Die NATO rüstet auf - wie reagiert Putin? Mit Sabine Fischer

Shownotes

NATO-Gipfel werden von den Bündnisstaaten oft als historisch bezeichnet - und oft ist das vielleicht etwas übertrieben. Für den diesjährigen Gipfel der Allianz in Den Haag trifft die Beschreibung aber auf jeden Fall zu. Die NATO-Staaten einigten sich darauf, in Zukunft fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren. In dieser Folge blickt Anne Will mit der Politikwissenschaftlerin Sabine Fischer von der Stiftung Wissenschaft und Politik darauf, wie das Ergebnis aus Den Haag in Russland aufgenommen wird. Sabine Fischer ist eine der führenden Expertinnen in Deutschland, wenn es um russische Außen- und Sicherheitspolitik geht. Russland spinne aktuell sein jahrelanges Narrativ von der NATO als Bedrohung für Russland weiter, sagt sie. Dabei sei unübersehbar, dass Putins Rhetorik in den vergangenen Jahren nochmal deutlich aggressiver geworden sei. Das Putin-Regime lebe seit 25 Jahren von Krieg, ob gegen Tschetschenien, Georgien oder die Ukraine. "Man muss davon ausgehen, dass dieses Regime diesen äußeren Feind braucht, um intern stabil zu bleiben", so Fischer.

Gefallen dürfte Putin, wie sehr sich die Haltung des größten NATO-Mitglieds gegenüber Russland verändert hat, seit Donald Trump wieder im Weißen Haus sitzt. Das wurde auch auf dem NATO-Gipfel in Den Haag deutlich. Die Ukraine spielte dort - im Gegensatz zu den Treffen der letzten Jahre - nur noch eine Nebenrolle. Der Angriffskrieg Russlands wurde im Abschlussdokument nur noch beiläufig erwähnt, der NATO-Beitritt der Ukraine schien komplett unter den Tisch gefallen zu sein. Das liege vor allem daran, dass sich Trump von Putin immer wieder manipulieren lasse. "In welcher ungefilterten Kritiklosigkeit diese Administration russische Propaganda-Narrative über diesen Krieg einfach übernommen hat, das hat mich wirklich schockiert", sagt Russland-Expertin Sabine Fischer.

Außerdem spricht sie mit Anne Will in dieser Folge über Russlands Rolle im Konflikt zwischen Israel und Iran und darüber, ob mit der massiven Aufrüstung der NATO in den kommenden Jahren ein Angriff Russlands, etwa auf das Baltikum, verhindert werden kann.

Der Redaktionsschluss für diese Folge war Mittwoch, 25.06.2025 um 17 Uhr.

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WICHTIGE QUELLEN:

NATO-Gipfel in Den Haag Abschlusserklärung, 25.06.2025

Spiegel, Fünf Absätze, um Donald Trump milde zu stimmen, 23.06.2025

Welt, Zeitenwende mit Buchungstricks – wie das Fünf-Prozent-Ziel viele Nato-Staaten überfordert, 23.06.25

Zeit, Stimmt es, dass die Nato nicht genug für Rüstung ausgibt?, 23.06.2025

Reuters, Russia says NATO needs to demonise it to justify 5% defence spending target, 24.06.25

tagesschau.de, "In diesem Sinne gehört uns die ganze Ukraine", 21.06.2025

Süddeutsche, Russland und Iran: Wo die Freundschaft endet, 23.06.2025

IMPRESSUM Redaktion: Felix Schlagwein, Florian Barnikel Executive Producerin: Marie Schiller Producer: Lukas Hambach, Maximilian Frisch Sounddesign: Hannes Husten Vermarktung: Mit Vergnügen GmbH Eine Produktion der Will Media GmbH

Transkript anzeigen

00:00:00: Was machen Sie eigentlich der Welt, Sie sich diese sehr langen Pressekonferenzen mit Vladimir Putin anschauen, um nicht wegzudämmern?

00:00:08: Unterschiedliche Dinge, Putzen, Katzenstreicheln, manchmal Bügel, manchmal sitze ich aber auch tatsächlich da und mach mir Notizen,

00:00:16: wenn er zwischendurch mal was Wichtiges oder mal auch was Neues sagt, also unterschiedlich. Aber es ist strapaziert durchaus die Geduld.

00:00:31: Politik mit Anne Will.

00:00:34: Hallihallo, das wird die nächste neue Folge unseres Podcasts. Herzlich willkommen dazu. Freut mich sehr, dass ihr dabei seid, uns zuhört oder aber auch zu seht.

00:00:53: Das geht über YouTube ja auch und bevor ich das jetzt nachher wieder vergesse, sage ich es sofort. Wenn ihr mal live dabei sein wollt,

00:01:01: wenn wir einen unserer Podcasts aufzeichnen, dann kommt doch zum Beispiel am 1. Oktober nach Köln in meine schöne Geburtstadt

00:01:09: oder aber kommt nach Hamburg, nach Berlin, nach Leipzig, überall da, hopsen wir auf Bühnen und produzieren den Podcast live.

00:01:17: Wann und wo genau und wie ihr da an Tickets kommt, findet ihr natürlich alles in den Show notes.

00:01:23: So fröhlich geht es mutmaßlich gar nicht weiter. Wir haben ein ernstes Thema nämlich vor, heute ist der 25. Juni 2025,

00:01:32: der 2. und auch schon gleich der letzte Tag des NATO-Gipfels in Den Haag, liegt hinter uns und wir wollen mit der Politikwissenschaftlerin Sabine Fischer

00:01:40: von der Stiftung Wissenschaft und Politik darauf schauen, dass es eine ausgewiesene Spezialistin für, jetzt kommt's,

00:01:47: russische Außen- und Sicherheitspolitik für EU und Russlandbeziehungen, für ungelöste Konflikte in der östlichen Nachbarschaft der EU

00:01:55: seit 2014, da natürlich mit besonderem Augenmerk auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine und Spezialistin für regionale Beziehungen

00:02:04: in Osteuropa und Eurasien. Das ist umfangreich. Willkommen Sabine Fischer, aber das ist echt viel.

00:02:12: Also erstmal vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, hier zu sein. Und ja, das ist viel. Das sind natürlich auch Themen,

00:02:18: die sich im Laufe der vielen Jahre, die ich mittlerweile zu der Region arbeite, so aneinandergereiht und auch aufgehäuft haben.

00:02:25: Aber ich muss tatsächlich sagen, jetzt vor allen Dingen seit 22, seit Beginn der russischen Vollinvasion in der Ukraine, bin ich doch sehr,

00:02:33: sehr konzentriert auf russische Innen- und Außenpolitik und eben den russischen Krieg gegen die Ukraine.

00:02:39: Ist das auch Ihr Steckenpferd oder war es ursprünglich? Denn Sie haben 1992 schon in St. Petersburg studiert, dann immer und immer wieder dort gelebt,

00:02:49: jetzt nicht mehr, weil Sie gar nicht mehr reingelassen werden.

00:02:53: Genau, jetzt komme ich nicht mehr rein. Ich habe einen sehr, ich würde sagen typisch deutschen Weg genommen,

00:03:00: was meine Beschäftigung mit Osteuropa anbelangte. Ich bin so ein Kind der deutschen Gopimani.

00:03:06: Ich habe halt in der zweiten Hälfte der 80er Jahre meine Schulzeit zu Ende gemacht und es passierte so wahnsinnig viel in der Sowjetunion,

00:03:14: das dann eben auch führte zur deutschen Vereinigung. Das hat mich fasziniert. Ich habe nichts verstanden und ich wollte mehr drüber wissen.

00:03:21: Und dann habe ich eben nicht angefangen, mich mit der Ukraine zu befassen oder mit Belarus oder mit dem Südkorker so,

00:03:27: sondern wie das eben in Deutschland so üblich war. Ich habe mich auf Russland konzentriert lange Zeit und habe dann aber ab den 2000er Jahren,

00:03:36: auch weil ich eine Zeit lang auf europäischer Ebene gearbeitet habe, mich immer stärker auch mit anderen Staaten der Region beschäftigt.

00:03:46: Sie sagen das jetzt fast so ein bisschen entschuldigend, aber das muss man doch gar nicht sagen.

00:03:50: Also erstmal sich mit der Sowjetunion und auch mit Russland zu beschäftigen ist ja per se nicht falsch.

00:03:57: Überhaupt nicht. Nein, das ist natürlich überhaupt nicht falsch. Ich sage das mit so ein bisschen Selbstironie,

00:04:06: weil ich schon finde, dass wenn wir hier in Berlin sitzen und eben als Deutsche auf diesen Krieg schauen

00:04:15: und auf die Entwicklungen, die aus Europa genommen hat, seit dem Ende der Sowjetunion und seit dem Ende des Ostblocks,

00:04:23: dann müssen wir schon immer mitreflektieren, dass die deutsche Perspektive eben immer so unglaublich stark von diesem Blick auf Russland dominiert war

00:04:33: und dass die anderen Staaten sehr, sehr lange auf dieser mentalen Landkarte in den Köpfen der Deutschen fast nicht existierten

00:04:41: und wenn sie existierten, dann hatte man in Deutschland häufig eben auch den russischen Blick auf diese Staaten

00:04:48: und das hat sich auch politisch niedergeschlagen. Deswegen haben wir eben so eine kritische Debatte auch über die deutsche Russlandpolitik.

00:04:55: Letztendlich bis zum Beginn dieser Vollinvasion, bis zum Beginn des umfanglichen Krieges gegen die Ukraine.

00:05:04: Deswegen sage ich das, weil ich komme aus diesem Kontext, ich habe einen anderen Weg genommen,

00:05:08: weil ich eben dann auch lange im Ausland gearbeitet habe und mich da eben auch sehr mit den Perspektiven meiner polnischen, finnischen,

00:05:18: baltischen etc. Kolleg*innen beschäftigen musste. Die haben mich auch am Anfang immer mal wieder ganz schön in Senkel gestellt.

00:05:25: Ja, klar. Das kriegen die Deutschen dann ab, oder?

00:05:29: Naja, also ich meine, wenn sie in einem internationalen Kontext arbeiten, dann kriegen sie immer.

00:05:34: Das ist ja das Tolle daran. Sie kriegen immer von allen Seiten einfach unterschiedliche Perspektiven.

00:05:39: Ich habe das in den 2000er-Jahren gemacht, also bis 2011/2012. Und es war eben eine Zeit, wo tatsächlich die ersten wirklich harten Konflikte in dieser Region,

00:05:54: in diesem postowärzischen Raum oder wie man das nennen will, aufbrachen.

00:05:58: Und natürlich habe ich da auch mit meinen Kolleg*innen damals sehr intensive Gespräche darüber geführt und auch viel gelernt über deren Perspektive.

00:06:06: Also das ist, glaube ich, total. Und ich glaube, dass viele, anders als Sie, weil die nicht so früh angefangen haben, sich z.B. intensiv mit der Sowjetunion mit Russland zu beschäftigen.

00:06:17: Aber ich glaube, dass ungefähr jeder, der sich politisch interessiert, irgendwann bei sich ein kleines, eine Lehrstelle festgestellt hat,

00:06:25: was die Perspektive der baltischen Staaten angeht, was aber auch immer noch, muss ich sagen, die Perspektive auch der Ost- und Mitteleuropäischen Staaten angeht.

00:06:34: Man lobt ja dann immer, dass das sogenannte Warschauer-Dreieck gedacht wird oder auch bespielt wird.

00:06:40: Jetzt wieder mehr seit Friedrich Merz im Amt des Bundeskanzlers, dass man dann eben auch Gespräche mit Polen sucht.

00:06:47: Schlimm ist aber eigentlich, dass das dann gelobt wird, weil das müsste so selbstverständlich sein, weil das uns so nah ist.

00:06:53: Also das ist aus Berlin, wo wir jetzt beide gerade sitzen, natürlich deutlich näher und müsste eigentlich vorrangig sein.

00:07:00: Ich bin jetzt eben ein bisschen drüber hinweggehobst, wollte ich gar nicht.

00:07:03: Sie haben 1992 in St. Petersburg studiert, waren da, glaube ich, ins Richtige lesen, habe acht Monate,

00:07:09: haben dann später aber immer wieder in Russland auch in Moskau gearbeitet, zum vorerst letzten Mal dann im Juni 2022.

00:07:18: Und seit 2024 ist die Deutsche Gesellschaft für Osteuropa-Kunde, deren Geschäftsführung des Vorstandsmitglieds sie sind, in Russland verboten

00:07:28: und sie dürfen nicht mehr einreisen. Wie schränkt das jetzt ihre Forschungsmöglichkeiten ein?

00:07:34: Also die DGO ist im letzten Jahr zuerst als unerwünschte Organisation eingestuft worden vom russischen Justizministerium

00:07:43: und dann und das ist wirklich eine Neuerung und auch eine Eskalation.

00:07:46: Das sind letztendlich transnationale Repressionen, die nicht nur uns als DGO treffen, sondern sehr viele Deutsche

00:07:53: und auch andere europäische Organisationen mittlerweile getroffen haben.

00:07:56: Und diese Einstufung als extremistische Organisation ist tatsächlich wirklich eine Eskalation dieser transnationalen Repression,

00:08:04: die bislang wirklich nur uns getroffen hat, warum auch immer.

00:08:08: Hätte ich jetzt gesagt, mit wem sitze ich, im Moment mal die Deutsche Gesellschaft für Osteuropa-Kunde ist extremistisch.

00:08:15: Genau, also die Deutsche Gesellschaft für Osteuropa-Kunde, um das einfach nochmal kurz zu erklären.

00:08:20: Also ich sitze ja hier vor allen Dingen als Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik.

00:08:25: Das ist auch mein Hauptjob, aber ehrenamtlich bin ich eben in der DGO-Tek tätig, mit anderen zusammen auch.

00:08:33: Und wir sind nichts anderes als ein Dachverband für Menschen, die Forschung zu Osteuropa betreiben.

00:08:41: Also ist jetzt nicht das, was mir oder Ihnen wahrscheinlich als erstes einfallen würde, wenn es um extremistische Organisation geht.

00:08:49: Das russische Justizministerium hingegen hat uns zu einer Unterorganisation der antirussischen separatistischen Bewegung erklärt.

00:09:03: Das ist eine Bewegung, die im letzten Jahr erfunden worden ist in Russland.

00:09:10: Und das ist auch nicht das erste Mal, dass das passiert, also die erste solche Bewegung, die aus dem Boden gestampft wurde, um dann eben gegen zivilgesellschaftliche Organisationen vorzugehen.

00:09:22: Das war glaube ich im Herbst 2023 die internationale LGBTQI-Bewegung.

00:09:29: Und da wurden dann eben auch Unterorganisationen benannt, die dann verfolgt wurden in Russland.

00:09:35: Und genau so ist es eben jetzt uns passiert. Wir sind allerdings die einzige rein europäische Organisation, die auf diese Liste genommen worden ist.

00:09:43: Die anderen Organisationen sind eigentlich alle entweder rein russische Organisationen.

00:09:47: Das sind dann zum Beispiel NGOs, zivilgesellschaftliche Organisationen, die zur Situation von bestimmten ethnischen Minderheiten

00:09:55: oder auch Repräsentanten und Innen dieser ethnischen Minderheiten in Russland oder auch viele von ihnen auch schon im Exil sind.

00:10:02: Also wir sind die einzige rein europäische Organisation, die mit auf dieser Liste steht.

00:10:08: Es ist schwierig zu erklären, warum jetzt genau. Es ist in Teilen nachzuvollziehen, warum das russische Regime, die russische Regierung gegen Organisationen wie die die EU vorgeht.

00:10:20: Also im April ist zum Beispiel die deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik auch zur unterwünschten Organisation erklärt worden.

00:10:27: Das Zentrum für europa- und internationale Studien hier in Berlin ist bereits seit 2024 unterwünschte Organisation und so zieht sich das durch.

00:10:37: Und es geht hier einfach um die Isolation der russischen Gesellschaft, auch die Isolation der russischen Wissenschaft.

00:10:46: Also man kappt Verbindungen, man macht es russischen Menschen und zwar sowohl in Russland selbst als auch im Exil schwer mit solchen Organisationen weiter zusammenzuarbeiten.

00:11:02: Und extremistische Organisation ist auch deshalb nochmal sozusagen eine Schippe drauf, weil die damit verbundenen Strafen, also das, was ihnen an Strafverfolgung blühen kann,

00:11:14: wenn sie in Russland beschuldigt werden mit einer extremistischen Organisation zusammengearbeitet zu haben oder sie finanziert zu haben oder an sie gedacht zu haben oder was auch immer.

00:11:26: Das kann eben bis zu zwölf Jahren lagerhaft bedeuten. Also hier hört der Spaß einfach auf.

00:11:34: Und das ist wirklich eine scharfe Repression mit sehr, sehr schwerwiegenden möglichen Konsequenzen.

00:11:41: Und ja, als solche sollte man das eben auch sehen und man sollte das durchaus auch sehen, als Teil dieser ungeheuren Aggression, die sich als Heißerkrieg gegen die Ukraine richtet,

00:11:53: die sich aber eben auch gegen westliche, gegen europäische Demokratien insgesamt richtet.

00:11:59: Jetzt hatte ich gefragt, was heißt das für ihre Forschungsmöglichkeiten?

00:12:02: Dann heißt es doch vor allen Dingen auch, dass sie gar keine Kontakte mehr haben können oder weil sie dann ansonsten denjenigen, der in Russland sitzt, in Gefahr bringen.

00:12:12: Das ist sehr, sehr schwierig geworden. Sie haben gefragt, ob ich noch reisen kann. Nein, ich kann nicht mehr reisen.

00:12:16: Ich war tatsächlich das letzte Mal in Russland im Juni 2022. Also da, das war schon vier Monate nach Beginn der Vollinversion.

00:12:24: Und das war wirklich das letzte Mal, dass ich die Möglichkeit hatte, mit einem Visum einzureisen.

00:12:31: Spätestens mit den Einstufungen des letzten Jahres ist das Thema erledigt und das ist natürlich, und damit bin ich wiederum.

00:12:40: Ich möchte es wirklich betonen, dass das betrifft nicht nur mich, sondern sehr, sehr viele Menschen, die sich mit Russland beschäftigen.

00:12:48: Das betrifft auch Journalistinnen und Journalisten, die zu Russland arbeiten.

00:12:52: Also auch sozusagen der Pool der ausländischen, der westlichen Korrespondent*innen in Moskau ist ja wirklich sehr geschrumpft.

00:12:59: Und wir haben den Fall Gershkovich und andere. Also das ist alles mittlerweile sehr, sehr risikoberhaftet.

00:13:05: Und deswegen machen natürlich immer weniger Leute das.

00:13:08: Und das hat einfach zur Folge, dass unser Wissen über das, was in diesem Land, in diesem politischen System, in der Gesellschaft und so weiter vorgeht,

00:13:18: dass dieses Wissen schrumpft. Und das ist natürlich echt ein Problem.

00:13:22: Das führt dann dazu, dass sie sich diese langatmigen Pressekonferenz anschauen, die gar zu streicheln und irgendwie gucken, dass sie dabei bleiben.

00:13:32: Weil dann tatsächlich ja die Informationsquellen auch schrumpfen.

00:13:36: Ja, also es ist natürlich anders als zur Sowjetzeiten.

00:13:41: Ich meine, es ist immer ganz interessant, so auf gut, ich habe das damals nicht erlebt.

00:13:46: Aber natürlich liest man auch viel darüber und spricht auch mit, zum Beispiel, Kolleginnen und Kollegen, die ein bisschen älter sind,

00:13:53: darüber wie sie das gemacht haben, als es die Sowjetungen noch gab.

00:13:57: Also anders als zur Sowjetzeiten haben wir natürlich einfach durch das Internet ganz andere Informationsmöglichkeiten.

00:14:03: Sie können nach wie vor über Internetquellen, über Telegramme, also ich halte mich zum Beispiel sehr, sehr viel auf Telegramm auf,

00:14:12: nicht weil ich selbst dort aktiv bin, sondern weil ich sehr viel russische Quellen dort lese.

00:14:18: Da haben wir immer noch ziemlich gute Möglichkeiten, uns zu informieren.

00:14:22: Aber es ist völlig klar, das ist was völlig anderes, als wenn sie ins Land fahren können oder auch sogar da leben können.

00:14:31: Also das letzte Mal, dass ich länger da gelebt habe, war von 2019 bis 2021.

00:14:36: Weil ich auch viel im Land noch mal gereist bin und also dieser direkte Kontakt, die Interviews, die sie machen,

00:14:44: die Gespräche, die sie führen, einfach die Begegnungen, die sie haben, was sie sehen.

00:14:47: Das ist ja alles, das ist ja viel mehr als nur jetzt Fragen zu stellen in einer formalen Interviewsituation,

00:14:55: sondern sie erleben das ja auch und das fällt weg und das ist natürlich was völlig anderes.

00:15:01: Unsere Idee für diese Folge war und deshalb sind wir total froh, dass Sie zugesagt haben,

00:15:06: war es, aus russischer Perspektive auf den NATO-Gipfel zu schauen, sofern und so weit das möglich ist mit der Not,

00:15:15: die alle, die aus die russische Perspektive gucken, die die Not haben, dass sie nicht genau wissen, was da Sache ist.

00:15:23: Unsere Titelfrage ist "Die NATO rüstet auf, wie reagiert Putin?"

00:15:27: Das würde ich also gerne mit Ihnen gemeinsam anschauen.

00:15:30: Was lässt sich aus russischer Perspektive sagen, steht die NATO nach dem, was sie jetzt da gerade in Den Haag

00:15:36: auf dem Gipfel der heute, ja, wie soll ich sagen, zur Ende gegangen, der Grunde genommen auch heute erst angefangen,

00:15:43: was die NATO da beschlossen hat, dass sie sich nämlich verpflichtet, alle NATO-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Spaniens machen,

00:15:51: dass sie in den nächsten zehn Jahren bis 2035 ihre Verteidigungsausgaben auf insgesamt mindestens 5 % des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes steigern wollen.

00:16:04: Das wird dann so ein bisschen rausgerechnet.

00:16:06: 3,5 % gelten den reinen Militärausgaben, 1,5 % der sogenannten verteidigungsrelevanten Infrastruktur.

00:16:16: Zusammen ist es roundabout dann eben 5 %, wo Donald Trump zu sagt, dass sei ein monumentaler Sieg für die USA jetzt.

00:16:26: Wie gucken die Russen drauf?

00:16:28: Ist die NATO aus deren Perspektive jetzt stärker, geeinter, verteidigungsfähiger, auch abschreckender?

00:16:37: Also Putin hat, letzte Woche hat am Donnerstag und am Freitag das St. Petersburg Internationale Wirtschaftsforum stattgefunden.

00:16:47: Das ist eines der große Ereignisse, bei denen Putin dann eben auch auftritt und auch so ein paar Botschaften transportiert.

00:16:56: Und er hat am Vorabend des Forums ein langes Pressegespräch geführt mit einer Reihe von Chefs und einer Chefin.

00:17:06: Im russischen Kontext ist das immer mit dem Gender-Gleichgewicht ein bisschen anders.

00:17:11: Von internationalen Nachrichtenagenturen.

00:17:15: Und da ist er eben auch nach der NATO gefragt worden und da war seine Antwort.

00:17:19: Die NATO ist immer eine Bedrohung, ist ein aggressives Bündnis.

00:17:24: Aber wir werden das neutralisieren.

00:17:26: Und ich denke, der russische Blick auf die NATO, auf diesen NATO-Gipfel ist durchaus gemischt.

00:17:34: Also natürlich freut man sich in Moskau nicht über die fünf Prozent.

00:17:40: Und letztendlich bettet man das alles ein in den eigenen Propagandadiskurs über die aggressive NATO,

00:17:48: die eigentlich letztendlich immer schon und auch heute nur darauf ausgerichtet ist,

00:17:55: Russland zu bedrohen und Russland in die Knie zu zwingen.

00:17:58: Also auch der Krieg gegen die Ukraine wird ja in diesem NATO-Kontext sehr stark eingeordnet.

00:18:03: Und die Ukraine wird letztendlich als Marionette und Puppenregime, Marionettenregime der USA und der NATO dargestellt.

00:18:14: Also das ist der eine Teil.

00:18:16: Andererseits aus russischer Perspektive durchaus positiv, also ich setze Positivien an.

00:18:26: Ich referiere jetzt sozusagen die russische Position, nicht meine eigene.

00:18:29: Aber es ist natürlich auch aus russischer Perspektive durchaus eine positive Entwicklung,

00:18:34: dass die Ukraine auf der Agenda dieses Gipfels soweit nach unten gerutscht ist.

00:18:38: Dass zwar die europäischen Staaten alles tun, um ihre Solidarität mit der Ukraine

00:18:44: und auch die fortlaufende Unterstützung überdeutlich zu machen,

00:18:48: aber der amerikanische Präsident wiederum sehr wenig Solidarität und auch Unterstützung für die Ukraine zeigt.

00:18:55: Also das sind alles ziemlich positive Entwicklungen aus dieser russischen Perspektive.

00:19:00: Ja, will ich nachher und jetzt gleich alles mit Ihnen im Einzelnen nochmal durchgehen.

00:19:04: Bleib nochmal kurz bei der grundsätzlichen Einschätzung soweit das möglich ist, die rauszuhören.

00:19:10: Was denn Russland denkt darüber, was die NATO da jetzt für sich verabredet hat,

00:19:16: dass sie ihre Verteidigungsausgaben ja mit gigantischen Summen steigert.

00:19:21: Interessant fand ich und öffentlich geworden ist, dass der Kreml über seinen Sprecher, wie spricht man den?

00:19:26: Peskov.

00:19:28: Ich hatte mich zuletzt immer bemüht, Peskov zu, also hat über seinen Sprecher Peskov verlauten lassen.

00:19:34: Die NATO würde Russland demonisieren, um ihre Zitat ungezügelte Militarisierung rechtfertigen zu können.

00:19:41: Das ist also das, was Sie auch schon gesagt haben.

00:19:43: Und Peskov hat auch nochmal gesagt, dass man die NATO ja gar nicht angreifen würde.

00:19:48: Insofern sei es, man sich dazu unrecht beschuldigt.

00:19:51: Und Putin selbst hatte die Aufrüstungspläne der NATO vor zwei Tagen nicht nur auf diesem Wirtschaftsfonds,

00:19:57: sondern auch bei einer Rede vor Absolventen der russischen Militärakademie angesprochen

00:20:03: und hat da gesagt, die höheren Verteidigungsausgaben verdeutlichten Zitat,

00:20:08: wer wirklich die globale militärische Eskalation und das Wettrüsten vorantreibt.

00:20:14: Da habe ich gedacht, das hat man, aber korrigieren Sie mich, doch auch schon wesentlich schärfer,

00:20:20: auch wütender und weniger abgeklärt gehört.

00:20:25: Oder wie deuten Sie es?

00:20:30: Also ich nehme auch so ein bisschen eine Verschiebung wahr.

00:20:34: Und ich denke, das hat sehr stark zu tun mit dieser neuen amerikanischen Administration.

00:20:38: Also man hat die eigenen Botschaften da durchaus ein bisschen angepasst.

00:20:42: Also das Narrativ ist das Gleiche. Die NATO ist ein antirussisches aggressives Bündnis.

00:20:50: Und zwar nicht erst seit gestern oder seit einem Jahr oder zwei Jahren, sondern wirklich einfach immer

00:20:56: und zwar kontinuierlich von sozusagen der Zeit des Ost-West-Konfliktes rüber in die post-Sovietische russische Geschichte.

00:21:04: Also daran hat sich überhaupt nichts geändert.

00:21:07: Und wie gesagt, der Krieg gegen die Ukraine wird da eingebettet.

00:21:10: Alle anderen Dinge werden da auch eingebettet.

00:21:13: Diese etwas anderen Töne führe ich eher darauf zurück, dass man schon versucht jetzt nach Washington zu signalisieren,

00:21:23: wir sind, wir versuchen, wir machen keine antiramerikanische Politik.

00:21:27: Das ist durch die Krise und die Eskalation im Nahen Osten jetzt gerade so ein bisschen ins Wanken geraten.

00:21:32: Also das ist...

00:21:33: Inwiefern?

00:21:34: Na ja, da musste man sich neu positionieren und letztendlich, also ich meine, es führt letztendlich alles immer zu diesem Krieg gegen die Ukraine zurück.

00:21:45: Denn der Krieg gegen die Ukraine ist die Determinante, ist das Determinende-Element für russische Außenpolitik seit 2022.

00:21:53: Also seit Russland diese Vollinvasion begonnen hat und eben nicht in der Lage ist sie zu gewinnen,

00:21:59: ist alles andere diesen Krieg untergeordnet und den Versuch, diesen Krieg eben doch für sich zu entscheiden.

00:22:06: Und hier hat Donald Trump eine völlig neue Situation herbeigeführt, indem er sich Anfang diesen Jahres letztendlich so gut wie mit Russland solidarisiert hat.

00:22:18: Also einerseits dieser Anspruch, den Krieg möglichst schnell zu beenden,

00:22:24: andererseits und häufig hat man wirklich den Eindruck und ich denke, das ist auch so, dass das eigentlich wichtiger ist als das Krieg ist, die Normalisierung der Beziehungen mit den USA.

00:22:35: Und das öffnet für Moskau eine riesige Chance über diese Normalisierung mit den USA, die eigentlichen die eigenen Kriegsziele eben zu erreichen.

00:22:46: Das heißt, man versucht, Putin hat das jetzt auch in den letzten Monaten sehr, sehr intensiv versucht, immer wieder positive Signale nach Washington zu senden,

00:22:57: Donald Trump zu umgarnen, zu signalisieren, wir stehen euch nicht feindlich gegenüber, feindlich sind die Europäer, die neuen Superfeinde.

00:23:07: So interpretiere ich diese leichten Anpassungen, aber wie gesagt, am Narrativ selbst hat sich nichts verändert und ich fand, um nochmal auf dieses Pressegespräch zurückzukommen.

00:23:20: Also letztendlich, Sie haben diese ganzen Äußerungen, Lavrov hat gestern, also der russische Außenminister, Sergele Lavrov, hat gestern auch eine sehr lange Rede gegeben bei einem wichtigen internationalen Forum in Moskau.

00:23:36: Die Katze wurde wieder gestreichelt.

00:23:38: Nee, ganz ehrlich, das habe ich mir nicht ganz einfach.

00:23:43: Und ich gestehe auch, dass bei diesen vier Stundenpanels zum Beispiel auf den Putin dann mitsitzt.

00:23:50: Ich häufig auch einfach vorspule, weil ich mir nur anhöre, was er sagt, aber egal.

00:23:54: Also auch Lavrov hat in dieser Rede wieder das gesamte Narrativ nacherzählt vom eigentlichen Ursprung des Kriegs gegen die Ukraine etc. etc.

00:24:03: Also das Narrativ bleibt gleich, aber es gibt Anpassungen im Ton, auch um diese Trump-Administration zu umgarnen, für sich zu gewinnen und natürlich auch zu manipulieren im eigenen Sinne.

00:24:15: Noch eine Äußerung von Vladimir Putin aus den zurückliegenden Tagen, die er auch beim St. Petersburger Wirtschaftsforum getätigt hat.

00:24:23: Er hat auch forichen lassen, und zwar einen Satz, den man in der Absolutheit, glaube ich, dann auch noch nicht gehört hatte.

00:24:30: Er wurde gefragt, wie weit dann die russischen Truppen noch vorrücken wollten in der Ukraine und ob er die Ukraine als ganzes erobern wolle.

00:24:39: Und dann sagt Putin, Zitat, wir wollen nicht die Kapitulation der Ukraine, wir bestehen auf der Anerkennung der Realität, die sich vor Ort entwickelt hat.

00:24:48: Ich habe schon oft gesagt, dass ich das russische und das ukrainische Volk als faktisch eins betrachte.

00:24:54: In diesem Sinne gehört die gesamte Ukraine uns.

00:24:58: Und dann sagt er, das können wir uns jetzt gleich auch nochmal im Original anhören, sagt Putin, es ist kein Sprichwort, kein Gleichnis, sondern eine alte Regel, wo der Fuß eines russischen Soldaten hintritt.

00:25:12: Das gehört uns. Hören wir mal.

00:25:15: Es gibt so eine alte Regel, wo die russische Soldaten hintritt.

00:25:28: Wo der Fuß eines russischen Soldaten hintritt, das gehört uns.

00:25:33: Wenn man sich klarmacht, wo russische Soldaten schon überall waren, auch in Deutschland, was soll denn das heißen?

00:25:40: Tja, das ist die, wie soll ich das sagen, das ist diese russische Idee der Vorne Verteidigung.

00:25:48: Also ich habe ja vorhin schon gesagt, dieser Krieg und die insgesamt die russische Aggression wird eingebettet in Russland in einen Verteidigungsnarrativ.

00:25:57: Wir verteidigen uns gegen den feindlichen Westen bis zu Donald Trumps Rückkehr ins Weißer Haus.

00:26:02: Vor allen Dingen waren es die USA, die NATO, die europäischen Staaten sind Vaseilen der USA in der russischen Perception.

00:26:11: Also es ist dieser Verteidigungskrieg und in diesem so behaupteten Verteidigungskrieg muss man nach vorne gehen.

00:26:18: Man muss Stärke zeigen. Das sind auch die Reaktionen auf dieses 5-Prozent-Ziel der NATO jetzt zum Beispiel.

00:26:24: Also die einzige Antwort ist Stärke.

00:26:26: Und es gibt im Grunde genommen...

00:26:29: Aber Stärke zu zeigen, nicht zwingend zu haben, oder?

00:26:32: Ja natürlich, klar.

00:26:33: Naja, also ich meine, Russland hat schon eine bestimmte Stärke, aber es hat eben nicht die Stärke, die es behauptet.

00:26:38: Und das wiederum sieht man ganz klar in der Ukraine, wo Russland seit dreieinhalb Jahren mit allen Mitteln versucht,

00:26:44: diesen auf Vernichtung eines Landes ausgerichteten Kriegs zu gewinnen und es eben nicht schafft.

00:26:50: Und es schafft es nicht gegen einen faktisch wesentlich schwächeren, aber viel, viel resilienteren Gegner.

00:26:59: Also es ist diese Vorne-Verteidigung.

00:27:01: Und das ist genau der Fuß des Soldaten, von dem er gesprochen hat, ein Nagar-Soldater.

00:27:08: Wo der hin tritt, das ist unser, weil wir müssen uns nach vorne verteidigen.

00:27:13: Und das ist, also letztendlich ist es ein imperialistischer Grundgedanke und das bedeutet natürlich, dass diese russische Form

00:27:20: so verstanden der Verteidigung nirgendwo enden kann.

00:27:24: Und dass Russland sich auch niemals sicher sein fühlen wird, wenn es in diesen Gedanken Kosmos bleibt.

00:27:31: Also letztendlich eine sehr ehrliche, extrem aggressive und brutale Aussage, die er da gemacht hat.

00:27:38: Und in dieser Brutalität hört man das selbst von ihm nicht so häufig.

00:27:43: Ich will zurück auf den NATO-Gipfel, von dem Sie sagen, das löst schon was aus bei Putin,

00:27:52: wenngleich er auch weiß, dass er mit dem jetzigen amerikanischen Präsidenten da jemandem im Amt weiß, der ihm auch hilft.

00:28:02: Also der sich einfach deutlich anders verhält, deutlich anders äußert.

00:28:07: Das wissen wir ja auch alles als zum Beispiel der ausgewiesene Transatlantiker Joe Biden, der vor Trump oder auch nach Trump im Amt war.

00:28:17: Interessant jetzt an der Gipfelsituation war dann, dass, glaube ich, alle genauso ticken wie Putin.

00:28:25: Niemand möchte es sich mit dem US-amerikanischen Präsidenten verschärzen.

00:28:30: Da gibt es eine Übereinstimmung im Verhalten.

00:28:33: Freilich wollen die alle was unterschiedlich ist.

00:28:36: Also die europäischen Mitgliedsländer, auch Kanada, waren ganz sicherlich vor allem darauf aus,

00:28:43: Trump insofern bei Laune zu halten, als dass er die NATO nicht verlässt.

00:28:48: Erster Punkt oder zweiter Punkt, die Beistandsverpflichtung und das Beistandsversprechen aufkündig.

00:28:54: Da hatte Trump auch erst mal für ein bisschen Unsicherheit gesorgt, weil er auf dem Flug danach den Haar gefragt wurde,

00:29:01: wie er das denn damit hielte.

00:29:03: Und Trump sagt, ja, das käme jetzt aber schwer auf die Definition, dessen an was den Beistandsverpflichtung meinte.

00:29:10: Denn das wissen doch der Reporter, der ihn da fragt, sicherlich auch.

00:29:13: Es gäbe unterschiedliche Definitionen.

00:29:15: Dann heute haben alle aufgeatmet.

00:29:18: Zunächst im Gespräch mit dem Generalsekretär Rütte.

00:29:23: Da sagt Trump, nein, man stünde fest an der Seite der NATO und das sei überhaupt gar keine Frage.

00:29:30: Wir stehen voll und ganz hinter ihnen.

00:29:33: Und auch im Abschlussdokument steht dann drin, wir erneuern unsere unverbrüchtliche Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung,

00:29:41: wie im Artikel 5 im Washingtoner Vertrag verankert.

00:29:44: Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.

00:29:48: Nun wissen wir aber auch, dass Papier, selbst wenn es nur eine Seite lang ist, geduldig ist und der amerikanische Präsident sehr unberechenbar,

00:29:56: aber was schließen Sie daraus? Bleibt das jetzt dabei?

00:30:00: Steht die NATO Wiener 1 und würde auch, ich komme auf den Fuß zurück, Russland auch nur einen Fuß zum Beispiel auf baltisches Gebiet setzen,

00:30:12: dass dann die NATO vereinigt Wiener 1.

00:30:16: Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle Darstünde.

00:30:20: Sie stellen mir die 1-Million-Dollar-Frage, die ich Ihnen nicht beantworten kann, weil es eben genauso ist, wie Sie es eben geschildert haben.

00:30:29: Also solange Donald Trump amerikanischer Präsident ist, glaube ich, können wir uns, also ich, sagen wir mal so,

00:30:38: ich sehe die NATO immer noch viel, viel stärker als viele das tun und als Russland behauptet.

00:30:47: Aber es gibt diese hundertprozentige Sicherheit einfach nicht und das liegt an, ich denke, der Persönlichkeit von Donald Trump

00:30:57: und es liegt an der Politik, die die USA jetzt machen.

00:31:02: Es liegt auch daran, dass das Magercamp in diesen Fragen völlig gespalten ist

00:31:07: und das konnte man in vielen anderen Fragen auch und das konnte man ja auch im Vorfeld der amerikanischen Luftschläge gegen den Iran sehr gut sehen,

00:31:14: wie unterschiedliche Kräfte in diesem Camp versucht haben, den Entscheidungsprozess und das Denken des amerikanischen Präsidenten zu beeinflussen.

00:31:22: Da müssen wir vielleicht nochmal sagen, damit ist Donald Trump natürlich auch in den Wahlkampf gegangen.

00:31:27: Damit ist er angetreten, dass er den US-Amerikaner innen versprochen hat, erhielt er sie aus allen internationalen Konfliktern oder aber Kriegen raus.

00:31:35: Das ist der Teil in der Mager Make America Great Bewegung, der ihn daran erinnert hat, gesagt, pass mal auf.

00:31:42: Dann gab es aber auch andere, die gesagt haben, nein, aber es kann schon sein, dass dieser einen Schlag mit den bunkerbrechenden Bomben gegen die Atomanlagen in Iran,

00:31:53: einen der guten Effekt zeitig, dass wir Israel damit auch wirklich helfen.

00:31:59: Dann hat er gesagt, er lässt sich zwei Wochen Zeit, alle haben nochmal das Irre dazu beigetragen und dann Bums Überraschung.

00:32:07: Er hat es gleich gemacht, er hat mit diesen Bomben gefeuert auf die Atomanlagen und behauptet jetzt, sie sei vollständig zerstört, obwohl wir das nicht wissen.

00:32:16: Das wissen wir nicht und wir wissen ja auch nicht, okay, also der Waffenstillstand zwischen Israel und Iran scheint jetzt seit gestern erstmal zu halten,

00:32:24: aber auch da wissen wir nicht, wie es weitergeht. Also das muss man abwarten.

00:32:29: Aber was ich sagen wollte war, es gibt diese hundertprozentige Sicherheit einfach nicht mehr und einfach auch nochmal, um auf den NATO-Gipfel zurückzukommen.

00:32:38: Also sie haben Recht, alle umgaren Donald Trump und das ist, also für mich ist es total faszinierend zu beobachten, wie er es über seine Persönlichkeit und diesen,

00:32:49: also er ist ja letztendlich ein Agent des Chaos, aber er ist eben auch der Nazist, der er ist und er hat es wirklich geschafft,

00:32:57: alle politischen Prozesse, an denen er irgendwie beteiligt ist, vollkommen auf seine eigene Person zu konzentrieren.

00:33:05: Also ob das jetzt die NATO ist, ob das die Handels, die Tarifstreits sind, ob das die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind,

00:33:17: egal, es ist alles auf seine Person konzentriert.

00:33:21: Und auf seine Launenhaftigkeit.

00:33:23: Und das bringt natürlich eine unglaubliche Unsicherheit und Volatilität in die internationalen Beziehungen, weil die USA einfach so mächtig sind, wie sie sind.

00:33:33: Also das ist wirklich ein riesiges Problem.

00:33:35: Wenn man auf den NATO-Gipfel und auf das Umschmeicheln der anderen, der übrigens NATO-Partner einerseits und Russlands andererseits oder Putin andererseits schaut,

00:33:46: dann muss man einfach sehen, die haben genau entgegengesetzte Ziele.

00:33:50: Die NATO-Partner schmeicheln, weil sie mit ziemlich großer Verzweiflung versuchen, Donald Trump bei der Stange zu halten

00:34:00: und dadurch das Bündnis zu erhalten und dadurch eben auch den Abschreckungsgedanken zu erhalten.

00:34:04: Putin will genau das Gegenteil.

00:34:06: Der schmeichelt, um Trump auf seine Seite zu ziehen gegen die Ukraine, gegen die NATO, die Spaltung der NATO des transatlantischen Bündnisses,

00:34:16: ist seit vielen Jahren eines der Hauptziele und auch natürlich Wunschtraum dieses russischen Regimes.

00:34:23: Also wir haben genau entgegengesetzte Ziele hier.

00:34:27: Sehr gut rausgearbeitet, finde ich.

00:34:30: Ich will noch eins zu den "Schmeicheleien" sagen.

00:34:33: Also man erlebt ja immer Neu-Höhepunkte, gestern glaube ich den als der Generalsekretär Rüttel.

00:34:40: Nein, er hat es nicht veröffentlicht, muss es andersrum erzählen.

00:34:43: Also Rüttel schreibt Donald Trump eine Kurznachricht, die also überschwänglicher gar nicht hätte geraten können.

00:34:52: Feiert ihn zunächst mal dafür und lobt ihn für sein Eingreifen in dem schon von uns angesprochenen Krieg Israel, Iran, Iran, Israel.

00:35:02: Lobt ihn aber auch dafür, dass es Trump gelungen ist, was?

00:35:07: Und dann kommen so Capital-Laptors, was keinem US-Präsidentin in Jahrzehnten gelungen sei, nämlich die NATO auf der Art, hohe Ausgaben zu verpflichten.

00:35:15: Donald schreibt er, du hast uns zu einem wirklich, wirklich wichtigen Moment für Amerika und Europa und die Welt gebracht.

00:35:23: Und kaum ist die Lobeshymne in Trumps Post-Eingangsfach gelandet, veröffentlicht der, die auch schon auf seiner Plattform Truth Social.

00:35:32: So wie viel Vertrauen dürfen denn die Europäer*innen noch in diesen Präsidenten haben, gar keins mehr, oder?

00:35:38: Also ich, genau.

00:35:40: Das war die Antwort.

00:35:42: Vielleicht so ein persönliches Wort über Margarette.

00:35:48: Ich beneide den wirklich nicht um den Job, den er machen musste in den letzten Monaten.

00:35:52: Diesen Gipfel vorzubereiten, das war eine absolute Herkules-Aufgabe.

00:35:59: Insofern, also ich habe die Pressekonferenz, die er gegeben hat, vorhin verfolgt und die erste Frage bezog sich ja genau auf diese SMS.

00:36:08: Und es war schon, das war eine gute Frage und es ist klar, dass die gestellt wird, also überhaupt kein Thema, das muss so sein.

00:36:15: Aber es hat mir auch ein bisschen Leid in dem Moment.

00:36:19: Wobei ich immer finde, dass das mit dieser guten Frühlichkeit alles immer weglachen kann und sagt, ja, das war ihm ganz egal, wenn das veröffentlicht wird.

00:36:28: Also jedenfalls hat sie ihn nicht genervt.

00:36:30: Also wir haben ja gesagt, wir sprechen sozusagen über die russische Perspektive.

00:36:34: Und das sind Dinge, die werden in Russland ausgeschlachtet, bis zum geht nicht mehr.

00:36:40: Also das sind genau die Äußerungen und die Probleme auch in der Kommunikation jetzt zwischen Europa und den USA, die in Russland dazu benutzt werden und natürlich auch missbraucht werden, nochmal klar zu machen.

00:36:57: A. Die Europäer sind einfach Schwächlinge, Weicheier und kriegen nix auf die Reihe.

00:37:04: Und B. Die Europäer sind diejenigen, die sozusagen jetzt den Krieg voran treiben, während Donald Trump eigentlich nichts anderes will als das Verhältnis mit uns zu normalisieren.

00:37:15: Also das ist auch insofern durchaus problematisch, wenn solche Dinge nach außen dringen.

00:37:21: Weil das eben, naja, man darf einfach nicht unterschätzen, welche Wirkung das dann auch hat in der Wahrnehmung zum Beispiel Russlands, aber natürlich auch der Ukraine, die ja in einer ganz, ganz schwierigen Situation jetzt ist und war auch im Vorfeld des Gipfels, das ist schon schwierig.

00:37:38: Was im Abschlussdokument nicht drin steht, ist jedenfalls nicht mehr in der Schärfe früherer Erklärung, nehmen wir allein die Erklärung vom zurückliegenden NATO-Gipfel in Washington, aber Joe Biden noch immer.

00:37:52: Also was nicht mehr drin steht, nicht im Ansatz zur Schärfe, ist eine Verurteilung Russlands für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

00:38:00: Russland wird in dem Dokument sogar nur einmal ganz kurz genannt, das ist allerdings auch sehr kurz. Das Dokument sollte auf eine Seite passen, um Trump damit nicht zu überfordern.

00:38:11: Aufmerksamkeitsspanne soll die denn der Kurz sein, also dann eben Dewing 5 Absätze, das war es eine Seite.

00:38:18: Rechtwaage heißt es dann in diesem Dokument, die NATO steht, Zitat, "errnsten Sicherheitsbedrohungen und Herausforderungen vereint entgegen besonders der langfristigen Bedrohung, die von Russland für die euro-atlantische Sicherheit ausgeht."

00:38:35: Und hier lohnt tatsächlich der Vergleich zum Dokument von 2024, da klang das noch ganz anders, da stand Russland bleibt die signifikanteste und direkteste Bedrohung der Bündnissicherheit.

00:38:47: Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine wird ausführlich und sehr scharf kritisiert, das hörte praktisch überhaupt gar nicht mehr auf, wenn man sich das durchliest.

00:38:56: Aber jetzt nur dieser eine Satz steht das dafür, dass dann Putin schon erfolgreich war mit dem, was er versucht, nämlich dass Russland mit seinem Angriffskrieg ein bisschen aus dem Fokus gerät?

00:39:13: Ja, deswegen habe ich ja auch Eingangs gesagt, das ist tatsächlich aus russischer Perspektive ein Erfolg.

00:39:19: Und wenn sie verfolgt haben, wie Putin, wie die russische Seite in den letzten Monaten, also seit diesem ersten Telefonat, das stattgefunden hat am 12. Februar, pikanterweise hat genau drei Jahre vorher am 12. Februar 2022 Joe Biden das letzte Mal mit Putin telefoniert.

00:39:40: Ja, also auch nicht vor Kimali Boffs.

00:39:45: So, dann sieht man sehr deutlich, dass eine Taktik in dieser Kommunikation von der russischen Seite aus war, die Ukraine möglichst sozusagen zu einem Thema unter anderem zu machen, also die Agenda zu öffnen und viele Themen da reinzubringen.

00:40:03: Die beiden Administrationen waren ihrer Politik im Hinblick auf den Krieg völlig klar. Normalisierung mit Russland nur nach einem Ende dieser russischen Invasion.

00:40:16: Anders ist es nicht möglich.

00:40:18: Und das bedeutet natürlich, dass auch andere Themen dann nicht aufgemacht werden können, solange Russland diese Invasion eben verfolgt.

00:40:26: In der Trump-Administration hat Putin das Putin-Regime jetzt die Möglichkeit, genau das zu verändern, die Agenda zu öffnen, mehr Themen reinzubringen und dadurch die Bedeutung der Ukraine zu relativieren.

00:40:39: Und das ist etwas, was sich auch hier niederschlägt.

00:40:45: Wir haben eine amerikanische Administration mit Donald Trump, die von Anfang an in, also ich habe erwartet, dass sich was ändert.

00:40:56: Die Ukraine haben gewusst, dass sich was ändert, wenn Trump kommt, aber in welcher ungefilterten Kritiklosigkeit diese Administration russische Propaganda-Narrative über diesen Krieg einfach übernommen hat, das hat mich wirklich schockiert.

00:41:12: Also das habe ich in diesem Ausmaß nicht erwartet.

00:41:18: Das ist eine Sache, die gemacht wurde. Die Ukraine ist von Anfang an von dieser Trump-Administration eigentlich eher als Hindernis auf dem Weg zur Normalisierung mit Russland behandelt worden.

00:41:29: Also es ist eine unglaubliche Asymetrie entstanden, seit Donald Trump wieder ins Heißerhaus zurückgekehrt ist. Und das schlägt sich genau in solchen Dingen nieder und das stärkt natürlich die Position Russlands gegenüber der NATO wahrscheinlich auch, aber vor allen Dingen eben in diesem Krieg gegen die Ukraine.

00:41:49: Dem Vernehmnach hatten die Europäerinnen wirklich wirklich dafür gekämpft, dass dieser kleine Satz, den ich gerade vorgelesen habe, überhaupt vorkam, dass Russland überhaupt erwähnt wird in der Abschlusserklärung.

00:42:04: Die USA wollten das nicht, die wollten Russland eben nicht mal so hart, wenn gleich jetzt so hart gar nicht finde, bei allem was wir wissen, was Russland macht, wollten sie jedenfalls nicht so hart angehen, um mögliche Verhandlungen nicht zu belasten.

00:42:21: Seit wann kommt man eigentlich im Kreml mit Samtanschuhen weiter?

00:42:25: Was meinen Sie mit Samtanschuhen?

00:42:27: Ja, dass man sich so vorsichtig äußert, dass man sagt, bitte, die dürfen nicht provozieren, da darf da nichts im Abschlussdokument stehen, damit das schwierig für das, was wir verhandeln wollen.

00:42:38: Stellt sich aber gegen Prinzipien eines Bündnisses, dass sich ja zwar als Verteidigungsbündnisse, aber ja auch als Wertegemeinschaft versteht.

00:42:47: Man kommt überhaupt nicht weiter auf diese Art und Weise im Kreml. Und das ist ja auch genau das, was wir beobachtet haben über die letzten Monate.

00:42:55: Also, während die Ukraine ihre Positionen sukzessive angepasst hat und zwar durchaus schmerzhafte Anpassungen vorgenommen hat, nicht erst seit Januar, sondern tatsächlich seit letztendlich spätsommer Frühherbst letzten Jahres schon, ist die russische Position härter geworden.

00:43:11: Also, wenn Sie sich das Memorandum anschauen, also dieses sogenannte Memorandum, das Russland Anfang Juni vorgelegt hat, als Grundlage für weitere Verhandlungen,

00:43:21: dann sehen Sie da eine deutliche Verhärtung der russischen Position.

00:43:26: Das heißt, und Russland hat in diesem ganzen Prozess, der jetzt stattgefunden hat, immer wieder neue Forderungen auch formuliert.

00:43:36: Das heißt, man kommt auf diese Art und Weise überhaupt nicht vorwärts.

00:43:41: Aus meiner Sicht ist das eine sehr, sehr eklatante Fehl-Einschätzung auch auf der Seite der amerikanischen Administration.

00:43:50: Es gibt Momente, wo man den Eindruck hat, dass Trump das merkt.

00:43:55: Dann ist er wütend.

00:43:57: Dann ist er wütend. Dann sagt er, was macht er denn da? Ist er geworden? Jetzt bombardiert er da schon wieder und so.

00:44:06: Und dann hat man so das Gefühl, okay, jetzt gerade merkt er, dass er manipuliert wird.

00:44:11: Dann findet das nächste Telefonat statt und er kommt aus dem Telefonat raus und findet wieder alles prima mit Putin.

00:44:19: Also, das macht es eben unheimlich schwierig.

00:44:21: Wie gesagt, ich gehe von dieser Fehl-Einschätzung aus.

00:44:24: Das ist eben auch ein Faktor, der Moskau große Spielräume einräumt.

00:44:29: Und ob das in Washington und von wem das verstanden wird, außer von denen, die jetzt eben keinen Zugang und keinen Einfluss mehr auf diese Administration haben, das ist mir sehr unklar.

00:44:40: Ja, man sucht immer nach sowas wie einer Strategie, weil man amerikanischen Präsidenten oder auch Administrationen für gewöhnlich sowas zugesteht,

00:44:49: dass sie eine Strategie haben, eine durchdachte Politik und so.

00:44:52: Aber ich glaube, da darf man eigentlich gar nicht mehr nach suchen.

00:44:56: Denn was sich doch zeigt, Sie haben es gerade auch nochmal am Beispiel der Telefonate und der ja dann ist immer öffentlich nachlesbaren Reaktionen bei Donald Trump.

00:45:07: Daran an dem Beispiel haben Sie es gezeigt.

00:45:09: Das scheint doch immer dem Moment geschuldet zu sein, was er nun will.

00:45:15: Vielleicht folgt der Instinkten, lässt sich manipulieren, aber dass da sowas wie eine Strategie erkennbar wäre, fällt mir jedenfalls schwer.

00:45:25: Also ich denke, es gibt einen sehr groben Rahmen für diese Politik und dieser Rahmen heißt raus aus internationalen Engagements, die kostspielig sind.

00:45:34: Klar, okay.

00:45:35: Das ist der Rahmen. Es gibt jetzt im Hinblick auf den Krieg gegen die Ukraine ein sehr, sehr rudimentäres Verständnis von der Komplexität dieses Konflikts.

00:45:49: Diese Neigung, so ganz einfache Schablonen irgendwo drauf zu werfen und dann davon auszugehen, dass das schon irgendwie klappen wird.

00:45:59: Das sieht man da, das sieht man den anderen.

00:46:02: Also auch dieser Waffenstillstand, der jetzt irgendwie verhandelt worden ist zwischen Iran und Israel.

00:46:06: Es gibt kein Papier dazu, niemand weiß, was da eigentlich verhandelt worden ist.

00:46:10: Aber es gibt ein Post bei Truth.

00:46:12: Es gibt ganz viele Posts.

00:46:14: Was wollen Sie mehr vor Fürschrassen tun?

00:46:16: Ich persönlich würde schon ein bisschen mehr erwarten.

00:46:19: Also nachhaltige Waffenstillstände zeichnen sich nicht dadurch aus, dass sie simpel sind, sondern die müssen ausgestattet sein mit Technik, mit Prozeduren, mit Mechanismen, mit Absicherung etc.

00:46:31: Das sind hochkomplexe Prozesse und alles, was die Trump-Administration bislang getan hat in dem Konflikt, mit dem ich mich eben konzentriert beschäftige, ist vollkommen unterkomplex.

00:46:44: Auch das wieder öffnet Tür und Tor für russische Manipulation.

00:46:49: Der ukrainische Präsident Zelensky muss das jetzt irgendwie alles aushalten.

00:46:54: Dem ist in den zurückliegenden Monaten nicht nur durch den Krieg den Sein Land.

00:47:00: aufgezwungen bekommen hat, viel widerfahren, sondern auch durch Begegnungen mit Donald

00:47:04: Trump.

00:47:05: Wir erinnern uns alle an den Auffahrunfall im Oval Office, an den Eklat an die furchtbar

00:47:10: schlechte Behandlung, die man dem ukrainischen Präsidenten hat angedeihen lassen.

00:47:15: Dann gibt es ein Aufatmen, glaube ich, in dem Moment bei den Feierlichkeiten aus Anders

00:47:20: des Todes von Papst Franziskus.

00:47:22: Da sieht man ein ikonisches Bild Trump und Zelensky zusammensitzen und denkt so irgendwie

00:47:27: die Hoffnung stirbt vielleicht zuletzt, dass Zelensky da einen Einfluss hat.

00:47:33: Dann, die Ukraine, Sie haben es gesagt, haben immer wieder angeboten, Sie würden einen

00:47:37: bedingungslosen Waffenstillstand zustimmen.

00:47:41: So wie sehr muss sich die Ukraine nun an den Rand auch dieses Gipfels gedrängt fühlen?

00:47:48: Wir erinnern uns, vergangene Woche gab es das G7-Treffen.

00:47:52: Zelensky ist auf dem Weg dorthin nach Kanada, Trump ist aber schon abgereist, so treffen

00:47:58: sich die beiden überhaupt gar nicht immerhin, das hat jetzt heute geklappt, die haben kurz

00:48:02: miteinander gesprochen.

00:48:03: Jetzt darf ich aufzeichnen, jetzt ist so ungefähr sechs Uhr, wissen wir das noch nicht, aber

00:48:09: 17 Uhr hat mir Redaktion Schluss, was denn nun genau rausgekommen ist.

00:48:13: Trump hat hinterher eine lange Pressekonferenz gegeben und hat meiner Wahrnehmung nach das

00:48:19: Thema Ukraine immer vermieden und ist nicht wirklich darauf eingegangen, genau wie der

00:48:23: ganze Gipfel das Thema Ukraine eher vermieden hat und die Ukraine sich, glaube ich, ich

00:48:29: denke da teilen Sie mal einen Eindruck, echt an den Rand gedrängt sieht, oder?

00:48:33: Ja, sicherlich, für die Ukraine ist das eine sehr, sehr schwierige Situation.

00:48:38: Ich würde gerne dahin zufügen, dass man vielleicht nicht immer nur auf diesen Gipfel starren

00:48:43: sollte, der ist natürlich wichtig, der hat eine große symbolische Bedeutung.

00:48:46: Jetzt machen wir jetzt nur heute, weil das heute war fröhliche.

00:48:49: Ich weiß, das ist auch kein Vorwurf, sondern die Überleitung zu etwas, was ich sagen wollte.

00:48:54: Bravo.

00:48:55: Also der ukrainische Präsident Volodymy Zelensky ist ja jetzt gerade aus so einer Art Europatur.

00:49:02: Er war in Großbritannien, hat dort mit Kerstama, also dem britischen Premierminister, ein weiteres

00:49:08: Abkommen für Rüstungskooperationen abgeschlossen, er ist, glaube ich, heute Morgen in Straßburg

00:49:16: beim Europarat wird da eine große Rede halten und da geht es eben auch um die Schaffung

00:49:20: eines Tribunals, eines Sondertribunals zur Aggression gegen die Ukraine, ein ganz wichtiger

00:49:27: Schritt aus ukrainischer Perspektive, weil es da eben um Rechenschaft für die russischen

00:49:31: Kriegsverbrechen gehen soll und für die Aggression insgesamt.

00:49:36: Er wird sein beim EU-Gipfel, der morgen und übermorgen stattfindet, also es findet sehr

00:49:44: viel statt und es gibt durchaus weiter Fortschritte, deswegen, also so wichtig dieser Gipfel ist

00:49:53: und so schlecht es ist für die Ukraine, dass sie hier sowohl politisch als auch symbolisch

00:49:57: an den Rand getränkt wird, weil der amerikanische Präsident die Position einnimmt, die er einnimmt,

00:50:04: sollte man nicht vergessen, auf diese anderen Entwicklungen auch zu schauen.

00:50:07: Wenn man sich anschaut, wie die Ukraine agiert hat, letztendlich wirklich schon seit spätestens

00:50:17: Sommer letzten Jahres, also die Menschen in der Ukraine, so wie ich das erlebe, bei

00:50:24: meinen Reisen dorthin natürlich sind die Menschen sehr verunsichert durch diese politischen

00:50:29: Entwicklungen in den USA, das zieht ihnen ein Stück weit den Boden unter den Füßen weg,

00:50:34: das ist völlig klar.

00:50:35: Aber was ich wirklich beeindruckend finde, ist, wie die ukrainische Diplomatie damit

00:50:41: umgeht.

00:50:42: Also die haben sehr früh angefangen, schon deutlich, letztendlich ein Jahr vor der Wahl,

00:50:50: ihre Kontakte in das Trump-Camp und in die republikanische Partei zu suchen, sie sind

00:50:56: da nicht überall erfolgreich gewesen, aber sie haben ganz klar gezeigt, wir wollen, wir

00:51:02: wissen, dass das kommen kann und wir wollen hier aktiv sein, wir wollen ins Gespräch gehen

00:51:07: und so weiter und so fort.

00:51:09: Die ukrainische Diplomatie hat auch auf politischer Ebene, wenn sie sich anschauen, die Initiativen,

00:51:17: die ergriffen worden sind im letzten Herbst, dieser Siegesplan, da kann man darüber streiten

00:51:22: natürlich, ob das jetzt eine Durchweg-Kluge-Initiative war, aber da steckt eben auch schon ein Angebot

00:51:29: an Trump mit drin, also dieses Mineralienabkommen, das sich dann auf eine sehr problematische

00:51:35: Weise erst mal entwickelt hat, aber selbst aus dieser Krise, die begannen mit dem Eklat

00:51:40: im Oval Office des Weißen Hauses am 28.

00:51:43: Februar diesen Jahres, hat die Ukraine sich diplomatisch wieder herausgezogen und das

00:51:49: Abkommen ist abgeschlossen worden, und zwar zu besseren Konditionen für die Ukraine als

00:51:53: ursprünglich gedacht.

00:51:54: Also die sind da auch auf dieser Ebene wahnsinnig resilient und versuchen eben Wege zu finden,

00:52:00: damit umzugehen.

00:52:01: Und das ist, finde ich, bei allen Schwierigkeiten und auch bei allen Risiken, die die Situation

00:52:09: jetzt birgt für die Ukraine, und das sind ja sehr existenzielle Risiken, wenn die USA

00:52:15: sich wirklich zurückziehen sollten aus der militärischen Unterstützung für die Ukraine,

00:52:21: direkt die Ukraine in dieser Situation immer noch sehr viel Resilienz und eben auch Kreativität

00:52:26: und Initiative, um zumindest da noch das Beste draus zu machen.

00:52:32: Ja, und ich finde, das ist einfach eine Perspektive, die auch wichtig ist.

00:52:36: Ja, es ist, finde ich gut, dass Sie das alles noch mal sagen, und ohnehin, das teile ich

00:52:42: auch gestern auch, hat Volodymy Zelensky, wie wohl er das alles natürlich schon weiß,

00:52:49: was wir jetzt besprochen haben, wie sehr die Ukraine auch das ganze Thema Krieg gegen

00:52:53: die Ukraine an den Rand dieses Gipfels gedrängt wird, hatte eine Rede gehalten, die ich beeindruckend

00:53:00: fand, weil er dann eben auch noch mal klar macht, nutzt einfach die Gelegenheit, dass

00:53:07: die US-Administration bis hin zu Herrn Trump selbst auch da ist, sagt er, wie gefährlich

00:53:14: Putin's Russland nicht nur für sein Land, sondern auch für die Andernato-Staaten ist.

00:53:44: So long as he kills, he lives.

00:53:49: And our intelligence conforms this.

00:53:52: Russia is even planning new military operations on NATO territory, meaning your countries, and

00:53:59: this war is now on in Ukraine, and it's to get prepared well to be ready.

00:54:07: No doubt we must stop Putin now and in Ukraine, but we have to understand that his objective

00:54:14: is reach beyond Ukraine.

00:54:17: European countries need to increase defense spending, we believe that 5% of GDP is the

00:54:24: right level.

00:54:25: Also, er sagt, es gibt keine Anzeichen dafür, dass Putin diesen Krieg beenden will, Russland

00:54:30: lehnt alle Friedensvorschläge ab, auch die der Vereinigten Staaten von Amerika, das

00:54:35: ist übrigens auch geschickt, das immer wieder zu sagen, dass Mark Herr Trump ganz ungern

00:54:40: hören, dass Dinge, die er will, nicht gemacht werden.

00:54:42: Dann fährt Zelensky fort, Putin denkt nur an Krieg, das ist eine Tatsache, vielleicht

00:54:48: verknüpft er sein eigenes politisches Überleben mit seiner Fähigkeit, weiter zu töten,

00:54:53: solange er töte, lebt er, da haben sie genickt an der Stelle.

00:54:57: Ich mache aber erstmal komplett, und unsere Nachrichtendienste bestätigen dies aus, sagt

00:55:02: Zelensky, Russland plant sogar neue Militäroperationen auf NATO-Gebiet, also in ihren Ländern, und

00:55:09: dieser Krieg findet jetzt in der Ukraine statt, und wir müssen uns gut vorbereiten, um bereit

00:55:14: zu sein.

00:55:15: Zweifellos müssen wir Putin jetzt und in der Ukraine stoppen, aber wir müssen verstehen,

00:55:20: dass seine Ziele über die Ukraine hinausreichen, die europäischen Länder müssen ihre Verteidigungsausgaben

00:55:26: erhöhen, und wir glauben, dass 5% des Bruttoinlandsprodukts das richtige Niveau sind.

00:55:32: Da ist also wieder die 1-Million-Dollar-Frage, die wir eben schon mal hatten, obwohl es dann

00:55:36: wirklich machen würde, dass es ein NATO-Staat angreift.

00:55:42: Er weist aber nochmal darauf hin, dass das diese Gefahr ist, und er verbindet es damit,

00:55:50: und an der Stelle haben sie genickt, dass er glaubt und seine Nachrichtendienste das bestätigen,

00:55:57: dass Putin es überleben, daran hängt, dass er weiter tötet.

00:56:14: Definitiv ist dieses diktatorische Regime, das sich herausgebildet hat in Russland über

00:56:21: die letzten 25 Jahre immer gewaltbasiert gewesen und hat sich in dieser Gewalt eben auch selbst

00:56:29: gestützt und reproduziert.

00:56:30: Und ich würde sagen, mit der Vollinvasion, also wenn man sich die 30 Jahre postsoviatische

00:56:38: Geschichte Russlands anschaut, dann sieht man, dass Russland eigentlich durchgängig in Kriege

00:56:45: und bewaffnete Konflikte involviert war, in der Nachbarschaft, in Form dieser Kriege,

00:56:53: die stattgefunden haben in russischen Nachbarsstaaten im Zuge des Zerfeils der Sowjetunion, dann

00:56:58: kam der 1.

00:56:58: Chechenienkrieg, dann kam der 2.

00:57:00: Chechenienkrieg, dann kam der russisch-georgische Krieg 2008, dann kam der Beginn des Krieges

00:57:08: gegen die Ukraine, dann kam Syrien und dann kam die Vollinvasion, also wirklich durchgängig

00:57:13: gibt es da eine sehr, sehr harte Gewaltgeschichte und die ist mit der Geschichte dieses politischen

00:57:22: Regimes unglaublich eng verwoben und mit der Vollinvasion 2022, ja, hat Putin das Schicksal

00:57:31: seines Regimes, die Zukunft seines Regimes tatsächlich an diesen Krieg gebunden.

00:57:35: Und man muss davon ausgehen, und da komme ich dann auch noch mal zurück zu der Rede von

00:57:42: Wolle die Miesilenske, das ist die Rede, die ihr gestern vor dem niederländischen Parlament

00:57:47: gehalten habt.

00:57:48: Nein, das ist die Rede, die ihr auf dem NATO-Gipfel gehalten habt, der hat auch vor dem Parlament

00:57:52: gesprochen.

00:57:53: Man muss davon ausgehen, dass dieses Regime tatsächlich auch diesen äußeren Feind braucht

00:58:01: mittlerweile, um intern stabil zu bleiben.

00:58:04: Wenn Sie sich die Propaganda anschauen, die Art wie letztendlich spätestens seit 2014,

00:58:09: aber eigentlich auch schon in den zwei, drei, vier Jahren davor, dieser Legitimationsmütos

00:58:17: des großen vaterländischen Krieges, also des Zweiten Weltkrieges in der russischen

00:58:20: Diktion aufgebaut worden ist, wie alles andere da einsortiert wird, inklusive des russischen

00:58:28: Krieges gegen die Ukraine seit 2014 und wie das wirklich zur Meistererzählung sozusagen

00:58:33: dieses Regimes und eben zur Legitimationssäule geworden ist, ja, dann wird Krieg tatsächlich

00:58:38: zu einem Existenzprinzip dieses politischen Regimes, das würde ich durchaus so unterschreiben.

00:58:46: Und seines Präsidenten, klar, wir haben es mit einer ganz extrem personalisierten Autokratie

00:58:52: zu tun.

00:58:53: Das heißt, die Position, die Rolle des Präsidenten ist hier wirklich zentral.

00:58:58: Ja, und Putin, das muss man eben auch sehen, also wir erleben Putin ja jetzt als russischen,

00:59:05: also er war zwischendurch mal vier Jahre Premierminister, aber das ist nicht weiter wichtig

00:59:10: zu unterschreiben, aber um es historisch korrekt zu machen 2008 bis 2012, aber er steht jetzt

00:59:17: seit genau 25 Jahren an der Spitze dieses Staates und auch Putin hat natürlich einen Prozess

00:59:24: durchlaufen und in den letzten mindestens 15 Jahren war das ein Prozess stetiger Radikalisierung.

00:59:30: Und die letzten fünf Jahre, da haben wir eine wirklich extreme Beschleunigung dieser Radikalisierung

00:59:39: erlebt.

00:59:40: Naja, und wenn sich die Figur, die Person an der Spitze einer solchen personalisierten Autokratie

00:59:46: in dieser Form radikalisiert, dann hat das natürlich Auswirkungen sowohl nach innen

00:59:51: als auch nach außen.

00:59:53: Vielleicht ein Punkt noch zu, weil wir über die USA und die Ukraine sprachen, dieses

00:59:59: Argument, dass die Ukraine letztendlich nicht nur ihre eigene Souveränität, Unabhängigkeit

01:00:05: und Freiheit verteidigt, sondern die des Westens oder Europas insgesamt, das ist tatsächlich

01:00:11: ein wichtiger Teil der ukrainischen Erzählung über diesen Krieg.

01:00:15: Ich finde, das ist auch, da ist sehr, sehr viel Wahres dran, aber das ist ein Teil mit

01:00:20: dem Zelenski am 28.

01:00:22: Februar im Weißen Haus sehr brutal an die Wand gelaufen ist, weil die Trump-Administration

01:00:29: genau das eigentlich nicht hören will.

01:00:31: Also es ist eher ein Risiko sozusagen im Gegenwart von Donald Trump diese Erzählung weiterzuführen,

01:00:38: aber gut, er ist da eben konsequent und ich denke, es ist auch einfach in vielerlei Hinsicht

01:00:44: sehr, sehr richtig, was er da sagt.

01:00:46: Und wenn er zur NATO spricht, dann kann ich auch gut nachvollziehen, dass er daran festhält.

01:00:51: Die NATO selber spricht nicht so gut zur Ukraine, um den Satz aufzugreifen.

01:00:58: Wir hatten schon gesagt, sie sah sich auch der Präsident selber bei diesem Gipfeltreffen

01:01:04: ein bisschen an den Rand gedrängt und das ist natürlich nicht ohne, weil diese Staaten

01:01:11: die Ukraine unterstützen und die Ukraine dringend auf die militärische finanzielle Unterstützung

01:01:18: durch diese Staaten angewiesen ist, weil sie aber auch auf sowas wie ein Sicherheitsversprechen

01:01:23: immer, immer, immer hofft und hoffen will.

01:01:26: Kann sie aber ausweislich des Schlussdokuments immer weniger, weil dort wurde der NATO-Beitritt

01:01:34: gar nicht mehr erwähnt.

01:01:36: Es findet sich da nur ein sehr wager Satz zur Unterstützung der Ukraine – Zitat

01:01:41: die Verbündeten erneuern – ihre dauerhaften nationalen Verpflichtungen zur Unterstützung

01:01:46: der Ukraine, deren Sicherheit zu unserer Sicherheit beiträgt.

01:01:50: Und wichtig ist hier die jeweiligen nationalen Verpflichtungen, das auf die abgehoben wird,

01:01:58: denn das entlastet zum Beispiel die USA.

01:02:01: Im Moment wird geliefert, was noch unter Joe Biden verabschiedet und beschlossen wurde,

01:02:08: aber nichts weiter.

01:02:09: Und wir haben ja verschiedentlich den Eindruck gewonnen, dass die USA genau gar nicht mehr

01:02:15: involviert sein wollen, dass sie sagen, das ist euer Krieg, der Krieg der Europäer*innen,

01:02:21: wenngleich die nicht gendern, aber dennoch und wir wollen uns da eher zurückziehen.

01:02:27: Mark Rütte, Sie sagen, hatten echt harten Job gehabt in der Vorbereitung dieses Gipfels,

01:02:32: der hat mühsam 35 Milliarden Euro an Militärhilfen für dieses Jahr zusammensuchen können.

01:02:40: In 2024 waren es noch 50 Milliarden Dollar.

01:02:43: Was heißt das jetzt für die Ukraine?

01:02:46: Naja, das ist genau die extrem schwierige Situation, von der wir gesprochen haben, der

01:02:52: die Ukraine jetzt ausgesetzt ist.

01:02:54: Und die große, große Frage ist tatsächlich, schaffen die europäischen Staaten es über

01:02:59: die verschiedenen Initiativen, die jetzt laufen, also Koalition der Willigen, die nordischen

01:03:04: Staaten, die sich zusammengeschlossen haben und sich stärker einbringen wollen in der

01:03:13: Unterstützung für die Ukraine, auch Deutschland, dass jetzt eben mit einer neuen Regierung auch

01:03:17: noch mal eine andere Dynamik da vielleicht reinbringen kann, schaffen die europäischen

01:03:22: Staaten es, das Loch, das die abnehmende amerikanische Unterstützung möglicherweise reißen wird

01:03:29: und wahrscheinlich reißen wird.

01:03:31: Wir müssen dann natürlich auch realistisch sein, dieses Loch sukzessive zu stopfen.

01:03:36: Und genau daraus entsteht ja auch das oder ein Teil des Dilemmas, in dem Europa sich

01:03:43: gegenüber Washington im Hinblick auf die NATO befindet.

01:03:46: Also natürlich sprechen wir jetzt viel intensiver und ich finde, da ist wirklich viel passiert

01:03:53: in den letzten fünf Monaten über das, was man so schön mit dem französischen Präsidenten

01:03:59: Emmanuel Macron als strategische Autonomie, also der europäischen Seite im transatlantischen

01:04:05: Bündnis bezeichnet, darüber wird jetzt viel mehr gesprochen, aber es ist auch klar, dass

01:04:12: dafür Zeit nötig ist und wir haben eben einen unglaublichen Konflikt der Zeithorizonte

01:04:18: in diesem Krieg.

01:04:19: Die europäische Seite braucht Zeit, sowohl um das eigene Abschreckungspotenzial aufzubauen

01:04:26: als auch um die Risse, die jetzt entstehen, die gaps, also die lücken Dankeschön, die

01:04:35: die amerikanische Seite lässt in der Unterstützung für die Ukraine, um das aufzufüllen.

01:04:40: Die Ukraine hat diese Zeit aber nicht.

01:04:42: Also die Ukraine hat mehr Zeit als viele ihr Zutrauen würde ich sagen, es wird ja häufig

01:04:49: gerade auch in der Medienberichterstattung hat man manchmal das Gefühl, es wird so

01:04:52: ein Bild gezeichnet von einer Ukraine, die spätestens in drei Tagen letztendlich militärisch

01:04:57: kollabiert, da wird die Ukraine häufig unterschätzt, aber trotzdem die Zeit, die Europa braucht,

01:05:07: um das zu liefern, was nötig ist für die eigene Abschreckung und für die Unterstützung

01:05:13: der Ukraine in dieser Situation.

01:05:16: Diese Zeit hat die Ukraine im Zweifelsfall eben nicht, weil das länger dauert als bis

01:05:22: Ende diesen Jahres oder ins nächste Jahr hinein und das sind genau die Zeiträume, in

01:05:28: denen die Ukraine dann möglicherweise eben wirklich militärisch stark unter Druck geraten

01:05:33: könnte.

01:05:34: Ich finde, das ist ein furchtbares Dilemma, weil hier geht es einfach um Leben und Tod.

01:05:42: Es geht um Leben und Tod jeden Tag in der Ukraine, wenn man sich anschaut, wie viele

01:05:47: Menschen jetzt gerade in den letzten Wochen bei den Luftangriffen getötet und verletzt

01:05:53: worden sind, dann sieht man das, wie groß der Druck da ist und das Dilemma ist eben wirklich,

01:06:00: wie schafft man es, diese amerikanische Politik so zu navigieren, dass die Ukraine dabei eben

01:06:09: nicht in eine Situation gerät, in der sie perspektivisch den Krieg gegen dieses imperialistisch

01:06:16: Russland tatsächlich verliert.

01:06:17: Und Volodymy Zelensky da immer wieder anspricht, also was so läuft unter diesem Bild, die Ukraine

01:06:30: verteidigt nicht nur sie selbst, sondern eben die freie Welt, um es mal ganz pathetisch

01:06:34: auszudrücken, das basiert einfach auf einer Kalkulation der Kosten, die eine militärische

01:06:42: Niederlage der Ukraine für Gesamteuropa und damit eben auch für uns mit sich bringen

01:06:48: würde.

01:06:49: Und diese Kosten wären extrem hoch.

01:06:52: Ja, diese Kostenrechnung kann aber auch ganz schnell ganz zynisch werden, habe ich gestern

01:06:59: gedacht, ich habe eine Folge aufgezeichnet mit dem Chef des Bundeswehrverbandes, der auch

01:07:04: darauf hingewiesen hat auf diese zeitliche Dilemma oder die Ungleichzeitigkeit, wie jetzt

01:07:11: Dinge passieren müssten.

01:07:13: Die Ukraine braucht ganz schnell Unterstützung und braucht sie in mindestens ähnlich hohem

01:07:18: Maße, wenn nicht höhere Maße als im zurückliegenden Jahr.

01:07:21: Ich habe die Zahlen schon gesagt, dass Geld dafür scheint im Moment nicht da zu sein.

01:07:25: Der Chef des Bundeswehrverbandes sagt dann, wir brauchen aber noch die Zeit, also muss

01:07:35: eigentlich die Ukraine weiter kämpfen, ist gerade soweit ausgestattet, dass sie den Krieg

01:07:41: schon mal gar nicht gewinnen kann, dass sie ihn aber hoffentlich nicht verliert, aber

01:07:47: kämpft und kämpft und kämpft, damit wir Zeit bekommen.

01:07:50: Das ist wirklich zynisch, finde ich, wenn man sich anschaut, ja, Sie haben es gesagt,

01:07:55: wie viele Menschen da sterben und Putin diese Zeit jetzt nutzt, um die Angriffe nochmal

01:08:02: mit größerer Massivität zu fliegen, noch mal brutaler vorzugehen, als er das schon

01:08:09: getan hat.

01:08:10: Ich bin mir nicht sicher, ob zynisch der richtige Begriff ist, also ich würde das dem Präsidenten

01:08:19: des Bundeswehrverbandes nicht unterstärken, nein, er hat das gar nicht zynisch gemeint.

01:08:24: Sondern er hat es realistisch angeschaut.

01:08:26: Ja, realistisch, es ist natürlich, es ist einfach auch eine Folge unserer eigenen Treckheit

01:08:35: und das furchtbare ist, dass es eben tatsächlich Menschen in der Ukraine sind, die diese Treckheit

01:08:41: zum Teil eben auch dann mit dem Leben bezahlen.

01:08:43: Also ich würde vielleicht nicht zynisch sagen, sondern es ist einfach, es ist wirklich grauenhaft,

01:08:50: es ist einfach grauenhaft und gleichzeitig...

01:08:54: Ja, zynisch würde implizieren, man habe das so gewollt, ja, deshalb zieh ich zurück.

01:08:59: Genau, das ist einfach, genau, das ist mein Punkt.

01:09:03: Man hat das zum Teil mit bewirkt, ich komme mal ganz zum Anfang unseres Gesprächs zurück,

01:09:09: die deutsche Perspektive auf die Region, die deutsche Haltung auch zu Russland, zu Ukraine

01:09:14: letztendlich bis zum NATO-Beitritt zum NATO-Beitritt, zum ganz vielen Fragen.

01:09:20: Man hat, oder wir sozusagen, haben das zum Teil mit bewirkt, aber das war keine bewusste

01:09:28: Politik, sondern ich würde sagen, die deutsche Politik hat festgesteckt in Vorstellungen,

01:09:33: die einfach immer weniger mit der Realität zu tun hatten, die sich herausgebildet hat

01:09:37: in Osteuropa, zwischen Russland und der Ukraine und anderen Staaten der Region, aller spätestens

01:09:43: seit Ende der 2000er Jahre.

01:09:45: Also da wurde die Skripanz einfach immer größer und das ist hier viel zu spät erkannt worden,

01:09:51: aber das ist nicht zynisch so geschehen lassen worden, das ist der Punkt.

01:09:56: Aber die Dilemata, mit denen wir jetzt konfrontiert sind, die sind tödlich und die sind grauenhaft

01:10:03: und das Schlimme ist eben, dass wir jetzt in der Situation sind, in der dieses imperialistische

01:10:11: Russland sich mit einer gewissen Sicherheit wirklich darauf berufen kann oder darauf

01:10:24: verlassen kann, dass sie am Ende am längeren Hebel sitzen werden, denn das ist ja genau

01:10:28: das, was in Moskau jetzt gemacht wird, man spielt auf Zeit, man versucht diesen Verhandlungsprozess

01:10:37: oder den sogenannten Verhandlungsprozess, den Donald Trump da angestoßen hat, möglichst

01:10:41: rauszuziehen, zu verzögern und Ausflüchte zu finden, und gleichzeitig eben den Krieg

01:10:49: mit unvermindeter und eigentlich gesteigerte Härte weiterzuführen.

01:10:53: Man spielt auf Zeit, weil man das Gefühl hat, am Ende sitzt man am längeren Hebel und

01:10:59: zwar sowohl der Ukraine und ihren militärischen Kapazitäten gegenüber als auch der Unterstützer-Koalition

01:11:05: gegenüber, und das hängt ja auch ganz eng zusammen, weil wie Sie richtig gesagt haben,

01:11:10: die ukrainische Seite einfach sehr, sehr stark abhängig ist von dieser internationalen

01:11:15: Unterstützung, um diesen Krieg führen zu können.

01:11:18: Wie sehr ist Russland abhängig von internationaler Unterstützung?

01:11:23: Wir haben das schon kurz angesprochen, was Donald Trump jetzt den Zwölftagekrieg nennt,

01:11:30: den er beendet hat, die Angriffe Israels auf Iran den Gegenangriff folgten, am Schluss

01:11:38: dann der Einsatz der US-amerikanischen Waffen.

01:11:42: Das war der Iran, der da getroffen ist, ein Land mit dem Russland eng zusammengearbeitet

01:11:48: hat, Iran liefert Russland Drohnen, die eingesetzt wurden in der Ukraine.

01:11:55: Darauf hat der ukrainische Präsident in seiner Rede vor dem niederländischen Parlament

01:12:00: im Übrigen auch hingewiesen, hat er gesagt, dass diese Drohnen extrem wichtig sein für

01:12:06: Russland.

01:12:07: Seit Kriegsbeginn habe Russland die Ukraine mit knapp 30.000 iranischen Drohnen des Typs

01:12:12: Shahid beschossen und allein in diesem Juni mit knapp 3000 dieser Drohnen, die vor allem

01:12:19: bei nächtlichen Angriffen auf Wohnviertel eingesetzt werden, schwindet die Unterstützung

01:12:24: Iranes für Russland da jetzt?

01:12:27: Also hier muss man vor allen Dingen einschränkend sagen, dass Russland überhaupt nicht mehr

01:12:32: so abhängig ist von Shahid Drohnen, die aus Iran geliefert werden, denn Russland hat eigene

01:12:37: Produktionsstätten mittlerweile für Shahid Drohnen, hat die Shahid Drohnen auch weiter

01:12:40: entwickelt, also die Modelle, die jetzt in Russland hergestellt werden, sind offensichtlich

01:12:45: auch qualitativ besser, als das, was aus dem Iran kam, also insofern ist die Auswirkung

01:12:53: dieser Eskalation im Nahen Osten, was die russische Kriegführung in der Ukraine anbelangt, neutral.

01:13:00: Also ich sehe da keine wirklich durchschlagenden Konsequenzen für die russische Kriegführung

01:13:08: in der Ukraine.

01:13:10: Gleichwohl ist Russland natürlich angewiesen auf bestimmte Dinge, die aus anderen Staaten

01:13:17: kommen.

01:13:18: Iran ist ein sehr, sehr kompliziertes Verhältnis Russland-Iran, also ich würde da nicht von

01:13:26: einem engen Bündnis sprechen und das sieht man ja jetzt auch sehr gut daran, wie sich

01:13:29: Russland verhalten hat seit dieser neue israelisch-iranische Krieg begonnen hat vor zwei Wochen.

01:13:36: Aber klar, Iran war in den letzten drei Jahren da ein wichtiger Faktor, Nordkorea, hat eine

01:13:41: größere Bedeutung, würde ich sagen, liefert Artillerie-Munition, liefert Raketen und Soldaten,

01:13:50: genau das ist sozusagen der Gipfelpunkt, also Russland behauptet seit 10 Jahren und verstärkt

01:13:58: seit drei Jahren, dass der Westen in der Ukraine Krieg gegen Russland führt, also behauptet

01:14:04: die Internationalisierung dieses Krieges auch durch die Waffenlieferungen, setzt aber

01:14:08: selbst Nordkoreanische Soldaten im Krieg gegen die Ukraine ein, auf Russischen Territorium,

01:14:15: okay, aber dennoch, also das ist zynisch im Übrigen in meinem Augen, wirklich zutiefst,

01:14:22: zynisch, nein, nein, ich finde es gut, dass ich korrigiert habe, hätte ich es sonst machen

01:14:29: müssen.

01:14:30: Also insofern, ja, da ist eine Abhängigkeit da und natürlich ist eine riesige Abhängigkeit

01:14:33: auch von China da, denn die westlichen Sanktionen gegen Russland haben Russland abgeschnitten,

01:14:39: von sehr vielen Handelsströmen, wo Hochtechnologien etc. gehandelt werden, auch rüstungsrelevante

01:14:48: und Dual-Use-Güter und Russland braucht aber diese Güter natürlich dringend und China

01:14:55: ist zu einer Hauptquelle für solche Güter geworden.

01:14:58: China darf jetzt Öl aus Iran kaufen, hat Trump auch locker entschieden und man sich

01:15:05: fragt, Moment mal gerade, da gab es ja Sanktionen, die hatten Gründe, die werden jetzt einfach

01:15:09: aufgehoben, das ist auch erstaunlich und er sagt, ist mir egal, kann sein, dass der

01:15:15: Kongress mir da einen Arm fällt, aber das halte ich auch aus.

01:15:17: Ja, so verhält man sich halt als King, ne, als König, Entschuldigung, ja, ja, was heißt

01:15:26: das alles für Deutschland, da möchte ich auch noch mit Ihnen hinschauen, wir haben

01:15:29: Deutschland ein paar Mal jetzt schon angesprochen, aber beunruhigend ist ja wirklich das finde

01:15:34: ich und da können Sie uns noch mehr zu sagen über das Institut, das das rausgefunden hat,

01:15:39: es gab Ende Mai eine Erhebung des Levada-Zentrums, dass eine Mehrheit der Russen in Deutschland

01:15:46: den größten Feind ihres Landes sehen, inzwischen, das waren ursprünglich immer die USA, seit

01:15:52: dem Machtwechsel sind die aber in der Gunst der Russen, um sie so umzudrehen gestiegen,

01:15:58: wir sind da an der Spitze dieser Befragungen, 55 Prozent der Befragten sagen Deutschland

01:16:05: sei eine der Nationen, die am feindlichsten gegenüber Russland eingestellt sei, dahinter

01:16:11: folgen dann Großbritannien und die Ukraine, aber Deutschland auf eins, das Levada-Zentrum

01:16:17: ist, glaube ich, weiterhin das einzige unabhängige Meinungsforschungsinstitut Russlands und es

01:16:24: hat zwischen dem 22. und dem 28. Mai 1613 Russen befragt, die das gesagt haben, bemerkenswert

01:16:32: ist eben dann tatsächlich, dass wir damit die USA als den größten Feind abgelöst haben.

01:16:40: Was sagt Ihnen das?

01:16:42: Also erst mal überrascht mich das nicht, vielleicht ganz kurz noch zum Levada-Institut,

01:16:48: weil das wirklich eine wichtige Institution ist und Sie haben vorhin gefragt, wo kriegt

01:16:52: man eigentlich, wenn man jetzt nicht mehr nach Russland reisen kann, Informationen her,

01:16:57: Levada ist eine ganz wichtige Quelle, diese Umfrage, die da veröffentlicht worden ist,

01:17:03: das ist eine Umfrage, die die ein bis zweimal im Jahr seit über 30 Jahren machen.

01:17:09: Das heißt, diese Umfrage über, das nennt sich freundliche und nicht freundliche Staaten,

01:17:18: also die Wahrnehmung der russischen Bevölkerung, welche Staaten Russland gegenüber positiv

01:17:24: eingestellt sind, mit welchen Staaten Russland befreundet ist und mit welchen Staaten eben

01:17:28: nicht.

01:17:29: Und über diese lange Serie von Umfragen kann man auch die Entwicklung wunderbar nachvollziehen,

01:17:35: also wirklich extrem wertvolles Datenmaterial, was die da in diesem sehr langen Zeitraum

01:17:41: gesammelt haben.

01:17:42: So, und was jetzt passiert ist, also vielleicht erst mal kurz zu den USA, weil das wirklich

01:17:47: faszinierend ist, ich habe mir auch vorhin die, also über dem Zeitstrahl die Umfragen

01:17:53: zu den USA nochmal angeschaut und Sie sehen da ganz deutlich, wie immer, wenn ein Konflikt

01:17:59: auftritt und die russische Propaganda dann entsprechend eben auch die Diktion geändert

01:18:05: hat, was die USA anbelangt, wie entweder die, ja, wie die Einschätzung sich verändern.

01:18:15: Also der erste große Knick kam mit dem russisch-georgischen Krieg 2008.

01:18:21: Davor gab es schon mal einen 2003/2004, als die demokratischen Revolutionen stattfanden

01:18:31: in Georgien und der Ukraine, dann 2008, dann 2014 natürlich, ganz wichtig, Annexion der

01:18:38: Krim.

01:18:39: Und immer dann, also Sie sehen richtig, wie die Propaganda-Regler so auf und runter geschoben

01:18:45: worden sind und wie sich damit eben dann auch diese Wahrnehmungen verändert haben,

01:18:49: sprich, und das ist auch eine wichtige These, die bei Nevada vertreten wird, tatsächlich

01:18:53: auch von der Manipuliertheit dessen, also wir würden das als öffentliche Meinung bezeichnen,

01:18:59: so was gibt es in Russland nicht, sondern es gibt einen staatlich kontrollierten Informationsraum,

01:19:05: in dem kontrolliert Nachrichten Propaganda verbreitet wird und das beeinflusst dann,

01:19:11: wie die Menschen eben auf andere Staaten zum Beispiel oder auf die Situation in Russland,

01:19:17: auf die Regierung etc. schauen.

01:19:19: Das lässt uns jetzt fragen, wie läuft die Propaganda gegen Deutschland?

01:19:24: Die Propaganda gegen Deutschland ist, wie gegenüber der gesamten EU, in den letzten

01:19:31: 15 Jahren immer aggressiver geworden, dann natürlich auch mit Steigerungen, 2014 war

01:19:37: auch im Verhältnis zur EU, zu Deutschland eine Steigerung, dann natürlich ab 2022 ganz

01:19:42: besonders.

01:19:43: Wir sind ja auch alle, also die EU insgesamt auch Deutschland, wir sind alle seit Mai 2022

01:19:49: zertifizierter, also von der russischen Regierung, zertifizierte, unfreundliche Staaten und was

01:19:56: jetzt passiert ist, ist einfach, dass das Ranking der USA sich verändert hat.

01:20:00: Deswegen sind wir jetzt an Platz 1, also die Haltung Deutschland gegenüber ist schon länger,

01:20:06: sehr negativ, aber weil das Bild der USA sich jetzt so drastisch verändert hat, sind wir

01:20:12: jetzt an Platz 1 und das hat eine bestimmte Logik, also ich glaube, das ist eine komplexe

01:20:18: Kombination von Faktoren, da steckt sehr viel Desillusionierung und auch Enttäuschung

01:20:26: und daraus sich ergebende Aggressionen drin, weil die russische politische Führung sowohl

01:20:33: 2014 als auch 2022 einfach völlig falsch eingeschätzt hat, wie Deutschland reagieren

01:20:38: würde, zuerst auf die Annexion der Krim und den Beginn des Krieges im Donbass und dann

01:20:43: eben auf die Vollinversion, aber es steckt natürlich auch eine ganz gezielte Politik,

01:20:51: dahinter gerade Deutschland anzugreifen, weil Deutschland als größter politisch bedeutsamer

01:20:59: und wirtschaftlich größter Staat der Europäischen Union natürlich ein Stabilitätsfaktor ist

01:21:05: und den greift man natürlich an und das zusammengenommen bewirkt, dass sowohl die Propaganda sich extrem

01:21:13: verschärft hat als auch tatsächlich die Politik gegenüber Deutschland immer aggressiver geworden

01:21:19: ist und das sehen wir im Bereich Desinformation und Informationskrieg, wir sehen das im Bereich

01:21:26: Cyberangriffe, wir sehen eine zunehmende Anzahl von Sabotage-Akten, Spionage etc.

01:21:31: Was löst dann aus, dass Friedrich Merz im Bundestag in seiner Regierungserklärung zum NATO-Gipfel

01:21:39: gesagt hat, er wolle, dass Deutschland die konventionell stärkste Armee Europas stellte,

01:21:46: jetzt mal abgesehen davon, dass der Chef des Bundeswehrverbandes das in der Folge, die

01:21:52: wir noch veröffentlicht werden, sehr, sehr gut erklärt hat, was dazu alles notwendig wäre,

01:21:59: um das zu schaffen, nicht zuletzt sehr, sehr viel Personal, das mal dahingestellt, dass aber

01:22:05: wie verhetzbar ist ein solcher Satz? Das passt wunderbar in dieses Narrativ, in dieses russische,

01:22:13: von einem wieder Russland gegenüber aggressiven Deutschland, genauso wird das interpretiert,

01:22:19: also auch deutsche militärische Unterstützung zum Beispiel für die Ukraine wird sofort in

01:22:23: den Kontext gesetzt, Nazismus, der Russland wieder angreift und da haben sie dann sofort die

01:22:29: Referenz zurück zum Zweiten Weltkrieg beziehungsweise Groß- und Vaterländischen Krieg und in diese

01:22:33: Narrative passt natürlich eine verhetzte Interpretation dieses Satzes wunderbar rein und wird

01:22:41: entsprechend auch aufbereitet in den staatlich kontrollierten Medien in Russland. Also das

01:22:45: ist völlig klar, das wird von allen Chefpropagandist*innen sofort aufgenommen und weitergetragen und

01:22:51: wird als Beleg dafür genommen, dass Deutschland zum Feind geworden ist und dass Deutschland

01:22:58: sozusagen diese nazistische Aggressionen, die da konstruiert wird, mitträgt und mitbetreibt.

01:23:03: Wie groß ist die Gefahr, was ja auch immer und immer wieder gesagt worden ist, wann immer zum

01:23:09: Beispiel zuletzt von der Lieferung des Taurus-Marschflug-Körpers die Rede war, dass Deutschland

01:23:14: direkte Kriegspartei würde beziehungsweise das Russland Deutschland so sehen würde. Das sind

01:23:21: zwei unterschiedliche Dinge. Also ob Deutschland dadurch Kriegspartei würde oder nicht, ist

01:23:30: ja umstritten und die neue Regierung hat jetzt mit der Ukraine eine Art Kompromiss,

01:23:35: sozusagen ausgehandelt. Man hat sich darauf geeinigt, dass gemeinsam auf ukrainischen

01:23:39: Territorium Langstrecken Raketen entwickelt werden, sodass sozusagen das Taurus-Problem in

01:23:48: diesem Sinne dann vielleicht hoffentlich irgendwann aus der Welt geschafft wird. Aus russischer

01:23:53: Perspektive ist das völlig klar, genau eingebettet in dieses Narrativ, das ich eben geschildert habe.

01:23:58: Und genauso hat Putin sich letzte Woche, also nochmal zurückkommt, auf das Internationale

01:24:05: Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Genauso hat er sich geäußert, er hat auf die Frage,

01:24:09: also es war auch interessant in diesem Pressegespräch, das er am Vorhaben hatte, hat Deutschland eine

01:24:13: ziemlich prominente Rolle gespielt. Also es gibt offensichtlich ein starkes Geburtbedürfnis

01:24:17: in Moskau gerade, Botschaften nach Berlin zu senden und es sind Droh-Botschaften. Also er hat einerseits

01:24:24: zwar gesagt, na ja, wenn der März mit mir reden will, dann soll er sich halt melden. Ich bin da nicht,

01:24:28: ich bin nicht dagegen. Aber er hat auch gesagt, wenn die deutsche Regierung Taurus liefert,

01:24:33: dann wird das der endgültige Bruch sein, ein Eintritt Deutschlands in den Krieg etc. etc. Also

01:24:38: eine ganz klare Droh-Botschaft auch. "Provoziert März Putin anders als Märzvorgänger in?"

01:24:48: Ich denke schon, weil natürlich beobachtet worden ist im Vorfeld der Wahl und auch in den

01:25:01: letzten Jahren, wie er sich politisch positioniert hat, als Oppositionsführer. Das ist natürlich

01:25:06: wahrgenommen worden. Die CDU als Partei wird in Russland anders wahrgenommen als die Sozialdemokratische

01:25:14: Partei. Ja, also insofern würde ich schon sagen, ja, definitiv. Das ist eine stärkere Provokation.

01:25:20: Und wie gefährlich ist es? Also Provokation ist, es wird ja nicht provoziert, aber es wird so

01:25:26: interpretiert und kontextualisiert. Und aufgefasst, ja. Wie gefährlich ist das eigentlich? Mir fällt

01:25:33: immer wieder der Satz ein, den Sönke Neitzel gesagt hat, der Militär-Historiker, dass er gesagt

01:25:38: hat und zwar mit Blick auf ein im September stattfindest nächstes großes Manöver Russlands

01:25:45: in Belarus. Das sei womöglich unser letzter Sommer in Frieden. Also ich würde das anders

01:25:56: formulieren. Ich denke, wir leben schon nicht mehr in Frieden. Also wir haben keinen heißen,

01:26:02: konventionellen, kinetischen Krieg, in den wir direkt involviert sind oder der gar, wie das

01:26:07: für die Ukraine der Fall ist, auf unserem Territorium stattfindet. Aber wir leben insofern nicht mehr

01:26:15: im Frieden, als wir unter extremen geopolitischen Spannungen leben und wir leben in einer Situation,

01:26:22: wo wir hybrid angegriffen werden. Und insofern würde ich schon jetzt nicht mehr sagen, dass wir

01:26:31: im Frieden leben. Gleichzeitig glaube ich nicht, dass Russland in den kommenden 3, 4, 5 Jahren überhaupt

01:26:42: in der Lage wäre, tatsächlich NATO-Gebiet anzugreifen. Weil Russland selbst so belastet und gebunden ist

01:26:51: durch den eigenen Krieg gegen die Ukraine, dass die Kapazitäten schlicht und ergreifend nicht da sind.

01:26:57: Gleichwohl muss man sich darüber klar sein, dass das Mindset für eine solche Aggression da ist.

01:27:06: Also man kann die nicht mehr ausschließen, würde ich sagen. Und je weiter die NATO sich selbst

01:27:14: schwächt bzw. Russland, dieses Putin-Regime, den Eindruck hat es auch die eigene Politik,

01:27:19: die NATO schwächt und auseinandertreibt und den Beistandsartikel infrage stellt, desto größer

01:27:28: wird natürlich die Gefahr, dass irgendwann tatsächlich ein solcher Angriff stattfindet. Und es

01:27:35: gibt ein paar Punkte, also einen vor allen Dingen, wo Russland auch ein strategisches Interesse haben

01:27:40: könnte, NATO-Gebiet anzugreifen. Und das ist der Sovalki-Korridor, der Russisches Territorium,

01:27:48: also der sozusagen zwischen Kaliningrad und der russischen Föderation liegt und diese beiden

01:27:55: russischen Territorium eben voneinander trennt. Also ich sehe einfach, dass Mindset ist da und

01:28:05: deswegen glaube ich, müssen wir mit diesen Szenarien umgehen und müssen uns auf solche

01:28:09: Eventualitäten vorbereiten und deswegen zurückkommen auf den NATO-Gipfel und auf das, was jetzt die

01:28:16: europäischen Partner betreiben. Wir müssen an unseren eigenen Abschreckungskapazitäten wirklich

01:28:22: arbeiten. Konstruktiv gedacht, denn das kann man ja nach diesem Gipfel auch tun, wo sich alle 32

01:28:29: Mitgliedsstaaten entschieden haben, auf die 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu kommen. Wenn

01:28:36: man auf Staaten blickt, die das schon begonnen haben, Polen vor allem, die mehr als 4 Prozent des

01:28:43: Bruttoinlandsprodukts schon geben und die für 2025 schon vorgesehen hatten, dass sie auf die

01:28:49: 5 Prozent kommen, aber auch Estland litauen. Das ist genau an der Stelle, an der Brücke nach

01:28:56: Kaliningrad. Ich war dafür eine Dokumentation. Das war beeindruckend zu sehen, wie Panzersperren

01:29:02: aufgebaut sind, aber auch wie entschlossen Menschen da sind und wie illusionslos sie einer

01:29:09: möglichen russischen Aggression entgegensehnt. Das halten die für sehr möglich, dass das

01:29:14: Russland das auch tatsächlich und eventuell auch dort, Sie haben die Stelle beschrieben, wagen

01:29:19: würden. Mit Blick auf diese Staaten, die längst sich auf den Weg gemacht haben, ihre Verteidigungsausgabe

01:29:25: erheblich zu erhöhen, stärkt das deren Sicherheitsgefühl? Natürlich stärkt das das Sicherheitsgefühl. Also

01:29:34: einmal eben an der eigenen Verteidigungsfähigkeit und Abschreckungsfähigkeit zu arbeiten. Das

01:29:40: Sicherheitsgefühl wird natürlich auch durch die enge Kooperation mit den Partnern gestärkt. Also

01:29:45: da ist zum Beispiel die Deutsche Brigade in Litauen ein sehr, sehr gutes Beispiel, weil sie nach

01:29:50: konstruktiven und positiven gefragt haben. Das sind ganz wichtige Schritte, von denen wir mehr

01:29:58: brauchen. Ich denke, was wirklich positiv ist in all dem schwierigen Kontext, in dem wir jetzt gerade

01:30:06: sind, ist die Koalition der Willigen. Da wird immer viel gelästert und gelacht, weil zum Beispiel

01:30:13: die Debatte über mögliche Truppenstationierungen in der Ukraine ja eine sehr, sehr schwierige ist und

01:30:19: mit viel Kontroverse auch inpolitisch verbunden ist. Aber allein die Tatsache, dass diese Debatte

01:30:24: jetzt da ist, wäre im November vergangenen Jahres undenkbar gewesen. Also insofern, ich finde,

01:30:31: da bewegt sich... Weil der damalige deutsche Bundeskanzler auch sich sofort gestoppt hat.

01:30:34: Naja, das ist erstmal eine Debatte, die vor allen Dingen in Großbritannien und Frankreich geführt

01:30:41: wird und die wirklich Fahrt aufgenommen hat mit der Rückkehr des Donald Trumps ins Weißerhaus und

01:30:49: dann nochmal mit dem 28. Februar, als man gesehen hat, mit welcher Menschenverachtung diese

01:30:55: Administration mit der Ukraine... Ich glaube, da ist erst wirklich eingesunken, dass die das wirklich

01:31:01: ernst meinen könnten. Also die Münchner Sicherheitskonferenz gibt, glaube ich, den ersten.

01:31:06: Die Kombi, genau. Der. Aber 28. Februar, da, glaube ich, hat es sich für jeden konkretisiert oder

01:31:13: materialisiert oder whatever, also jedenfalls dann hatte man es verstanden. Und da laufen Prozesse,

01:31:19: die aus meiner Sicht der Krise geschuldet sind natürlich, aber die sehr, sehr wichtig sind und

01:31:25: die auch Ergebnisse erbringen können. Ja, also ich... Deswegen habe ich auch vorhin gesagt, ich finde,

01:31:29: den NATO-Gipfel jetzt und die Probleme, die daraus für die Ukraine entstanden sind, zu diskutieren

01:31:34: und zu analysieren, das ist total wichtig, aber auf diese Prozesse eben auch zu schauen und zu

01:31:39: gucken, wie man die voranbringen kann, das finde ich mindestens genauso wichtig. Zum Schluss

01:31:45: stellen wir immer dieselbe Frage, nehmen die Titelfrage, sagen wo stehen wir da in einem Jahr,

01:31:50: jetzt war unsere Titelfrage, da komme ich nochmal auf den Gipfel zurück, die NATO rüstet auf,

01:31:55: wie reagiert Putin? Wo sind wir da in einem Jahr? Also ich kann Ihnen keine Vorhersagen machen,

01:32:05: wenn es gut läuft, sind wir in einem Jahr an einem Punkt, möglicherweise über diesen Punkt schon

01:32:12: hinaus, an dem es zwischen Russland und der Ukraine zu ernst zunehmenden Waffenstillstandsverhandlungen

01:32:21: gekommen ist. Also ich sage auch bewusst Waffenstillstandsverhandlungen, nicht Friedensverhandlungen,

01:32:26: Friedenstenfrieden ist so voraussetzungsreich, dass wird zwischen diesen beiden Ländern nach

01:32:31: allem, was passiert ist, an russischer Aggression Generationen dauern, aber Waffenstillstandsverhandlungen

01:32:36: und die sind nur möglich, wenn die Kosten für Russland erhöht werden, also das ist das,

01:32:42: woran gearbeitet werden muss, die Kosten für Russland so zu erhöhen, dass Russland eben nicht

01:32:47: weiter zusätzliche Maximalforderungen stellt, sondern an einen Punkt kommt, an dem es sich

01:32:53: wirklich auf Verhandlungen einlässt und diese beiden Seiten sich irgendwie einigen können,

01:33:00: so dass der Fortbestand der Ukraine als souveräne und unabhängiger Staat gewährleistet ist. Also

01:33:06: ich hoffe, dass wir in einem Jahr, meinetwegen um den nächsten NATO-Gipfel herum, an diesem Punkt sind.

01:33:15: Sabine Fischer, vielen Dank, dass Sie bei uns waren. Redaktionsschluss für diese Folge war

01:33:20: Mittwoch der 25. Juni um 17 Uhr. Redaktion haben gemacht Felix Schlagwein und Florian Barnickel,

01:33:26: Executive Producer, René-Marie Schiller, Producer Lukas Hambach und Maximilian Frisch,

01:33:31: Sounddesign Hannes Husten und wenn Ihr Werbung bei uns schalten wollt oder Sie, dann herzlich

01:33:37: gerne, wenn Sie oder ihr euch gerne an die Mitvorgnügen und das Ganze ist eine Produktion der Willmedia.