: Das ist die Kurzfristlösung, würde ich sagen, die Langfristlösung hätte eher sein müssen, dass man diese grundsätzlichen Fragen, die hinter diesem Geld liegen, besprechen müsste, aber dafür hatte dieser Wahlkampf, glaube ich, keinen Raum.
00:28:12: Jetzt könnte man ja entgegenhalten, das müsste doch eigentlich die Daueraufgabe von Parteien sein, dass sie an ihren Programmatiken arbeiten und feilen und so.
00:28:21: Ja, es gab jetzt verschiedene Termine, die erst im Januar gewesen werden, wo dann Parteien sich auf neue Programme verständigt hätten und so.
00:28:31: Die sind jetzt erstmal irgendwie getollschockt gewesen.
00:28:34: Oh Gott, gar keine Zeit mehr zu. Was machen wir jetzt so?
00:28:38: Aber grundsätzlich erwarte ich natürlich von Politikerinnen und Politikern, zumal von dem Spitzenpersonal und den Parteiführungen, dass sie sich permanent Gedanken darüber machen, wie man eine Pflegekasse so aufstellt.
00:28:51: Dass die auch bei geburtenstarken Jahrgängen noch funktionieren wird und Sozialsysteme, dass die so aufgestellt sind, dass sie mit einem demografischen Wandel ja auch nicht überstürzt und nur als vorgezogene Neuwal daherkommt, dass sie damit irgendwie umgehen können.
00:29:09: Ja, ich glaube, also die, ich würde felsenfest davon ausgehen, damit sind sie nicht alleine, dass erwarten ganz viele Menschen.
00:29:16: Ich würde aber auch die Parteien ein bisschen in Schutz nehmen. In allen Parteien gibt es ja durchaus Menschen, die sich diese Gedanken machen.
00:29:25: Da werden Konzepte entwickelt, die werden eingebracht, in Gesetzesentwürfe, in Referentenentwürfe werden diskutiert.
00:29:32: Aber wir haben natürlich so ein Grunddilemma und ich finde, das war auch schon in der Ampel sichtbar, dass wir eben an dem Punkt sind, dass ja jeder dieser Parteien auch ahnt, dass der eigene Politikansatz,
00:29:45: vor allem die Frage, wie viel staatliche Steuerung es in großen Herausforderungen geben soll, am Tag nach der Wahl, auf die der anderen trifft und dass Koalitionsnotwendigkeiten dazu führen, dass man vieles nur in Kompromisse übersetzen kann.
00:30:05: Und jetzt sozusagen kommt eine Vorfrage, finde ich, zum Tragen. Wenn ich also zum Beispiel sage, die Prämisse für all meine guten, vielleicht Konzepte, von Pflege über Rente bis zur Bildung, ist, wir schaffen die Schuldenbremse ab.
00:30:23: Dann ist natürlich die Chance sehr hoch, dass ich am Tag nach der Wahl da sitze und denke, mh, mit wem? Genau.
00:30:29: Und insofern, glaube ich, ist das Dilemma so ein bisschen, dass einerseits Menschen sich zurecht wünschen, dass diese großen Themen adressiert werden, dass Ideen entstehen, dass man wirbt auch mit diesen Ideen um Stimmen, um Überzeugung.
00:30:44: Aber eigentlich müssen Parteien eben immer auch mit erzählen, ehrlicherweise, dass sozusagen diese Idee ein Idealtyp ist und dass das am Ende etwas anders ausgehen wird.
00:30:55: Und ich befürchte, das ist momentan, so wenn man sich unsere Debattenkultur so anschaut, wenn man in den letzten Wochen viel über die Kompromissfähigkeit von Politik ja auch gesprochen, dass wir sehen, dass das so langsam auch in die Bevölkerung einsickert.
00:31:10: Ich nenne es mal so eine Art Ungeduld. Also so dieses jetzt kommt ihr wieder mit so Kompromiss, so faulem Einigungs.
00:31:19: Und am Ende so entweder Ampel, dann stellt ihr es ja doch wieder in Frage und dann weiß wieder keiner, was jetzt am unteren Strich rausgekommen ist.
00:31:26: Und insofern, glaube ich, müssen Parteien nicht nur werben für ihre Konzepte, für eben vielleicht auch für Zumutungen und für Verzicht, sondern auch dafür, dass am Ende immer Aushandlung und Interessenausgleich stehen muss und dass das super anstrengend ist und dass uns das alle auch oft nervt, aber dass es anders nicht läuft.
00:31:49: Ich will noch mal gucken zu dem Duell und auch bei der von mir jetzt schon tot gerittenen Frage der Zahl der 29 Prozent noch mal kurz anlanden.
00:31:59: Ich habe mir die nämlich genau auch so erklärt, dass man mitdenkt, der weil man das Duell schaut und dazu muss man gar nicht beobachtet damit zu tun haben, sondern sich einfach wirklich malen, das tun ja ganz viele Menschen für Politik interessieren.
00:32:12: Und dann denkt man mit, kann ja sein, dass ihr euch da jetzt den feinen Schlagabtausch liefert, aber Bums, das hat Frimich Merz gestern Bundestag auch überraschend enthüllt.
00:32:22: Es gibt einen 24. Februar und dann wird man sich wahrscheinlich zusammensetzen müssen.
00:32:29: Und dann könnte sein, dass die CDU, die im Moment vorne liegt in den Umfragen mit der SPD oder auch noch zusätzlich mit den Grünen zusammenarbeiten muss, um eine stabile Regierung zustande zu bekommen.
00:32:41: Daraus, das gesagt haben erklärt sich für mich im Übenden auch, warum dieses Duell mit einer Frage anfing und einem Thema anfing, wo man sich zunächst mal nicht einigen kann, nämlich der Migrationsdebatte.
00:32:58: Das, was Fridrich Merz und seine Unionsfraktion in den zurückliegenden zwei, zweieinhalb Wochen angestoßen haben, worüber sich sehr, sehr viele Menschen unterhalten haben.
00:33:10: Das war irgendwie Talk of the Town, das hat die Menschen interessiert und richtigerweise beginnt damit auch das Duell.
00:33:17: Aber man kann natürlich dann auch schon wieder fragen, ist das, das ist der Titel ihres Buches, eine defekte Debatte.
00:33:27: Also ist die Art oder auch überhaupt der Umstand, dass sich dieser Wahlkampf jetzt sehr, sehr, sehr auf das Thema Migration verengt hat, eine Nichtentsprechung mit der Lage, ist die Art, wie gesprochen wird über Migrationspolitik ein Fehler und entspricht nicht der Lage auch nicht dem vermuteten oder tatsächlichen Problem.
00:33:53: Kann ich einfach zweimal mit Ja anwarten?
00:33:55: Ja, sehr gut.
00:33:57: Dann haben wir das.
00:33:57: Was haben Sie sonst noch?
00:33:59: Okay, dann will ich aber genauer hinschauen.
00:34:02: Wem nützt es?
00:34:05: Denn die Frage ist immer nur gute.
00:34:06: Wem nützt es denn, das Thema Migration so zu verhandeln, wie es jetzt verhandelt wird?
00:34:14: Also ich sage natürlich mehr als zweimal Ja.
00:34:16: Ich muss gestehen, das war der Moment, der mich so gut am Sonntag am meisten befremdet hat.
00:34:24: Also gleich zu Beginn, dass man so ein bisschen den Eindruck haben konnte, dass es jetzt ein Wettbewerb, wer die strengsten Asylregeln hat.
00:34:35: Und auch so ein Überbietungswettbewerb, dass ein Sozialdemokrat immerhin als Bundeskanzler sich damit rühmt, dass es nie strengere Regeln gegeben habe, wie unter seiner Regierung und nie sei so effektiv abgeschoben worden, denn man spricht ja über Menschen immer noch.
00:34:52: Und das fand ich war zu Beginn dieses Duells, also für mich ein Klos im Hals, den ich auf Zeit erst langsam wieder los geworden bin, als es dann endlich auch um andere Themen ging.
00:35:06: Wem nützt das oder wie sprechen wir überhaupt über Migration?
00:35:13: Ich glaube, dass die Debatte über Migration ist eine hochdefekte Debatte.
00:35:18: Sie ist unglaublich effektiv.
00:35:21: Das hat ja zum Beispiel Friedrich Merz auch selbst eingeräumt, als er erklärt hat, dass der, das Attentat in Erschaffenburg, bei dem ein zweijähriges Kind erstochen wurde, ihn sozusagen emotional und auch sein Gewissen.
00:35:33: Er hat das ja sehr stark auch so emotional aufgeladen, so sehr berührt hat, dass er so würde ich es übersetzen, jetzt gar nicht mehr anders konnte, als das so voran zu treiben.
00:35:46: Und wenn man jetzt nüchterner diese affektive, emotionale Diskussion mit Zahlen unterlegen würde, dann gab ich käme ein sehr differenziertes Bild raus.
00:35:58: Und das gibt in Teilen sogar auch Friedrich Merz recht.
00:36:01: Insofern würde ich sagen, es ist gar nicht falsch, über das Thema zu reden, sondern es geht ums Vieh.
00:36:07: Nämlich, dass die Menschen sagen, wir lehnen Migration nicht ab in der Mehrheit.
00:36:14: Wir finden auch richtig, dass Menschen die Schutz suchen, Hilfe bekommen und wir Schutz gewähren.
00:36:21: Aber wir wünschen uns, dass Dinge nach sozusagen klareren Regeln funktionieren,
00:36:26: bzw. dass die Regeln, die es ja in vielen Fällen schon gibt, dann auch wirklich angewandt werden, also Umsetzung erfahren.
00:36:34: Und wir wünschen uns, dass die Probleme und Herausforderungen, die einfach mit Migrationen einhergehen, Integration, Arbeitsmarkt, Wohnungsmarkt,
00:36:43: die Überlastung von Kommunen, dass das nicht klein geredet wird, sondern dass man das ernst nimmt.
00:36:48: Das heißt aber nicht, wir sind für Grenzschließungen und wir schieben die alle sofort wieder ab und hier kommt auch keiner mehr rein.
00:36:57: Und wenn man sich die Mühe noch dazu machte, mal zu fragen, was man, glaube ich, in den letzten Wochen in der Debatte so als Überschrift immer wieder erleben konnte,
00:37:07: als sei Migration auch wirklich eine Bedrohung. Also das war ja das Bild, das durch diese Attentate gezeichnet wurde, Migration bedroht uns.
00:37:16: Und Migration ist Kriminalität. Das hängt irgendwie zusammen.
00:37:20: Wenn man sich das auf Zeit anschaut, das gibt zum Beispiel, und das finde ich gut, weil die sind unverdächtig aus Sicht der CDU,
00:37:26: zum Beispiel eine Daten der Konrad Adenauer Stiftung, die zum Beispiel im Längsschnitt danach fragen in den letzten vier oder fünf Jahren,
00:37:36: was sind eigentlich die größten Bedrohungen aus ihrer Sicht?
00:37:39: Da taucht auf den ersten vier Plätzen Zuwanderung überhaupt nicht auf, und zwar in keinem dieser Jahre,
00:37:44: sondern da taucht unter den ersten vier jeweils was ganz anderes auf, nämlich die Angst vor der Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und die Angst vor allem zu großen Erstarken der AfD.
00:37:55: Also man könnte, wenn man wollte, so weit gehen und sagen, also Menschen empfinden das nicht als Bedrohung und Menschen sind auch klug.
00:38:05: Ich wünsche mir manchmal, dass wir darüber öfter nachdenken, klug genug zu wissen, dass wenn da ein Mensch mit psychischen Problemen eine grausame Straftat begeht,
00:38:17: dass das genauso auch ein Deutscher hätte sein können und sie sind klug genug deshalb nicht den Nachbarn oder die Kinder aus der Familie in der Schulklasse,
00:38:25: der eigenen Kinder pauschal zu verdächtigen.
00:38:28: Aber wir produzieren durch solche öffentlichen Debatten natürlich Bilder und Stereotype und Vorurteile, die irgendwann, wenn sie in der Häufigkeit auftauchen,
00:38:40: stellen sie sich vor, dass wie so ein Post, der vier Millionen Likes hat, wenn ich das sehe, dann denkt irgendwann auch, dass der letzte in der Reihe,
00:38:48: da muss aber doch irgendwas dran sein.
00:38:50: Wenn das alle sagen, wenn das alle so, so raarmen als Thema, dann muss es doch irgendwie auch so sein, das.
00:38:58: Und in dem Moment ist quasi die Maus in die Volle gegangen.
00:39:02: Und wem nützt es?
00:39:04: Die Forschung würde sagen, es nützt vor allem meistens denen, die auf dem Thema schon quasi sitzen.
00:39:12: Also wir nennen das Issue Ownership, die das Thema quasi schon für sich besetzt halten.
00:39:18: Und das sind bei Migrationen ganz häufig eben rechtspopulistische Parteien.
00:39:24: Und sie profitieren, weil man sie eben für das Original hält, für die, die das ja schon immer gefordert haben.
00:39:30: Und ich muss ehrlicherweise gestehen, ich finde das sogar relativ schnödelogisch, wenn ich es an einem Beispiel erklären darf.
00:39:38: Also wenn ich jetzt sage, oder ich mach es an einem Beispiel, weil das hat auch so stattgefunden, dann muss ich es gar nicht sagen,
00:39:45: das TV-Duell vor der thüringischen Landtagswahl zwischen Mario Vogt und Björn Höcke.
00:39:51: Da sagt Mario Vogt an irgendeiner Stelle des Gesprächs, in Thüringen gäbe es nicht genug Kindergartenplätze für deutsche Kinder,
00:39:59: weil die für Ausländer freigehalten werden.
00:40:02: Und Björn Höcke nickt und freut sich vielleicht, weil er es gar nicht sagen musste, weil Mario Vogt hat es ja jetzt schon gesagt.
00:40:09: Und die scheinen sich in dem Punkt einig zu sein.
00:40:11: Und ich will jetzt gar nicht darüber reden, ob das objektiv womöglich so ist, sondern die Frage ist, was macht das mit den Wählerschaften?
00:40:18: Die, die in dem Moment der AfD schon zugetan sind, die vielleicht schon AfD gewählt haben, die sagen schön,
00:40:24: dass der Mario Vogt das jetzt endlich auch begriffen hat, das erzählen wir ja hier schon seit zehn Jahren.
00:40:29: Die, die der CDU nahestehen, würde ich sagen teilen sich ein bisschen.
00:40:35: Da sind einige, ja sozusagen links der Mitte CDU-Lafrecher, manche würden sie Merkel-Jahner nennen oder so, die würden denken,
00:40:44: "Huch, was ist, was ist das denn hier für ein Tonfall? Also wir haben doch ein C im Namen."
00:40:48: Und also mag ja sein, dass wir wirklich zu wenig Kindergartenplätze haben, aber jetzt machen wir doch bitte nicht die Kinder,
00:40:54: dieser Menschen dafür verantwortlich oder dass die Menschen hier hinkommen.
00:40:58: Und dann gibt es einen Teil, der sagt, die vielleicht auch schon mal so ein bisschen zur AfD geguckt haben oder so,
00:41:03: die plötzlich denken, na ja, aber wenn der Mario Vogt das jetzt auch sagt,
00:41:07: dann kann doch das, was die AfD und Björn Höcke seit zehn Jahren erzählen,
00:41:10: offensichtlich gar nicht so dramatisch gefährlich und problematisch sein.
00:41:14: Das heißt, Strich drunter, die Gefahr, dass man den Rechtspopulisten damit Auftrieb gibt, sie normalisiert,
00:41:22: ihre Positionen als legitim, als im Grunde die richtige Politik, jetzt rahmt, ist sehr groß.
00:41:31: Und wenn es doppelt schlecht läuft, dann verliert man auch noch eigene Wählerinnen und Wähler,
00:41:36: die von diesem Kurs irritiert sind und sagen, Moment mal, das geht mir sozusagen zu weit nach rechts.
00:41:42: Und das ist übrigens auch ein Phänomen, das ist nicht nur erforscht für,
00:41:46: ich nenne sie mal in diesem Sinne, bürgerlich-konservative Parteien, sondern das kann man auch für Link-Parteien nachweisen.
00:41:51: Auch die SPD braucht sich da keinen Ruhm aufs Brot schmieren.
00:41:55: Ich erinnere an diesen Spiegeltitel mit Olaf Scholz.
00:41:57: Wir müssen endlich in großem Stil abschieben und die Tonnalitäten jetzt auch am Sonntag da gefallen sind.
00:42:03: Auch da ist diese Gefahr sehr groß.
00:42:06: Und vielleicht abschließend, glaube ich, ist es vor allem so, dass der Defekt in der Debatte neben den Tonnalitäten
00:42:17: und diesen Zuspitzung und Verkürzung vor allen Dingen darin liegt, dass wir keine Trennschärfe mehr haben.
00:42:24: Also das, was Sie beschrieben haben, Migration gleich Kriminalität, führt dir auch dazu,
00:42:30: dass wir überhaupt keine sachliche Diskussion mehr haben über Fachkräfteeinwanderung, über den demografischen Wandel,
00:42:36: über so vieles mehr.
00:42:38: Und dann kommt mal jemand, vor allem z.B. aus Thüringen und schreit, wenn wir all die Leute wieder abschieben würden,
00:42:43: dann ist hier das Krankenhaus leer, dann haben wir keine Pflegekräfte mehr.
00:42:47: Aber das sind dann so Zwischen-Wortmeldungen.
00:42:50: Und ich glaube, wir können uns das auf Dauer nicht leisten, dass wir so große Themen auf diese Art und Weise verhandeln.
00:42:58: Das war aber jetzt ja, muss man sagen, eigentlich das Besondere der zurückliegenden 2,5-3 Wochen,
00:43:05: dass man sich angeschaut hat, was passiert jetzt.
00:43:08: Genau, es gab diese schreckliche Tat.
00:43:11: Dann war Friedrich Merz sicherlich nicht alleine davon berührt.
00:43:16: Er überhaupt nicht.
00:43:17: Er hat gesagt, aber sein Gewissen für der Insfeld habe ihm an das genug gegeben, jetzt was zu machen.
00:43:25: Was macht er? Er macht gar nichts.
00:43:28: Wenn man so will, also jedenfalls nichts, was einen faktischen Effekt hätte, sondern er verfasst einen Entschließungsantrag,
00:43:37: der dazu angetan sein kann, eine Regierung zum Handeln zu bringen.
00:43:42: Jetzt wissen wir, diese Regierung ist wahrscheinlich auch nicht mehr richtig lange im Amt.
00:43:46: Also da jetzt einen Antrag hinzurichten, ist auch eventuell vergebliche Liebesmüh.
00:43:51: Robert Habeck hat im Bundestag gesagt,
00:43:54: in dem Moment, in dem Herr Merz dieses zu einer Gewissensentscheidung gemacht habe,
00:43:59: entziehe sich das Thema der politischen Analyse.
00:44:03: Aber dabei tritt ja was zu Tage.
00:44:07: Und es ist auch was passiert, insofern, als dass 10.000, 100.000 Menschen jetzt auf die Straßen gehen,
00:44:14: gegen Rechtsextremismus, aber eben auch dagegen, dass Friedrich Merz und die Unionsfraktion mit der AfD gestimmt hat.
00:44:24: Viele sehen darin einen Tabu-Buch und sowieso eine Art von Normalisierung.
00:44:28: Genau mit denen kann man selbst im Bundestag, was es nie gegeben hatte, zusammen stimmen.
00:44:34: Und sie haben angesprochen die Studie von der Konrad-Adenauer-Stiftung Partei,
00:44:39: einer Stiftung der CDU.
00:44:41: Ich hatte das gelesen, sie haben ein Interview gegeben bei ZeitOnline.
00:44:45: Und da weisen sie darauf hin, das finde ich den anderen hochinteressanten Zusammenhang,
00:44:50: dass es eben nicht so sei, dass die Gesellschaft als Ganzes ein Rechtsrucksvollzogen hätte.
00:44:57: Sie waren auf dem Parteitag der Union.
00:44:59: Ich könnte mir vorstellen, da hat man echt noch die Luft angehalten,
00:45:03: wie das alles auch die vielen, vielen Menschen, die auf die Straße gegangen sind, auf die Werte der Partei einseimelt.
00:45:11: Und dann kam raus, genau gar nicht.
00:45:14: Das habe ich überhaupt nicht verstanden.
00:45:17: Die ganze Aufregung.
00:45:19: Also wenn ich dieser Begriff...
00:45:22: Rechtsruck. Darüber könnten wir wahrscheinlich drei Folgen machen. Aber wenn wir danach fragen,
00:45:27: was das sein könnte, dann würden die Politikwissenschaft vor allen Dingen fragen. Und das tut zum Beispiel
00:45:33: die Leipziger Autoritarismusstudie nach Veränderungen in den Einstellungen. Also nichts situatives,
00:45:40: nicht "Ich habe heute mal die Meinung und vielleicht habe ich morgen aber schon eine andere", sondern Dinge,
00:45:45: die sich wirklich auf Zeit verschieben. Eine Grundhaltung. Ja, Wertvorstellung, Einstellung zu Politik,
00:45:53: zu anderen Menschen und so weiter. Und das ist so ein bisschen wie wir auch nach den Landtagswahlen,
00:45:59: die Debatte hatten, sind jetzt die jungen Leute alle rechts? Nein, sind sie nicht. Und ich muss gestehen,
00:46:05: dass es ermüdet mich auch manchmal, dass das dann so über einen Kamm geschoren wird. Ich kann sagen,
00:46:11: ich wünsche mir strengere Regeln in der Migrationspolitik, ohne dass ich in den
00:46:16: meinen politischen Einstellungen nach rechts gerückt. Und stimmt. Und ich finde,
00:46:21: dass intellektuell nicht so eine Riesenleistung das zu sehen, aber das passiert glaube ich ganz
00:46:26: häufig nicht. Sondern dann gelten, da würde ich auch sozusagen dem politisch linken Lager ein bisschen
00:46:31: ein mitgeben, dann gelten Leute, die sagen, ich wünsche mir, dass wir zum Beispiel Straftäter
00:46:37: dann auch abschieben, gelten dann plötzlich irgendwie als problematisch rechts. Dabei ist es die
00:46:42: Gesetzeslage. Und es ist einfach nur der Wunsch, dass Menschen sagen, ich wünsche mir, dass unser
00:46:46: Rechtsstadt funktioniert. Hey, das wäre eigentlich cool. Also ich würde mir das auch wünschen. Ganz
00:46:51: vielen anderen Dingen, da müssen wir gar nicht über Migration reden. Und also das ist so der
00:46:55: einen Punkt. Der zweite Punkt ist dieses Abstimmungsverhalten und die Erfahrungen auf dem
00:47:02: Parteitag dann der CDU. Ich glaube, die Tragik, ich will Friedrich Merz nicht in Schutz nehmen vor
00:47:11: diesen Vorwürfen von Wort und Tabu-Bruch. Insbesondere den Wortbruch hat er ja selbst
00:47:18: herbeigeschworen regelrecht, weil er ja das Wort gewählt hatte im November zu sagen,
00:47:24: am Rittnerpult im Deutschen Bundestag. Wir wollen auf keinen Fall Zufallsmähheiten mit der AfD.
00:47:30: Lassen Sie uns, er hat das ja als Appell regelrecht an die anderen gerichtet, lassen Sie uns das
00:47:35: gemeinsam sicherstellen für den Rest der Legislatur. Aber was ich, ich finde, das ist
00:47:42: mein Begriff dafür. Ich finde das regelrecht tragisch, was da stattgefunden hat in dieser Woche. Denn
00:47:47: Sie haben es ja schon gesagt, alles, was da stattgefunden hat, hätte keine Auswirkungen gehabt.
00:47:55: Also es war ein Nullsummspiel mit Ansage und dafür in Kauf zu nehmen, dass zumindest das Risiko
00:48:04: im Raum steht, dass man die AfD stärk, normalisiert, demokratisiert, nennen Sie es, wie Sie es wollen.
00:48:09: Finde ich tragisch. Ich glaube, da gibt es eine Fehlwahrnehmung, dass man meint, das sei ein
00:48:16: geeignetes Mittel. Man könnte diesen Entschließungsantrag ja übersetzen mit, man wollte, man wollte
00:48:21: jetzt ein Zeichen setzen. Friedrich Merz hat im TV-Duell am Sonntag auch gesagt, dass ihm klar gewesen
00:48:26: sei, bis er selbst womöglich in Regierungsverantwortung ist, bis eine neue Regierung gebildet ist nach
00:48:32: der Bundestagswahl sei Ostern. So nach dem Motto, das ist einfach viel zu lang. Und was er eigentlich
00:48:37: sagt in dem Moment, ist ja, wir hätten, oder ich, also jetzt aus Sicht von Friedrich Merz gesprochen,
00:48:44: ich hatte erwartet, nach Aschaffenburg und eigentlich wahrscheinlich auch schon nach
00:48:48: Magdeburg, aber jetzt spätestens, dass hier was passiert. Und das ist ja vor allen Dingen ein
00:48:53: Vorwurf an die Parteien der Mitte, die sich zusammenschließen könnten, damit was passiert.
00:48:58: Und es wäre eine, es hätte mich, also man kann das nicht sagen, in dem Themenfeld es hätte mich
00:49:04: gefreut, aber es wäre eine riesen Chance gewesen aus meiner Wahrnehmung, wenn Friedrich Merz nach
00:49:10: dem Attentat in Aschaffenburg genau das gesagt hätte und gesagt hätte, Herr Bundeskanzler, Sie haben
00:49:16: hier keine Mehrheit mehr, ich erwarte, dass Sie, Herr Habeck, Herr Lindner, morgen früh mit mir an
00:49:22: einem Tisch sitzen und dass wir gemeinsam jetzt nächste Woche noch einen Antrag einbringen und
00:49:27: zeigen, wofür wir stehen, wo wir was ändern wollen, gerade um das Thema nicht der AfD zu
00:49:34: überlassen. Und die Strategie, die man aber gewählt hat, zu sagen, ich gucke nicht nach
00:49:40: links und rechts, ich mache keine Kompromisse, ist mir völlig egal, was ihr da meint, ich bring
00:49:44: das Ding jetzt hier durch, ist genau das Gegenteil davon. Und das finde ich, ich finde es wirklich
00:49:50: tragisch, ich glaube, da hat man was verschenkt, das hätte ein echtes Signal sein können, auch
00:49:55: der, von Glaubwürdigkeit, dass die Parteien der Mitte, die ja alle sagen, auch die Grünen sagen,
00:50:02: wir müssen da Dinge besser machen, dass man hätte zusammenkommen können, um den Populisten und
00:50:08: Extremisten des Landes den Wind aus den Segeln zu nehmen. Zumal in derselben Zeit ist ja gelungen
00:50:14: es andere vorhaben durchzubringen, ja ganz genau. Und wenn wir jetzt dieses Zustrom-Begrenzungsgesetz
00:50:19: noch dazu nehmen, dass, auch ein schlimmer Name, ja, das hat ja noch eine andere, einen anderen
00:50:24: sehr bitteren Beigeschmack, das hätte glaube ich die Union gar nicht eingebracht in dieser Woche
00:50:29: neben diesem Entschließungsantrag. Wenn nicht die AfD so clever gewesen wäre zu sagen, ihr habt
00:50:34: doch da im November mal im Innenausschuss so einen Entwurf vorgelegt, dann bringen wir den einfach
00:50:39: wieder ein und dann hätte die Union dumm dargestanden und hätte ihrem eigenen Gesetzentwurf nicht mehr
00:50:43: zugestimmt, weil er eben von einer falschen Partei eingebracht wurde. Also musste man ihn selber
00:50:48: einbringen und genau daran sieht man, was passiert ist. Man hat statt das Friedrich Merz die anderen
00:50:53: Parteien der Mitte getrieben hat zu einem gemeinsamen Zusammenkommen, hat er sich in die Rolle des
00:50:59: jenigen gebracht, der von der AfD getrieben wurde. Und jetzt kommt eine spannende Abschlussbeobachtung
00:51:05: vielleicht, weil sie ja den Parteitag angesprochen haben. Ich finde Parteitage sind was Superspannendes.
00:51:10: Wirklich? Ja, ich gehe gerne hin. Egal auch welche Partei. Denn da hatte ich nicht das Gefühl,
00:51:19: dass das vorherrschend war, was Sie gerade eben beschrieben haben, dass da quasi eine nervöser
00:51:24: Halle saß, die die ersten Umfragen, die ja dann so die nächsten Tage darauf eintrudelten,
00:51:31: sozusagen mit großer Sorge abgewartet hätte, sondern da saß eine, also ich versuche dann,
00:51:38: wie Journalist*innen das auch vielleicht machen würden, da auch ein bisschen Gespräche zu führen
00:51:42: mit Menschen ins Reden zu kommen. Und da waren wenige, die sehr leise durchblicken haben lassen,
00:51:48: dass ihnen das Sorge macht. Manche hatten sich auch öffentlich dazu ein bisschen mehr geäußert,
00:51:54: andere weniger, Leute wie Daniel Günther, Kai Wegner, die ja auch schon angedeutet hätten,
00:51:58: spätestens sie hätten dieses Zustrom-Begrenzungsgesetz im Bundesrat scheitern lassen. Aber insgesamt
00:52:04: habe ich eine Halle wahrgenommen, die sich sehr geschlossen hinter dieser Position versammelt hat.
00:52:11: Ich habe, wir haben in beiden Reden, sowohl von Markus Söder, der zu Gast war, als auch von Friedrich
00:52:15: Merz hören können, dass sie die Demonstrationen, die da noch gar nicht so riesig waren, das waren
00:52:20: so die ersten Jahre, die da stattgefunden hatten, eher fragwürdig waren. Das gesagt wurde, jetzt
00:52:27: haben wir hier so Dademus, dabei sollte man mal für die Opfer von Erschaffenburg demonstrieren,
00:52:32: das tauchte auch im TV-Duell am Sonntag wieder auf. Also auch offensichtlich ein gewisses Selbstbewusstsein,
00:52:37: dem das jetzt nicht als entsorgenvollen Seismograph zu nehmen, das vor dem Konrad Adenauer Haus
00:52:43: 120.000 Leute stehen, was ich spontan gedacht hätte, die naheliegende Lesart des Ganzen gewesen wäre.
00:52:49: Im Gegenteil, es wurde von antifa gesteuerten Protesten geredet. Und vor allem hat sich ja auch noch
00:52:56: Angela Merkel geäußert. Und die war ja auch mal hier bei ihnen. Und da sehr viel, finde ich,
00:53:02: eigentlich in ihrer Grundhaltung ja auch von dem gezeigt, was sich in diesem Statement auch wieder
00:53:07: dann nie dargeschlagen hat. Aber mein Eindruck war, es gibt in der CDU vielleicht anders als früher
00:53:13: inzwischen doch ein Verärgerzsein. Und selbst bei denen, die vielleicht sagen, Merkel hat grundsätzlich
00:53:21: recht mit dem, was sie da gesagt hat, gab es ein bisschen ein "Das ist illojal, das macht man nicht"
00:53:30: im Wahlkampf. Und ich glaube eher, dass das dazu geführt hat, dass die Reihen sich etwas geschlossen
00:53:35: haben hinter dieser Position. Wir sehen ja auch in den Daten jetzt bei diesen Fragen, wie finden
00:53:41: Sie das jetzt richtig, dass das passiert ist, dieses Abstimmungsverhalten, dass die CDU-Anhänger
00:53:46: da in einer Mehrheit dem zusprechen. Also zumindest die eigenen Leute sind offensichtlich da situativ
00:53:54: zusammen. Aber die spannende Frage ist, jetzt kann ich Friedrich Merz zitieren, was ist am 24.
00:54:00: Februar? Denn wenn sich am Ende die Union bei unter 30 Prozent einpendelt, wenn womöglich die AfD auf
00:54:08: 23 Prozent oder ähnliches kommt, wir einen Kenia-Bündnis brauchen sollten, damit überhaupt
00:54:13: eine Regierung zustande kommt, dann würde ich befürchten, gerät die CDU in eine Lage,
00:54:19: aus der sie sich eigentlich sehr, sehr mühsam ansatzweise ein bisschen rausmanövriert hatte,
00:54:23: nämlich von großen innerpartalischen Zerwürfenissen, die sich in diesen Lagern eben auch abbilden von
00:54:30: den, ich könnte jetzt sagen, den Daniel Günters, den also moderner Konservativ-Iren, die auch für
00:54:35: Schwarz-Grün eine gewisse Grundoffenheit haben, wenn auch eine große Koalition, und diesem anderen
00:54:43: Lager, und das wäre insofern schlecht, weil das ja dann trotzdem noch die Partei ist, die als
00:54:48: stärkste Kraft aus diesem Wahlabend gegangen ist, die also in diesem Moment einen Job hat,
00:54:53: nämlich Regierungsbildung. Und das ist ja ein bisschen, dieser Tage kann man auch immer mal
00:54:58: nach Österreich rüber gucken. Gerade geplatzt, die Versuche dort jetzt mit der FPÖ und der ÖVP
00:55:04: eine Regierung zu bilden, was die ja ursprünglich gar nicht wollten, dann schien das die letzte
00:55:09: Variante. Jetzt hat Herr Kickel heute auch oder will es tun, dem Bundespräsidenten den Auftrag
00:55:16: zurückgegeben, doch eine Ö, ich kann auch keine Regierung bilden. Und das finde ich, ist das,
00:55:20: was wir alles, was wir immer mitdenken müssen. Also ich möchte mir eigentlich nicht vorstellen,
00:55:25: dass wir dann eine CDU erleben in so einem inneren Scherbengericht, eine total gerupfte SPD,
00:55:31: womöglich eine grüne Partei, die vielleicht auch gar nicht weiß, wer jetzt ihre künftigen
00:55:36: Gesichter sind und so weiter. Und die sollen eine Regierung bilden. Und das finde ich geben,
00:55:41: die Zahlen, wir haben ja so viel über Zahlen geredet, dann eben doch in allen Anhängerschaften,
00:55:45: aller Parteien, sagt eine Mehrheit, dass sie Sorge hat davor, dass Deutschland nach dem 23. Februar
00:55:53: keine stabile Regierung bekommt. Und das, das ist, glaube ich, eigentlich der warnende Zeigefinger,
00:55:59: der den anderen sagt, bei allen Unterschieden und bei allem Streit in der Sache. Aber das sozusagen,
00:56:07: es darf nicht zu solchen österreichischen Verhältnissen kommen, sondern das muss klappen.
00:56:12: Wir stellen ja in dieser Folge die Frage, wird der Wahlkampf der Lage gerecht? Gucken wir doch mal
00:56:19: kurz auf die Lage, wie ist die denn? Die Krisen der zurückliegenden Jahre, muss man sagen, haben
00:56:25: viele Menschen richtiggehend zermürbt, das Leben ist immer teurer geworden. Die arbeitslosen Zahlen
00:56:30: steigen wieder, die Zahl der Insolvenzen ist so hoch wie lange nicht. Die Sozialsysteme sind
00:56:37: unter erheblichem Druck, funktionieren bei unserer Demografie absehbar nicht mehr, wenn sie so
00:56:43: aufgegleist bleiben, wie sie sind. Unser Land schlittert in das dritte Rezessionsjahr in Folge.
00:56:49: China und die USA merken, wir schlafen weiß Gott nicht. Donald Trump ist im Amt, will die EU in
00:56:57: Deutschland mit Zölln überziehen, verlangt höhere Verteidigungsausgaben. Wir sehen uns durch
00:57:02: Russland bedroht kurzum. Die e-bescheidene wirtschaftliche Lage wird absehbar nochmal schwieriger,
00:57:08: durch die Zölle, durch die Verteidigungsausgaben, alles, was ich schon hatte. Was müsste der
00:57:15: Wahlkampf denn darauf jetzt eigentlich für eine Antwort geben, sodass wir sagten, er wird der Lage
00:57:21: gerecht in der Hoffnung, ganz genau, dass man bald in Deutschland dann wieder so was wie eine stabile
00:57:29: Regierung hat, die sich einer Macht wie den USA entgegenstellen kann. Dann, wenn da alles so kommt,
00:57:38: wie jetzt viele Befürchten, die mit China in eine Art von Konkurrenz gehen kann auf Feldern,
00:57:44: in denen uns die Chinesen auch längst den Rang ablaufen und so weiter und sofort.
00:57:49: Die Frage ist, ginge das überhaupt irgendwie? Also ist das überhaupt leistbar? Und ich meine
00:57:58: allein die Dichte und Zahl an Themen, die Sie gerade genannt haben, wenn man da so zuhört,
00:58:03: könnte man ja auch einfach denken, okay, ich stecke jetzt sofort den Kopf unter diesen Tisch
00:58:06: und komme nie wieder, nie wieder nach Hause. Ohne mich, Leute, ohne mich. Und ich übrigens ran und
00:58:12: jetzt das sehen wir auch. Wir haben, wir sehen steigende Zahlen seit Jahren bei sogenannten
00:58:17: News Evolvations, dass Menschen Nachrichten vermeiden, dass sie wirklich sagen, ich will das nicht
00:58:21: mehr mitbekommen, ich will das gar nicht hören. All diesen Wahnsinn. Insofern, ich glaube, was ich
00:58:27: mir, ich habe mir für unsere Folge heute die Wahlprogramme alle nochmal ein bisschen angeschaut
00:58:32: und vor allen Dingen habe ich mir die Rezeption der Wahlprogramme nochmal angeschaut. Wie gucken
00:58:37: andere darauf, die sie jetzt auch auseinandernehmen und ich teile einen Eindruck auch, der da ganz
00:58:42: häufig geäußert wird, nämlich sehr viele Versprechen, wenig finanzielle Belastbarkeit.
00:58:48: Ja, ein Wahnsinn. Und das reicht von, wir wollen das Kindergeld um 1000 Euro erhöhen und sagen nicht,
00:58:55: womit bis zu der großen Grundidee bei Friedrich Merz, zu sagen, die 100 Milliarden, die wir
00:59:00: all in all in unserem Wahlprogramm irgendwie verbraten wollen, für kluge Dinge, die sollen
00:59:06: durch Wirtschaftswachstum kommen und dann kommen sie, wie gerade geschildert, und sagen, ja,
00:59:10: und diese Zölle und überhaupt. Und also, wo soll das herkommen, was ihre Kolleginnen am Sonntag
00:59:14: in diesem TV-Duell eben auch problematisiert haben? Ja, Sandra Meilspeiker sagte das ja und
00:59:19: dann hat Friedrich Merz gekonnt mit "Nee, das sei ihm zu viel konjunktiv oder zu viel hätte,
00:59:23: hätte", wo ich dachte, äh, also, genau, also, es ist mir zu viel hätte, hätte, finde ich auch.
00:59:28: Das Prinzip Hoffnung regiert jetzt sozusagen durchs Wahlprogramm. Wir hoffen einfach auf Wirtschaftswachstum
00:59:34: und wir haben vielleicht ein paar Ideen, wie man da hinkommen könnte, aber wir haben eben auch
00:59:38: externe Faktoren, sei es Trump, sei es andere Dinge, die uns da womöglich einen Strich durch die
00:59:42: Rechnung machen und plötzlich geht die ganze Rechnung nicht mehr auf. Insofern, was ich mir,
00:59:47: was der Lage vielleicht angemessener wäre als das, was wir jetzt sehen, ist, dass ich denke,
00:59:55: weniger versprechen und damit eben auch vielleicht verzichtsansagen. Also, man kann nicht für Familie,
01:00:04: für Kinder, für, man kann nicht überall alles erhöhen oder man muss dann wirklich sagen,
01:00:09: unser absolutes Konzept sind einfach immer mehr Schulden oder immer mehr Steuererhöhungen,
01:00:14: zum Beispiel für reiche Menschen, das kann man machen, das passiert, die Linke zum Beispiel,
01:00:17: tut das ja. Aber ich glaube, insgesamt... SPD und Grüne haben das ja auch, das ist ein bisschen
01:00:23: über Steuererhöhung an Einnahmen generieren wollen. Also, da ist eine Art von, wenn sie so wollen,
01:00:30: realistischere Angang drin, als dass man sagt, wir machen Senkungen aller Orten und hoffen auf
01:00:38: Wirtschaftswachstum. Aber man könnte ja auch hingehen und sagen, wir ahnen, auch wenn wir gerne
01:00:44: Dinge versprechen würden, dass wir sie nicht halten können. Also, lassen wir es einfach mal sein.
01:00:48: Und wir versprechen, ich jetzt mal fiktiv gesprochen, wir versprechen zehn Dinge,
01:00:53: aber die halten wir dann auch. Und ich glaube, dass es insgesamt so ein bisschen das Problem,
01:01:00: es wird ja oft gesagt, weil wir bräuchten wieder Visionen und so. Ich weiß gar nicht,
01:01:04: ob das so ist oder ob es nicht eher darum geht, dass wir Verlässlichkeit und Belastbarkeit brauchen
01:01:11: in den Versprechen, die da sind. Also, wir haben eben heute ganz viele Menschen, eine große Mehrheit
01:01:19: von Menschen, die sagen, das sind 51, mehr als 50 Prozent und die Zuschreibungen in den Kompetenzen
01:01:26: sind im niedrigen, zweistelligen Bereich. Die sagen, ich traue eigentlich keiner Partei mehr zu,
01:01:31: dass sie die Probleme, die vor denen wir stehen, gelöst bekommen. Die Union liegt an erster Stelle
01:01:35: mit 16 Prozent Kompetenzzuschreibung. Alle anderen liegen noch dahinter. Aber warum leistet sich die
01:01:43: Union dann, weil sie sie auch angesprochen haben, ein Programm wie dieses, bei dem man irgendwie
01:01:49: ja gar nicht sonderlich viel Volkswirtschaft studiert haben muss oder so und trotzdem sagt,
01:01:56: warte mal gerade, wenn man all das nachlässt an Steuersenkungen, Soli abschaffen für die letzten
01:02:02: 10 Prozent, die es noch zahlen, dann sind das 10 Milliarden, da muss man das irgendwie wieder
01:02:05: reinholen. Und da müsste doch so was sein wie haben und soll. Dann würde man dagegen rechnen.
01:02:13: Ich mache es mir einfach, wie das oft Gäste in Talkshows machen, sagen, da müssen sie bitte
01:02:17: Friedrich Merz fragen. Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Der ist ja mit Ihnen in diesem Duell.
01:02:22: Ich würde das auch gerne wissen. Das ist sozusagen das, was mich auch ärgert und sie ja
01:02:30: offensichtlich auch, dass man denkt, das muss ja vielleicht gar nicht sein. Also man könnte doch
01:02:34: nicht, weil die Gefahr so groß ist, dass wenn immer mehr Menschen das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit
01:02:42: von politischen Parteien verlieren, dann ist irgendwann ein Desaster. Ich glaube, man muss
01:02:49: der Union schon abnehmen, dass sie das ernst meint, wenn sie sagt, wenn wir sozusagen Investitionen
01:02:55: tätigen wollen oder auch Steuersenkungen vornehmen wollen, jetzt mal unabhängig für wen, auch das
01:03:00: steht ja viel in der Kritik. Dann ist unser Konzept, unsere Vorstellung von Politik ist,
01:03:06: dass wir das machen wollen, vor allen Dingen über Wirtschaftswachstum und nicht über Staat. Also
01:03:11: über die Frage, wie greift der Staat auf Vermögen zu, zum Beispiel durch eben reichen Besteuerungen
01:03:16: oder durch Schuldenaufnahme. Und das ist ja auch so ein bisschen das, was zum Beispiel in der Ampel
01:03:22: eigentlich den fundamentalen Konflikt dieser Konstellation von Anfang an, von Tag 1 an
01:03:27: bedeutet, da braucht man auch keinen Ukraine-Krieg für, dass da unterschiedliche Steuerungskonzepte
01:03:33: aufeinanderprallen. Wie soll sich Staat in Krisenzeiten, in Transformationszeiten eigentlich,
01:03:40: wie soll der Staat sich da verhalten? Und insofern, ich kann der Union nicht absprechen und will
01:03:45: das auch gar nicht. Sie sagt, das ist unsere Idee. Ich mache nur ein Fragezeichen an den Punkt,
01:03:51: wie viel Glaubwürdigkeit man damit vor dem Hintergrund der von Ihnen genannten weiteren
01:03:57: Faktoren wirklich erzielen kann. Und da wäre eben mein Wunsch an Politik häufiger mal zu sagen,
01:04:03: wir können nicht alles machen und es wird Dinge geben, die wir nicht umsetzen können. Aber wir
01:04:08: haben auch zum Beispiel Dinge, die wir für nicht verhandelbar halten und die uns wichtig sind.
01:04:13: Und deswegen, das kann ganz unterschiedlich sein, vielleicht ist es für den einen der Mietendeckel,
01:04:17: für den anderen ist es der Pflegebonus, whatever. Und die sozusagen, die wollen, dafür legen wir
01:04:23: euch jetzt ein ganz seriöses sozusagen bis auf den letzten Zent durchdachtes Konzept vor, weil wir
01:04:29: glauben, dass das wichtig ist, dass wir das dann am Ende auch einlösen können. Und ich habe jetzt
01:04:35: beim Lesen der Wahlprogramme den Eindruck, dass wir das sehen, was wir eigentlich ziemlich oft
01:04:39: sehen in Wahlprogrammen, dass man erstmal das Bild dafür ist, gern die Gießkanne, das möglichst
01:04:46: viel versprochen wird. Und das würden wir auch noch gerne machen und dafür stehen wir. Aber wenn
01:04:51: ich so alle auf jeder Seite so drei, vier Stellen markere und jedes Mal dran schreibe sozusagen
01:04:56: Finanzierung, woher kommt das Geld, wer bezahlt das? Dann würde ich am Ende, auch als Wählerin,
01:05:03: ich bin ja auch eine davon, da würde mir ein Schaler beigeschmack bleiben, dass ich denke,
01:05:08: Leute, dann kill doch einfach mal direkt 20 dieser Versprechen, mach dich ehrlich. Und ja, man riskiert
01:05:16: damit bestimmt auch, dass man die eine oder andere gesellschaftliche Gruppe natürlich ein
01:05:20: bisschen verprält oder dass sie sich verprält fühlen könnten. Aber dann ist eben die Frage,
01:05:24: kann ich Ihnen gut erklären, woran es liegt? Kann ich Ihnen erklären, warum ich Dinge priorisiere
01:05:28: und andere nicht? Und in einem Politikfeld, das finde ich ganz interessant, in einem Politikfeld
01:05:33: sehen wir ja auch, dass Politik das versucht, solche wirklichen Begründungszusammenhänge auch zu
01:05:41: den Menschen zu bringen. Und das ist die Verteidigungspolitik, wo wirklich, das finde ich ist eine
01:05:46: interessante, auch Diskursentwicklung der letzten Jahre, wo wirklich darum gerungen wird,
01:05:51: dass die Menschen doch bitte verstehen mögen, warum man da jetzt sehr, sehr viel Geld platzieren will
01:05:58: und auch Unterstützung leistet, zum Beispiel für die Ukraine. Und warum das logischerweise dazu
01:06:04: führt, dass an anderen Stellen, wo möglich weniger Geld da ist, das ist der einzige Fall,
01:06:09: bei dem ich wirklich den Eindruck habe, da gibt Politik sich Mühe, dass immer wieder den Menschen
01:06:16: begreifbar zu machen oder zumindest den Versuch dafür zu unternehmen. Und ich würde sagen,
01:06:21: das bräuchten wir eigentlich insgesamt häufiger. Stattdessen landen wir eben ganz oft in diesem,
01:06:27: ja dann kürzen wir da und nehmen das da, also jetzt nochmal zur Union zurück, die ja zum
01:06:34: Beispiel sagt, wir können sechs bis sieben Milliarden Euro beim Bürgergeld einsparen.
01:06:37: Die sechs bis sieben versus 100, da fehlt immer noch ein bisschen was. Das reicht auch nicht für
01:06:42: die 30 Milliarden, die uns ab 2027 für die Bundeswehr fehlen. Aber man könnte natürlich auch noch
01:06:48: einen Schritt weitergehen und zum Beispiel sagen, okay, aber wie sieht denn dann das Bürgergeld
01:06:53: danach eigentlich noch aus? Und warum halten wir es trotzdem für wichtig, dass wir Menschen
01:06:57: unterstützen? Also man könnte immer solche Debatten ganzheitlicher führen. Das würde sie
01:07:02: ein bisschen entemotionalisieren, macht sie aber ehrlicherweise nicht nur für sie und mich,
01:07:07: sondern vor allem auch für alle anderen, auch mühsamer, weil man kriegt mehr Informationen,
01:07:12: man muss mehr zuhören, es dauert länger und es ist eben kein klares, wir nehmen es da, packen
01:07:17: es da hin und Ende der Geschichte. Da Sie so überzeugend gesagt haben, dass sich ein neues
01:07:23: Phänomen eigentlich zeigt bei dem Grundverständnis dafür, dass Deutschland seine Verteidigungsausgaben
01:07:30: wird erhöhen müssen, wie wo wir uns ja sehr, sehr lange über viele, viele Jahre in unserem
01:07:35: behaupteten Grundpazifismus gefallen haben, da ist was Neues passiert. Sie sagen, das ist besonders
01:07:42: gut erklärt worden. Ich frag mich, wenn das von mir aus funktioniert, funktioniert aus meiner
01:07:50: Beobachtung ganz viel anderes weniger gut. Ich glaube, das hat Ihnen Anlass gegeben, dieses Buch
01:07:56: zu schreiben mit Kominialen Frenzel gemeinsam defekte Debatten, denn ich will es nicht totreiten,
01:08:03: aber ich habe so das Gefühl, dass in dem Vorstoß von Friedrich Merz in Sachen Migrationspolitik,
01:08:10: ist es glaube ich sehr klar geworden, an manche anderer Stelle auch schon mal klarer geworden.
01:08:15: Die Kleinteiligkeit vieler unserer Debatten, dann wenn man zum Beispiel hingeht, wie kriegt man denn
01:08:21: das besser gelöst mit dem Bürgergeld, als das in der Einschätzung vieler jetzt im Moment
01:08:26: gelöst ist, kommt sofort als Gegenargument Bums. Es gibt aber ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts,
01:08:32: man kann also nicht komplett an die Zahlungen gehen, denn Menschen verdienen immer einen
01:08:38: Existenzminimum zu bekommen, geht gar nicht anders. Bums ist man schon wieder in dieser
01:08:42: Kleinteiligkeit und das ist alles nicht so leicht lösbar wie zunächst gedacht. Ich habe das Gefühl,
01:08:48: als ein Gegenentwurf hat sich jetzt so etwas eingebürgert oder beginnt sich zu zeigen,
01:08:54: wie Kompromisslosigkeit. Einfach mal dazwischen gehackt, einfach mal gesagt. "Disruption" heißt es
01:09:01: vielleicht in der Politikwissenschaft. Nein, das hören wir jetzt immer. Gut, Disruption hatte ich
01:09:07: zunächst immer im Urteil, ist was wie eine Zerstörung. Man bricht mit was, was vorher da war
01:09:11: und hat dann danach vielleicht was besseres. Das kam ich besser klar mit Kompromisslosigkeit,
01:09:18: dass man einfach los donnert und sagt, bitte darüber möchte ich gar nicht mehr reden. Und es
01:09:23: verfängt. Man hört das ganz gerne. Das nimmt irgendwie Anleihen vielleicht an diesen Bildern,
01:09:29: die wir jetzt allabendlich in der Tagesschau sehen, dass Herr Trump ein Präsidial erlass,
01:09:34: nach dem anderen unterzeichnet. Die haben aber ein anderes System und die haben auch
01:09:39: einen ganz seltsamen Präsidenten. Und dass das für uns die Orientierung sein könnte,
01:09:43: will ich erst mal überhaupt gar nicht glauben. Ich auch nicht. Aber Sie haben es ja selber gesagt,
01:09:49: es verfängt. Und ich misst die Disruption auch nur eingefallen, weil ich das Kompromisslose eben
01:09:57: auch sehe in Leuten wie zum Beispiel Raffi Millay, wo das er mit seiner Kettensäge und dieser
01:10:03: absoluten Teil quasi irgendwie, genau wie mit so einer Sense durchs Feld zu gehen, zu sagen,
01:10:08: ist mir, ich gucke, ist mir egal auf wessen Kosten das jetzt hier geht, das machen wir jetzt. Ja,
01:10:11: und wenn dann kommt Lieferkettengesetz, dann sagt der Habeck, Bums, mit der Kettensäge dran.
01:10:16: Aha, also die Kettensäge verfängt inzwischen auch in anderen Lagern. Das ist glaube ich,
01:10:22: Sie haben mir das Buch angesprochen, dass es eben eine Diagnose, auf der wir sehr ausführlich
01:10:27: herumreiten, dass sich mal schön keiner davon frei machen soll, dass er auch oder Sie und die
01:10:33: jeweiligen politischen Kräfte auch Teil dieses Problems sind. Also es ist immer einfach mit dem
01:10:37: Finger auf die anderen zu zeigen, aber Kompromisslosigkeit finden Sie links wie rechts. Und also das
01:10:43: ist, finde ich, ein wichtiger Punkt. Und die, ich glaube, die Verlockung ist groß, weil dem,
01:10:53: also die Verlockung nach diesem Kompromisslosen ist so groß, weil dem so viel Angestrenktheit auf
01:10:59: der anderen Seite gegenübersteht. Die Zumutungen, die Sie ganz am Anfang angesprochen haben auch.
01:11:04: Ja, ja. Auf einen Zeilen, wie man sagt. Genau, also ich, wir zitieren im Buch und das ist wirklich,
01:11:10: ich liebe diesen Verweis, ich mache Ihnen jetzt auch hier die Lippenleser von King Charles,
01:11:16: die als er King wurde, also vom Prince zum King, wohl gelesen haben, dass er, weil irgendwas
01:11:23: nicht glatt lief bei dieser Krönungsmesse, zu Camilla seiner Frau sagt, immer ist irgendwas.
01:11:29: Oder ist das, als er da irgendwas unterzeichnen soll und den Föhrler umszenirken?
01:11:34: Ist mir egal, ich finde einfach die so Aussage.
01:11:34: Doch ich bin sehr interessiert an der britischen Königsfamilie.
01:11:39: Wir verifizieren das gerne und also ich mit Ihnen nochmal gemeinsam. Aber ich finde,
01:11:42: das, ich meine, das ist so alltagstauglich und genau so ist es ja. Wir nennen im Buch diese
01:11:47: Menschen, wir nennen sie die Wohlmeinden. Also Menschen, die ohnehin schon extremistisch sind
01:11:55: oder populistisch und deren Einstellungen aktiviert werden, weil diese Parteien jetzt
01:11:59: auch Resonanzräume haben, parlamentarisch da sind. Bei denen könnte man ja jetzt etwas zugespitzt
01:12:04: sagen, wundert ist doch einen auch gar nicht, dass die in der Logik von Populismus das Volk
01:12:09: gegen die Elite, die Korrupten, Politiker in Berlin und Brüssel, die gegen die eigene Bevölkerung
01:12:13: Politik machen, dass die sehr stark diesem Schwarz-Weiß-Denken und damit auch so einer
01:12:19: verächtlich Machung von Kompromissen, von Aushandlungsprozessen zuneigen. Aber was wir
01:12:24: sehen, ist, dass das ja gar nicht in diesen gesellschaftlichen Gruppen sozusagen bleibt,
01:12:31: sondern dass wir eine, ein zunehmendes, sicken dieser Attraktivität auch in die Breite der
01:12:39: Gesellschaft sehen. Und diese Menschen nennen wir im Buch die Wohlmeinden. Menschen, die von
01:12:45: sich wahrscheinlich, wenn sie die befragen, sagen würden, eigentlich bin ich hier ganz gut dabei und
01:12:51: ich bin auch für die Demokratie gut, ich möchte mich eigentlich auch gerne einbringen und so,
01:12:54: aber die dann quasi diesen King Charles Moment erleben. Und das tun die nicht seit gestern,
01:13:00: sondern das tun die schon seit einigen Jahren. Immer ist irgendwas. Großkrisen dieser Welt,
01:13:05: von Finanzen über Eurokrise, Migration, Corona, ein ganz wichtiges Thema, was ich selber auch noch
01:13:11: mal viel gelernt habe in der Arbeit an diesem Buch, wie disruptiv Corona für viele Menschen war,
01:13:16: als Krisenerfahrung. Aber dann eben auch Alltag. Die Bahn, die Bürokratie, das Bürgeramt, die
01:13:23: Kreidetafeln, die Digitalisierung, die Faxgeräte. Und dann entsteht auf der einen Seite so ein,
01:13:30: immer ist irgendwas. Hier ist nie mal Ruhe, hier ist nie mal Pause, nichts funktioniert. In der
01:13:37: Schule tropft das Wasser durch die Decke, wieder zwei Stunden mit dem Zug zu spät, das nicht,
01:13:42: das wird wieder teurer, die Butter. Also so eine Melange von ganz ungutem ... und dann ist jetzt
01:13:50: die Frage, was biete ich als Gegenerzählung an? Und wenn jetzt jemand kommt und stellen sich vor,
01:13:57: sie sind wie so ein Schnellkochtopf. Die Taste ist schon gedrückt. Ich bin ganz oft Schnellkocher.
01:14:01: Also sie kommen ja aus dem Rheinland, die kennen man, ich kann das auch von mir selber. Und
01:14:07: im Grunde finden Wasserkocher, das Ding ist angeschaltet. Und jetzt kommt jemand und sagt, Anne,
01:14:14: ruhig Blut. Jetzt wollen wir doch mal in Ruhe nachdenken, mal Kompromisse finden,
01:14:19: lass uns mal einen Tisch setzen und wir holen die ganzen Leute, die schon seit Wochen auf die
01:14:23: Nerven gehen auch noch dazu. Jetzt reden wir mal in Ruhe. Oder es kommt jemand und sagt, genau,
01:14:29: jetzt ist mal Schluss hier. Jetzt muss es mal knallen. Jetzt brauchen wir, jetzt kann es nicht
01:14:33: schon wieder darum gehen, jeden Hinz und Kunst mitzunehmen und mit jedem noch irgendwas auszuhandeln
01:14:37: und jedes Interesse zu berücksichtigen. Jetzt ist mal Freierabend. Was verfängt?
01:14:41: Freierabend. So. Und ich glaube, man kann das an sich selbst nachempfinden. Ich gebe oft offen zu,
01:14:50: wie oft mir das auch passiert, wenn ich in der Bahn sitze und mich ungeduld und Polarisierung
01:14:57: das bekommt, wie unhöflich man zu den Leuten auch wird und die nichts dafür können in der
01:15:01: Regel und trotzdem schlägt sich das durch. Und ich glaube, die große Aufgabe für eine neue
01:15:06: Bundesregierung und natürlich am Ende auch für uns alle, das schreiben wir auch im Buch,
01:15:10: es ist kein reines Elitenproblem, aber Eliten haben eben eine besondere Verantwortung in einer
01:15:14: Demokratie wie unserer. Die große Aufgabe ist, dass man dem etwas entgegensetzen muss. Also Wertschätzung
01:15:23: für Kompromisse, Wertschätzung für Grundprinzipien, die eine Konsensdemokratie anders als die
01:15:29: Demokratie in den USA aufgebaut ist mit den zwei Parteien ausmachen. Wertschätzung für
01:15:36: Interessensausgleich und warum uns das nützt. Aber Sie haben gesehen in der Ampel, wie schwer das ist.
01:15:43: Und wie schwer das in einer künftigen Regierung sein wird, kann man ahnen, zumindest wenn man
01:15:48: darauf guckt, dass sie, egal wie sie dann zusammengesetzt sein wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit
01:15:53: die AfD, mit einer nie zuvor gesehenen parlamentarischen Stärke als Oppositionsführerin sich gegenüber
01:16:02: sehen wird. Das ist vielleicht nicht die beste Ausgangslage für das, was ich mir hier wünsche.
01:16:08: Und trotzdem glaube ich, es ist total dringend erforderlich. Und wenn ich einen Satz, einen
01:16:14: kleinen Satz noch ergänzen darf, dann würde ich die Politik noch eins mitgeben wollen, was aber
01:16:19: vielleicht Grund geben könnte, zur Zuversicht, dass es gelingen kann. Es gibt viele Studien,
01:16:25: die zeigen, dass Menschen sich Dinge, dass Menschen sich etwas wünschen, nämlich Zusammenhalt,
01:16:32: Solidarität, Gemeinschaft. Das einzige Problem ist nur, also man könnte etwas Platz sagen,
01:16:39: eine große Mehrheit, eine riesengroße Mehrheit wünscht sich das. Das Einzige, was diese Studien
01:16:44: auch zeigen ist, aber dass die Leute sagen, also ich wünsche mir das ja. Aber hier, der
01:16:49: Nachbar gegenüber, der wünscht sich das nicht. Und wenn sie dann zu dem Nachbarn gehen,
01:16:54: dann sagt er ja ich wünsche mir das. Aber hier, die Frau gegenüber, die nicht. Also
01:16:59: eigentlich hat Politik ein großes Potenzial darin, dass da doch ganz viele Menschen in
01:17:05: eine Richtung gucken und man es ihnen einfach nur verraten müsste.
01:17:08: Wunderbare Antwort auf die Frage, wird der Wahlkampf der Lage gerecht, insofern, als
01:17:15: dass sie uns nochmal aufgezeigt haben, was ein Wahlkampf eigentlich sein kann, nämlich
01:17:21: eine Erzählung und gerne auch eine Gegenerzählung.
01:17:24: Mich nervt immer dieses Geräte von Narrativen und so weiter. Aber hier finde ich es tatsächlich
01:17:30: mal angemessen. Man geht hin und analysiert die Lage. Ich hatte sie ja auch nochmal runter
01:17:35: erzählt. Sie schnot aber eventuell auch auf das zusammen, was die Lippenleser Prince Charles
01:17:40: abgelesen haben, nämlich immer ist irgendwas. So, darauf jetzt eine vernünftige Antwort
01:17:44: zu geben oder sei es eine Erzählung, eine Gegenerzählung. Darum müsste es ja gehen.
01:17:49: Dann zumal, was wir gerade auch kurz mitgestreift haben, eben auch schon ein paar Mal, wenn man
01:17:56: weiß, dass die AfD auf ein Rekordwert zusteuert mit im Moment 20 Prozent in den Umfragen.
01:18:03: Das ist ja eine Partei, ich denke, da tue ich hier nicht, unrecht, die genau nicht nach
01:18:07: links und rechts gucken will, sondern die diese eine Feierabenderzählung hat und zack aus
01:18:14: Ende. So können sich aber die Parteien der Mitte, die wie Kevin Kühnert gestern im
01:18:19: Bundestag gesagt hat, die staatstragenden Parteien genau gar nicht ausruhen. Das wird
01:18:25: nicht funktionieren, denn dann genahre uns Gott, was in vier Jahren bei der nächsten
01:18:31: Bundestagswahl ist, dass das klang gestern da und dort auch schon an und glaube ich auch
01:18:36: im TV-Duell. Ich weiß es nicht, aber da kommen wir auch selber drauf. Das müssen wir nicht
01:18:40: irgendwo... Ich glaube, den Ernst, der lange war,
01:18:41: aber zwischendurch einige eben erkannt. Das hört man ja, diese Wortmeldung kommt aus
01:18:45: unterschiedlichsten dieser staatstragenden Parteien um es mit Kevin Kühnert zu sagen,
01:18:50: dass sie sagen, es muss sich jetzt was ändern, die Dinge müssen anders werden, damit wir
01:18:55: 2029 nicht auf Verhältnisse zu steuern wie andere Länder um uns herum sie schon erleben.
01:19:01: Aber die Frage ist eben, dass eine sagen, dass andere tun, wird man diesem Anspruch
01:19:06: gerecht werden. Das wäre der konstruktive Teil dieser
01:19:09: Folge dann jetzt und das Lustige ist, als sie das letzte Mal da waren, haben wir auch gesprochen
01:19:15: über Kompromissfähigkeit, über Bündnisfähigkeit, darüber, dass das Parteien von eigenen Programmen
01:19:21: und sie mögen sie auch noch so oft und gar nicht genau durchgerechnet in ihren Wahlprogrammen
01:19:26: notiert haben, ist ja egal. Irgendwann findest du dich wieder in der Situation, wo du dich
01:19:31: mit einer oder sogar, das kann ja passieren, zwei Parteien ins Benehmen setzt. Das sind
01:19:36: dann in Wahrheit sogar vier. Also wenn wir uns vorstellen, es läuft auf eine sogenannte
01:19:42: Kenia Koalition. Vielleicht sagen wir kurz, warum das so sein
01:19:45: könnte. Das hängt ja davon ab, wie viele der Parteien, also der Parteien, die jetzt
01:19:49: um diese 5%-Hurde herum tanzen, den Einzug in den Bundestag schaffen werden. Und das
01:19:53: finde ich offenbar auch ein bisschen ein Dilemma, weil die Politikwissenschaftlerin in mir sagt
01:19:58: natürlich sofort, was, wenn nicht das, zeigt an, warum in der Demokratie jede Stimme zählt
01:20:03: und es wichtig ist zu wählen, weil im Grunde bei diesen 5% Parteien, also wenige hunderte
01:20:10: Stimmen, womöglich zehn Stimmen eben den Unterschied machen können, warum diese Partei
01:20:14: am Ende im Bundestag sitzt oder nicht. Auf der anderen Seite ist aber genau das der Grund,
01:20:18: was potenziell die Regierungsbildung erheblich erschweren wird, weil dann plötzlich wieder
01:20:24: Leute SPD, also CDU/CSU, zwei Parteien, SPD und Grüne miteinander arbeiten müssen, wo
01:20:30: zumindest zwei, nämlich die CSU und die Grünen oder die CSU in Richtung der Grünen auf
01:20:36: jeden Fall mal sagt, machen wir nicht. Ja, das wird unwahrscheinlich schwer und das
01:20:40: wäre jetzt aber eigentlich mein konstruktiver Teil gewesen, den wir jetzt schon mal ins
01:20:45: Reich der Schwierigkeiten rüber gebucht haben. Was heißt das jetzt alles für die Zeit nach
01:20:52: der Wahl, denn Friedrich Merz hat es gesagt, es wird mutmaßlich diesen 24. Februar auch
01:20:58: geben und dann muss man sich ja irgendwie wieder ins Benehmen setzen, um irgendwie zusammen
01:21:04: zu kommen. Also, ich stelle mir Robert Habeck und Markus Söder jetzt noch nicht in einem
01:21:11: Koalitionsausschuss vor, aber es kann ja darauf hinauslaufen und doch ist ja ihr Appell nicht,
01:21:18: meine auch nicht, die kleineren Parteien nicht mehr zu wählen. Wenn man sich da programmatisch
01:21:23: und inhaltlich richtig aufgehoben fühlt, ja, dann wählt man die. Ja, ich bin, also
01:21:28: es gibt, kann man auch eine Stunde drüber reden, eine lange Diskussion über strategisches
01:21:32: Wählen und ob das sinnvoll ist. Haben wir auch schon mal gemacht. Genau, ich würde
01:21:36: immer sagen oder bei dem bleiben, was Sie gerade gesagt haben, man sollte das wählen,
01:21:40: wo man sich inhaltlich oder personell oder beides je nachdem eben in den Dingen, die
01:21:45: dort vertreten werden in einer Partei angesprochen fühlt. Und wir haben ja da, sehen ja auch
01:21:51: da, also nicht zuletzt durch die Linke und das Bündnis Eurer Wagenknicht, auch eine
01:21:54: Ausdifferenzierung in den Parteien und wir sehen Generationen, gerade jetzt neue Zahlen,
01:22:01: ich glaube von Forser waren sie über die Sonntagsfrage bei jungen Menschen, wo man sieht,
01:22:06: da stehen fünf, sechs Parteien sozusagen auf gleicher Höhe, also große Heterogenität
01:22:12: im Wahlverhalten. Und das ist ein Abbild dessen. Ich suche noch nachdem Sie haben ja gesagt,
01:22:19: das soll ihr konstruktiver Teil sein, ich überlege jetzt noch was daran, kurz, wie
01:22:22: es ist, wenn Markus Söder und Robert Habeck dazu sein Leben am Tisch sitzen.
01:22:26: Nee, nee, das war schon die Aufteilung schwierig. Mir fehlt auch ein bisschen die Vorstellung
01:22:30: dafür und das ist natürlich nicht gut und die ist ja in den letzten Monaten auch von
01:22:37: Seiten der CSU sehr stark immer wieder unterstrichen worden. Also ich glaube es gibt inzwischen
01:22:43: so Söder-Bingo-Karten, wo diese grünen, gegen die grün gerichteten Aussagen so träflich
01:22:49: abgehakt werden von Habeck's Hybris, weil er sich da an Siegestor hat projizieren lassen
01:22:54: bis zum Gen, dann bis zu was auch immer. Und ich glaube, das ist im Grunde, insofern muss
01:23:00: man vielleicht nicht bis 2029 warten, wenn das kommen sollte, das ist dieses Dreierbündnis
01:23:05: oder Viererbündnis, wenn man CDU und CSU separiert, gedenkt, wenn es das braucht, dann
01:23:10: ist das eigentlich der Lackmusstest der Demokratie und nicht erst 29. Es ist der Test gelingt
01:23:17: es trotz allem und das mag ja in der Sache auch teilweise berechtigt sein, dass man sich
01:23:22: ärgert, dass man sagt, das finde ich eigentlich unmöglich, was die da vertreten, die Grünen
01:23:25: oder die Sozialdemokraten oder umgekehrt, die Union. Die Grünen sind ja auch nicht
01:23:29: im Used über das, was in der Union vertreten wird. Aber gelingt es, dass man trotzdem sozusagen
01:23:35: sich ins Benehmen setzt, an einen Tisch kommt und am Ende ist gelingt Kompromisse nicht
01:23:40: als notdünftige Mittelwege, als faul, als Formeln zu sehen, sondern als etwas Neues Drittes,
01:23:48: als etwas, was eine Chance verdient, sich aus unterschiedlichen Angeboten entwickeln
01:23:53: zu dürfen. Und insofern würde ich sagen, diese 30 Tage, bis dann der Bundestag darf
01:24:01: sich ja schon mal konstituieren, da muss man noch keine Regierung haben, aber man wird
01:24:05: ja dann hoffentlich irgendwie schnell zu Verhandlungen kommen. Das ist die Bewährungsprobe
01:24:09: für die Frage auch, ob es dann gelegen kann, in so einem Bündnis auch zu arbeiten. Wenn
01:24:15: das in den Verhandlungen schon unglaublich hakt und schief geht und Durchstechereien und
01:24:21: alles, was wir uns nicht wünschen würden, dann hätte ich große Zweifel daran, wie lange
01:24:25: eine weitere, eine neue Bundesregierung halten würde, auch für den Erfahrungen natürlich
01:24:30: der Ampelkoalition. Ob die diese Phase gut gemacht haben. Als sie verhandelt haben,
01:24:36: drank genau gar nichts nach draus. Man hat dann irgendwann dieses "Junge Glück", "Selfie"
01:24:42: gesehen und dachte, oh wow. Aber man hat eben auch einen Koalitionsvertrag vorgelegt,
01:24:47: 2021, also Robert Habeck hat das ja so schön catchy genannt, wir wollen Brücken übertrennendes
01:24:52: bauen. Aber der Koalitionsvertrag war an vielen Stellen eben doch auch nur ein Nebeneinanderlegen
01:24:59: von Wünschen. Und das ist eben gerade nicht das, was ein Kompromiss ist. Kompromisse zeichnen
01:25:04: sich ja dadurch aus, dass jeder Zugestellten machen muss. Und dass das, was rauskommt,
01:25:10: eigentlich etwas Neues ist im Vergleich zu den Positionen, die ursprünglich aufeinander
01:25:14: getroffen sind. Also ein Koalitionsvertrag, in dem ich einfach nur mal sage, der eine
01:25:19: macht das, der nächste das, der nächste das und mich dann wundere, warum diese dahinter
01:25:23: liegenden Steuerungsvorstellungen nicht kompatibel sind, war dafür vielleicht auch ein bisschen
01:25:28: zu einfach gedacht. Also ich stimme zu, die Verhandlungen haben, es gab ja auch viel
01:25:33: Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung, haben durchaus den Eindruck erweckt, dass
01:25:38: das wirklich was Gutes werden könnte. Ich würde aber auch sagen, schon in dem Moment,
01:25:42: als der Koalitionsvertrag präsentiert wurde, die, die ihn gut und kritisch gelesen haben,
01:25:47: konnten ahnen, na ja, da sind in Wahrheit eben jetzt doch viele Formelkompromisse drin
01:25:51: oder sozusagen beschriebenes Papier. Und ohnehin hat man bald verstanden, der KIT war
01:25:58: dieser Klimatransformationsfonds, der sogenannte, wo eben die alten nicht abgerufenen Corona-Kredite
01:26:04: drin waren, was dann das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen, also es war erkauft, wenn
01:26:11: man so will und gekittet. Das darf nicht nochmal passieren. Ich glaube, das ist die,
01:26:18: das ist die Herausforderung, das kann man nicht nochmal machen. Und das, das klingt,
01:26:23: also wenn ich das jetzt hören würde als Zürerin, wenn ich jetzt, also nehme an Friedrich Merz
01:26:28: wird den Podcast, was wir uns ja wünschen, dann würde der wahrscheinlich sagen, diese
01:26:34: Frau Reuschenbach da, die hat gut reden. Schöne Idee, danke. Toll. Sie so Seitenlinien,
01:26:39: Klugscheißerei aus der Politikwissenschaft, merci. Und das würde ich ihm, also ich würde
01:26:46: nie verhehlen wollen, bei solchen Forderungen oder Wünschen oder dem, dem, dem, was ich
01:26:51: jetzt glauben würde, was es braucht, dass ich sehe, dass das für die, an die diese Adresse
01:26:56: geht, wahnsinnig herausfordernd ist. Ja, irre schwer, finde ich auch. Und das glaube ich,
01:27:02: wenn man jetzt mal einmal kurz weggeht von diesem, was müssen die Politikerinnen und
01:27:06: Politiker denn alles anders machen und die Medien mal auch ganz viel falsch. Aber da
01:27:11: finde ich, kann man doch schon einmal noch den Punkt auch bei sich selber oder bei der
01:27:14: Gesellschaft machen und sagen, wir müssen schon auch immer noch sehen, was das für
01:27:20: ein Job ist und wie schwer es ist in so einer ad hoc, oder von ad hoc Erfordernissen geprägten
01:27:27: Zeit. Die nächste Großkrise ist ja womöglich schon am Horizont, wir wissen es halt nur noch
01:27:32: nicht, Politik zu machen, sich zu einigen und auch diesen Job zu machen trotz bären,
01:27:39: starker Anfeindungen, die auf einen einprasseln. Und ich meine, dieses Wertschätzung für Kompromisse
01:27:45: und das, das hochzuhalten und die, die Fahne dafür zu, zu schwenken, ist im Grunde ja auch
01:27:52: ein Wertschätzen für Engagement und zu sagen, es lohnt sich auszuhandeln, es lohnt sich
01:27:57: sich einzubringen. Und da haben wir, und das haben auch Leute wie zum Beispiel die Bundestagspräsidentin
01:28:02: und andere, fern ab der Koalition ja auch immer wieder deutlich gemacht, auch das können
01:28:07: wir uns nicht leisten und das geht an unser aller Adresse. Wie reden wir über Politik,
01:28:13: wie reden wir über Menschen, die sich engagieren, die auch nicht immer alles richtig machen,
01:28:18: wie sehr pflaumig was was ich auf dem Elternabend die Lehrerin an oder auf dem Gleis die Bahnschaffnerin,
01:28:24: die eigentlich auch alle erstmal nur ihren Job machen und wie sehr bin ich bereit jemandem
01:28:30: erstmal mit Wohlwollen gegenüberzutreten und das vermisse ich manchmal auch dann doch
01:28:36: zum Beispiel aus dem linkeren Lager in Richtung zum Beispiel der Union zu sagen, da sind schon
01:28:42: auch Leute, die wirklich einfach einen guten Job machen wollen. Die haben vielleicht eine
01:28:45: andere Idee, wie sie das tun, aber nicht sofort den Leuten das zu unterstellen, was die Populisten
01:28:51: dieser Welt super können, nämlich zu sagen, alles korrupte Eliten, die in die eigene Tasche
01:28:56: wirtschaften und die sich gar nicht für euch interessieren. Wenn man diese Erzählung bedient,
01:29:00: dann stärkt man das, was man eigentlich verzweifelt versucht irgendwie zu bekämpfen.
01:29:05: Letzte Frage im Podcast ist immer, wo stehen wir in der Titelfrage in einem Jahr? Wird der
01:29:13: Wahlkampf der Lage gerecht? Mutmaßlich hoffentlich haben wir in einem Jahr keinen Wahlkampf mehr,
01:29:19: aber ist er dann der Lage gerecht geworden? Was denken Sie? Ich fürchte nein, aber ich
01:29:26: hoffe oder rette mich damit, dass ich glaube, dass ein bisschen was schon auch daran lag,
01:29:32: dass er jetzt so schnell und unerwartet und über Weihnachten im Winter für alle sozusagen
01:29:40: zwingend wurde und dass wir nicht ganz so viel Zeit hatten, wie ein planmäßiger Bundestagswahlkampf
01:29:46: sie gehabt hätte. Und in der Politikwissenschaft geht natürlich immer nach der Wahl ist vor der
01:29:52: Wahl und insofern treffen wir uns gerne wieder und fragen, wie es läuft mit diesen Wahlen und
01:29:57: ihren Wahlkämpfen. Sehr gerne. Julia Reuschenbach war hier. Danke für das Gespräch. Redaktionsschluss
01:30:04: für die Folge war Mittwoch, der 12. Februar 2025, so gegen 16 Uhr in der Redaktion haben
01:30:11: mitgearbeitet Sven Knobloch und Theresa Sicker, der Executive Producerin Marie Schiller,
01:30:16: Producer Max Frisch, Lukas Hambach und Patrick Sahn, Sound Design, Hannes Husten, Vermarktungen,
01:30:22: macht die mit Vergnügen und das Ganze ist eine Produktion der Will-Media-GMWR. Danke, Frau Reuschenbach.
01:30:27: Danke für die Einladung.
01:30:28: [Musik]
01:30:42: [Beifall]